Protokoll der Sitzung vom 24.01.2002

Meine Damen und Herren, diese Stabilisierung wird jedoch allein vom Tiefbau getragen, der um 10,7 % gewachsen ist, während der Hochbau um 10,2 % schwächer als im Vorjahr liegt.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Billen?

Ja, selbstverständlich.

(Mertes, SPD: Wenn es denn weiterführt!)

Herr Minister, Sie haben eben dargestellt, dass Sie in der Bauwirtschaft eine Stabilisierung in den Aufträgen sehen, nachdem die Aufträge im letzten Jahr um 4,4 % zurückgegangen sind.

(Hartloff, SPD: Es geht nicht um Glauben, sondern um Zahlen!)

Ist es Ihre wirkliche Meinung, dass die Bauwirtschaft in diesem Jahr stabilisierte Aufträge hat?

Herr Kollege Billen, wenn man meinen Satz zu Ende gehört hätte, wären Sie vielleicht der Sache ein Stück näher gekommen. Insgesamt ergibt sich immer noch ein Rückgang von 0,4 %. Im Vorjahr betrug der Rückgang 4,4 %. Das liegt daran, dass wir im Tiefbau ein Wachstum von 10,7 % zu verzeichnen haben, übrigens nicht zuletzt dadurch, dass das Land zusätzlich 300 Projekte anstoßen kann.

(Beifall bei FDP und SPD)

Der Hochbau ist dagegen um 10,2 % schwächer. Wir können jetzt noch lange über Kapazitäten reden, aber das möchte ich in dem Zusammenhang nicht.

Meine Damen und Herren, nach einer weiteren Anpassung der Kapazitäten der Bauwirtschaft nach dem Boom der frühen 90er-Jahre ist von einer sinkenden Nachfrage auszugehen. Das ist in einer Volkswirtschaft normal. Insoweit darf man die derzeitige Situation im Neubau nicht als vorübergehende Erscheinung bewerten, sondern mehr als ein Stück Normalisierung nach einem außerordentlichen Hoch, das wir in den 90er-Jahren aufgrund anderer Faktoren hatten. Es würde jetzt jeden Rahmen sprengen, dies noch einmal entsprechend zu bewerten.

Der Vorschlag, einen steuerlichen Abzug von Handwerksrechnungen für selbstgenutztes Wohneigentum zuzulassen, um Schwarzarbeit zu bekämpfen und das Wohneigentum zu verbessern, wirft natürlicherweise Fragen auf. Abgesehen von den Mitnahmeeffekten, die Herr Creutzmann schon richtig angesprochen hatte, würde es insgesamt eine zusätzliche hochinteressante fiktive Besteuerung von Mieten sein, die man nicht zahlt, die man über viele Jahre hinweg fiktiv zahlen müsste, um irgendwann davon auch einmal einen Genuss zu haben.

Meine Damen und Herren, das Bauen in RheinlandPfalz wurde von uns durch die Landesbauordnung 1999 deutlich erleichtert und entbürokratisiert. Mit Unterstützung des Bundeslandes wurde vom Bundesrat ein Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der den öffentlichen Auftraggebern auferlegt, ihre Auftragnehmer zu Tariftreue zu verpflichten. Die Landesregierung hat dies für die Hochbaumaßnahmen des Landes bereits vor fünf Jahren per Erlass sichergestellt. Auch wurden Bauaufträge zum Schutz unserer vorwiegend handwerklich

geprägten Fachbetriebe, was im Mittelstandsförderungsgesetz geregelt ist, in den letzten Jahren nur noch kleinteilig nach Fachlosen vergeben.

Eine weitere von uns unterstützte Maßnahme zum Schutz legaler Beschäftigung am Bau ist das zum Jahresanfang in Kraft getretene Steuerabzugsverfahren. Die für die Bauunternehmen notwendigen Freistellungsbescheinigungen werden von den Finanzämtern unbürokratisch ausgestellt.

Wie bereits erwähnt, hat sich die Landesregierung zudem erfolgreich für die Einbeziehung des Wohneigentums in die neue Rentenreform ausgesprochen. Das war in Wahrheit ein Erfolg, übrigens auch für junge Familien. Das allein ist eigentlich nur ein Verdienst dieser Landesregierung.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, die jährlichen Bauausgaben für Hochbaumaßnahmen des Landes, die Wohnbauförderung und den Straßenbau betragen nahezu 1 Milliarde DM. Der Bund investiert im Land jährlich 500 Millionen DM, die Kommunen ungefähr 2,6 Milliarden DM. Insgesamt belaufen sich die öffentlichen Bauinvestitionen in unserem Bundesland auf 4 Milliarden DM.

Allein im staatlichen Hochbau sind die Ausgaben von etwa 248 Millionen DM im Jahr 1996 auf 329 Millionen DM bis einschließlich 2001 noch einmal angewachsen. Auch das muss erwähnt werden.

Im sozialen Wohnungsbau liegen wir derzeit mit einem Fördervolumen von rund 180 Millionen DM im Jahr 2001 im Vergleich der westlichen Flächenländer auf dem dritten Platz. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist manchmal unangenehm, dies zu hören, aber es ist die Wahrheit.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung will das hohe Niveau bei den Bauinvestitionen auch im Doppelhaushalt 2002/2003 beibehalten. Ein erheblicher Teil der Maßnahmen und des Volumens des Landeskonversionsprogramms der letzten zehn Jahre kam der rheinland-pfälzischen Bauwirtschaft entsprechend zugute.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts des immensen Wachstumspotenzials im Bereich des ökologischen Bauens sowie der Bestandssanierung hat die Landesregierung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus ihre Wohnungsbauprogramme umgestellt und richtigerweise einen Schwerpunkt auf die Modernisierung des Wohnbestands gelegt. Insbesondere die neue Energieeinsparverordnung, die am 1. Februar dieses Jahres in Kraft treten wird, wird Anreize für eine Reihe von zusätzlichen Investitionen schaffen.

Entschlossene ordnungspolitische Weichenstellungen und das stabilisierende Engagement der öffentlichen Hände sind die richtige Hilfe für die Bauwirtschaft bei der Bewältigung der derzeitigen Phase der Anpassung und der Marktbereinigung.

Gestatten Sie mir noch ein letztes Wort zur Steuerreform im Jahr 2000, die Herr Wirz ansprach. In der Zeit, als sich die Dame Merkel und der Herr Merz mit dem Halbeinkünfteverfahren befassten, haben wir eine Steuerreform auf den Weg gebracht und eine Mittelstandskomponente eingebracht, die exakt die Intention und die maßgebliche Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz widerspiegelt, sodass man sagen kann, dass wir zunächst einmal den halben Steuersatz von den veräußerten Gewinnen wieder einführen konnten. Außerdem konnten wir den Spitzensteuersatz in der Endphase auf 42 Punkte bringen. Meine Damen und Herren, das war ein Erfolg des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Es ist also eine Steuerreform in die richtige Richtung.

(Beifall bei FDP und SPD – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Thomas, wir können jetzt noch lange diskutieren, ob man weitergehen müsste oder nicht. Die Haltung der rheinland-pfälzischen Landesregierung war damals richtig; denn ich bin der Meinung, Politik ist auch ein Stück der Kunst des Möglichen. Das war möglich, mehr nicht. Es war ein Schritt in die richtige Richtung. Uns kam es darauf an, auch als mittelständisch orientiertes Bundesland den Mittelstand richtig zu belichten. Das ist uns gelungen. Deshalb kann sich diese Landesregierung auch im Vergleich zu anderen Bundesländern in der Wirtschaftspolitik sehen lassen. In vielen Bereichen liegen wir an der Spitze, insbesondere im Bereich der Existenzgründungen und der Selbs tständigenquote.

Ich denke, vor der Ausgangslage des Bundeslandes mit der Konversionsproblematik und vor der Ausgangslage, dass wir nicht wie andere Bundesländer gewachsene Universitätsstrukturen und gewachsene Fachhochschulstrukturen hatten, hat das Land Rheinland-Pfalz die richtigen Schritte in die richtige Richtung eingeleitet. Jeder, der in diesem Land operativ und wirtschaftlich tätig werden möchte, kann dies machen und hat dabei die entsprechende Flankierung der Landesregierung.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, als Gäste im rheinlandpfälzischen Landtag begrüße ich Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt Nassau. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Die Landesregierung hat die Redezeit um zehn Minuten überzogen, sodass sich die Redezeit der einzelnen Fraktionen verlängert. Die SPD-Fraktion hat noch 11 Minuten, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch 19 Minuten, die FDP-Fraktion 16 Minuten und die CDU-Fraktion 10 Minuten. Sie müssen die Redezeit nicht voll ausschöpfen.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten nicht die Redezeit ausnutzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Oh nein!)

Ich mache Ihnen das Angebot; denn Sie haben auch noch 11 Minuten. Ich dachte eigentlich, der Wirtschaftsminister hätte sich nach dem Weihrauchkessel der SPD ein wenig kürzer fassen können. Er hat es aber nicht geschafft. Er hat die Erfolge auch noch einmal aufgezählt. Ich möchte hier keine weitere Wiederholung von Erfolgen oder Misserfolgen machen. Man muss aber ganz klar sehen, die Landesregierung ist nicht so erfolgreich, wie es der Wirtschaftsminister darstellt. Sonst bräuchten wir die Diskussion hier nicht zu führen.

(Mertes, SPD: Ob das wirklich so ist?)

Wir haben natürlich keine innovative Förderpolitik in Rheinland-Pfalz.

(Hartloff, SPD: Wir sind keine Insel!)

Wenn wir diese hätten, dann könnte Minister Bauckhage auch einmal eine neue Rede halten und nicht die Rede wiederholen, die er vor fünf, sechs oder sieben Jahren gehalten hat.

(Beifall der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Billen, CDU)

Es werden immer die gleichen Förderinstrumente aufgezählt, die angeblich erfolgreich sind, die wir aber nicht evaluiert haben, bei denen wir nicht wissen, wie und wo sie gewirkt haben.

Wir bekommen im Wirtschaftsausschuss eine Liste, die besagt, dass eine bestimmte Anzahl Arbeitsplätze geschaffen wurde. Wir müssen das glauben. Wenn wir nachfragen, wie dies festgestellt wurde, heißt es, das sind die von uns erhobenen Zahlen. Wir wissen nicht wie, was und wo, durch wie viele Fördergelder welche Arbeitsplätze geschaffen wurden.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Ich muss Herrn Kollegen Dr. Gölter auf jeden Fall Recht geben. Das Geld wird die ganze Zeit ohne gebündelte Fördermaßnahmen über das Land verteilt. Wir versuchen gemeinsam in der Opposition, den Wirtschaftsminister einmal dahin zu bringen, dass er Fördergelder so verausgaben kann, dass es Arbeitsplätze bringt. Ich glaube, im Moment hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die innovativeren Ideen. Das Problem ist, dass man zwar den einen oder anderen Erfolg verkaufen kann, aber diese angeblichen Erfolge ziehen keinen dauerhaften Effekt nach sich.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Dr. Braun, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Creutzmann?

Oh, Herr Creutzmann, klären Sie mich auf.

(Mertes, SPD: Das ist Ihre Chance!)

Ist Ihnen nicht bekannt, dass man Förderanträge mit 25 Seiten ausfüllen muss, um hinterher evaluieren zu können, wie viel Arbeitsplätze geschaffen wurden? Das wurde im letzten Wirtschaftsausschuss gesagt. Wegen Gender Mainstreaming sind es jetzt 25 Seiten; früher war das eine Seite. Man muss Gender Mainstreaming bereits bei der Planung schon berücksichtigen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So etwas kann nur von Herrn Creutzmann kommen! – Heiterkeit bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)