Wie sieht es mit Ihren Konturen aus? Christoph Böhr spricht gern von Prioritäten. Heute sprach er von „Trendumkehr“, als seien schwierige wirtschaftliche Indikatoren nicht schon immer typisch für dieses Flächenland gewesen.
Nehmen wir das Programm der CDU-Landtagswahl, das hören Sie sicher ganz gern. Es lohnt sich auch, das noch einmal zu verbreiten.
Was hatten Sie für Vorstellungen? 1.000 zusätzliche Lehrer wollten Sie einstellen, für 51 Millionen per anno. Die Wiedereinführung der Regierungsbezirke sollte stattfinden, auch nicht kostenneutral.
Von einer Imagekampagne – das ist etwas für Sie Herr Billen – für den rheinland-pfälzischen Wein – sie war wohlfeil – war nichts mehr zu lesen. Von der Wiedereinführung des Landesfamiliengeldes – Kosten von über 10 Millionen per anno – war nichts mehr zu hören.
Die Abschaffung des Kommunalanteils des Unterhaltsvorschusses macht zwar Freunde, kostet aber 7,5 Millionen Euro; auch davon ist nichts mehr zu hören. Von einer Erhöhung der Personalkostenzuschüsse für alle Kindergärten, verbunden mit Kosten von 15,5 Millionen Euro, ist auch nichts mehr zu hören. Eine zusätzliche Förderung des Anbaus nachwachsender Rohstoffe sollte eingeführt werden; das klingt gut, aber auch davon ist nichts mehr zu hören.
Ich könnte dies beliebig weiter fortsetzen, aber es wäre Zeitverschwendung. Dies ist deshalb eine Zeitverschwendung, weil wir natürlich in Ihren Deckblättern, in
den Anträgen zum Haushalt, in denen es wirklich um Geld geht, von diesen schönen Vorschlägen, für die Sie gewählt worden sind, überhaupt nichts finden.
War also das Landtagswahlprogramm das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist? Insofern ist es nicht verkehrt, darauf hinzuweisen. Die CDU war die einzige Partei, die im Landtag vertreten ist, die in ihrem Programm nichts von einer Rückführung der Nettoneuverschuldung auf null stehen hatte.
Ich komme zu dem, was Sie eben gesagt haben. Was glauben Sie, wie der Bericht des Rechnungshofs ausgesehen hätte, wenn man Ihre Wahlprogrammvorschläge umgesetzt hätte?
Wer soll Ihnen Ihr Bekenntnis zur Konsolidierung abnehmen, meine Damen und Herren? Wohl niemand, der in der Praxis steht.
In der Praxis beweisen Sie jeden Tag, wie weit die CDU davon entfernt ist, dieses theoretisch vorgetragene Sparprogramm umzusetzen. Das war kein Sparpaket, sondern ein Dekorationspaket, von dem man nicht weiß, was konkret wo umgesetzt werden soll.
Sie haben dazu eine interessante Arbeitsteilung aufgestellt. Sie, Herr Böhr, fordern die Haushaltskonsolidierung; da spricht der Philosoph. Anschließend kommen die politischen Praktiker, zum Beispiel Sie, Herr Jullien, zum Beispiel Frau Schneider, zum Beispiel Herr Licht, zum Beispiel Frau Kohnle-Gros, und machen trotz aller Beteuerungen genau das Gegenteil; dazu habe ich ein paar schöne Beispiele.
Ein typisches Beispiel ist natürlich die kommunale Frage. Einsichtig legen Sie im Landtag zunächst keine gedeckten Änderungsanträge zum kommunalen Finanzausgleich vor, weil Sie wissen, dass es überhaupt nicht zu bezahlen wäre. So weit, so gut.
Aber gleichzeitig zieht fast jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter von Ihnen durch die Kreistage und Räte in diesem Land und fordert dort, den angeblichen Raubzug des Landes gegenüber den Kommunen zu stoppen.
Gar keine Frage. Nur haben wir nicht versprochen, dass wir hier entsprechende Anträge einstellen. Wir
Ihre kommunalpolitische Vereinigung setzt noch einen drauf, Herr Schnabel. Herr Schnabel sagt, das Ende der Fahnenstange ist erreicht. Ich sage, er hat Recht. Mit diesem Verhalten ist wirklich das Ende der Fahnenstange erreicht.
Machen Sie Schluss mit dieser Doppelzüngigkeit. Ein solches Verfahren erkennen die Bürgerinnen und Bürger schnell als das, was es ist. Es ist unseriös und scheinheilig. (Beifall bei der SPD)
Genauso verhält es sich mit Ihren Entschließungsanträgen. Die sind ohne finanzielle Aussage. Sie sind in aller Regel ungedeckte Wechsel.
Sie sagen uns, Sie wollten durch Ihre Änderungsanträge sparen. Bei der genauen Prüfung Ihrer Vorschläge stellt sich etwas anderes heraus. Zunächst einmal stellt sich heraus, dass viele Fakten falsch recherchiert sind oder Sie Belastungen für die Zukunft schaffen, von denen Sie jetzt nicht reden.
Man hat den Eindruck, zwischen Ihren Haushältern und den Fachpolitikerinnen und -politikern fände überhaupt keine Kommunikation statt.
Nehmen wir Ihren Vorschlag zur Personalkosteneinsparung, ein wunderbares Gebiet. Sie schlagen vor, weil es so schön populistisch klingt, die Zahl der Polizeianwärterinnen und -anwärter um weitere 350 Polizistinnen und Polizisten zu steigern.
Doch, Sie schlagen das vor. Sie verschweigen aber, dass Sie dafür Geld brauchen, nicht nur für die Ausbildung, sondern auch hinterher für die Planstellen. Sie verschweigen, dass jährliche Mehrbelastungen von 14 Millionen Euro entstehen.
Meine Damen und Herren, es ist unlauter, in den Haushalt lediglich die Ausbildungskosten hineinzuschreiben, aber nicht die nachfolgenden Kosten einzuplanen.
Herr Lelle, ganz ruhig. Ich habe noch ein schönes Beispiel umgekehrter Güte. Der CDU-Abgeordnete Alexander Licht, der an sich ein anständiger Kerl ist und manchmal auch gute Interviews gibt, forderte vor einigen Wochen, am 8. November 2001, eine zügige Sanierung des Betriebsgeländes der ehemaligen Firma Döss.
Das ist eine wichtige Aufgabe, wir kennen alle die Hintergründe. Im Haushaltsverfahren hat die CDU bean
tragt, jeweils 1,2 Millionen Euro zu kürzen. Dadurch wird die Sanierung natürlich aufgeschoben, dadurch wird sie natürlich verzögert. Auch das ist eine doppelzüngige Politik.
Kommen wir noch einmal auf die kommunalpolitische Vereinigung zurück. Sie plädierte am 4. März 2002 für einen massiven Kurswechsel der kommunalfeindlichen Politik der Landesregierung. Herr Schnabel hat aber vergessen, dazu zu sagen, dass die CDU in den bisherigen Beratungen keinen einzigen Antrag zur Verbesserung der finanziellen Situation der Kommunen gestellt hat.
Im Gegenteil, Sie fordert jetzt eine Veränderung des Systems der Abwasserabgabe. Hierdurch würden die Kommunen eher noch belastet und Investitionen im Bereich des Gewässerschutzes möglicherweise reduziert.
Es war aus ihrer Sicht klug, dies gestern zu tun. Wenn sie dies vorher getan hätte, hätten wir schon bei den Haushaltsberatungen, in denen sie ihr Sparangebot noch nicht eingebracht hatte, fragen können, wie diese Entschließungsanträge zu finanzieren seien.
Entschuldigen Sie, das ist doch doppelzüngig, wenn ich keinen finanzwirksamen Antrag stelle, aber nach außen sage, wir haben einen Antrag gestellt, damit es den Kommunen wieder besser geht. Dann müssen Sie auch sagen, mit welchem Geld und vor allen Dingen, zu wessen Lasten, meine Damen und Herren.