Protokoll der Sitzung vom 15.03.2002

Ich weiß, Sie begeben sich an das Projekt der Ganztagsschule. Sie wissen auch, wir würden gern mehr Tempo dort hineinbringen. Aber auch wenn Sie mit diesem Projekt gestartet sind und auch wenn dieser Anstoß nun in vielen anderen Bundesländern diskutiert und zum Teil auch nachgeahmt werden wird, wird es ein Projekt sein, das für diese Aufgabe nicht ausreicht. Wir brauchen Ansätze wie die konsequente Verbesserung in den Kindertagesstättenangeboten, aber unsere Vorschläge haben Sie verunglimpft, vorneweg Ministerpräsident Beck am Mittwoch in der Grundsatzaussprache.

(Mertes, SPD: Nur in der Frage des Beitrags!)

Nicht nur in der Frage des Beitrags.

Er hat deutlich gemacht, dass das nicht der Weg sein kann. Aus Ihrer Fraktion kam immer die Äußerung, wir setzen auf Qualität, aber nicht auf das Ziel. Ich glaube, es wird einer unserer wichtigen Aufgaben sein, an dieser Frage weiter zu arbeiten.

(Mertes, SPD: Wollen Sie denn saarländische Verhältnisse?)

Ich glaube nicht, dass der saarländische Weg der richtige ist.

(Mertes, SPD: Okay! Darüber sind wir uns einig!)

Ich betrachte die Frage der Kinderbetreuungsangebote aber als gesamtgesellschaftliche und gesamtstaatliche Aufgabe. Deshalb haben wir vorgeschlagen, nicht isoliert auf Landesebene, sondern gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen nach Wegen zu suchen. Da bietet ein erster Anhaltspunkt die Gemeindefinanzreform. Ein zweiter Anhaltspunkt bietet die Frage, wie wir das Kindergeld weiter gestalten und entwickeln.

(Hartloff, SPD: Erst ändern wir die Welt, dann machen wir das Geld!)

Ich glaube, mit diesen Überlegungen, die wir nicht nur isoliert auf Rheinland-Pfalz und auf Landesebene betrachtet durchführen dürfen, werden wir tatsächlich kinder- und familienfreundlich. Wir werden dann diejenigen willkommen heißen können, die auch unsere Zukunft sind.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diese Veränderung braucht aber Zeit. Das wird nicht von heute auf morgen gelingen. Deswegen ist ein anderer Punkt ganz wesentlich. Ich meine, dass wir dafür Sorge tragen müssen, dass wir unser Land für Zuwanderung öffnen. Sie haben an vielen Stellen versucht, an diesem Thema vorbeizugehen und es nicht zu thematisieren, auch nicht in diesem Land.

Herr Kuhn, ich weiß nicht, ob Sie heute Morgen schon die Agenturmeldungen gesehen haben. Herr Möllemann hat gesagt, wie Rheinland-Pfalz sich im Bundesrat verhalten wird. Herr Möllemann hat heute Morgen verkündet, dass sich das Land Rheinland-Pfalz bei der Abstimmung im Bundesrat zum Zuwanderungsgesetz enthalten wird.

(Kuhn, FDP: Immer mit der Ruhe!)

Herr Möllemann hat es verkündet. Es ist glücklicherweise nicht mein Parteifreund. Ich weiß, was es heißt, solche Freunde zu haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Ihnen aber einmal sagen, was Sie damit bewirken.

(Dr. Schmitz, FDP: Das sagen Sie immer! Wir freuen uns darüber! – Kuhn, FDP: Warten Sie doch einmal ab!)

Ich habe es Ihnen am Mittwoch gesagt. Wer sich in dieser Frage enthält, verhindert die Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs im Bundesrat. Er verhindert aktuell und auf lange Sicht, dass wir tatsächlich eine Zuwanderungsregelung haben werden.

(Dr. Schmitz, FDP: Lächerlich! Sie wissen es doch!)

Sie werden nicht die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir unter humanitären Gesichtspunkten,

(Kuhn, FDP: Aber das ist wirklich nicht fair!)

unter den Gesichtspunkten des Arbeitsmarkts und der wirtschaftlichen Erfordernisse in der Bundesrepublik Deutschland ein modernes Zuwanderungsgesetz erhalten werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kuhn, FDP: Ein bisschen fairer!)

Herr Kuhn, wenn Sie mir nicht glauben,

(Kuhn, FDP: Sie kennen genau unsere Position!)

dann schauen Sie sich einmal an, was PoliTrend gestern zu dieser Frage veröffentlicht hat.

(Kuhn, FDP: Nur 4 % für die GRÜNEN!)

Die Mehrheit in Rheinland-Pfalz erklärt, dass Zuwanderung aus dem bevorstehenden Bundestagswahlkampf herausgehalten werden soll. Ich glaube, Sie sind auf dem besten Weg dazu, es direkt in das Zentrum dieses Wahlkampfs zu stellen. Das finde ich unverantwortlich. Das geht mit Ihnen nach Hause.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Schmitz, FDP: Wenn Sie es nicht besser wüssten!)

Meine Damen und Herren, Generationengerechtigkeit bedeutet auch, Vorsorge für Kinder und Jugendliche für Schule, Ausbildung, Hochschule zu treffen und dieses Engagement und dieses Anliegen in das Zentrum des Haushalts zu stellen. Deswegen haben wir Sie mit uns eren Anträgen und Debattenbeiträgen immer wieder aufgefordert, sich in diesem Bereich stärker zu engagieren. Das ist die wertvollste Investition in diesem Land. Wenn Sie unseren Vorschlägen folgen, würden Sie nur das Richtige tun und Vorsorge für die Entwicklung unseres Landes für unsere Kinder und Jugendlichen treffen.

Herr Finanzminister, Generationengerechtigkeit ist auch Maßstab für die Haushaltspolitik. Das wissen Sie. Es gibt viele, die an Modellen und an Konstrukten arbeiten, dies auch in einzelnen Haushalten zu messen. Die OECD hat beispielsweise ein Modell für die Generationenbilanzierung entwickelt und andere interessante Anstöße gegeben. Ich frage mich aber, welche Verschuldung Sie unseren Kindern aufbürden.

Herr Dr. Deubel hat über die Altlast der CDU- und FDPRegierung geklagt. Ich frage mich immer, worüber Ihre Nachfolgeregierung klagen wird. Sie überlassen der Nachfolgeregierung und der nachfolgenden Generation ab 2005 deutlich mehr als 20 Milliarden Euro an Verschuldung. Bis heute haben Sie noch keinen nachvollziehbaren Vorschlag gemacht, wie Sie diese Summe tatsächlich zurückführen werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Auch dort können Sie in die Beurteilungen der rheinlandpfälzischen Bevölkerung schauen. PoliTrend hat deutlich aufgezeigt, dass Ihnen die Mehrheit in diesem Land in dieser Frage nicht mehr viel zutraut. Die Mehrheit in diesem Land setzt kein Vertrauen in diese Landesregierung, wenn es um eine mittelfristige Abbremsung der Verschuldung geht. Wir können noch gar nicht von Sparen reden. Herr Bracht, wenn ich spare, habe ich etwas in der Hand.

(Bracht, CDU: So ist es!)

Wenn die Landesregierung sparen und wenn man ihren Vorschlägen folgen würde, hätte man noch nichts in der Hand. Man hätte etwas weniger ausgegeben. Aber das ist noch nicht Sparen. Das ist allenfalls ein sparsameres Wirtschaften.

Herr Mittler, ich möchte Sie noch einmal auf einen Punkt aufmerksam machen, der besonders wichtig ist, wenn es um die Haushaltsentwicklung geht. Die Frage der Personalkosten und der Steigerungen ist ein besonders wichtiger Punkt. In den vergangenen Jahren haben Sie es immer wieder hinbekommen, dass Sie über Auslagerungen von Betrieben korrigieren. Damit rutscht ein Teil der Personalausgaben in andere Teile des Haushalts, ob das beim Landeskrankenhaus war, beim LBB, beim LSV. Sie haben versucht, mit Instrumenten der Budgetierung und Flexibilisierung, mit Methoden des Pensionsfonds und Ähnlichem etwas in den Griff zu bekommen. Sie wissen aber, der Sprengsatz im Haushalt wächst weiter. Sie müssen nur einen Blick in den Ver

sorgungsbericht werfen, der aus Ihrem eigenen Haus kommt. Er wirkt ernüchternd.

Was die Entwicklung der Personalkosten angeht, werden wir schon allein aufgrund der Steigerungen der Versorgungsleistungen auf lange Jahre hinweg einen riesigen Klotz am Bein haben. Mit riesigem Klotz meine ich, es ist einer, den man nicht abstreifen kann und den ich auch nicht einfach loslösen kann. Es ist vielmehr eine Aufgabe, diese Versorgungsleistungen zu erbringen. Es reicht nicht, Haushaltskosmetik modern zu verkaufen. Ich sage das nicht nur anklagend, sondern nachdenkend. Ich glaube, dass die gesamte Entwicklung der Personalkosten im aktiven, aber vor allem auch im Versorgungsbereich heute eine Frage ist, die nur zu lösen ist, wenn Sie nicht auf Konfrontation mit der Opposition gehen, sondern wenn Sie in solchen Fragen auf uns zugehen und mit uns gemeinsam nach Lösungen suchen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte nicht mehr auf die vielen einzelnen Haushaltsrisiken zu sprechen kommen. Auch dies könnte man am Ende dieser Debatte noch einmal machen. Ich möchte noch einmal zu einer Gesamtbeurteilung kommen. Ich habe eben gesagt, Sparen nimmt jeder für sich in Anspruch, die CDU für ihre Anträge, die Landesregierung für ihren Haushalt. Ich bin der Meinung, Herr Mittler und die Damen und Herren der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, Ihre Spendierhosen haben Sie noch nicht ausgezogen.

(Bracht, CDU: So ist es!)

Solange Sie diese Spendierhosen nicht abstreifen, werden Sie weiter mit Ihrer spendablen Haushaltspolitik verfahren. Sie werden weiterhin Sportstätten versprechen und trotz angespannter Haushaltslage ein ArpMuseum versprechen. Sie werden sich trotz angespannter Haushaltslage und trotz einer völligen Unangebrachtheit in Ihren Plänen ausbreiten, einen Transrapid nach Rheinland-Pfalz zu holen. Sie werden weiterhin das eine Straßenbauprojekt an das nächste hängen.

Solange Sie nicht jedes dieser einzelnen Projekte tatsächlich unter dem Sparblick betrachten, solange Sie nicht bei jedem einzelnen dieser Projekte überlegen, was es für unsere nachfolgenden Generationen bringt, ob diese Ausgabe tatsächlich nötig ist oder ob sie eine ist, die ich machtpolitisch nutze, oder ob sie eine ist, die finanzpolitisch und haushaltspolitisch vertretbar ist, solange Sie sich diese Frage nicht tatsächlich kritisch beantworten, wird diese Art des Haushaltens in diesem Land immer weitergehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Nach einem aktuellen Ergebnis glaubt die Mehrheit im Land nicht an eine langfristige Rückführung der Schulden durch diese Landesregierung. Ich glaube, das muss Ihnen mehr zu denken geben. Das heißt, es gibt im Land

einen Vertrauensverlust nicht nur, aber auch wegen Ihrer Haushaltspolitik.

Ich finde, diese Art des Wirtschaftens – – –

(Mertes, SPD: Das wird sich in vier Jahren herausstellen, wie es sich in einem Jahr herausgestellt hat! Wenn Sie schon Demoskopen befragen, dann fragen Sie, welche Vertrauensverluste Sie haben! Sie wären gar nicht mehr da!)

Meine Damen und Herren, ich habe diese Fragen nicht gestellt. Ich sage Ihnen, wenn es solche Nachfragen gibt – – – (Mertes, SPD: Sie ziehen doch Schlussfolgerungen, die kann ich dann auch ziehen!)