Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

Ich denke, dies sind zwei Themenbereiche, die ernst genug sind, dass man sie auch mit guten Argumenten erörtert. Wer jedoch in der Weise, wie es insbesondere Frau Thomas gemacht hat, zu Verbalinjurieren greift, der Unehrlichkeit, der Täuschung, der Fälschung und der Lüge,

(Kuhn, FDP: Das war schon ein Hammer! – Dr. Weiland, CDU: Sensibelchen!)

dann muss ich dazu sagen, das war schon schlimm. Das lasse ich Ihnen nicht durchgehen. Ihr Gekeife ist noch kein Ersatz für ein Argument.

(Beifall bei SPD und FDP – Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Dr. Weiland, CDU: Sensibelchen Mittler! – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer hat denn den Haushalt gefälscht, Herr Mittler?)

In Ihren Kreisen mag eine solche Umgangssprache gebräuchlich sein, bei mir nicht.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach ja!)

Der Finanzplanungsrat, dem der Bund, die Länder, die Gemeinden, die wirtschaftswissenschaftlichen Institute sowie die Bundesbank angehören, hat am 21. März 2002, also gut eine Woche nach Verabschiedung des Landeshaushalts, einen so genannten nationalen Stabilitätspakt verabredet, in dem sich der Bund und die Länder darauf verständigt haben, in welcher Weise die staatlichen Ebenen in Deutschland ihren Beitrag dazu leisten können, dass die von der Bundesrepublik Deutschland mit dem Amsterdamer Vertrag begründeten Verpflichtungen in der Europäischen Union, wie sie im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegt sind, erfüllt werden.

Klar ist dabei, dass der Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Sozialversicherungsträger insgesamt in diesen nationalen Stabilitätspakt einzubeziehen sind. Wir haben vereinbart, dass die Ausgaben des Bundes in den Jahren 2003 und 2004 jeweils bezogen auf das Vorjahr um jahresdurchschnittlich 0,5 % sinken werden, während die Ausgaben der Länder durchschnittlich in Bezug auf diese beiden Jahre um 1 % jährlich wachsen dürfen.

Diese Maßnahme soll dem Ziel dienen, im Jahr 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

(Dr. Weiland, CDU: Nahezu!)

Das ist die Vereinbarung, Herr Abgeordneter Dr. Weiland.

(Jullien, CDU: Papier ist geduldig!)

Das ist die Vereinbarung von Brüssel.

Die beschlossenen Maßnahmen sollen dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Mit einer jahresdurchschnittlichen Steigerungsrate von 1,3 % liegen wir im Doppelhaushalt und in dem darauf folgenden Finanzplanungsjahr 2004 bereits sehr nah an den geforderten durchschnittlichen 1,0 %.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

In diesem Jahr sind es 0,7 %, im nächsten Jahr 1,9 %. Das sind zusammen 2,6 %, dividiert durch 2 sind 1,3 %.

(Mertes, SPD: Schreiben Sie es auf!)

Durch die nunmehr geplante zusätzliche Einsparung in Höhe von 130 Millionen DM wird dieses Ziel umgesetzt.

Auch unsere Finanzplanung ist in ihren Ergebnissen weitgehend kompatibel mit den im Finanzplanungsrat beschlossenen Vorgaben. Das ist der Regelungsinhalt von „close to balance“. Das für 2004 für den Gesam tstaat mögliche Defizit von 12 Milliarden Euro (also ein halbes Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den öffent- lichen Haushalt insgesamt) macht bezogen auf das Land Rheinland-Pfalz eine Größenordnung zwischen 330 Millionen Euro und 350 Millionen Euro im Jahr 2004 aus. In der Finanzplanung für das Jahr 2004 haben wir eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 336 Millionen Euro vorgesehen. Insoweit ist die Finanzplanung nicht revisionsbedürftig, jedenfalls nicht wegen Brüssel. Es wird vielmehr entscheidend sein, die in der Finanzplanung vorgesehene Defizithöhe tatsächlich im Vollzug nicht zu überschreiten.

Im Übrigen erlaube ich mir den Hinweis darauf, dass die durchschnittliche Ausgabenwachstumsrate seit 1997 bereits 0,9 % beträgt.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nehmen Sie doch einmal 1996 dazu!)

Damit haben wir bislang deutlich unter der bisher gegebenen Wachstumsmarke von 2,0 % gelegen. Mit dieser Wachstumsrate bewegen wir uns auch im Rahmen der neuen Vorgaben.

(Zuruf von der CDU)

Das zeigt, dass die im Finanzplanungsrat getroffene Vereinbarung tatsächlich von uns erfüllt werden kann. Wir können mit unseren haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen einen Beitrag dazu leisten, dass der Gesam tstaat seine international eingegangenen Verpflichtungen erfüllen kann.

Ich weise allerdings darauf hin, dass auch die Kommunen gefordert sind; denn so, wie die Sozialversicherungen im Hinblick auf ihre Defizitquote von 45 % dem Bund zugeordnet werden, so sind die Gemeinden im

Hinblick auf die Defizitquote von 55 % den Ländern zuzurechnen. Das ist die Aufteilung zwischen Bund/Sozialversicherung und Länder/Gemeinden, wie wir sie verabredet haben, 45 % zu 55 %.

Meine Damen und Herren, wie sieht es mit der Steuereinnahmenentwicklung in diesem Jahr aus? Die generelle Feststellung lautet: Die Steuereinnahmen haben sich im ersten Quartal 2002 ungünstig entwickelt. Bezogen auf das erste Quartal des Vorjahres betrug das Minus beim Bund 6,7 %, bei der Ländergesamtheit minus 5,5 %. Übrigens hat es eine solche Steuereinnahmenentwicklung seit Bestehen der Republik noch nicht gegeben.

(Zuruf von der CDU: Was kommt denn da von Berlin! – Weitere Zurufe von der CDU)

Die Europäische Union ist mit einem Minus von 1,8 %, und die Gemeinden sind mit ihrem Einkommen, Steuerund Umsatzsteueranteil mit 5,8 % beteiligt.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck – Zurufe von der CDU)

Wir hatten im vergangenen Jahr mit der Steuerschätzung von November, als die Steuereinnahmen für das Jahr 2002 bereits nach unten korrigiert wurden, diese Korrektur in unserem Haushalt nachvollzogen. Nach unserem Haushaltsplan rechnen wir auf das ganze Jahr bezogen mit einem Wachstum von 5,4 %. Bis Mitte April bestand kein Anlass, die in der Steuerschätzung vom November prognostizierten Steuereinnahmen wesentlich in Zweifel zu ziehen. Zwar erreichten die Steuereinnahmen 2001 bundesweit nicht die prognostizierte Höhe, aber dies kann man auf Sonderentwicklungen und Einmaleffekte in zwei Bundesländern zurückführen, nämlich in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen.

Die Steuereinbrüche in diesen beiden Ländern im Dezember vergangenen Jahres führten zu den schwachen Länderfinanzausgleich- und Bundesergänzungszuweisungs-Einnahmen im März dieses Jahres in den übrigen Ländern. Die endgültigen Beträge wurden übrigens erst Mitte März vom Bundesministerium der Finanzen mitgeteilt.

Da die Einnahmen aus Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen unterjährig jedoch sehr stark schwanken, kann allein hieraus für das Gesamtjahr keineswegs ein Trend abgeleitet werden. Für das Jahresergebnis sind die orginären Steuereinnahmen aller Länder maßgebend.

Auch lagen die orginären Steuereingänge unseres Landes bis Ende März mit minus 1,6 % bezogen auf das Vorjahr noch im Zielkorridor der Steuerschätzung vom November.

Bei der Interpretation der Steigerungsrate ist zu beachten, dass wir im ersten Quartal hohe Zahlungen im Rahmen der Körperschaftssteuerzerlegung im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu leisten hatten und das Märzergebnis noch einmal deutlich durch den Aufbau der Eigenheimzulage geprägt war. Hinzu kommt, dass

wir bei der Erbschaftssteuer und der Grunderwerbssteuer noch einmal einige Sonderfaktoren zu verzeichnen hatten. Man kann davon ausgehen, dass sich diese im Laufe des Jahres wieder egalisieren.

Trotzdem hatte ich in der abschließenden Debatte zum Doppelhaushalt am 15. März 2002 an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass wir wegen der unsicheren Einnahmenentwicklung in diesem Jahr die im Haushaltsplan verabschiedeten Beträge nicht in voller Höhe den Ressorts zur Bewirtschaftung freigeben wollen, sondern bereits zu einem frühen Zeitpunkt eine Bewirtschaftungsmaßnahme ergreifen wollen.

Dies hatte damit etwas zu tun, dass die Bundesregierung ihre Wachstumserwartung für das Jahr 2002 im Jahreswirtschaftsbericht gegenüber der Steuereinnahmenprognose vom November vergangenen Jahres leicht nach unten korrigiert hatte.

(Zuruf von der CDU)

Erst mit dem Ist-Ergebnis aller Länder im ersten Quartal, das seit Anfang April vorliegt, wurde deutlich, dass die Steuereinnahmen, wie sie im Haushalt 2002 prognostiziert wurden, möglicherweise nicht erreicht werden können.

(Jullien, CDU: 2006 haben wir auch noch etwas!)

Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass die Ländergesamtheit um 5,5 % gegenüber dem vergangenen ersten Quartal rückläufig ist. Ich will nur einmal darauf hinweisen, wie die Entwicklung bei einigen Ländern aussieht. Zwei Länder – Hamburg und NordrheinWestfalen – hatten ein Steuerplus im ersten Quartal. Bayern und Baden-Württemberg hatten jeweils ein Minus von 1,4 % bzw. 1,9 %, Niedersachsen ein Minus von 3,5 %, Hessen ein Minus von 26 % und wir, wie gesagt, ein Minus von 1,6 %.

Meine Damen und Herren, wir haben uns dazu entschlossen, auf die dadurch entstandene Situation, von der wir nicht wissen, wie nachhaltig sie im weiteren Jahresverlauf die Einnahmenentwicklung prägen wird, zu reagieren, und zwar mit dem Beschluss des Ministerrats vom Dienstag vergangener Woche, einen Betrag in der Größenordnung von 130 Millionen Euro einer eingeschränkten Bewirtschaftungsauflage zu unterwerfen. Im gleichen Zug haben wir auch die im Haushalt vorgesehene Globale Minderausgabe in Höhe von 67 Millionen Euro auf die Ressorts heruntergebrochen.

(Ministerpräsident Beck: In der Ausgabe!)

Die Länder haben bisher unterschiedlich auf diese Situation reagiert, das heißt, überwiegend durch Abwarten.

(Kuhn, FDP: Richtig!)

Die Einschätzung ist vorherrschend, es wird so schlimm nicht kommen, das erste Quartal – das ist auch richtig so – ist noch nicht das Jahresergebnis, und wir warten zunächst einmal die Einnahmenentwicklung im weiteren

Jahresverlauf ab, zumindest die Steuerschätzung, die dann weitere Auskunft geben wird.