Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

Dazu finden sich differenzierte Vorschläge im Maßnahmenkatalog des Ministeriums. Ich möchte Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen und Sie bitten, dann auch an der einen oder anderen Stelle Ihres Antrags mitzulesen und hoffentlich dann künftig auch engagiert diese Landesregierung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen und Vorschläge zu unterstützen; denn dafür sollte dann Ihr Antrag wohl auch dienen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erinnere an Sprachfördermaßnahmen für den Elementarbereich, an Maßnahmen im Sprachförderbereich im Grund- und im weiterführenden -schulbereich. Ich erinnere daran, dass außerschulische Lesemotivationsveranstaltungen vorgeschlagen werden, Fortbildungen von Erzieherinnen und Lehrkräften, im Besonderen im Bereich der Sprachförderung, vorgeschlagen werden, vor allen Dingen die Eltern in diesen Sprachförderprozess einbezogen werden sollen

(Lelle, CDU: Auch das haben wir gefordert!)

und soweit sie einen Migrantenhintergrund haben, selbst Sprachförderangebote für sie in Verbindung mit den Bildungseinrichtungen möglichst in den Bildungseinrichtungen eingeschlagen werden sollen.

(Lelle, CDU: Wer hat da abgeschrieben, Frau Brede-Hoffmann? – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben doch abgeschrieben! Das war doch vorher überhaupt nicht im Konzept!)

Diese Vorschläge sind die Vorschläge des Ministeriums.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir finden sie richtig. Ich möchte sie Ihnen nur noch einmal vortragen, weil ich das Gefühl habe, dass Sie immer noch auf dem Standpunkt stehen, wir wären am Punkt null und irgendjemand müsste jetzt einmal aus PISA die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Ich sage Ihnen, was diese Regierung bereits seit drei Monaten umsetzt. Es gibt auch Maßnahmen zur Weiterentwicklung von Pädagogik und Didaktik für neue Lehrpläne. Es gibt wesentlich mehr, was Sie in unserem Antrag und in den Veröffentlichungen des Ministeriums lesen können. Es gab bereits davor – lange vor der Veröffentlichung von PISA – ein Konzept, das sich Qualitätsmanagement nannte, und riesengroße Weiterbildungsinitiativen zum Beispiel im Bereich neuer Medien und Ähnlichem.

(Zuruf von der CDU: Was hat es genutzt?)

Es gab die Entscheidung, Schulstrukturveränderungen in Rheinland-Pfalz vorzunehmen: Regionale Schulen, Volle Ganztagsschulen – –

(Keller, CDU: Spaßschulen! – Weitere Zurufe von SPD und CDU)

Entschuldigung!

Volle Halbtagsschulen, aber vor allen Dingen Ganztagsschulsysteme in diesem Land zu etablieren und damit die Schulstruktur dieses Landes so weiterzuentwickeln, wie PISA uns das dann auch ins Stammbuch geschrieben hat und wie die Länder, die gute PISAErgebnisse gezeigt haben, es eben vorführen. Herr Kollege, genau diese Dinge sind von dieser Landesregierung zum Teil schon von vor zwei, drei oder mehr Jahren umgesetzt worden.

(Lelle, CDU: Vor fünf!)

Jetzt möchte ich noch einmal etwas betonen, weil das auch Ihr Lieblingsargument im Ausschuss war. Indem wir bemerken, was umgesetzt worden ist auf einem Weg, der Problemlösung heißt, behaupten Sie, sähen wir die Probleme nicht und würden sie dann schönreden. Das ist das Lieblingsargument der CDU und eigentlich auch der GRÜNEN. Wir sehen die Probleme. Wir sehen die Defizite, die diese Schülerinnen und Schüler haben. Sie sind in PISA nicht zu überlesen. Wir und die Landesregierung haben einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, der diese Probleme zu lösen versucht. Mir ist klar – das möchte ich ganz deutlich betonen –, dass wir nicht an einem Punkt angekommen sind, wo die Umsetzung der Maßnahmen, die das Ministerium vorgeschlagen hat, in ein oder zwei Jahren dann tatsächlich zu diesem traumhaften „Gibt-es-keine-Probleme-mehr-Zustand?“ führen würde. Mir ist klar, dass dies ein Schritt auf dem Weg ist und es unsere Aufgabe ist, genau hinzuschauen, wie Strukturen, Arbeitsmethoden, Pädagogik in den Ländern durchgeführt werden, die bei PISA sehr gut abgeschnitten haben.

Nicht nur die Kollegin aus Hessen, die Bildungsministerin von Hessen, fährt nach Finnland, sondern auch unser Ausschuss hat beschlossen, wir gehen dorthin und schauen genau hin. Aber Herr Kollege, eines müssen wir uns im Vorhinein vornehmen, wenn wir dorthin fahren. Es dürfen keine Themen tabu sein. Die Frage von Fördern und/oder Auslese, die Frage von Integration darf kein Tabuthema sein, wenn wir dorthin fahren. Es kann nicht sein, dass wir mit Scheuklappen dorthin schauen und uns dann immer nur die Punkte aussuchen, wie die Kollegin in Hessen das jetzt getan hat, die uns bestätigen, sondern wir müssen nachschauen, was sie dort anders machen, welche pädagogischen Methoden dort gewählt werden, die erfolgreich sind und auf welche Art und Weise wir in der Lage sind, unsere Lehrkräfte weiterzubilden, dies in die neue Ausbildung der künftigen Lehrkräfte zu integrieren, sodass wir tatsächlich auch von dem, was wir dort sehen, profitieren können. Ich fürchte, Sie werden dorthin laufen und nur das sehen wollen, was Ihrem Antrag entspricht; denn Sie scheinen zu wissen – zum Beispiel beim Thema „Muttersprachlicher Unterricht“ –, wie es ganz richtig ist. Wir haben wesentliche Punkte bereits umgesetzt.

(Keller, CDU: Sagen Sie einmal etwas zum Sprachkurs! Werden Sie einmal konkret!)

Herr Kollege, wir sind auf dem Weg, habe ich gesagt. Wir befinden uns in einer ersten Phase, Maßnahmenkonzepte umzusetzen, die die Regierung vorgeschlagen hat. Wir werden weiter diskutieren. Das Qualitätssicherungskonzept dieser Landesregierung, über das wir hier auch schon lange diskutiert haben, enthält einen ganz wesentlichen Faktor, den wir, wenn wir PISA betrachten, wirklich an keiner Stelle vergessen dürfen. Der sagt nämlich, die Selbstverantwortung der Schule muss dazu führen, dass die Schule in die Lage versetzt wird, den für sie richtigen Weg zu finden, die für sie richtigen Methoden auszusuchen und dann auch entsprechend auf die Kinder, die in der Schule sind, und die dort auftauchenden Probleme reagieren zu können.

Ich mache mir keine Illusionen, dass es uns nicht zu einem wirklichen Erfolg gereichen wird, wenn wir nicht in dieser Gesellschaft die Atmosphäre oder das Klima dafür entwickeln können, das Lernen, das in der Schule etwas leisten, das selbst Verantwortung übernehmen, das selbst arbeiten und selbst den Weg finden wirklich als etwas ganz Wichtiges angesehen werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Aber ich mache mir auch keine Illusion, dass es uns nicht gelingen wird, auf diesem Weg erfolgreich zu sein, wenn wir nicht an jeder Stelle, auch an dieser hier, es schaffen, darüber zu reden, dass die Lehrerinnen und Lehrer in unserem Bundesland schon beim Thema „Schulentwicklung“ einen sehr weiten Weg gegangen sind und wir dafür auch hohen Respekt zollen sollten. Wir sollten nicht so tun, als wenn das, was bis jetzt geschehen ist, überhaupt nichts wäre.

(Glocke der Präsidentin)

Wir sollten ihnen auf diesem Weg helfen, ihnen Mut machen zur Schulentwicklung und ihnen nicht sagen, das, was bisher war, ist ganz schlecht, wir machen es jetzt anders.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir begrüßen zunächst weitere Gäste im Landtag, und zwar Bürgerinnen und Bürger aus Bad NeuenahrAhrweiler und Umgebung, darunter Vorstandsmitglieder des VdK Kreis Ahrweiler sowie Mitglieder von „Impuls“ aus Bad Neuenahr-Ahrweiler. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, im Zusammenhang mit der PISA-Studie für eine Show abziehen, ist eine absolute Frechheit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lelle, CDU)

Frau Kollegin Brede-Hoffmann, wenn am Dienstagabend, also vorgestern, ein siebenseitiger, mit heißer Nadel gestrickter Alternativantrag eingereicht wird, dann ist das absolut bezeichnend für die Umgehensweise mit Oppositionsanträgen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU – Mertes, SPD: Das ist so abgehängt wie ein Ardenner Schinken! – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ich habe mich gefragt, warum nicht früher. Aber dann habe ich mir gedacht, die Mühlen im Ministerium mahlen auch nicht immer so schnell.

(Frau Brede-Hoffman, SPD: Das ist der Traum des Oppositionellen!)

Es ist unverschämt, dass Sie, nachdem der Antrag der Fraktion der CDU im Plenum und im Ausschuss ausführlichst besprochen worden ist und Sie zu meinem Entsetzen auch den allermeisten Punkten zugestimmt haben, dann noch so kurzfristig einen Alternativantrag einbringen. Sie haben uns im Ausschuss gesagt, wir brauchen doch überhaupt keinen.

(Lelle, CDU: Genau so war es!)

Dann kommt so ein „Wischiwaschi-Ding“ von Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diese Vorgehensweise und das Verfahren zeigen deutlich, die Konzeptions- und Hilflosigkeit der die Landesregierung tragenden Fraktionen ist noch größer, als ich dies schon vermutet hatte. Das muss ich ganz ehrlich sagen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Mertes, SPD: Sagen Sie doch einmal etwas zur Sache!)

Herr Mertes, entschuldigen Sie bitte.

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Wiechmann hat das Wort.

Frau Präsidentin, danke schön.

Ich musste das loswerden. Ich habe mich maßlos über Sie geärgert.

Herr Mertes, es tut mir Leid. Aber jetzt möchte ich zur Sache sprechen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Ah!)

Im Landtag ist viel über PISA gesprochen worden. Es ist auch gut und richtig, dass wir uns Gedanken machen, Lösungsvorschläge erarbeiten, darüber diskutieren und versuchen, Antworten auf das schlechte Abschneiden des deutschen Bildungssystems im internationalen Vergleich der Schulsysteme zu finden.

Bei der ersten Diskussion im Landtag und bei der Beratung im Ausschuss wurde deutlich, dass auch die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen weitgehend mit den Vorstellungen der großen Oppositionsfraktion einverstanden sind. Dazu muss ich sagen, auch Sie kratzen mit Ihren Maßnahmen nur an der Oberfläche der grundlegenden Probleme, die die PISA-Studie gerade für das gegliederte Schulsystem in Deutschland deutlich herausgearbeitet hat.

(Kuhn, FDP: Jetzt erzählen Sie einmal, was Sie wollen!)