Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

(Zuruf von der CDU)

Wo denn? Sagen Sie es doch!

(Beifall der SPD und der FDP)

Wo war denn Ihre Initiative zur Einsetzung der EnqueteKommission? – Wir haben sie vor einem Jahr in unsere Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben, und jetzt machen wir sie auch.

(Zurufe von der CDU)

Ich kann Ihre Unruhe gut verstehen.

(Glocke des Präsidenten)

Wer so wenig anzubieten hat wie Sie, aber so die Backen aufbläst, – – –

Meine Damen und Herren, bei aller Kontroverse etwas weniger Hektik.

Herr Schweitzer, bitte schön.

Wir werden im Monat Juni diese Enquete-Kommission einsetzen, die sich mit den Finanzbeziehungen beschäftigt.

(Jullien, CDU: Wir werden! Wir werden!)

Wir werden das machen. Richtig. Das ist das Eine. Das Zweite ist: Wir reden von Schlussfolgerungen, die Sie nicht genannt haben.

Die Bundesregierung hat zum ersten Mal seit 30 Jahren – Sie haben dies 16 Jahre lang verweigert – eine Enquete-Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen eingesetzt. Ich frage mich, warum Sie das unter der Regierung Kohl 16 Jahre lang nicht wollten.

(Glocke des Präsidenten)

Wir werden jetzt in der neuen Legislaturperiode eine bekommen, die den Kommunen verlässliche Einnahmen beschert.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich freue mich, weitere Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Schülerinnen und Schüler von verschiedenen Schulen, der Realschule Katzenelnbogen, der Oranienschule Altendiez und der Laurentiusschule Herxheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schweitzer, die Tatsache, dass Sie Ihre Rede vom 23. Januar dieses Jahres und Ihre Rede vom 13. März dieses Jahres heute erneut halten, macht sie nicht wahrer und nicht besser.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Da ich mich nicht mit Wiederholungen aufhalten will, äußere ich mich nur kurz zu Ihren Ausführungen. Es mag zwar sein, dass die CDU-Fraktion im Rahmen der Haushaltsberatungen keine weiterführenden Anträge für die Kommunen gestellt hat,

(Schnabel, CDU: Stimmt doch gar nicht!)

aber wir haben es getan, Sie haben sie alle abgelehnt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte gern einmal Ihre Vorschläge kennen lernen. Außer der Enquetekommisson, die Sie seit einem Jahr wie eine Monstranz vor sich her tragen, haben Sie noch nichts zustande gebracht. Wir müssen nichts Neues oder Eigenes erfinden; denn wir haben es schwarz auf weiß durch den Bericht des Rechnungshofs und den Kommunalbericht. Lassen Sie mich in aller Sachlichkeit einige Schlussfolgerungen daraus ziehen.

1. In diesem Land können 700 Gemeinden ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen. Das wissen wir schon seit längerem. Die Tendenz steigt.

(Lewentz, SPD: Steuerzahlerbund!)

Rechnungshofbericht.

2. Die Entwicklung seit dem Jahr 1990 zeigt in die roten Zahlen. Nun kommt der entscheidende Satz im Bericht des Rechnungshofs: „Diese Entwicklung gibt es in keinem anderen westdeutschen Flächenland.“ Dieser entscheidende Satz verhindert, dass Sie mit einer sauberen Argumentation aus Ihrer Verantwortung herauskommen.

3. Der Rechnungshof sieht unter den gegenwärtigen Bedingungen, die Sie auf Landesebene maßgeblich zu verantworten haben, keine Perspektive für die rheinlandpfälzischen Kommunen. Das heißt, wenn das Land

seiner Verantwortung nicht gerecht wird, rutschen sie immer weiter ab.

4. Die kreisfreien Städte – ein Phänomen, das seit langem bekannt ist – sind in einem besonderen Maß betroffen.

5. Spätestens seit den Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2002/2003 wissen wir, dass unabhängig von Ihrer Enquetekommission und unabhängig von Ihren schönredenden Ausführungen die Umverteilung zulasten der Kommunen laufend weitergeht. Das ist natürlich unseriös. Wenn man sagt, dass man die entscheidenden Fragen in einer Enquetekommission stellt, dann muss man das erstens auch tun, und zweitens darf man nicht weiter laufend an den Schrauben drehen. Sie drehen laufend weiter an den entscheidenden Schrauben und dann auch noch in die falsche Richtung. Vorstöße, die in die richtige Richtung gehen, lehnen Sie schlicht und ergreifend ab.

6. Kommunale Konsolidierungsprogramme, die immer wieder eingefordert werden – auch der Rechnungshof sagt aus seiner Sicht etwas dazu –, gibt es zwar, sie laufen zwar nicht ins Leere, aber sie sind nicht in der Lage, das aufzufangen, was den Kommunen von anderer Seite aufgebürdet wird. Die Räte und Verwaltungen versuchen Jahr für Jahr Konsolidierungsprogramme aufzustellen und erzielen dadurch leidliche Erfolge. Diese Erfolge werden aber um ein Vielfaches dadurch aufgefressen, dass ihnen vom Land sehr viel weggenommen wird.

7. Der Verweis auf so genannte freiwillige Leistungen – wenn er von der Landesebene kommt – oder auf deren Verzicht ist zynisch. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Wort „freiwillige Leistungen“ klingt nach Luxusleistungen. Wir reden aber über Büchereien, kulturelle Angebote, Freizeitangebote und Schwimmbäder. Wir reden in vielen Kommunen über ein Basisprogramm, aber nicht über Luxus, übrigens auch bezüglich weicher Standortfaktoren.

8. Unausgeglichene Haushalte werden inzwischen von den Aufsichtsbehörden massenhaft genehmigt. Ich will mich nicht damit aufhalten, dass das eigentlich rechtswidrig ist. Damit gestehen die Aufsichtsbehörden und die Landesregierung indirekt ein, dass die Situation so ist, wie sie ist, und sie nicht mehr in der Lage sind, geltendes Recht einzuhalten und das offensichtlich auch nicht gewillt sind.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Herr Abgeordneter Hohn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde nicht wie Herr Kollege Schnabel mit den

Zahlen jonglieren, sondern werde versuchen, das Ganze ohne Emotionen vorzutragen.

Der Kommunalbericht 2001 des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz belegt einmal mehr, wie wichtig es ist, bedingt durch die sich weiter verschärfende Finanzsituation der Kommunen die derzeitigen Verwaltungsstrukturen und die Aufgabenzuordnung innerhalb der Kommunen den veränderten räumlichen, sozialen, technologischen und wirtschaftlichen Strukturen in unserem Bundesland anzupassen. Ziel muss es sein, zu einem effektiveren, effizienteren, kostengünstigeren und vor allen Dingen schnelleren Verwaltungsablauf zu kommen.

Meine Damen und Herren, dem Rechnungshofbericht zufolge wird die Kluft zwischen laufenden Einnahmen und Ausgaben immer größer. Dies zeichnet sich bereits seit dem Jahr 1990 ab. Der Gürtel muss enger geschnallt werden. Dies wird unumgänglich sein.

Natürlich verbirgt sich insbesondere hinter den seitens der Kommunen abgeschlossenen Versicherungen – wie dem Bericht zu entnehmen ist – erhebliches Sparpotenzial. Es ist beispielsweise völlig unverständlich, weshalb einzelne Kommunen eine Haftpflichtversicherung für Anlieger abschließen, die ihrer winterlichen Streupflicht nicht nachkommen, oder dass Vollkaskoversicherungen für gemeindeeigene Fahrzeuge abgeschlossen werden, die schon total veraltet sind.

(Schmitt, CDU: Suche in den Krümeln!)

Meine Damen und Herren, derartige Sparmaßnahmen sind lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie lösen das eigentliche Finanzproblem unserer rheinlandpfälzischen Städte und Gemeinden nicht im Geringsten. Das wissen Sie doch auch. Gefragt sind vielmehr mutige umfassende Reformen im Bereich der Kommunalverwaltung. Den bisherigen Reformen, die die Abschaffung der Bezirksregierungen zum Ziel hatten, muss eine vorbehaltlose Überprüfung und gegebenenfalls Reform der kommunalen Verwaltungsstrukturen und der Aufgabenzuordnung im kommunalen Bereich folgen.

Im Rahmen der anstehenden Enquetekommission, die ab Juni die Finanzströme zwischen Land und Kommunen sowie zwischen den Kommunen untereinander überprüfen soll, werden wir diese Gedanken einfließen lassen.

Meine Damen und Herren, die FDP ist seit jeher die Partei der Verwaltungsmodernisierung in RheinlandPfalz. Dieser Rolle wird sie auch bei der anstehenden Debatte über die Zukunft der Kommunen gerecht werden.