Herr Präsident, meine Damen und Herren! RheinlandPfalz befindet sich auf einem erfolgreichen Weg, aus seinen Schulen wirklich gute Schulen zu machen.
Neben der vorrangig bedeutsamen Sicherung der Unterrichtsversorgung und neben Maßnahmen wie der Errichtung von Regionalen Schulen, Integrierten Gesam tschulen, Dosen, mit denen jeweils einem regionalen und einem schulentwicklungsplanerischen Bedarf sowie dem Elternwillen entsprochen wurde, möchte ich einige weite
re wichtige schulpolitische Schritte in Erinnerung rufen: die Einführung des Qualitätsmangements, spezieller Schulprofile, die Stärkung der Selbstverantwortung von Schulen, zum Beispiel durch schulscharfe Personalauswahl, Weiterbildungs- und Qualifizierungsinitiativen, Entwicklung und Stärkung der Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft, flächendeckende Einführung der Vollen Halbtagsschule und insbesondere das im kommenden Schuljahr startende Programm von 300 Ganztagsschulen in der neuen Form.
Es gibt noch eine Reihe von Maßnahmen und Projekten zu nennen. Ein ganz wichtiger Baustein zur Schaffung von guten Schulen ist zurzeit in Arbeit, nämlich die Entwicklung eines Reformkonzepts für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung.
Es grenzt natürlich an eine Binsenweisheit zu sagen, dass eine gute Schule nur dann erreicht werden kann, wenn es auch gute Lehrerinnen und Lehrer gibt. In der Anhörung, die stattgefunden hat, wurde dieser Satz von den Anzuhörenden allerdings regelmäßig wiederholt. Es wurde uns immer wieder bestätigt, dass sowohl in unserem Antrag zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung wie auch in unserem Qualitätssicherungsantrag die genannten Punkte für das Profil qualifizierter Lehrkräfte auf breiteste Zustimmung stieß.
Es bestand Einigkeit darüber, was gute Lehrerinnen und Lehrer wirklich brauchen, nämlich qualifiziertes Fachwissen, hohe fachwissenschaftliche Methodenkompetenz, um fachlich sehr guten Unterricht erteilen zu können, qualifizierte fachdidaktische Kenntnisse und didaktische Methodenkompetenz – natürlich auch auf dem Gebiet der neuen Medien –, um modernen anwendungs- und berufsorientierten Unterricht erteilen zu können, qualifizierte pädagogische Kenntnisse, Kenntnisse über Entwicklungsforschung und Entwicklungspsychologie, über Spracherwerbsforschung, über Lerntheorien, über altersentsprechende Persönlichkeitsentwicklungen, um das Kind und den Jugendlichen als Persönlichkeit zu sehen und den Prozess der Bildung als den Prozess der Orientierung des jungen Menschen in der Gesellschaft als individuellen Findungsprozess begreifen und fördern zu können. Sie benötigen qualifizierte diagnostische Kompetenzen, um zum Beispiel besondere Stärken oder besondere Schwächen frühzeitig erkennen und adäquate Förderkonzepte entwickeln zu können.
Gebraucht wird aber auch – darüber war man sich auch einig – eine Lehrkraft mit gesicherten sozialen Personalkompetenzen, eine Persönlichkeit, die den Prozess des eigenen Lehrens reflektieren kann. Gebraucht wird auch die Lehrkraft, die in fachlicher, didaktischer und pädagogischer Hinsicht selbst weiter lernt, die mithilft, dass der Schulentwicklungsprozess der eigenen Schule und der Qualitätssicherungsprozess von Unterricht stattfindet, damit Schule zu einer selbst lernenden Institution wird, die auf gesellschaftliche Verhältnisse und Veränderungen reagieren kann.
Dieses Qualifikationsprofil der guten Lehrkraft – dies sei besonders an die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN gesagt – findet sich in Anträgen, die wir bereits
verabschiedet haben. Dafür brauchen wir nicht – wie in Ihrem Antrag gefordert – erneut eine Arbeitsgruppe bzw. eine Arbeitsgruppenphase, um erneut ein Lehrerinnenund Lehrerleitbild neu zu entwickeln. Das haben wir schon. (Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege, was entwickelt werden muss, das sind Strukturen, in denen Inhalte vermittelt und Methoden erlernt werden können, um die Lehrkräfte nach dem gewünschten Profil so zu bilden, dass sie fachlich, theoretisch, berufspraktisch und motiviert für ein lebenslanges Weiterlernen sind. Wir müssen Strukturen entwickeln.
Die Kritik an der bestehenden Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist breit. Sie kommt vor allen Dingen aus dem Kreis der selbst Betroffenen, nämlich von den Lehrerinnen und Lehrern selbst. Das soll nicht heißen – das möchte ich an der Stelle besonders betonen –, dass nicht die allermeisten Lehrkräfte in unserem Bundesland trotz der Kritik an einer Ausbildung, die sie selbst durchlaufen haben, auf höchstem Niveau unterrichten und sich durch eigene Bemühungen in der Weiterbildung Kompetenzen, die sie in ihrer Ausbildung gern erhalten hätten, längst erworben hätten. Diese Lehrkräfte verdienen unseren Respekt vor ihrer Arbeit. Sie arbeiten auf einem sehr hohen Niveau.
Dennoch nehmen wir zur Kenntnis, dass die Kritik an dem Bildungsgang, den sie durchlaufen haben, von Ihnen im Besonderen hart ist. Die Kritik ist so fundamental, dass ein „Weiter so!“, wie es die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion sowohl in ihrem Antrag als auch in vielen anderen Äußerungen von sich gegeben haben, sich für uns von selbst verbietet.
Herr Kollege Itzek hat heute Morgen gesagt: Sie sind für Stillstand, wir für Fortschritt. – An dieser Stelle passt das Zitat ganz hervorragend.
Wir begrüßen nachdrücklich den Strukturvorschlag von Herrn Minister Zöllner für ein neues System der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In dem genannten Vorschlag finden sich die genannten Ziele und Profile für Lehrkräfte. Ich bedanke mich im Namen der SPD-Fraktion ganz herzlich dafür, dass vor allen Dingen in diesem Vorschlag Wünsche und Vorschläge aus unserem Antrag sehr dezidiert umgesetzt wurden.
Die Vorlage des Wissenschaftsministers ermöglicht uns eine zielgerichtete Diskussion mit allen an der Lehrerinnen- und Lehrerbildung Beteiligten und mit der Fachöffentlichkeit. Ich möchte an wichtige Punkte in dieser Diskussion erinnern: Eines dieser Elemente ist der Erhalt einer universitären Lehrerinnen- und Lehrerausbildung mit einem sieben- bis achtsemestrigen fachwissenschaftlichem Studium und einem jeweiligen Kerncurriculum mit einem deutlich erkennbaren Bestandteil von Fachdidaktik. Lassen Sie uns über das Curriculum, über die Fachdidaktik sowie über BA- und MA-Studiengänge diskutieren.
Ein weiteres Element ist eine viel stärkere und frühere Verknüpfung von Theorie und Praxis, die Entwicklung eines wirklich dualen Bildungssystems, eine Hereinnahme von schulpraktischen Teilen bereits in die ersten Studiensemester. Lassen Sie uns mit den Beteiligten darüber diskutieren und nicht heute darüber beschließen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Aufnahme eines relevanten Studienanteils für das Fach „Bildungswissenschaften“ zunächst gemeinsam für alle Lehramtsstudierenden, die unabhängig von ihrer Wahl einer künftigen Schulart gemeinsam dieses Studium durchlaufen sollen.
Hieran wird deutlich das Ziel erkennbar, ein Studium zu entwickeln, das die Berufswahl Lehrerin bzw. Lehrer widerspiegelt, und dass erkennbar wird, dass der Studierende bzw. die Studierende nicht Fachwisenschaftler werden will, sondern Lehrkraft für ein spezielles Fach und bereits in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Fach bzw. mit den Fächern das notwendige pädagogische und didaktisch wissenschaftliche, aber auch psychologische und diagnostische Rüstzeug für die künftige Profession des Lehrens erhalten will. Lassen Sie uns über Bildungswissenschaften, über Module und über besondere Inhalte zum Beispiel für Grundschulpädagogen oder für Sonderpädagogen diskutieren.
Ein weiterer Punkt ist die Einrichtung von Zentren für Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Verortet an den Universitäten soll die Zusammenarbeit der Professorinnen und Professoren der Hochschulen, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Studienseminaren und der Schulen vor Ort geschehen. Dort sollen Strukturen entstehen, die es ermöglichen, dass nicht die Inhalte die Strukturen beeinflussen, wie Sie das so gern hätten, Herr Kollege, sondern dass die Strukturen so flexibel sind, dass sie zeitnah die Inhalte verändern können, die gesellschaftlich oder durch geänderte Lernprozesse notwendigerweise geändert werden müssen.
Wir wollen mit den Beteiligten darüber reden. Die Diskussion wollen wir in den nächsten Wochen und Monaten führen. Wir wollen nicht bereits heute, wie es die CDU-Fraktion so gern möchte, Pflöcke einschlagen, die dann weitere Diskussionen und Änderungen an einem Strukturkonzept möglicherweise unmöglich machen.
Das Ganze steht unter der Überschrift – was der Herr Minister in zwei Ausschusssitzungen mehrmals betont hat –: Anerkennung des Bildungsgangs durch die anderen Bundesländer, Lösung und Beantwortung aller Fragen im Zusammenhang mit der Freizügigkeit und der Durchlässigkeit bei der Berufsortwahl.
Natürlich wollen wir keine Hemmnisse beim Wechsel zwischen Bundesländern. Natürlich werden wir keine Bildungsgangstruktur entwickeln, die es unmöglich macht, innerhalb des Studiums oder nach dem Studium die Universität oder den Arbeitsplatz aus RheinlandPfalz heraus oder nach Rheinland-Pfalz hinein zu wechseln. Diese Anerkennungsnotwendigkeit erscheint uns
der Herr Minister hat es auch im Ausschuss so gesagt – eine Selbstverständlichkeit und kaum der Diskussion wert. Wir brauchen sie, und wir wissen es alle.
Meine Damen und Herren, wir sind mit dem Vorschlag des Herrn Ministers auf einem sehr guten Weg. Wir begreifen die heutige Diskussion als einen wichtigen Schritt auf diesem Weg. Wir nehmen die Chance wahr, über einen sehr guten Systemvorschlag, der vom Ministerium gekommen ist, zu einem qualifizierten Reformkonzept für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung zu kommen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer, unsere Schülerinnen und Schüler sowie unsere Schulen haben das nämlich verdient.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Brede-Hoffmann, in den Ausschusssitzungen haben Sie sehr viel konstruktiver mit uns diskutiert, als Sie es jetzt im Plenum vor den Zuschauerinnen und Zuschauern tun. Ich habe mir aber vorgenommen, mich nicht zu sehr auf Ihr Niveau zu begeben, weil ich meine, dass wir an einer konstruktiven Diskussion im Ausschuss alle sehr wohl interessiert waren.
Meine Damen und Herren, nach der öffentlichen Anhörung zur Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in Rheinland-Pfalz muss es uns nun darum gehen, die Anregungen und die Kritikpunkte, insbesondere auch die positiven Aspekte, in die weiteren Reformüberlegungen mit einfließen zu lassen. Viele Vorschläge von den GRÜNEN fanden breite Zustimmung bei dieser Anhörung.
Als einen wichtigen Kritikpunkt muss man vor dem Hintergrund dieser Anhörung feststellen, dass der vom Wissenschaftsministerium vorgestellte Vorschlag eines Reformkonzepts keine grundlegenden Festlegungen zur inhaltlichen Ausgestaltung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung enthält. Er bleibt ohne jegliche Aussage zu den zukünftigen inhaltlichen Anforderungen des Lehrerinnenund Lehrerberufs. Das war die wichtigste Kritik, die wir in der Anhörung zu hören bekommen haben.
Meine Damen und Herren, die maßgebende Kritik an der Lehrerinnenbildung hat sich insbesondere an den inhaltlichen Fragen und an der Vermittlung professioneller
Herr Minister Zöllner, das von Ihnen vorgeschlagene Modell ist ein reines Strukturmodell. Für uns GRÜNE steht fest – das möchte ich noch einmal betonen –: Als Grundsatz muss gelten, dass Strukturen an Inhalte anzupassen sind und nicht umgekehrt.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Strukturen sind flexibel zu gestalten!)
Herr Minister Zöllner, die von Ihnen geplante Struktur der Lehramtsstudiengänge in einen Bachelor- und Masterstudiengang ist zumindest im Hinblick auf die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer für Grund- und Sonderschulen nicht schlüssig, da die fach- und die berufswissenschaftlichen Anteile dieser beiden Studiengänge mit den Studiengängen der übrigen Lehrämter kaum vergleichbar sind. Hier ist wirklich noch dringender Beratungsbedarf angesagt.
Weiterhin sind die konstruktive Kritik und die Anregungen der angehörten Expertinnen und Experten und insbesondere der Lehramtsstudierenden in die Reformüberlegungen aufzunehmen.
Herr Minister, der von Ihnen vorgeschlagene konsekutive Bildungsgang, nämlich Bachelor und Master, kann überhaupt nur dann eingeführt werden, wenn die Anerkennung dieser rheinland-pfälzischen Lehrerinnen- und Lehrerausbildung durch die übrigen Bundesländer gewährleistet ist und die Möglichkeiten zu einem wechselseitigen Übergang in die Lehramtsausbildung oder in den Schuldienst der jeweiligen Bundesländer gegeben sind.
Insbesondere aus Gründen der Mobilität und der Vergleichbarkeit und weil Rheinland-Pfalz auch zukünftig auf den Import von Lehrkräften angewiesen bleibt, kann sich das Land nicht erlauben, hier einen Sonderweg einzuschlagen.
Meine Damen und Herren, vor einer Festlegung zur Gestaltung der Strukturen einer zukünftigen Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist gemeinsam mit allen Beteiligten ein Leitbild für den Beruf der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer zu entwickeln. Dies sollte als Leitlinie für die inhaltliche und die strukturelle Ausgestaltung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in all ihren Phasen gelten.
Zu der Entwicklung eines solchen Leitbilds für eine zukünftige Lehrerinnen- und Lehrerbildung fordern wir Sie in unserem Begleitantrag auf. Um Ziele zu erreichen, müssen nämlich moderne Instrumente, wie Leitbilder und Zielvereinbarungen, und danach die dazugehörigen Strukturen zu ihrer Durchsetzung geschaffen werden.
In diesem Leitbild sollen professionelle Handlungskompetenzen formuliert und in verbindlichen Modulen ausgestaltet und festgelegt werden. Diese zentralen Kompetenzen müssen im Sinne einer erlebten Pädagogik täglich angewandte Praxis in der Lehre der Ausbildungshochschulen werden. Dies hat unter anderem