Protokoll der Sitzung vom 20.06.2002

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie bauen doch ab!)

Frau Thomas, natürlich sind Arbeitsplätze abgebaut worden, aber nicht in den Bereichen, wo eigentlich das Geld verdient wurde, nicht im Bereich der Steuerfahndung – da ist zugelegt worden –, nicht im Bereich der Betriebsprüfung und nicht im Bereich der Veranlagung, sondern in ganz anderen Bereichen, zum Beispiel durch die Zusammenlegung der Finanzkassen. Da hätte man im ersten Schritt vielleicht sogar noch darüber streiten können, ob man nicht nur eine Finanzkasse macht.

(Jullien, CDU: Das wäre sinnvoll!)

Moment, Herr Jullien. Das ist aber lustig.

(Jullien, CDU: Dafür fehlt der Mut!)

Auf der einen Seite beklagen Sie den Rückzug aus der Fläche. (Jullien, CDU: Nein!)

Wenn man dann behutsam vorgeht und auch Strukturprobleme gewisser Gebiete berücksichtigt, dann kommt der Aufschrei: Da müssten Sie viel mehr machen. – Da, wo wir etwas mehr machen, kommt der Aufschrei: Das ist zu weit. – So können wir nicht miteinander umgehen. So geht es nicht, Herr Jullien.

(Beifall bei SPD und FDP)

Allein die Zusammenlegung der Finanzkassen auf vier – ich sage bewusst, man hätte genauso gut auch eine

machen können, aber wir haben es nicht gemacht aus Fürsorge gegenüber den Mitarbeitern, aber auch aus strukturpolitischen Gründen; gegenüber den Mitarbeitern haben wir eine besondere Verpflichtung – ist insgesamt gelaufen, ohne dass es zu Benachteiligungen für die Kolleginnen und Kollegen gekommen ist. Die Kolleginnen und Kollegen in den Finanzämtern sind geschult worden, um dann später auf anderen Arbeitsplätzen eingesetzt zu werden.

Jetzt kommen wir zu dem großen Bereich, was jetzt gemacht worden ist. Wir haben nicht bei den Indianern gespart, sondern dieses Mal bei den Häuptlingen. Sie wissen doch selbst, dass Finanzämter mit 25 oder 40 Leuten mit einem eigenen Vorsteher, mit einer eigenen Personalabteilung, also Geschäftsstellenleiter, Organisation, eigentlich – – –

(Jullien, CDU: Es gibt kein Finanzamt mit 25 Leuten mit einem eigenen Vorsteher!)

Die hatte man schon das letzte Mal beseitigt, zum Beispiel Prüm.

(Jullien, CDU: So aktuell sind Sie!)

Moment. Es gibt noch mehr Finanzämter, die 40 Beschäftigte haben. Die kann man genauso nennen. Was hat man jetzt gemacht? Man hat Finanzamtsbezirke zusammengeführt, also nicht ein Finanzamt aufgelöst. Man lässt die Außenstellen bestehen, hat nur Organis ation, Personal und die Leitung zusammengelegt. Das ist ein Synergieeffekt.

Das ist auch ein Kosteneffekt. Ich kann auf der einen Seite nicht den großen Sparkommissar spielen und auf der anderen Seite gegen jede Sparvorschläge meine Einwendungen erheben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das ist ein besonderes Kompliment an den Finanzminister.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weihrauch!)

Er hat es nicht einfach von oben herunter verordnet, sondern hat eine Planungsgruppe aus Vertretern des Ministeriums, der Oberfinanzdirektion, der Finanzämter und der Personalvertretung eingesetzt. Einvernehmlich wurden diese Vorschläge unterbreitet.

(Glocke des Präsidenten)

Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie sagen, diese Vorschläge gehen mir nicht weit genug. Nur, es waren behutsame Vorschläge. Diese führen zu Einsparungen innerhalb der Steuerverwaltung und sind somit voll und ganz gerechtfertigt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Es spricht Herr Abgeordneter Jullien.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Itzek, ich muss Sie schon fragen, für wie dumm Sie die Menschen in Rheinland-Pfalz und die Bediensteten in den Finanzämtern halten; denn das, was mit dieser vom Finanzminister angekündigten Reform verbunden ist, ist doch nicht mehr und nicht weniger als der Einstieg in die Auflösung von kleineren Finanzämtern im ländlichen Raum.

(Kuhn, FDP: Quatsch!)

Meine Damen und Herren, das ist es doch, was mit dieser Reform verbunden ist. Das sollen Sie doch nicht in einer Art und Weise umschreiben, mit der Sie vielleicht den Eindruck erwecken wollen, es sei eine gelungene Reform. Meine Damen und Herren, es ist weder eine Neuorganisation noch eine Reform. Es ist die reinste Flickschusterei, die hier betrieben wird.

Herr Finanzminister, wir hatten Ihnen bereits vor gut einem Jahr eine Liste präsentiert, womit wir Sie darauf hingewiesen haben, dass es in Rheinland-Pfalz zur Zusammenlegung oder sogar zur Auflösung von Finanzämtern kommen wird, wozu Sie dann wie folgt Stellung bezogen haben, das wäre absoluter Blödsinn, das wäre ein vorgezogener Aprilscherz der CDU, es wäre eine Wahlkampfente und dergleichen mehr. Herr Finanzminister, das haben Sie verbreitet.

Nun sollten Sie heute den Mut besitzen zu sagen, dass es genau diese Finanzämter sind, die wir Ihnen im Februar letzten Jahres vorgehalten haben, die nunmehr von dieser Zusammenlegung betroffen sind.

Herr Finanzminister, Sie sind damals nicht mit der Wahrheit herausgerückt und werden es auch heute wiederum nicht tun. Ich sage Ihnen, es ist die Vorstufe eines Schrittes der lautet und heißt: Auflösung von Finanzämtern im ländlichen Raum.

Meine Damen und Herren, diese Reform zeigt sehr deutlich, wie ernst es diese Landesregierung an der Spitze mit Ministerpräsident Beck mit ihrer Verantwortung gegenüber dem ländlichem Raum nimmt. Zug um Zug werden Verwaltungen und Behörden im ländlichen Raum geschlossen und aufgelöst. Nun ist die Finanzverwaltung dran.

Ich sage in aller Klarheit und Deutlichkeit: Eine leistungsstarke bürgernahe Verwaltung mit engagierten und motivierten Mitarbeitern verdient Dank und Anerkennung und nicht, wie Sie, Herr Finanzminister, es verursachen, nämlich Demotivation, Frustration, Betroffenheit und Enttäuschung, was derzeit bei den Bediensteten in den Finanzämtern vorherrscht.

Meine Damen und Herren der Landesregierung, Sie übernehmen keinerlei Verantwortung gegenüber den Bediensteten in diesen Finanzämtern. Insoweit ist die

Betroffenheit dieser Menschen schon Anlass genug, um Ihnen heute zu sagen: Das, was Sie dort vorhaben, wird ein Kahlschlag für den ländlichen Raum werden.

(Beifall der CDU)

Warum schreibt die Steuergewerkschaft, die Berufsvertretung der Bediensteten in den Finanzämtern, es herrsche nur noch mehr Angst und Frust in den Finanzämtern. Die Devise lautet, Augen zu und durch.

Herr Finanzminister, nicht mehr und nicht weniger. Soweit ist es mit Ihren Reformen gekommen, die Sie bisher immer nur scheibchenweise verkündet haben. Hätten Sie vielleicht einmal den Mut zu einer Reform aus einem Guß, in einem Schritt offenzulegen, was noch alles auf die Finanzverwaltung zukommt, dann könnten wir sehr offen diskutieren und wüßten, woran wir sind. Ihre Devise ist: Scheibchen für Scheibchen und Stück für Stück die Finanzverwaltung zu demontieren. Sie fingen zuerst an mit der Zusammenlegung von Körperschaftsteuerstellen. Dann haben Sie Betriebsprüfungsstellen zentralisiert. Die Finanzkassen haben Sie auf insgesamt nunmehr vier im Land Rheinland-Pfalz zentralisiert.

Herr Finanzminister, ich sagen Ihnen sehr deutlich, hier hätten Sie Mut zur Reform beweisen können, indem Sie hingegangen wären und für Rheinland-Pfalz eine einheitliche zentrale Finanzkasse geschaffen hätten. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung gewesen und nicht, in Schritten und Etappen auf dieses Ziel hinsteuern.

(Beifall der CDU)

Nun legen Sie die Grunderwerbsteuerstellen zusammen, und als letzter vorläufiger Höhepunkt kommt die Zusammenlegung der Finanzämter.

Herr Finanzminister, wie äußern Sie sich zu einem Vorsteher, der in der Zeitung seine Betroffenheit zum Ausdruck bringt?

Herr Itzek, das ist das von Ihnen hier angesprochene große Beteiligungsverfahren, diese große Einvernehmlichkeit, die jeweils besteht.

Meine Damen und Herren, ein Vorsteher sagt öffentlich in der Zeitung: Ich bin bislang nur über die organisatorischen Veränderungen in Kenntnis gesetzt worden. Was mit mir persönlich geschieht, steht in den Sternen.

Meine Damen und Herren, so äußert sich der Leiter eines Finanzamts. Das gibt die Stimmung in den jeweiligen Finanzämtern wieder.

(Glocke des Präsidenten)

Ich kann nur festhalten, diese Neuorganisation – – –

(Ministerpräsident Beck: Ich kenne diesen Artikel. Der hat sich positiv in der Sache geäußert!)

Herr Ministerpräsident, es steht in der Zeitung.

Er hat sich positiv zu der Sache geäußert: Dann lesen Sie doch einmal nach, was er gesagt hat. Es ist doch nicht wahr.

Herr Ministerpräsident, wenn er sagt, meine Zukunft steht in den Sternen, dann ist das für Sie eine positive Äußerung. (Beifall der CDU)

Sie sollten sich für eine solche Äußerung schämen.