Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Landesregierung will und wollte einen größtmöglichen
Hochwasserschutz, aber auch eine größtmögliche Hochwasservorsorge umsetzen. Wir brauchen dazu die Unterstützung und den Willen der Menschen und auch der Gemeinden vor Ort. Ich denke, das Verbindende dabei ist zu begreifen, dass wir an den Flüssen in einer Schicksals- und damit in einer Solidargemeinschaft leben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorab eine Feststellung: Frau Ministerin, Sie haben es richtig gestellt. Die 2000 km Grenzziehung sind inzwischen vorhanden. Wir hatten die Zahlen von 1998 oder 1999 aus einer Drucksache des Landes. Da waren es 300 km. Wir hatten damals immer gefordert, dass dies schnell passiert.
Ich möchte vorab gleich sagen, die Verwaltung im Umweltministerium, die Wasserverwaltung, hat ihre Hausaufgaben gemacht. Es wäre schön, wenn es schneller gegangen wäre. Aber sie hat ihre Hausaufgaben gemacht. Das, was auch im Internet auf den Seiten der Kommission zum Schutz des Rheins zu sehen ist, ist sehr beeindruckend. Inzwischen sind diese Linien gezogen. Wer nicht seine Hausaufgaben gemacht hat, das ist die Politik. Die Politik hat die Hausaufgaben nicht gemacht, weil die Umsetzung dessen, was vorgegeben worden ist, nicht stattfinden konnte.
Ich möchte eine Kleinigkeit erwähnen. Es sind immer kleine Gebiete, um die es geht. Ich kenne das aus meiner Heimatgemeinde oder meiner Heimatstadt Ludwigshafen. Da wurde ein Damm vorverlegt. Das ist ganz wenig, ein halber Hektar. Die Ausgleichsmaßnahme wurde beschlossen, aber noch nicht umgesetzt, das heißt, man muss Druck dahinter setzen, dass Ausgleichsmaßnahmen auch umgesetzt werden. Ich nenne die Kratzaue bei Mainz-Budenheim. Für eine Firma wurde in einem Überschwemmungsgebiet für 240.000 Quadratmeter eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Es wird heute noch aufgeschüttet. Die 240.000 Quadratmeter wurden durch Worms-Bürgerweide ausgeglichen. Die Deichrückverlegung, die wir zu Recht feiern – dies ist ein gutes Projekt –, wird zum Teil dadurch aufgefressen, dass woanders in die Hochwassergebiete hineingebaut wurde. Das ist das politische Problem, das wir haben, das wir auch vor Ort in den Kommunen haben und das meistens alle vor Ort betrifft.
Wenn Sie sich die Internetseiten anschauen - ich habe das Lob schon entsprechend verteilt -, dann sieht man, Ludwigshafen und Mannheim, wären bei einem 200jährigen Hochwasser unter Wasser. Das sind Schäden, die man sich jetzt erst einmal ausmalen muss.
Frau Conrad, es geht nicht darum, dass es keine Alternativen zu den Poldern gibt. Es gibt Alternativen zu den Poldern. Diese sind aber sehr teuer. Man muss den Bauern das Land abkaufen. Man muss Camper aus den Campinggebieten vertreiben und die Pachtverträge nicht verlängern. Diese Alternativen sind politisch sehr teuer. Sie sind auch finanziell sehr teuer. Aber sie sind notwendig, und zwar deshalb, weil die Polder allein nicht ausreichen werden.
Von der Konzeption der Polder wissen wir auch, bei einem Regenereignis, das größer ist als das, wofür die Polder ausgelegt sind, laufen die Polder voll und wir haben keine weitere Steuerungsmöglichkeit mehr. Die Fließgeschwindigkeit des Rheins verringert sich nicht durch Polder, sondern wir können die Hochwasserstände abziehen. Das ist eine technische Maßnahme. Das mag vor Ort an der einen oder anderen Stelle sinnvoll sein. Nur, wenn die Polder voll gelaufen sind, dann ist durch Polder kein Hochwasserschutz mehr zu gewährleisten. Wenn die Deichkrone erreicht ist, schwappt der Rhein über.
Nachdem wir wissen, dass es auch im Sommer stärkere Regenereignisse geben kann, wissen wir auch, dass es im Vorfeld Maßnahmen zu mehr Bodenversickerung geben muss. Die ökologische Landwirtschaft nimmt allein durch die andere Düngung, Gründüngung etc. mehr Wasser in den Boden auf. Bisher ging es meistens um die Winterhochwasser. Das sind große Maßnahmen, die umgesetzt werden müssen. Mit gesteuerten Poldern werden wir das Problem nicht lösen können.
Wir befinden uns in einer neuen Dimension der Diskussion des Hochwasserschutzes. Wir sind schon jenseits dieses Polderkonzepts. Aber wir müssen jetzt darüber nachdenken, ob Fließpolder und Deichrückverlegung keine Alternativen gegenüber gesteuerten Poldern beispielsweise in Altrip sind, wo sich die Menschen dagegen wehren. Da gibt es eine Deichrückverlegung mit 1,4 Millionen Kubikmetern. Es sollen aber noch knapp 8 Millionen Kubikmeter Polder hinzukommen. Es ist die Frage, ob es Alternativen dazu gibt und wie man mit den Leuten vor Ort redet.
Herr Kollege Hohn, ich möchte nur einen Satz zu Ihnen sagen: Da haben die GRÜNEN bisher ernsthaft diskutiert. Dann kam die FDP und hat versucht, Wahlkampf zu machen und von Schreckgespensten geredet, die die GRÜNEN aufbauen.
Herr Hohn, auf Ihrem Niveau möchte ich nicht weiter diskutieren. Eine FDP, die inhaltlich am Boden liegt, will ich nicht auch noch treten.
Sie wissen vielleicht nicht, dass der Bürgermeister vor Ort – Sie haben in der FDP nicht viele hauptamtliche Bürgermeister – offensichtlich von Ihrer Pressekonferenz nicht unterrichtet war. Er hat gesagt, dass er gegen den Polder klagen will und die FDP in Waldsee und Neuhofen – das ist doch Ihr Wahlkreis – genau diese Linie fährt und damit am stärksten gegen Ihr Konzept opponiert. Was Sie machen, ist in höchstem Maß unredlich und gehört nicht in die parlamentarische Debatte, meine Damen und Herren.
Diese Möglichkeiten bietet die Geschäftsordnung nicht, Herr Vizepräsident. Sie können sich aber zu Wort melden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Thematik um einen Aspekt erweitern. Die Flutkatastrophe in Deutschland hat uns die Verletzlichkeit uns erer Umgebungsstrukturen deutlich gemacht. Vorbereitungen zur Beherrschung von Katastrophen gingen bisher von begrenzten Schadensereignissen aus, die beherrschbar waren. Die Rücknahme der Bevorratung und die Kürzung der Finanzhilfen für den Katastrophenschutz bedürfen deswegen der Korrektur.
Die bisherige Trennung der Zuständigkeiten des Katastrophenschutzes muss neu überdacht werden. Wir benötigen eine Neuorganisation des Zivilschutzes und des Katastrophenschutzes. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin.
Ich will offen sagen, dass ich positiv feststellen kann, dass wir in Rheinland-Pfalz nach dem 11. September 2001 vonseiten der Landesregierung Ansätze gefunden haben, um dies zu verbessern. Ich wünsche mir allerdings etwas mehr Biss bei der Umsetzung.
Diese Neuorganisation – ob das einem passt oder nicht – braucht mehr Mittel. Sie braucht mehr Mittel, weil wir aktive Prävention betreiben, die sich auszahlt. Man spart im Endeffekt viel Geld, wie die aktuellen Ereignisse gezeigt haben, wenn man vernünftig Prävention in die
sem Maß betreibt. Für diese Neuorganisation sind eine Reihe von Maßnahmen und eine Optimierung des Vorhandenen notwendig. Deswegen kann ich die Landesregierung nur auffordern, sich bei der jetzigen bzw. der neuen Bundesregierung dafür einzusetzen, dass einige Dinge intensiviert werden.
Ich will zwei ganz banale Beispiele nennen. Wir haben heute Morgen über die Ganztagsschule gesprochen. Die Erste-Hilfe-Ausbildung in Deutschland, nicht nur in Rheinland-Pfalz, muss viel stärker intensiviert werden. Dies gehört zur beruflichen und schulischen Qualifikation. Die neunte Klasse der Ganztagsschule ist dafür meines Erachtens eine hervorragende Gelegenheit. Das ist besser als der zwanghafte Besuch des Kurses für lebensrettende Sofortmaßnahmen für Führerscheinbewerber, um große Teile der Bevölkerung in erster Hilfe auszubilden. Das kann sich irgendwann einmal auszahlen. Leider kam es bereits im Jahr 2001 zu einer drastischen Reduzierung der finanziellen Förderung der ErsteHilfe-Ausbildung durch die jetzige Bundesregierung.
Ein weiterer Punkt, der vom Land beim Bund reklamiert werden sollte, ist folgender: Ich erwarte, dass sich die Landesregierung für die vollständige Auslieferung aller Fahrzeuge und die Ausstattung der Bundeskomponenten einsetzt. Das ist noch nicht erfolgt. Ebenso gehören regelmäßige Katastrophenschutzübungen ins Gesetz. Das kann nicht dem Gusto des Einzelnen vor Ort überlassen bleiben, sondern es muss im Gesetz geregelt werden, damit es entsprechend durchgeführt wird.
Wir benötigen gemeinsame Rahmenkonzepte zwischen Bund und Ländern zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Zivilschutzes. Man spricht in diesem Zusammenhang von so genannten Task-force-Konzepten für besondere Gefahren- und Schadenslagen. An der Elbe war es eine besondere Gefahren- und Schadenslage.
Ferner muss der Bund – dafür ist der Druck der Länder notwendig – neue Aufgaben beschreiben und die Ausdehnung des Anwendbarkeitsbereichs des Zivilschutzgesetzes auf Katastrophenszenarien mit nationaler Dimension erreichen. Dazu gehört die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr im zivilen Katastrophenschutz. Das muss intensiviert und optimiert werden. Das läuft zwar bereits recht gut, aber es müssen bereits im Vorfeld Absprachen getroffen werden. Wie notwendig die Bundeswehr ist und wie sehr sie geholfen hat, das konnte man an der Oder sehen und jetzt auch an der Elbe. Deshalb gilt der Bundeswehr ein großer Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal auf den Katastrophenschutz eingehen. Ich denke, die Ereignisse im Osten haben gezeigt, dass es teilweise sehr gut funktioniert hat und
teilweise nicht funktioniert hat. Ob das immer eine finanzielle Frage war, das sei einmal dahingestellt. Was man aus den Berichten derzeit wahrnehmen kann, ist, dass an einzelnen Stellen keine optimale Vernetzung vorhanden war. Dies gilt es aufzugreifen und zu sagen: Wir werden uns darüber berichten lassen. Wir werden die Erfahrungen, die dort gemacht worden sind, nutzen. Wir werden auch die Helferinnen und Helfer aus RheinlandPfalz anhören und uns aus deren Sicht das Funktionieren des Katastrophenschutzes in einer solchen Situation beschreiben lassen.
An dieser Stelle erscheint es mir angebracht, dass wir uns ganz herzlich bei all denjenigen bedanken, die tatkräftig vor Ort gegen die Wassermassen gekämpft haben und die Menschen geholfen haben, das Leid, das den Menschen durch die Flut widerfahren ist, zu lindern. Ich denke, ich spreche im Namen der ganzen Fraktion, wenn ich mich bei allen Helferinnen und Helfern bedanke, die im Osten vor Ort waren.
Zur Frage der Finanzierung des Hochwasserschutzes: Wenn 180 Millionen Euro zur Minimierung der Hochwasserrisiken nicht viel sind, dann weiß ich es auch nicht mehr. Das ist eine gigantische Summe. Nun kommt wieder die Fraktion, die uns immer zum Sparen auffordert, und trägt uns wieder die Sparleier vor und sagt uns, dass wir dabei aber wieder mehr Geld ausgeben sollten. Das gibt wieder einmal kein schlüssiges Bild und muss einmal ganz deutlich gesagt werden.
Ich wünsche mir für diese Debatte, dass wir den Hochwasserschutz über eine Aktualitätsdebatte hinaus betrachten. Er ist eine große überregionale Aufgabe. Er ist eine große überregionale Verantwortung, die wir mit Weitsicht und einer gewissen Souveränität zu erfüllen haben. Das heißt, aus meiner Sicht haben Parteiengeplänkel und Kirchturmdenken bei dieser Debatte herzlich wenig Platz.
Herr Dr. Braun, ich möchte die einzelnen Punkte des rheinland-pfälzischen Konzepts einmal durchgehen. Wir haben den natürlichen Wasserrückhalt durch Versickern und Renaturieren. Die „Aktion Blau“ ist ein kleiner Beitrag, aber durch die vielen kleinen Beiträge wird eine große wirksame Summe erreicht. Das muss man ganz klar sehen. In diesem Zusammenhang sollte an das Bienwald-Projekt erinnert werden, das einen Beitrag dazu leisten kann und das es daher zu unterstützen gilt.
Beim technischen Hochwasserschutz, also bei der Hochwasserrückhaltung, der Deichrückverlegung und der Deichertüchtigung, ist die rheinland-pfälzische Landesregierung über das vertragliche Volumen in Höhe von 44 Millionen Kubikmetern Wasser hinausgegangen und hat mittlerweile Maßnahmen geschaffen, damit 60 Millionen Kubikmeter Wasser erreicht werden. Die von Ihnen vorgeschlagene Art der Vorgehensweise wird bewirken, dass wir weitaus mehr Fläche brauchen. Sie kennen doch die Diskussionen vor Ort. Es geht doch