Protokoll der Sitzung vom 22.05.2001

(Zurufe im Hause)

Aber anschließend haben Sie 33 davon zu ihren eigenen erklärt. (Böhr, CDU: So war es!)

Meine Damen und Herren, im Bildungsbereich sieht die Sache nicht anders aus. Ich darf Sie einmal auf Folgendes hinweisen: Es gibt Ihre Aussagen zu den Hochbegabten, zu den Leistungsanreizen für Lehrerinnen und Lehrer, zu Fremdsprachenarbeit, zu den Studiengebühren, für die Hauptschulen im städtischen Bereich. Wie

sieht es da aus? Vor einem Jahr gab es für die Landesregierung noch keine Hochbegabten.

(Schweitzer, SPD: Da haben wir schon zwei Schulen gehabt! Wo leben Sie denn?)

Endlich ist man nach der Koalitionsvereinbarung schlauer geworden und sieht die Notwendigkeit der Förderung ein. (Schweitzer, SPD: Sie sagen die Unwahrheit!)

- Herr Schweitzer, bei den Leistungsanreizen sind Sie doch inzwischen voll auf unserer Linie. Wir haben doch dargestellt, dass das Ganze mit heißer Nadel gestrickt war. Sie sind doch wirklich auf der ganzen Linie auf unsere Vorschläge eingeschwenkt. Ich kritisiere das nicht, ich stelle es nur fest und halte es für gut.

Bei der Fremdsprachenarbeit haben Sie bis vor einem Jahr erklärt, Fremdsprache im ersten Grundschuljahr wäre Unsinn. Nun steht es in Ihren Vereinbarungen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Professor Dr. Zöllner, bei den Studiengebühren sind sie inzwischen voll auf unserer Linie. Herr Ministerpräsident Beck hat dargelegt, dass in Zukunft das grundständige Studium frei von Gebühren ist, so, wie wir das immer wieder vertreten haben. Es lässt aber offen, dass für das Zweitstudium oder für ein Studium, das weit über die Regelstudienzeit hinausgeht, Gebühren möglich werden. Auch hier wird also voll unsere Linie verfolgt.

Bei den städtischen Hauptschulen ist es im Grunde genommen das Gleiche. Auch hier haben wir immer wieder eingefordert, dass dort etwas getan werden muss. Jetzt kündigen Sie ein solches Programm an. Wir sind sehr gespannt, wie dieses Hauptschulprogramm aussehen wird.

(Schweitzer, SPD: Sagen Sie doch etwas Neues!)

Meine Damen und Herren, CDU-Forderungen sind heute Ihre Standpunkte. Ich kann es nur begrüßen. Ich freue mich darüber. Es ist der Beweis dafür, dass wir Sie kritisch und konstruktiv begleitet haben. Es lohnt sich also, auf unsere Argumente einzugehen und sie ernst zu nehmen. Ich fordere Sie auf, dies öfter zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich komme zur Ganztagsschule. Hier hat unser Fraktionsvorsitzender Herr Böhr einige Ausführungen gemacht. Ich möchte noch das eine oder andere ergänzen. Herr Ministerpräsident, Sie haben im Zusammenhang mit der Ganztagsschule erklärt, alte Denkschablonen sollten überwunden werden, neues Denken sei gefordert. Ich darf Sie daran erinnern, dass sage und schreibe seit 1991 in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht, dass Sie Ganztagsschulen umsetzen wollen.

(Keller, CDU: Hört! Hört!)

Nur, wie viel haben Sie denn umgesetzt? Für ganze 3 % unserer Schüler ist dieses Angebot zurzeit realisiert. Also nehmen Sie doch bitte Ihre eigenen Vereinbarungen ernst. Dann werden wir auch zufrieden sein.

(Schweitzer, SPD: Wo waren denn Ihre Anträge dazu?)

- Auch die sind von uns gekommen.

(Zurufe von der SPD: Oh je! – Brinkmann, SPD: Ein Träumer!)

Wir haben dies auch so gesagt.

Ich komme auf eines Ihrer Wahlversprechen zurück. Herr Ministerpräsident, vollmundig, mit einem Paukenschlag, wie es in der Presse hieß, haben Sie verkündet, dass pro Jahr 100 Millionen DM für diese Ganztagsschule eingesetzt werden.

Dass Sie vorhin noch einmal diese jetzt vorgesehene Stufung aufgegriffen haben, zeigt uns doch ganz deutlich Ihr schlechtes Gewissen. Sie wissen nämlich, was Sie gemacht haben. Wenn ich es drastisch ausdrücke, dann ist das schlicht und einfach Betrug am Wähler.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Wenn ich es etwas milder ausdrücke, dann muss ich sagen, Sie haben vorher geredet und nicht nachgedacht. Aber das ist bezeichnend für diese Landesregierung. Man verkündet etwas und ist sich nicht bewusst, was es dann letztendlich kostet.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Ihnen ist sicherlich auch die Blitzumfrage des VBE über die Akzeptanz bzw. die Bereitschaft, diese Ganztagsschulen zu realisieren, bekannt. Sie liegt bei 70 % bis 80 %. Das wundert uns nicht. Das ist nachvollziehbar. Meine Damen und Herren, aber aufhorchen lässt doch, dass gerade bei der Schulart, in der man die Ganztagsschule höchstwahrscheinlich am dringendsten braucht und man sie wahrscheinlich auch direkt beginnen muss, nämlich die Grundschule, die Skepsis am größten ist. Nur 45 % sind dazu bereit. 25 % lehnen sie sogar ab. Warum? Das sind die Erfahrungen, die gerade diese Schulart mit ihrem Projekt „Volle Halbtagsschule“ gemacht hat. Diese Skepsis haben Sie zu verantworten. Diese Skepsis ist meines Erachtens auch berechtigt, wenn man daran denkt, was ich vorhin genannt habe. Hier werden 100 Millionen DM pro Jahr versprochen und dann schleunigst mit einem Strich schon wieder einkassiert.

Meine Damen und Herren, Herr Mertes hat heute Vormittag versucht, einige Einzelfragen zu beantworten. Herr Mertes, das ist sicherlich richtig und notwendig gewesen, aber es ist Ihnen damit nicht die Verschleierung gelungen, dass Sie kein pädagogisches und inhaltliches Konzept zu dieser Gesamtschule haben. Die

Verantwortung vor Ort, die Einbeziehung der Schule vor Ort, hört sich gut an. Ich bin auch überzeugt, da lässt sich einiges zusammen machen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Es ist auch gut!)

Aber dennoch muss ich sagen, die Hauptverantwortung bleibt bei Ihnen in der Regierung.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wir stellen uns ihr auch, im Gegensatz zu Ihnen! Wir jammern nicht herum und zweifeln nicht!)

Die Landesregierung wird da schon noch gefordert sein. Es gibt eine ganze Reihe ganz wichtiger Fragen, die geklärt werden müssen, Herr Ministerpräsident. Wie gehen Sie beispielsweise in Zukunft mit den Schulbezirken um? Wann weisen Sie Schüler ab? Bei 10 % oder bei 20 %, oder wie sieht es mit den Transportkosten aus? Engagiert sich das Land, oder wird das, was Herr Zöllner schon angedeutet hat, Wirklichkeit, dass Sie nur die Lehrer und die pädagogischen Fachkräfte bezahlen, – –

(Staatsminister Prof. Dr. Zöllner: Nur?)

„Nur“ in Anführungszeichen, Herr Minister.

aber alle anderen Dinge dann an die Kommunen abschieben?

(Schweitzer, SPD: Was denn beispielsweise?)

Herr Mertes, wie wollen Sie einer Schule gerecht werden, die dann ein Programm ausarbeitet, das vielleicht 2 Millionen DM, 3 Millionen DM oder 4 Millionen DM kosten würde, weil es personalintensiv ist? Sagen Sie dann dieser Schule „Nein, dieses Konzept wird nicht möglich sein, das geht nicht“?

(Mertes, SPD: Ja was denn sonst?)

Auf Ihre Entscheidung werden wir sehr gespannt sein.

(Mertes, SPD: Warum nicht direkt 10 Millionen DM für eine Schule?)

Meine Damen und Herren, ich bitte auch darum, dass wir die Bedenken der Kirchen und der Vereine ernst nehmen; denn ohne Zweifel liegt hier eine Gefährdung deren Arbeit.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Da müssen wir schon sehen, welche Auswirkungen das hat.

(Frau Brede-Hoffman, SPD: Wollen Sie die nicht als Kooperationspartner haben? Wir wollen die als Kooperations- partner haben!)

Frau Brede-Hoffmann, hören Sie doch zu, nicht wie immer schnell sprechen und nicht denken.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ich höre zu! Ich rege mich deswegen auf!)

Das ist ein Problem, das wir ernst nehmen müssen. Da müssen wir auf die Leute vor Ort zugehen – da gebe ich Herrn Mertes Recht – und ein Konzept entwickeln, das dem Anliegen auch gerecht wird.

Meine Damen und Herren, Herr Kuhn hat in diesem Punkt etwas angesprochen, das ich auch noch ansprechen will, nämlich, dass wir in der Umsetzung der Ganztagsschule natürlich Gefahr laufen, auch von der Erziehungsverantwortung der Eltern abzulenken. Das ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt meinerseits. Auch den müssen wir meines Erachtens beachten. Ich gebe hier Herrn Kuhn uneingeschränkt Recht.

Meine Damen und Herren, schaffen Sie die notwendige Klarheit. Wir von der CDU-Fraktion werden das konstruktiv kritisch begleiten.

(Beck, SPD: Bleibt im Dunkel!)