Protokoll der Sitzung vom 30.08.2002

(Beifall der SPD – Heiterkeit bei der CDU – Lelle, CDU: Die Augen zumachen, und es ist alles wunderbar!)

Ich mache nun seit über 20 Jahren Politik innerhalb der IHK im Zusammenhang mit Ausbildung. Ich kenne also all diese kleinen und großen Problemchen. Ich kann auch verstehen, dass sich der Ministerpräsident darüber ärgert – wir ärgern uns auch darüber –, dass man in einen Betrieb kommt und einer, dem es gerade gefällt oder der gerade den politischen Gegner vor der Brust hat, sagt einem: Junge, ich mache zunächst einmal gar nichts. Ich warte erst einmal ab, was nach dem 22. September passiert. – Das sind Einzelfälle, aber es gibt sie, Herr Jullien und Herr Böhr. Sie können sie nicht verschweigen.

(Zuruf des Abg. Böhr, CDU)

Solche Einzelfälle sind Herrn Ministerpräsident Beck wahrscheinlich auch vor die Brust gekommen. Das ist

zwar ein Einzelfall, ist aber ungehörig und wird dem Problem nicht gerecht.

(Jullien, CDU: Er hat aber generalisiert! Er hat ohne Zweifel generalisiert! – Dr. Weiland, CDU: Er ist ein Problem- kenner, aber kein Problemlöser!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben derzeit in manchen Regionen sehr große Schwierigkeiten damit, dass junge Leute zwar einen qualifizierten Ausbildungsberuf in der Region erlernen können, aber danach unter den Druck geraten, über weite Entfernungen eine berufsbildende Schule aufsuchen zu müssen. Wir müssten einmal versuchen, dagegen gemeinsam etwas zu tun.

(Dr. Weiland, CDU: Er ist ein Problem- kenner, aber kein Problemlöser!)

Doch, wir lösen das Problem, Herr Dr. Weiland.

(Zurufe von der CDU: Wo? Wo lösen Sie es?)

An diesem runden Tisch.

(Glocke des Präsidenten – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Wir lösen es im Kleinen, und es lässt sich auch nur im Kleinen lösen.

(Dr. Weiland, CDU: Das ist doch lächerlich!)

Ich gehe einmal davon aus, Sie sind doch genau wie wir alle unterwegs und versuchen, junge Menschen, die man Ihnen zeigt, in Ausbildung zu bringen. Das ist Hilfe!

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Großes Geschwätz, aber nichts dahinter!

(Beifall der SPD und der FDP – Dr. Weiland, CDU: Ja, bei Ihnen!)

Meine Damen und Herren, ich begrüße weitere Gäste im Landtag, und zwar Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 der Realschule Kusel sowie Mitglieder des Kreisverbandes der Jungen Union Rhein-Lahn. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Es spricht Herr Abgeordneter Dr. Braun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Böhr, Sie wollten heute über das Thema „Ausbildungsplätze“ sprechen und nicht über die allgemein

politische Lage vor der Bundestagswahl und wer wen wählen soll.

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Weiland, Böhr, Licht und Jullien, CDU)

Wenn man eine inhaltliche Diskussion führen will, muss man auch Fakten nennen und sich auf das Thema beziehen. Das haben Sie heute nicht getan.

Herr Schwarz hat Vorschläge angesprochen, wie man helfen kann. Wir sind der Meinung, man muss diese Dinge natürlich auch politisch umsetzen. Herr Böhr, Sie kennen die Probleme vor Ort bezüglich der Ausbildung genau. Von den Betrieben wird oft die schlechte schulische Vorbereitung beklagt. Wenn wir so etwas hören und über Ganztagsschulen diskutieren oder darüber, wie wir die Schule verbessern können, hören wir doch von der CDU keine guten oder keine besseren Konzepte, sondern wir hören immer nur, damit sind wir nicht einverstanden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Schwarz, SPD: So ist es!)

Wenn ich sehe, wie schwach die CDU gestern eine allgemeinpolitische Diskussion über die Wirtschaft geführt hat, wäre ich an Ihrer Stelle heute morgen lieber ruhig gewesen, anstatt einen Generalangriff zu führen; denn Fakten haben Sie keine genannt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bessere Ideen – darum geht es schließlich in der Politik im Ideenwettbewerb – haben Sie auch nicht vorgelegt.

(Zurufe von der CDU: Oh, doch!)

Das ist momentan das Problem.

(Jullien, CDU: Wo sind denn Ihre Ideen?)

Wir wissen, dass sich im Ausbildungsmarkt in den letzten Jahren eine Änderung vollzogen hat. In RheinlandPfalz bildet die Industrie nicht mehr so aus wie früher. Herr Creutzmann, Sie können nachher die Zahlen für die BASF noch einmal bestätigen. Es sind weit über 1.000 Ausbildungsplätze weggefallen. Nun wird über Dritte versucht, Ausbildungsplätze zu schaffen.

Um der Ausbildungsplatzabgabe zu entkommen, über die wir einmal ernsthaft diskutiert haben, hat die BASF freiwillige Maßnahmen ergriffen und freiwillige Zahlungen geleistet. Dadurch wurden auch einige Ausbildungsplätze geschaffen.

Aber über 1.000 Ausbildungsplätze, die weggefallen sind, wurden eben nicht mehr neu geschaffen. Sie können auch nicht einfach so neu geschaffen werden.

Sie sagen zu Recht, das Handwerk ist die tragende Säule in der Schaffung von Ausbildungsplätzen. Aber dann muss auch die CDU anerkennen, dass gerade die

rotgrüne Bundesregierung das Handwerk in den letzten Jahren in einem bedeutenden Umfang steuerlich entlastet hat. Das haben Sie früher nicht geschafft.

(Staatsminister Mittler: Ja, sicher! – Zurufe von der CDU – Jullien, CDU: Wo leben Sie denn? – Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU – Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da Sie es früher nicht geschafft haben und auch jetzt keine Konzepte haben, wie Ausbildungsplätze zu schaffen sind, wäre es doch ehrlich, darüber zu diskutieren, wie wir den regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt neu beleben können.

Herr Weiner, eine Region wie beispielsweise Pirmasens ist absolut wichtig. Wir wollen nicht nur in großstädtischen Zentren ausbilden, sondern wir wollen die Leute da abholen, wo sie sind. Wir brauchen für die Jugendlichen gerade in den Regionen im ländlichen Raum auch Ausbildungsplätze. Das wollen wir. Dies wollen wir zum Beispiel auch in der Enquete-Kommission „Arbeit“ besprechen, die in nächster Zeit tagen soll. Wir müssen grundlegend fachlich und politisch neu besprechen, wie wir Arbeitsplätze in die Region bringen können.

(Jullien, CDU: Herr Dr. Braun, über 4 Millionen Arbeitslose! Das sagt mehr als genug!)

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Ihre Fraktion muss sich erst einmal darüber klar werden, wen sie in die Enquete-Kommission schicken will, damit wir endlich mit der Arbeit beginnen können. Sie sind im Moment zu einer sachlichen Diskussion nicht bereit.

(Jullien, CDU: Sehen Sie sich doch einmal die Statistik der Arbeitslosen an!)

Herr Jullien und Herr Böhr, ich will hoffen, dass wir nach der Bundestagswahl, wenn Sie die Schauveranstaltungen aufgeben, ernsthaft über den regionalen Arbeitsmarkt und darüber reden können, wie die Ausbildungsplätze geschaffen und Berufsschulen in den Regionen gestärkt werden können.

(Anheuser, CDU: Lassen Sie Taten folgen!)

Es muss auch darüber geredet werden, wie ein zweiter Ausbildungsmarkt gestärkt werden kann. Diesen muss es geben. Sie sagen immer, man soll zweite Märkte aufgeben, aber wir brauchen den zweiten Ausbildungsmarkt. Wir müssen überlegen, wie wir ihn so stärken können, dass die Leute für den ersten Arbeitsmarkt qualifiziert werden. Das ist unsere Aufgabe für die Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.