Protokoll der Sitzung vom 07.11.2002

Es spricht Herr Abgeordneter Creutzmann.

Abg. Creutzmann:

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Thomas, wir stimmen sehr selten überein, aber ich gebe Ihnen Recht. Ich habe diese Frage der Ordnungspolitik in der Fraktion auch gestellt. Ich habe gefragt, ist es notwendig, dass ein Unternehmen, an dem das Land beteiligt ist, neue Geschäftsfelder im Ausland akquiriert? Man mußte mich überzeugen.

Ich sage Ihnen, Sie haben keine andere Chance.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Alternative ist natürlich, dass wir überlegen könnten, ob wir die neunzig Prozent Beteiligung nicht privatisieren, Frau Thomas.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch meine Rede seit sechs Jahren!)

Langsam.

Ich war beim Staatssekretär und habe gefragt: Können wir das nicht machen? Er sagt, gut, wenn Sie einen Businessplan haben, der mit zwei Jahren nicht immer wieder Verluste schreibt. Wer kauft denn so etwas?

(Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Es handelt sich um eine strukturpolitische Aufgabe, sonst müssten wir uns zurückziehen. Frau Elsner hat es vorhin deutlich gesagt.

Was die Nürburgring GmbH betrifft, ist zu sagen, es wird im Formel-1-Geschäft immer enger. Es gibt einen Monopolisten, der andere ausspielt. Wenn wir unter Umständen Defizite einfahren, müssen wir diese ausgleichen und überlegen, ob wir diese ausgleichen können.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Frage, die Sie stellen, stelle auch ich kritisch. Ist das Risiko finanziell überschaubar? Kommen Belastungen auf das Land zu? Ist es vertretbar? Das sind die richtigen Fragen.

Dann höre ich: Wenn es einen Verlust gibt, eine Verlustbeteiligung, kann das die Nürburgring GmbH bei dem Umsatz allein satteln? – Es kommen keine Verpflichtungen auf das Land zu. Sie sind überschaubar und vertretbar. Das sind die Fragen, die Sie stellen. Sie sind richtig. Sie müssen beantwortet werden. Sie wurden beantwortet, meine Damen und Herren. Deswegen ist die Strategie richtig.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch Koalitionsglaube!)

Nein, das ist kein Koalitionsglaube.

Mann kann auch innerhalb einer Fraktion kritisch hinterfragen und, wenn man die richtigen Antworten bekommt,

überzeugt zustimmen. Dem stimmen wir zu. Meine Damen und Herren, diese Entscheidung ist finanziell überschaubar. Sie dient den Menschen in der Region. Dass wir in Zukunft dort die Kaufkraft und die Arbeitsplätze erhalten können, nur dies rechtfertigt es auch gegenüber dem Steuerzahler, solche Investitionen einzugehen, meine Damen und Herren.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das ist das Entscheidende. Sie haben Recht mit Ihrem Beispiel von vorhin.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Nürburgring GmbH kann sich nicht auf Geschäftsfelder ausdehnen, auf denen sich private Firmen eingerichtet haben. Das wäre ordnungspolitisch abzulehnen und Unsinn.

Sie darf keine Risiken eingehen, die nicht überschaubar sind, meine Damen und Herren. Aber sie muss konzeptionell in der Lage sein, Konzepte zu entwickeln, die es ihr in Zukunft gestatten, eine schwarze Null zu schreiben,

(Glocke des Präsidenten)

damit die Nürburgring GmbH im Interesse der Menschen in der dortigen Region erhalten werden kann.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Es spricht Herr Abgeordneter Wirz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Bauckhage, Frau Thomas hat natürlich in einem Punkt völlig Recht. Wenn Sie in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr ordentlich informiert hätten, dann wäre jetzt nicht der Umstand gegeben, dass wir über unternehmerische Sachverhalte, die nicht in die Öffentlichkeit gehören, in der Öffentlichkeit diskutieren müssen. Das muss man einmal ganz klar feststellen. Das haben Sie nicht getan.

(Zuruf des Staatsministers Bauckhage)

Sie hätten doch ohne Weiteres die Nichtöffentlichkeit herstellen können. Das wäre kein Problem gewesen.

Aber Sie haben sich in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr – wenn ich das einmal etwas zurückhaltend formulieren darf – sehr ahnungslos gegeben, was mich beinahe dazu verleitet hätte, Ihnen einige Zusammenhänge, die ich aus meiner Eigenschaft als Kreistagsmitglied kenne, darzulegen. Ich habe es aber nicht getan. Ich bedauere es etwas, weil ich es nicht für

gut halte, dass unternehmerische Dinge, die nicht unbedingt an die Öffentlichkeit gehören, in öffentlicher Sitzung behandelt werden müssen. Das halte ich nicht für besonders gut, obwohl es dem Nürburgring als solchem guttut, wenn man einmal öffentlich darüber redet, wie die Zusammenhänge sind.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Das will ich durchaus gern zugestehen, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Ich möchte auch noch einmal deutlich machen, die Abhängigkeit der Wirtschaftskraft des Unternehmens und der wirtschaftlichen Ausstrahlung in die Region von der Formel 1 ist gegeben.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das können wir drehen und wenden, wie wir wollen. Wir haben viele Jahre lang die Formel 1 am Nürburgring trotz neuer Strecken nicht gehabt. Wir hatten auch wirtschaftlich gute Ergebnisse. Aber wir hatten bei weitem nicht die Umsätze und bei weitem nicht die wirtschaftliche Ausstrahlung in die Region, die die Region braucht, um wirtschaftlich überleben zu können; denn viel anderes ist nicht vorhanden. Das muss man einmal ganz deutlich sagen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum? Warum?)

Frau Thomas, ich sage Ihnen offen, es gibt keine ideologische Brille, durch die ich das betrachte.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie einmal gesehen, was auf dem Nürburgring los ist?)

Es ist mir auch völlig klar, dass der wirtschaftliche Betrieb einer Formel-1-Strecke mit den Aktivitäten, wie sie die Nürburgring GmbH vor Ort durchführt, von den Emotionen her nicht zum Nulltarif zu haben ist. Auch das ist uns klar. Wir müssen abwägen, was uns wichtiger ist: eine wirtschaftliche Grundlage zu haben oder im Endeffekt gar nichts mehr zu haben. Meine Position sowie die meiner Partei darüber ist völlig klar.

Herr Minister Bauckhage und Herr Creutzmann, wenn wir abwägen, wo das wirtschaftliche Risiko größer ist, kann ich Ihnen nur sagen, bei einer wirtschaftlichen Tätigkeit in den Vereinigten Staaten gibt es entsprechende Prozesse in anderen Richtungen. Wenn man weiß, wie zum Teil unwägbare juristische Entscheidungen in den Vereinigten Staaten getroffen werden,

(Glocke des Präsidenten)

die in ihren Auswirkungen in den meisten Fällen weit über das Stammkapital eines wirtschaftlich Tätigen hinausgehen, dann muss ich sagen, ich bewerte das wirtschaftliche Risiko, das die Nürburgring GmbH und damit

das Land sowie der Kreis Ahrweiler zu 10 % eingehen, als sehr hoch.

(Zuruf des Staatsministers Bauckhage)

Ich bin kein Experte, aber es ist höher zu bewerten, als Sie bereit sind, es zuzugeben, Herr Bauckhage.

(Beifall der CDU)