Protokoll der Sitzung vom 06.12.2002

Sie haben Zeit genug gehabt, einen Antrag zu stellen.

(Schmitt, CDU: Sie sind noch nicht lange genug dabei! Da haben wir schon darüber diskutiert! – Unruhe im Hause)

Das Wort hat Frau Kollegin Fink.

Danke schön.

Liebe Frau Kollegin Kiltz, da auch Sie die Reform für notwendig halten, werden Sie – so wie ich Sie kenne – über kurz oder lang Vorschläge einbringen.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Darauf können Sie Gift nehmen! – Pörksen, SPD: Die taugen aber nichts!)

Wir sind gespannt darauf. Wenn es um den Stil der Verkündigung geht, dann erinnere ich Sie daran, wie Frau Ministerin Künast uns allen den Stil aufgedrückt hat und wir keine Chance hatten, darüber zu diskutieren. Stilfragen brauchen wir in diesem Haus nicht zu diskutieren.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Alles in allem: Die Diskussion hat erst angefangen. Ich freue mich darauf, vor allen Dingen auf die Vorschläge der CDU, die ich gern mit Ihnen diskutiere.

(Beifall bei SPD und FDP – Frau Schneider, CDU: Inhaltlich ein klasse Beitrag!)

Ich erteile Frau Abgeordneter Kiltz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin Fink, das kann man nun wirklich nicht vergleichen. Als Frau Künast ihr Amt übernommen hat, waren wir in einer ganz schweren Krise, nämlich in der BSE-Krise. Herr Minister Bauckhage steckt zurzeit nicht in solch einer Krise, es sei denn, er fühlt sich in einer solchen und handelt deshalb so hektisch. Frau Fink, ich würde das an Ihrer Stelle nicht vergleichen.

Ich komme auf das Thema zurück. Wir fordern, alle Ebenen einzubeziehen, die im Zusammenhang mit der

Agrarförderung und der Agrarverwaltung stehen, das Ministerium selbst mit seinen Fachabteilungen, alle nachgeordneten Dienststellen inklusive der Aufsichtsund Dienstleistungsdirektion, die Kreisverwaltungen, die Landwirtschaftskammer sowie die Bauern- und Winzerverbände mit ihren jeweiligen Aufgaben. Wir haben doch überall extrem teure Doppelstrukturen. Deshalb ist doch die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, das eine in staatlicher Hand zu lassen und das andere in andere Hand zu geben. Das muss man sich vorher genau ansehen, aber nicht einfach ein Ergebnis verkünden, Herr Minister. Er hört mir jetzt nicht zu. Wahrscheinlich will er unsere Vorschläge gar nicht hören, weil er mit seinem Konzept sowieso schon fertig ist, das eigentlich keines ist.

Ich will noch etwas zu den Vorschlägen zur Privatisierung, zur Verlagerung von Aufgaben und zum Aufgabenverzicht sagen. Dazu haben Sie uns so etwas Nettes zukommen lassen. Ich lese, dass zum Beispiel die Forschung privatisiert werden soll. Das verursacht bei mir großes Bauchweh. Warum sollen wir die Forschung privatisieren? Wir haben einen sehr großen Bedarf, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen, bestimmte Sachen gerade in der Bodenbearbeitung zu erforschen. Darüber muss man sehr genau nachdenken.

Ferner wollen Sie Aufgaben auf die Kammer verlagern, ausgerechnet auf die Kammer, die vom Landesrechnungshof jedes Mal derart hart ins Visier genommen werden muss, weil sie ein völlig intransparentes Rechnungslegungswesen hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denen wollen Sie noch mehr Geld für noch mehr Aufgaben geben, ohne dass Sie einen Überblick darüber haben, wie sie mit dem Geld umgehen.

Ich erinnere daran, dass Sie viel Geld für das Markenzeichen „Rindfleisch“ bekommen haben. Wie ist das Geld eigentlich abgerechnet und verwendet worden? Jeder kleine Popelverein muss die Verausgabung jeder Mark und jedes Pfennigs, den er vom Staat erhält, belegen. Warum müssen das nicht große Geldempfänger auch? Das ist ungerecht. Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht wieder vehement vom Rechnungshof deswegen kritisiert werden.

Jetzt kommt ich zum Thema „Aufgabenverzicht“. Was Sie dazu aufgelistet haben, bringt mich wahrlich auf die Palme.

(Schweitzer, SPD: Das stelle ich mir bildlich vor!)

Sie wollen keine Beratung mehr bei Urlaub auf Bauernund Winzerhöfen, bei Direktvermarktung, bei Bildungsarbeit „Dorf“, bei Berufsbildung und Einkommensalternativen. Das sind alles Sachen, die in diesem Land für viele Betriebe sehr notwendig sind, die, bevor sie eingehen, sich vielleicht noch ein zweites Standbein zulegen wollen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident Beck, Herr Minister Mittler und Herr Minister Bauckhage, Sie wollen auf diese Beratung verzichten. Ich hoffe, Sie lesen nachher nach, was ich Ihnen vorgeschlagen habe.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist mir ein Herzensanliegen, dass Sie sich diese Aufgabe noch einmal anschauen.

Sie haben nur Folgendes gesagt: Wir haben kein Geld und müssen sparen. Ich lege fest, wie viel ich spare, und danach stricke ich die Reform, ich schließe Dienststellen. – Diese Vorgehensweise steht unter einem schlechten Stern. Sie haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mitgenommen und das Parlament düpiert. Ich hoffe, dass aus der Verwaltung dennoch mit gemeinsamer Anstrengung noch etwas werden kann. Leisten Sie Ihren Beitrag dazu!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Herr Staatsminister Bauckhage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir können festhalten, dass die Reform überfällig ist. Darüber sind wir uns einig. Es gibt aber einen Unterschied. Ich habe die Reform auf den Weg gebracht, und Sie versuchen über das Prozedere, sich vor der Standortfrage zu drücken.

(Beifall bei FDP und SPD)

Dafür habe ich politisch sehr viel Verständnis, Herr Abgeordneter Schmitt. Das ist der Unterschied. Wenn man eine Reform nicht beginnt, wird man sie nie zu Ende bringen, meine Damen und Herren. Deshalb beginnen wir jetzt, und zwar aus zwei Gründen:

1. Wir wollen eine optimale und sehr effiziente Beratung und Schulung für die Landwirtschaft.

2. Dabei wollen wir den Kostenfaktor selbstverständlich nicht vergessen.

(Schmitt, CDU: Auch einverstanden!)

Das ist der wesentlichste Faktor. Ich habe vorhin Zahlen genannt. Man muss sich überlegen, was man damit macht.

Entscheidend ist, dass nicht behauptet werden kann, dass die Reform zu spät gekommen sei; denn wir sind methodisch vorgegangen. Wir haben zunächst einmal die Betroffenen gefragt. Was halten die Betroffenen von der derzeitigen Beratung, von der Agrarverwaltung? Es sind repräsentativ 850 Betriebe gefragt worden, wovon 25 Nebenerwerbsbetriebe gewesen sind. Diese Betriebe

haben uns ihre Meinung gesagt. Im Übrigen waren 63 % mit der Beratung im Prinzip zufrieden.

Auf dieser Grundlage bringen wir nun eine Agrarverwaltungsreform auf den Weg. Meine Damen und Herren, es ist noch einmal festzuhalten, dass wir von 30 Verwaltungsorten herunter gehen auf zehn, wenn man die gesamte technische Verwaltung mit einrechnet.

Die spannende Frage ist – das ist das, was Sie immer kritisieren – die Frage der Kreisverwaltungen. Das ist natürlich eine berechtigte Frage. In den Kreisverwaltungen werden in der Regel die Anträge der Landwirte entgegengenommen. Die Bauernverbände sagen nun, dass sie das sehr gern ortsnah hätten. Der Rechnungshof dagegen sagt, dass man das konzentrieren könnte, also weg von einer Dezentralität hin zu einer Konzentration.

Herr Schmitt, diesen Schritt werden wir natürlich überprüfen. Das ist eine der Aufgaben der Lenkungsgruppe. Dann werden wir am Schluss sagen: Jetzt machen wir das so oder so. – Dann kommt natürlicherweise auch noch die ADD hinzu. Es lässt sich so schön auf die Bürokratie schimpfen und so schön anonym kritisieren, aber sie hat eine Kontrollfunktion. Herr Kollege Billen, sie hat übrigens auch eine EU-rechtliche Kontrollfunktion. Da kann man nicht von jetzt auf gleich sagen, wir verzichten darauf oder wir machen denjenigen, der die Förderung macht, gleichzeitig auch zum Kontrolleur, indem er sich selbst kontrolliert. Das m achen wir nicht.

(Beifall der FDP und der SPD)

Aber wir machen eines: Wir werden natürlicherweise versuchen, auch das effizienter zu gestalten. Da stehe ich mit Ihnen durchaus auf einer Seite, wenn man sagt, dass man das anders regeln kann. Man muss aber zuerst einmal so weit sein. Zunächst einmal muss aber der gesamte Rechtsrahmen überprüft werden, da auch eine Menge EU-Recht betroffen ist. Herr Schmitt, EU-Recht muss ich einhalten, weil sonst daraus unter Umständen schwierige Dinge entstehen. Ihr Landrat Groß – – –

(Schmitt, CDU: Ein guter Mann!)

Natürlich ist er ein guter Mann. Er hat gerade bei der Kellerwirtschaft etwas gemacht, was sich unter Umständen noch bitter rächen wird. Da werden Sie wahrscheinlich ein Anlastungsverfahren bekommen.

(Schmitt, CDU: Wir haben zumindest Mut, etwas zu machen!)

Wir leben in einem Rechtsstaat und halten uns an den Rechtsrahmen. So einfach ist das Spiel.

Meine Damen und Herren, es ist vorhin gesagt worden, ich solle zunächst einmal die Bauernverbände, die Kammer usw. beteiligen.

(Mertes, CDU: Krethi und Plethi!)

Ich habe nicht die Absicht, in die Hoheit der Verbände einzugreifen.