Protokoll der Sitzung vom 06.12.2002

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Wir haben heute in der Zeitung gelesen, dass nach Spangdahlem auch in Ramstein eine Messstation installiert wird. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte unsere Position in vier Punkten zusammenfassen:

1. Man soll vom heutigen Standpunkt aus mit nicht beweisbaren Unterstellungen die Bevölkerung nicht verunsichern. Herr Kollege Braun, ich denke, es ist ein viel zu ernstes Thema, als dass man polemisch wird oder Angst in der Bevölkerung bekommt.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Habe ich das vielleicht gemacht?)

Ich möchte das nur erwähnen. Nicht gleich persönlich nehmen.

2. Für die Landesregierung besteht selbstverständlich die Verpflichtung aufzuklären. Ich denke, auch das ist unumstritten. Insoweit begrüße ich es ausdrücklich, dass das Umweltministerium genaue Analysen auf den Flugplätzen vornimmt, mit denen die Unbedenklichkeit des Treibstoffs JP-8 nachgewiesen werden soll.

3. Seitens der Bevölkerung besteht die berechtigte Erwartung und seitens der Landesregierung die berechtigte Verpflichtung, die Bevölkerung zeitnah und umfassend über das Ergebnis der Untersuchungen zu unterrichten. Daran hat die Ministerin keinerlei Zweifel gelassen.

4. Nach meinem Verständnis ist es eine Selbstverständlichkeit, dass alle Aktivitäten in Zusammenhang mit JP-8 in enger Abstimmung und in Kooperation mit den amerikanischen Streitkräften zu erfolgen haben.

(Beifall der FDP und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Conrad.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal zu den Fakten: JP-8 und der praktisch identische zivile Treibstoff JET A-1 werden seit Jahren weltweit in großem Maßstab eingesetzt. Herr Stretz hat ebenfalls darauf hingewiesen. Sie sind deshalb in ihrer Rahmenzusammensetzung einschließlich aller Additive bekannt.

Herr Braun, im Gegensatz zu der Beantwortung der damaligen Anfrage – die war richtig –: Heute liegen uns diese Rahmenzusammensetzungen vor. Sie werden im Übrigen von den Herstellern der Flugzeugturbinen exakt vorgegeben. Die Qualität wird überdies von eigens hierfür akkreditierten Analyselaboren nach ausgefeilten Qualitätssicherungsprogrammen wiederkehrend überprüft und bestätigt. Dies entspricht im Übrigen nicht nur den Informationen, die Sie bei den Produzenten und Abnehmern von JP-8 oder JET A-1 sich geben lassen können, sondern auch dem Erkenntnisstand unserer Bundeswehr, die ebenfalls das natoweit standardisierte JP-8 einsetzt.

Ich darf in diesem Zusammenhang auf eine immer noch aktuelle Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom Sommer 2001 verweisen, die jedermann zugänglich ist.

Im Übrigen haben wir auf neueste Sicherheitsdatenblätter vom Oktober 2002 zurückgegriffen, die der rheinlandpfälzischen Umweltverwaltung vorliegen. Diese bestätigen dies genauso.

Insgesamt darf ich deswegen festhalten, dass JP-8 im Gegensatz zu Otto- oder Dieselkraftstoffen, die Sie an jeder öffentlichen Tankstelle kaufen können, aufgrund der heutigen Erkenntnislage gerade nicht als krebserregend eingestuft ist.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf einige Medienberichte zurückkommen, die bestimmte Informationen und Bewertungen über die Zusammensetzung des JP-8 in den Raum gestellt haben. Zunächst einmal ist die Aussage zu erwähnen, JP-8 enthalte den hoch giftigen und Krebs erregenden Stoff 1,2-Di-Brom-Methan

Meine Damen und Herren, diese Substanz ist früher im Zusammenhang mit Bleiverbindungen zur Erhöhung der Klopffestigkeit von Benzin eingesetzt worden. Flugzeugturbinen und Dieselmotoren benötigen derartige Zusätze nicht. Sie sind deshalb in den Spezifikationen für JP-8 und im zivilen Treibstoff JET A-1 nicht enthalten und werden folglich auch nicht eingesetzt.

In diesem Zusammenhang verweise ich darauf, dass wir im Rahmen unseres begonnenen Qualitätsuntersuchungsprogramms im Bereich Spangdahlem und Ramstein bereits eine Treibstroffprobe untersucht haben und kein 1,2-Di-Brom-Methan darin gefunden haben, was auch nicht zu erwarten war.

Außerdem war in der Zeitung zu lesen, der Flugtreibstoff JP-8 enthalte Benzol, das bekanntlich Krebs erzeugend ist. Der Siedebereich von JP-8 und von dem zivilen Treibstoff JET A-1 liegt weiter über dem Siedepunkt von Benzol. Deswegen wird Benzol bei der Destillation, das heißt, bei der Herstellung, abgetrennt und ist in JP-8 und JET A-1 nur in geringsten Mengen von etwa 0,02 % enthalten.

Gerade dieses Benzol ist im Übrigen der Grund dafür, dass der allgemein zugängliche Ottomotorenkraftstoff, der bis zu 1 % Benzol enthalten kann, als Krebs erzeugend eingestuft wird, aber nicht JP-8. Diese Information hatte leider in den Berichten gefehlt und wäre sicherlich zur Vermeidung von Ängsten und Besorgnissen in der Bevölkerung sehr nützlich gewesen.

Meine Damen und Herren, die gesundheitsschädliche Wirkung geht gegebenenfalls von Kerosin aus, aus dem JP-8 und JET A-1 ganz überwiegend bestehen. Dies ist durch vielfältige Tierversuche im Übrigen seit langem bekannt. Danach kann das Verschlucken Lungenschäden verursachen. Man soll, wie es auch in den allerneusten Sicherheitsdatenblättern nachzulesen ist, den Stoff nicht einatmen und die Berührung mit der Haut vermeiden. Auf vorgeschädigter Haut hat Kerosin nach wissenschaftlicher Erkenntnis eine Hautkrebs fördernde Wirkung, die es auf ungeschädigter Haut nicht hat. Kerosin ist selbst kein Krebs erzeugender Stoff. Es handelt sich hierbei in erster Linie um ein Arbeitsschutzproblem der Personen, die direkt mit dem Flugtreibstoff umgehen, nicht jedoch um eine Gefährdung der Bevölkerung, die nicht direkt mit dem Treibstoff in Berührung kommt. An dieses gesicherte Wissen sollten wir uns bei den weiteren Debatten halten.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu der Frage, welche zusätzlichen Belastungen es für die Bevölke

rung gibt. Was unternimmt die Landesregierung zur Klärung? An dieser Stelle erinnere ich daran, dass der Flugtreibstoff JP-8 im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die Erweiterung der Militärflugplätze Ramstein und Spangdahlem in der Öffentlichkeit thematisiert worden ist. Für diese Genehmigungsverfahren ist nicht etwa die Landesregierung, sondern die Wehrbereichsverwaltung West als Bundesbehörde zuständig. Auch die Überwachungspflichten für militärische Flugplätze liegen beim Bund. Unabhängig von dieser Zuständigkeit hat die Landesregierung jedoch in der Umgebung der beiden Flugplätze ein Messprogramm initiiert, weil sie für Transparenz sorgen will und die Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt.

In Form einer bereits eingeleiteten Bestandsaufnahme wird zunächst die derzeitige Luftqualität bestimmt. Das entsprechende Messprogramm zieht sich ab der übernächsten Woche mindestens über ein Jahr hin. Es erstreckt sich auf alle relevanten Stoffe, die in der Luft um die Flughäfen erwartet werden können und umfasst auch die in äußerst geringer Konzentration vorkommenden. Dazu gehören Verbrennungsabgase wie zum Beispiel Stickoxide und Staub mit möglicherweise anhaftenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, die im Übrigen als Krebs erzeugend gelten. Ebenso wird auf leicht flüchtige Kohlenwasserstoffe wie zum Beispiel Benzol, Toluol und Xylol untersucht.

Nach Aufnahme des geänderten Flughafenbetriebs werden die Messungen wiederholt. Dabei wird sich herausstellen, ob die Luftqualität den Genehmigungsbescheiden entspricht. Selbstverständlich werden die Ergebnisse der beiden Messkampagnen der Öffentlichkeit mitgeteilt, damit sich jeder ein Bild von der Schadstoffbelastung machen kann. So geschieht es im Übrigen auch mit allen anderen Luftqualitätsmessungen, die das Land vornimmt.

Herr Dr. Braun, es gab kein Missverständnis zwischen der Staatskanzlei und dem Ministerium für Umwelt und Forsten, sondern es gab ein Missverständnis bei der Presse bezüglich der Frage, ob wir zusätzliche Gutachten zur Überprüfung von JP-8 erstellen. Im Hinblick auf ein Messprogramm, dass wir im Übrigen bei allen größeren Vorhaben auch anderer Art in Angriff nehmen, gab es bisher nie einen Zweifel.

Im Rahmen der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung sind die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord für Spangdahlem und die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für Ramstein als Träger öffentlicher Belange beteiligt. Die Unterlagen enthalten Ausführungen über den Treibstoff JP-8, die durch dessen Verwendung bedingten Luftschadstoffemissionen sowie die entsprechenden Immissionen in der Nachbarschaft. In den Antragsunterlagen sind außerdem umweltmedizinische Gutachten enthalten, die Luftschadstoffe bewerten und feststellen, dass keine zusätzlichen Risiken für die Bevölkerung resultieren. Bei den Behörden haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Angaben in den Antragsunterlagen in wesentlichen Punkten unzutreffend sind. Dennoch führt die Landesregierung im Rahmen ihrer Vorsorgestrategie und der Überwachung diese oben genannten Messungen durch.

Meine Damen und Herren, über die Flugturbinentreibstoffe JP-8 und JET A-1 kann sich die Bevölkerung bereits jetzt beim Landesuntersuchungsamt und beim Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht in Mainz informieren. Das dort angesiedelte Gefahrstoffreferat kann der Bevölkerung Informationen über JP-8 zur Verfügung stellen. Damit wollen wir dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung tragen, aber auch zur Versachlichung der Diskussion beitragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Marz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Niemand aus diesem Haus hat sichere Erkenntnisse hinsichtlich der Gefährlichkeit des Fluzeugbenzins JP-8 dargestellt. Herr Kollege Dr. Braun hat aber Fragen gestellt. Es ist schon sehr verwunderlich, mit welcher Sicherheit insbesondere die Kollegen Stretz und Hohn bei der Beantwortung dieser Fragen vorgehen. Wie können Sie sich so sicher sein, dass es keine negativen Auswirkungen gibt? Wie können Sie die Sorgen der Bevölkerung so mit Füßen treten, indem Sie einfach sagen, es werde spekuliert und Angst erzeugt.

(Dr. Schmitz, FDP: Panikmache!)

Meine Damen und Herren, die Bevölkerung muss nicht verunsichert werden; denn sie ist verunsichert. Das müssen wir gefälligst ernst nehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Schmitz, FDP: Durch wen?)

Natürlich wollen wir etwas in Spangdahlem und Ramstein erreichen, wenn es um die Verlagerung dorthin geht. Natürlich wollen wir das. Wollen Sie das etwa nicht? Wollen Sie alle Möglichkeiten aus der Hand geben?

Wir wollen Aufklärung und Transparenz; denn das ist das beste Mittel, um einer verunsicherten Bevölkerung nicht entgegen zu treten, sondern ihr zu begegnen und sie ernst zu nehmen. Es kann nicht sein, dass bei der Bevölkerung in Binsfeld und in der Umgebung von Ramstein ein anderes Recht gelten soll als bei der restlichen Bevölkerung dieses Landes.

Das bedeutet, dass wir Fragen stellen, also die berechtigten Fragen der Bevölkerung aufgreifen. Ferner bedeutet das, dass wir hinsichtlich der Auswirkungen des Flugbetriebs und der möglichen Auswirkungen des Flugbetriebs nach einer Erweiterung eine unabhängige Begutachtung benötigen. Frau Ministerin, was soll aber das, was Sie vorhin vorgestellt haben?

Sie wollen Messungen vor dem Ausbau durchführen. Dann wollen Sie Messungen nach dem Ausbau durchführen. Was ist dann? Was ist, wenn herauskommt, dass die Belastungen gestiegen sind? Können wir davon ausgehen, dass die Belastungen nicht steigen, wenn – wie das schon ausgeführt worden ist – die Flugzeuge im Bodenbetrieb ihre Abgase in Richtung Binsfeld blasen, oder soll das so sein, wie Herr Kollege Hohn das wörtlich formuliert hat, der nämlich gesagt hat, es gehe darum – ich zitiere –, „die Unbedenklichkeit des Treibstoffs nachzuweisen“. Herr Kollege Hohn, nein, darum geht es nicht. Es geht darum nachzuweisen, ob der Treibstoff unbedenklich ist oder nicht. Das ist aber eine ganz andere Sache. Es kann doch wohl nicht sein, dass man an die Sache so herangeht, dass man sagt, es geht darum, die Unbedenklichkeit nachzuweisen.

(Glocke der Präsidentin)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht seriös. Wir wollen tatsächlich im Interesse der Bevölkerung einen Eingriff in die Ausbaupläne.

(Itzek, SPD: Darum geht es! Um es zu verhindern!)

Bevor ausgebaut wird, wollen wir wissen, wie mutmaßlich die Veränderungen und Nachteile nach einem Ausbau sein werden. Dann kann man darüber reden, ob und wie ausgebaut werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Burgard das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar, dass von der Landesregierung zu den Verunsicherungen in Binsfeld klar Stellung bezogen wurde. JP-8 – so die Aussage der Landesregierung – ist nicht Krebs erzeugend. Es zählen Informationen und keine Gerüchte. Die Bürger in Binsfeld benötigen klare Informationen. Die wurden heute gegeben. Wir sind auf einem guten Weg, dass das Problem, das vor Ort besteht, gelöst wird.

Ich bin Herrn Kollegen Billen auch dankbar, dass er auf die Baulichkeiten hingewiesen hat. Man muss beispielsweise vor Ort schauen, wo die Triebwerke ans Laufen gebracht werden, damit durch die Baumaßnahmen dort nicht unnötige Gefährdungen für die Kinder in Kindergärten und in den Schulen entstehen.

Die SPD-Fraktion ist für den Ausbau des Flughafens Spangdahlem. Er sichert Arbeitsplätze und schafft neue Arbeitsplätze. Wir brauchen aber keine Spekulationen.