Protokoll der Sitzung vom 16.01.2003

Meine Damen und Herren, diese Mittel sind nicht dafür gedacht, das Angebot zurückzufahren, sondern sie sind dafür gedacht, das Angebot zu verbessern.

Um das noch einmal deutlich zu machen: Wir haben Status-quo-Mittel und wir haben Plus-X-Mittel. Statusquo-Mittel sind die Mittel, die so berechnet werden, als die Bahnreform eintrat, dieses Angebot zu erhalten. Die Plus-X-Mittel, das sind sehr genau die Mittel, die das Land jeweils dazugetan hat, um das Angebot zu verbessern. Wenn ich dann denke, dass die Kommunen und Landkreise sich angestrengt haben, beispielsweise diesen Bahnhof renoviert, jene Strecke ertüchtigt, damit die Renovierung nicht allein zulasten des Landes bzw. des Bundes, der Regionalisierungsmittel, geht. Sie haben das Ihre dazu getan. Dann gibt es Szenarien, solche Strecken zu streichen. Das ist einfach unerhört und spottet jeder Beschreibung von vernünftiger Politik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, in der Zweckverbandsversammlung „Süd“ am 19. November hat Ihr Abteilungsleiter, der Nachfolger von Herrn Kuchenbecker, angekündigt, dass ab 2004 Regionalisierungsmittel verstärkt für die Finanzierung von Zeitkarten im Ausbildungsverkehr aufgewendet würden. Es werde ferner eine stärkere Substitution von Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzmittel durch die Regionalisierungsmittel angestrebt. Nun ist das nichts Neues. Sie machen das im kleinen Stil schon seit Jahren. Das Ausmaß ist neu. Man kann jetzt den Zweckverbänden sagen: Diese Aussage wird zurückgenommen, weil sie schon betont haben, dass kein Ausbildungsverkehr mit Regionalisierungsmitteln bezahlt wird. Wir sind gespannt, ob das so bleibt. Wir werden darauf drängen, dass es so bleibt.

Wir wollen auch nicht, dass Sie mit Ihrer Verwendung der Mittel, die Sie in diesen Szenarien haben ausdenken lassen, der Bundesregierung einen Vorwand geben, uns im nächsten und dem darauf folgenden Jahr weniger Regionalisierungsmittel zu geben.

(Glocke des Präsidenten)

Das wäre ein Grund, zu sagen, die brauchen das nicht, die bauen nicht aus, die bauen zurück, also bekommen sie auch weniger Mittel.

Ist meine Redezeit schon abgelaufen? – Aber ich darf doch nochmal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kiltz, es ist lieb, wenn Sie mich immer ansprechen wollen. Ich freue mich auch immer darauf.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wollte ich noch einmal ansprechen!)

Frau Kollegin Kiltz, es kann doch nicht sein, dass Bahnstrecken, die man angeschoben, die man aktiviert hat, die aber nicht angenommen werden, für alle Ewigkeit bestehen bleiben müssen. Natürlich kann es nicht schön sein, wenn Investitionen – egal, wer sie bezahlt hat; es handelt sich immer um Steuergelder – sich dann als „Fehlinvestitionen“ herausstellen. Dies ist im Wirtschaftsleben tagtäglich der Fall. Dann dürften Sie sich gar nicht mehr bewegen und gar keine Investitionen mehr vornehmen.

Herr Kollege Gölter hat in seinem zweiten Redebeitrag die Problematik noch einmal angerissen. Wir haben einen Monopolisten Bahn. Es zeigt uns doch, wie hoch die Kosten für die Fahrgaststrecken, für die Bahnhöfe sind. Der Monopolist bestimmt.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies kann so nicht weitergehen. Wenn Sie effizient wirtschaften wollen, müssen Sie auch Einfluss haben, müssen Sie auch gestalten können. Wenn das, was Sie, Herr Dr. Gölter, zu Recht geschildert haben, gar kein Gestaltungsspielraum ist, das heißt, ich habe nur die Alternative, ganze Strecken stillzulegen, aber bei Strekkenausdünnungen steigen mir dadurch die Fixkosten, dann ist dies völlig inakzeptabel. Dies muss auch auf den Prüfstand gestellt werden.

Wenn das Land einen erfolgreichen Regionalexpress anstößt, der, wie wir hören, teilweise überfüllt ist, muss natürlich auch überlegt werden, ob die Bahn insgesamt

nicht kundenfreundlicher wird und sagt: Diese Strecke müsste eigentlich ich betreiben und nicht das Land. – Das Land sollte doch mit seinen Regionalisierungsmitteln – nur dies macht Sinn – nur dort eingreifen, wo eine Unwirtschaftlichkeit besteht, weil man das einem wirtschaftlich geführten Unternehmen nicht zumuten kann.

Frau Kollegin Kiltz, die Plus-X-Mittel werden weniger werden, vielleicht auf null. Fest steht jedoch, die Regionalisierungsmittel werden zweckentsprechend ausgegeben. Das ist gar keine Frage, stand auch nie zur Disposition. Diesen Streit gibt es gerade in SchleswigHolstein. Dort sind doch die GRÜNEN an der Landesregierung beteiligt. Sie benutzen doch Regionalisierungsmittel für den Schülerverkehr.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rheinland-Pfalz auch!)

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Teilweise, aber nicht in dem Umfang, wie dies Schleswig-Holstein tut.

(Glocke des Präsidenten)

Deswegen empfehle ich, immer die Kirche im Dorf zu lassen. Wichtig ist: Der erfolgreiche Rheinland-PfalzTakt bleibt weiter auf einem erfolgreichen Weg.

Ich erteile Herrn Verkehrsminister Bauckhage das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eingangs schon einmal darauf hingewiesen, dass die Landesregierung im November einen strikten Sparkurs richtigerweise beschlossen hat. Ich füge hinzu, dass dieses Unternehmen nicht leicht war, aber wir sind die Landesregierung in ganz Deutschland, die wirklich nicht nur vom Sparen redet, sondern auch realistisch einspart. Es geht dabei um die staatspolitische Verantwortung, kommende Generationen nicht mehr so stark mit einer Hypothek zu belasten, dass sie keine Gestaltungsfreiheit mehr haben und die Hypothek so stark ist, dass sie nicht mehr agieren können. Das ist der staatspolitische Hintergrund. Wenn man sparen will – das wollen und tun wir –, dann darf es keine Tabus geben. Es darf auch nicht den Spruch geben: Es muss gespart werden, nur an der richtigen Stelle, aber nicht bei mir.

Deshalb sage ich in aller Klarheit, dass natürlicherweise auch mein Haus einen entsprechenden Beitrag leisten muss. Das ist meine Philosophie. Das ist doch keine Frage. Wir werden einen Beitrag leisten, der sich auf

knapp 100 Millionen Euro beläuft. Das werden Sie in den Nachtragshaushaltsplanungen sehen.

Wir haben eine freie Spitze, die aber in der Relation wesentlich geringer aussieht. Dann muss man in der Lage sein, alles auf den Prüfstand zu stellen, und zwar bei der Landwirtschaft, beim Weinbau sowie bei Wirtschaft und Verkehr, um das Sparziel zu erreichen. Soviel zum Handling. (Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund habe ich in meinem Haus alle Alternativen prüfen lassen. Ich habe gesagt, ich möchte von jedem Vorschläge haben, wo es geht und wo es nicht geht.

Jetzt rede ich nicht davon, wie das an die Öffentlichkeit gekommen ist; denn von mir nicht. Ich habe mich erst dazu geäußert, als es an der Öffentlichkeit war, meine Damen und Herren. Es ist auch müßig, das jetzt zu untersuchen.

(Zuruf des Abg. Kramer, CDU)

Es wird verständlicherweise in diesem Bundesland keinen Kahlschlag geben, sondern wir bleiben die Avantgardisten des SPNV und ÖPNV bundesweit, meine Damen und Herren.

(Beifall der FDP und der SPD)

Die Frage ist nur: Kann man das alles weiter so machen wie bisher? – Das ist doch die Frage.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer meint, es ginge weiter wie bisher bei diesen knappen Kassen, der täuscht sich; denn das wird nicht gehen. Der gefährdet am Schluss den Rheinland-PfalzTakt. (Beifall der FDP – Zuruf von der FDP: So ist es!)

Im Übrigen bin ich zutiefst davon überzeugt – das bitte ich jetzt nicht mißzuverstehen –, es wird, wenn man jetzt nicht die Kurve bekommt und diesen Sparkurs strikt fährt, den wir fahren und den nicht jedes Bundesland strikt fährt – wir können jetzt darüber lange diskutieren, wer ihn nicht fährt und wer ihn weniger fährt –, am Schluss nicht gefragt werden, wenn die Belastung der kommenden Generation so groß ist, dass sie keine Luft mehr hat zum Atmen: Ist die Strecke von A nach B noch weiter betrieben worden oder nicht? – Ich sage dies in aller Klarheit.

Lassen Sie mich einige Fakten nennen. Im Rahmen des Rheinland-Pfalz-Taktes ist das Verkehrsangebot gegenüber dem Fahrplan von 1993/1994 um rund 50 % von rund 21,9 Millionen auf rund 34 Millionen Zugkilometer angestiegen. Wenn das kein Datum ist, dann muss man mir das einmal sagen, meine Damen und Herren.

Im Bereich des Zweckverbandes SPNV Rheinland-Pfalz Süd wurde in diesem Zeitraum sogar aufgrund der un

terschiedlichen Struktur insgesamt 60 % mehr Verkehrsleistung bestellt. Seit dem Start im Jahr 1994 ist die Fahrgastnachfrage im Rheinland-Pfalz-Takt um 90 % angestiegen.

Das ist ein bundesweit nicht nur beachtenswerter Erfolg, sondern ein enormer Erfolg, den wir nicht gefährden wollen, meine Damen und Herren.

Seit dem Jahr 2000 ist allerdings im Zuge der allgemeinen Konjunkturflaute trotz weiterer zwischenzeitlicher Leistungsausweitungen ein weiterer Zuwachs bei den Fahrgastzahlen kaum mehr eingetreten. Die Angebote werden im Übrigen unterschiedlich nachgefragt.

Ich will das an ein paar Beispielen klarstellen. Der am stärksten frequentierte Regionalzug von Saarbrücken nach Mainz kommt in Mainz mit mehr als 300 Fahrgästen an. Ich sage das deshalb, weil wir diese Regionalzüge anstelle der DB AG übernommen haben, und zwar aus gutem Grund, weil wir gerade auf diesen großen Strecken den Verkehr vom individuellen Verkehr in die anderen Verkehre bringen wollen.

Das war eigentlich gar nicht unsere Aufgabe. Wir haben dies aus verkehrspolitischer Sicht getan. Es gibt natürlich andere Strecken, die einen Deckungsbeitrag haben, der sich um die 10 % bewegt, und die schon lange laufen.

Wir wollen den angebotsorientierten Schienenpersonennahverkehr und den angebotsorientierten öffentlichen Personennahverkehr. Die ganze Marktwirtschaft funktioniert angebotsorientiert. Es muss aber doch erlaubt sein, wenn ein Angebot eine bestimmte Zeit lang existiert, dass man darüber nachdenkt, wie man das optimieren und unter finanzpolitischer und verkehrspolitischer Sicht vernünftig gestalten kann.

Meine Damen und Herren, das war insgesamt die Grundphilosophie bei den Einsparvolumina, welche mein Haus bringen wird und bringen muss. Das ist gar keine Frage; denn es gibt noch ein höhergeordnetes Ziel, als die Strecke von A nach B oder als irgendeinen Stopp in irgendeiner Ecke zu erhalten.

Gestatten Sie mir abschließend noch eine ganz persönliche Anmerkung. Das sage ich jetzt im Hinblick auf die Äußerungen der letzten Tage an unterschiedlichen Stellen. Das sage ich auch, weil ich die Verpflichtung habe, mich vor meine Mitarbeiter zu stellen.

Meine Damen und Herren, man kann über vieles streiten. Man kann darüber streiten, wo und wie Steuergelder effizient eingesetzt werden. Man kann darüber streiten, wenn man einen Sparkurs geht, an welcher Ecke man ihn geht. Wenn man jedoch nur über die Ecken streitet, nur die Ecken in den Vordergrund stellt, dann wird man kein Sparziel erreichen.