Meine sehr geehrten Damen und Herren, drei Begründungen werden immer wieder für die Einführung des Pfandes auf Getränkedosen und Einwegflaschen angeführt:
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade der zuletzt angesprochene Punkt ist für viele Mitbürgerinnen und Mitbürger der scheinbar nachvollziehbare Aufhänger für das so genannte Zwangspfand. Aber eine Studie des rheinisch-westfälischen TÜV zum Littering-Aufkommen hat ergeben, dass bei uns in der Bundesrepublik Getränkeverpackungen nur etwa 6 % des Mülls in der Landschaft ausmachen. Im Klartext heißt dies, 94 % bleiben weiter auf der grünen Wiese liegen, ob mit oder ohne Pfand.
Natürlich werden die Probleme gesehen, die den Menschen, den Unternehmen, aber auch den Kommunen durch das so genannte Littering, man könnte auch sagen, durch die Verlotterung des Umweltverhaltens entstehen. Dies fängt an mit Unbehagen und einer eingeschränkten Lebensqualität und geht bis hin zu den erhöhten Kosten der Kommunen für die Sauberhaltung der Städte und Gemeinden. Dies sind Kosten, die natürlich wieder über den Umweg der Steuer vom Bürger aufzubringen sind.
Nachdem aber Kartonverpackungen wohl nicht mit einem zusätzlichen Pfand belegt werden, verbleiben lediglich Dosen und Getränkeflaschen. Gerade in diesem Bereich ist die Wiederverwertungsquote außerordentlich hoch, sodass man die Frage stellen muss, ob es die geringfügig zu erwartende Steigerung von möglicherweise 5 % oder 3 % rechtfertigt, dass Kosten für die Einrichtung eines Pfand- und Rücknahmesystems von 3 bis 5 Milliarden DM einmalig und zusätzlichen jährlichen Kosten von etwa 2 Milliarden DM entstehen.
Wenn aber der Verbraucher fast in jedem Fall Pfand zahlen muss, ob er nun Mehrweg- oder Wegwerfware benutzt, so wird er sich doch wohl deutlicher als bisher für leichtere Verpackungen, also für den bequemeren Weg, entscheiden. Die Stabilisierung oder gar Steigerung von Mehrwegverpackungen auf diesem Weg ist
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch noch auf einen anderen Schwachpunkt der Verpackungsverordnung hinweisen. Nach § 9 Abs. 2 der Verpackungsverordnung ist ein Pfand zu erheben, wenn der Anteil der in Mehrwegverpackungen abgefüllten Getränke unter 72 % fällt.
Wie wir alle wissen, basiert diese Quote auf Zahlen aus dem Jahr 1991. Damals wurden etwa 19,9 Milliarden Liter in Mehrwegverpackungen abgefüllt.
Die Verpackungsverordnung sieht Rücknahme und Pfandpflicht nur für diejenigen Getränkebereiche vor, die ihre auf das Jahr 1991 bezogene Mehrwegquote nicht mehr erreichen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, von der Pfandpflicht werden demnach nur Getränkebereiche betroffen sein, deren Mehrweganteile in den zurückliegenden zehn Jahren unter diese spezifische Mehrwegquote von 1991 gefallen sind. Das wäre heute bei Bier, Wein und Mineralwasser der Fall. Nur in diesen Bereichen würde das Pflichtpfand greifen.
Bezogen auf die insgesamt pro Jahr abgefüllte Getränkemenge liegt Bier allerdings bei einem Mehrweganteil von heute 76 % und Mineralwasser bei 87 %. Zum Vergleich nenne ich die Zahlen von 1991, dort lagen die Anteile bei 82 % beziehungsweise 91 %.
Ich denke, jetzt kommt ein weiterer Knackpunkt. Demgegenüber füllen heute Coca-Cola – das ist keine Schleichwerbung, Herr Präsident – oder andere Getränkehersteller nur etwa 27 % in Mehrwegverpackungen ab. Da sie aber im Jahre 1991 nur bei 22 % lagen, müssen sie nach der jetzigen Verpackungsverordnung ebenfalls kein Pflichtpfand zahlen.
Die neuerlich vorgelegte Studie des Umweltbundesamtes hat ergeben, dass Mehrweggetränkeverpackungen gegenüber Einweggetränkeverpackungen nicht unbedingt ökologisch vorteilhaft sind. Viele von uns waren vor einigen Jahren auch noch ganz anderer Meinung. Aber das hat sich geändert. Dieser geänderten Beschreibung müssen wir uns anpassen.
Mehrweg-PET-Verpackungen weisen zwischenzeitlich eine günstigere Ökobilanz als Mehrwegglasflaschen auf. Einweg-Tetrapak-Kartonagen haben mittlerweile eine vergleichbare Ökobilanz wie Mehrwegglasflaschen.
Die Einweg-PET-Flasche kann bei geeigneten Sortieranlagen durch das DSD mit einer guten Ökobilanz recycelt werden. Dies heißt also, die generelle Trennung zwischen guten Mehrweg- und schlechten Einwegver
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch kaum zu vermitteln, wenn heute ein Pfand auf eine Verpackung eingeführt wird, bei der sich möglicherweise in einigen Monaten durch ein anderes Gutachten ergibt, dass die Ökobilanz sehr positiv ist. Dann soll es wieder herausgenommen werden.
Zwischenzeitlich hat man aber von der Industrie und vom Handel Investitionen in Milliardenhöhe verlangt. Man hat auch den Verbraucher in die Richtung erzogen. Plötzlich heißt es nach dem alten Spiel „April, April“, heute ist es wieder ganz anders.
Übrigens hat auch das Umweltbundesamt erklärt, dass eine ökologische Lenkungswirkung des Pflichtpfandes nur schwer abzuschätzen sei, weil man einfach die Reaktion von Handel und Verbrauchern derzeit nicht vorhersehen kann. Die jetzige Regelung der Verpackungsverordnung würde den Getränkehandel zu Investitionen in Höhe von rund 3,4 Milliarden DM verpflichten. Ich sagte es vorhin schon. Dies wäre ungefähr mit den jährlichen Kosten des Dualen Systems für alle Verpackungen, einschließlich Einweggetränkeverpackungen, zu vergleichen. Ein Zwangspfand auf Einwegverpackungen würde das Mehrwegsystem kaum stabilisieren. Ich glaube, man braucht kein Prophet zu sein, um anzunehmen, dass viele Einzelhandelsketten die Mehrwegannahmestellen zugunsten von Dosenrücknahmeautomaten aus Platzgründen aus ihren Märkten nehmen würden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland weist bereits heute eine hohe Recyclingquote auf. Sicher kann die Verwertung von Einwegverpackungen immer weiter verbessert werden, doch wir meinen, dazu bedarf es nicht unbedingt des Erhebens eines Pfandes.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich bereits sehr früh gegen den Automatismus der Einführung eines Pflichtpfandes ausgesprochen, wie es die derzeit gültige Verpackungsverordnung vorsieht. Wir wollen nämlich eine grundlegende Reform der Verpackungsverordnung erreichen. Um für dieses Vorhaben Zeit zu gewinnen, hat Rheinland-Pfalz im letzten Jahr einen Antrag im Bundesrat eingebracht, der die Ablösung dieser Mehrwegquote durch eine Mindestabfüllmenge in ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackungen vorsieht. Es wundert mich dann schon, in den letzten Tagen in der Presse zu lesen, dass das plötzlich alles von der CDU kommen sollte. Es sind die Vorschläge, die wir im letzten Jahr schon eingebracht haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Ablösung der Mehrwegquote von 72 % durch eine Mindestabfüllmenge von etwa 23 Milliarden Litern in ökologisch vorteilhaften Getränkeverpackungen soll der in der aktuellen Verpackungsverordnung festgeschriebene Automatismus aufgehoben werden. Ich möchte nochmals den Vergleich nennen. 1991 wurden 19,9 Milliar
den Liter in Mehrwegverpackungen abgefüllt. Herr Dr. Braun, es stimmt also nicht, allenfalls dann, wenn Sie die Prozente nehmen, dass sich in den vergangenen Jahren alles nach unten entwickelt hätte. 1991 waren es 19,9 Milliarden Liter. Heute sind es 23 Milliarden Liter. Wenn man rechnen kann, weiß man, dass das 3 Milliarden Liter mehr sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der öffentlichen Diskussion geht völlig unter, warum wir denn nicht die Probe aufs Exempel bei dem Angebot machen, das uns aus dem Handel vorliegt, nämlich jährlich 250 Millionen DM für eine Anti-Littering-Organisation zur Verfügung zu stellen.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir mit einer solchen Aktion weit mehr gegen das Problem des Mülls in der Landschaft erreichen könnten als jemals mit einem Zwangspfand.
Das Pflichtpfand würde nur einen sehr kleinen Ausschnitt des Problems abdecken und letztlich keine wirkliche Verhaltensveränderung herbeiführen. Es wäre also nur der Anreiz des nicht zu zahlenden Zwangspfands. Das ist uns zu wenig. Wir sollten gemeinsam etwas gegen diese Situation unternehmen. Deshalb wollen wir den Antrag ablehnen beziehungsweise im Ausschuss weiterberaten.
Herr Stretz, genau das war die Argumentation, die die CDU und die großen Getränkehersteller und die Großbrauereien immer angeführt haben. Ich frage mich nur, warum die SPD in Rheinland-Pfalz in Reinform die Argumentation von Großbrauereien, von Dosenherstellern und von den Supermarktketten übernimmt, ohne überhaupt darauf zu achten, was die Umwelt, was der Mittelstand und was die Verbraucher wollen. Ich frage mich: Warum macht die SPD in Rheinland-Pfalz so etwas? – Die SPD im Bund macht etwas anderes. Die SPD in anderen Bundesländern macht auch etwas anderes.
Bei Ihrer Argumentation kommt mir wirklich langsam das Gähnen, Herr Stretz. Sie reden von Zeitgewinn, um der Industrie jetzt endlich Zeit zu lassen, dass sie die Selbstverpflichtung umsetzen könnte. Was machen wir denn seit 1991? Wir lassen der Industrie Zeit. Sie erhöht aber Jahr für Jahr die Einweg-Quote, und wir sagen:
Liebe Industrie, es geht so nicht mehr weiter, nächstes Jahr kommt das Zwangspfand, wenn ihr so weitermacht.
Das geht jetzt seit zehn Jahren so, Herr Stretz. Sie, Frau Martini, und Herr Beck wollen, dass das noch zehn Jahre so weitergeht. Das hat doch keinen Sinn. Um es auf Deutsch zu sagen, das ist doch eine Verarschung des Verbrauchers.
Herr Stretz, das ist doch ein Herumführen an der Nase nicht nur der Verbraucher, sondern auch der Mittelständler, die endlich ihre Investitionen abgesichert haben wollen, die sie im Vertrauen auf dieses Gesetz, das die CDU und die FDP eingebracht haben und das Frau Martini unterstützt hat, getätigt haben.
Herr Stretz, wir waren bei der Brauerei Bischoff und haben uns das erklären lassen. Die Brauerei hat im Vertrauen auf dieses Gesetz investiert. Nun nehmen Sie Ihnen die Grundlage.