Protokoll der Sitzung vom 19.02.2003

Aufgrund der aktuellen und mittelfristig fortwirkenden Einnahmenprobleme muss diese Konsolidierungslinie nunmehr noch einmal verschärft werden.

(Mertes, SPD: Wo sind denn die Vorschläge?)

2. Die Verfassungsgrenze wird mit dem vorliegenden Haushalt eingehalten. Sie liegt unter Berücksichtigung des Nachtragsentwurfs 2003 im Landeshaushalt bei 879,5 Millionen Euro. Die Kreditaufnahme wurde gegenüber dem bisherigen Haushalt um 25,9 Millionen Euro auf 834,7 Millionen Euro abgesenkt. Damit liegt sie um 45 Millionen Euro unter der Verfassungsgrenze.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Einschließlich der Landesbetriebe beträgt die Verfassungsgrenze 1.088,1 Millionen Euro. Die Nettokreditaufnahme unterschreitet diesen Betrag um 64 Millionen Euro.

3. Die Investitionen werden durch den Nachtrag um 14 Millionen Euro auf 1.137 Millionen Euro abgesenkt, wobei die Mittel der Flutopferhilfe eingerechnet sind. Im Bereich der Landesbetriebe LBB und LSV sind darüber hinaus Investitionen in Höhe von 209 Millionen Euro vorgesehen. Damit nimmt Rheinland-Pfalz auch weiterhin unter den westlichen Flächenländern eine vordere Position ein.

4. Für die Beurteilung der Konjunktur- und Beschäftigungswirkung ist die Gesamtschau der Investitionen von Land und Kommunen notwendig.

Die Kommunen partizipieren im System des kommunalen Finanzausgleichs unmittelbar an den Steuereinnahmen des Landes. Aufgrund der Steuermindereinnahmen in den beiden vorangegangenen Jahren ergeben sich insoweit Rückzahlungsansprüche des Landes an die Kommunen in Höhe von 247 Millionen Euro, bezüglich derer im Rahmen des Nachtragshaushalts Verrechnungsmöglichkeit bestanden hätte. Die Landesregierung hat im vollen Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart, von dieser Verrechnung in diesem Jahr abzusehen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Darüber hinaus verzichtet das Land in diesem Jahr auf die volle Beteiligung der Kommen an den steuerlichen Mindereinnahmen des Landes. Damit überlässt es den Kommunen im Jahr 2003 einen weiteren Betrag in Höhe von 49 Millionen Euro darlehensweise.

(Licht, CDU: Das muss man erwähnen!)

Hierdurch wird sichergestellt, dass im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die Zuwendungen an die Kommunen auf einem Niveau von 1.606 Millionen Euro konstant gehalten werden können.

Diese Garantiesumme wird auch in den Folgejahren bis 2006 durch weitere Verstetigungsdarlehen sichergestellt. Im Ergebnis werden damit die Überzahlungen der Jahre 2001 bis 2003 in einem Gesamtvolumen von 296 Millionen Euro über mehrere Jahre hinweg zinslos gestundet und den Kommunen ein äußerst hohes Maß an Planungssicherheit gegeben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Dies macht nicht nur die kommunalen Haushalte berechenbarer, sondern stärkt zugleich ihre Investitionsfähigkeit. Dies ist auch – und nicht zuletzt – unter gesam twirtschaftlichen Aspekten geboten.

Ich weise darauf hin, dass ein solches Modell der Kooperation – bislang jedenfalls – bundesweit einmalig ist.

(Beifall bei SPD und FDP)

5. Zur Begrenzung der Kreditaufnahme verkauft das Land Forderungen aus seinem Wohnungsbauvermögen in Höhe von 240 Millionen Euro. Dies hat nichts mit der Veräußerung von Tafelsilber zu tun, sondern mit der Hebung und Nutzung wirtschaftlicher Reserven, wie es seit Jahren sowohl im Bund als auch in allen Ländern praktiziert wird.

(Beifall der SPD und der FDP – Itzek, SPD: Habt Ihr doch auch gemacht!)

Meine Damen und Herren, im Übrigen ist diese Maßnahme nur aufgrund der Stundungen des kommunalen Finanzausgleichs notwendig, oder anders herum: Ohne die beschriebene Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs – Stundung von 296 Millionen Euro – wäre der Verkauf des Wohnungsbauvermögens entbehrlich. Darüber hinaus könnte die Kreditaufnahme um 56 Millionen Euro gesenkt werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

6. Die bisher im Haushalt ausgewiesene globale Minderausgabe von 65 Millionen Euro wird aufgelöst.

7. Bezüglich der Zinsausgaben kann es bei dem bisherigen Haushaltsansatz verbleiben. Das mag im Hinblick auf die höhere Nettokreditaufnahme im Haushaltsvollzug des Vorjahres überraschen. Es kommt uns allerdings zugute, dass die Kapitalmarktzinsen insbesondere im zweiten Halbjahr 2002 spürbar gesunken und wir mit der

Steuerung des Zinsaufwands durch den Einsatz von derivativen Instrumenten wiederum erfolgreich gewesen sind.

Meine Damen und Herren, Länderhaushalte sind zuallererst Dienstleistungshaushalte. Sie haben den höchsten Personalkostenanteil aller öffentlichen Haushalte; in Rheinland-Pfalz beträgt die Personalausgabenquote 41,6 %.

Die Landesregierung konnte auf einen Solidarbeitrag ihrer Bediensteten nicht verzichten. Der Ministerrat hat sich übrigens davon selbst nicht ausgenommen. Nicht nur am Rande sei erwähnt, dass auch die Abgeordneten des Landtags sich eine Nullrunde verordnet haben.

Die Personalausgaben sollen durch den Nachtrag gegenüber dem bisherigen Ansatz um 38,4 Millionen Euro sinken. Dieser Betrag ergibt sich aus Mehrausgaben aufgrund des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst und dessen vorsichtig kalkulierter Übernahme für den Beamtenbereich sowie den kompensierenden Maßnahmen.

Der Ministerrat hat zur Begrenzung der Personalausgaben eine Reihe personalwirtschaftlicher Maßnahmen beschlossen, von der Einführung einer gehaltsabhängigen, also sozial gestaffelten, Selbstbeteiligung an den Krankheitskosten über die Erhöhung der so genannten Effizienzdividende im Rahmen der Budgetierung, die Abschaffung der Jubiläumszuwendung sowie die Aussetzung der Leistungsprämien und -zulagen und eine Nullrunde für Ministerinnen und Minister bis hin zu einer völligen Beförderungsbeschränkung im Jahr 2003.

Ich weiß, dass die vorgesehenen Maßnahmen – dazu gehören auch die in der letzten Sitzung des Landtags mit dem Landesgesetz zur Sicherung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften und über Maßnahmen zur Entlastung des Landeshaushalts, kurz Haushaltsentlastungsgesetz, beschlossenen Maßnahmen – auf wenig Gegenliebe der Betroffenen stoßen hier und dort gar auf heftige Ablehnung, zum Beispiel bei den Beamtinnen und Beamten der Polizei.

Solche Reaktionen sind gewiss verständlich, insbesondere dann, wenn sie in konkrete Lebensplanungen eingreifen. Allerdings müssen nicht zuletzt die Bediensteten des Landes im Hinblick auf ihre Alterssicherung das größte Interesse an langfristig soliden öffentlichen Finanzen haben. Natürlich darf auch die allgemeine Beschäftigungssituation und die Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst bei der Bewertung von Einzelmaßnahmen nicht außen vor bleiben.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Meine Damen und Herren, bei der Aufstellung des Nachtragshaushalts 2003 stand die Landesregierung vor der Aufgabe, einschließlich der Auflösung der globalen Minderausgabe ein Einsparvolumen von 418 Millionen Euro aus dem ursprünglichen Haushalt herauszuschneiden. Dabei mussten alle Ressorts ihre Beiträge leisten. Zur Lösung dieser Aufgabe war es unverzichtbar, alle Ausgabenblöcke auf den Prüfstand zu stellen.

Die notwendigen Kürzungen erfolgten nicht nach der „Rasenmähermethode“, sondern nach einer vorangegangenen Aufgabenkritik. Damit hat die Landesregierung ihren politischen Gestaltungsauftrag auch beim Sparen wahrgenommen.

Aufgaben und Bedarfe wurden durchleuchtet und bewertet und sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihrer Dringlichkeit überprüft. Unter anderem war dabei ein länderübergreifender Ausgabenvergleich hilfreich.

Dies war übrigens auch unabhängig von der verschärften Lage des Haushalts notwendig. Der Bedarf auf allen möglichen Feldern und die Notwendigkeit der Finanzierung aus öffentlichen Haushalten ändert sich im Zeitablauf. Neue Bedarfsfelder entstehen, andere treten zurück. Deshalb haben wir insbesondere die Subventionen nicht nur kritisch hinterfragt, sondern überall dort und in dem Umfang zurückgeführt, wie uns dies vertretbar schien.

Die größten Einsparbeträge werden in den Einzelplänen des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau mit rund 97 Millionen Euro, des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit mit rund 66 Millionen Euro, beim Hochbau und der Wohnungsbauförderung mit rund 40,8 Millionen Euro sowie beim Ministerium des Innern und für Sport mit ca. 30,4 Millionen Euro erbracht.

Sachlich sind viele Bereiche betroffen: Die Wirtschaftsförderung und die Landwirtschaft genauso wie die Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik oder die Asyl- und Ausländerpolitik. In den klassischen Verwaltungsressorts Finanzen und Justiz müssen die erforderlichen Beiträge im Wesentlichen bei den sächlichen Verwaltungsausgaben bzw. durch vertretbare zeitliche Streckung von Maßnahmen eingespart werden. Die Staatskanzlei verzichtet neben den Kürzungen im Veranstaltungsbereich und bei den Sachausgaben auf die Einrichtung eines Call-Centers.

(Jullien, CDU: Das schmerzt aber, das tut aber weh!)

Einige bedeutsame Felder wurden selbstverständlich von den Sparmaßnahmen ausgenommen, wie zum Beispiel der Hochwasserschutz, die Bildung von Kompetenzzentren an den Hochschulen oder der Ausbau des Forschungsstandorts Rheinland-Pfalz durch die Mitfinanzierung zweier Fraunhofer-Institute. Die Ausstattung im Schuldienst – und damit der hohe Versorgungsgrad bei der Unterrichtsversorgung – bleibt ebenfalls weiterhin gewährleistet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Bezüglich der Haushaltsansätze für die Polizei verweise ich auf deren hohe technische Ausstattung inklusive des Fuhrparks, die Ausstattung mit Schutzwesten oder die Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn in RheinlandPfalz, die fortgeführt wird.

Vor allem aber verlässt die Landesregierung trotz der Sparzwänge bei ihren beiden wichtigsten Zukunftsprojekten, der Einführung der Ganztagsschule mit einem

flächendeckenden Angebot und der Mobilitätsoffensive zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, nicht ihren Kurs.

(Beifall der SPD und der FDP)

Bisher bestehen bereits 81 Ganztagsschulen, und im Herbst 2003 sollen 84 neue dazukommen. Bis zum Jahr 2006 wird es in Rheinland-Pfalz insgesamt 300 Schulen mit einem Ganztagsangebot geben. Dabei werden die Aktivitäten des Landes durch das Förderprogramm des Bundes, welches für Rheinland-Pfalz Mittel in Höhe von 198,4 Millionen Euro vorsieht, hervorragend ergänzt.

Die Ganztagsschule ist und bleibt eine profunde Antwort auf viele Defizite des deutschen Bildungssystems.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die kürzlich vorgestellte Studie des Münchener POLISInstituts hat die Entscheidung der Landesregierung für die Ganztagsschule nachdrücklich bestätigt und dem wegweisenden Schulprojekt eine hervorragende Akzeptanz und große Anerkennung sowohl bei den Hauptakteuren der Schule – den Schülerinnen und Schülern sowie der Lehrerschaft – als auch bei den Eltern bescheinigt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Auch die Mobilitäts-Initiative der Landesregierung im Straßenbau mit einem Volumen von 500 Millionen Euro, das heißt, einer Milliarde DM, bleibt in der Substanz erhalten. Lediglich der Zeitraum für die Umsetzung des zusätzlichen Investitionsvolumens wird von fünf auf acht Jahre ausgedehnt. Auch wenn das Tempo damit ein Stück reduziert wird, können alle vordringlichen Vorhaben wie geplant durchgeführt werden.

Damit kann auch die Bauindustrie weiterhin mit einer kontinuierlichen Auftragsvergabe rechnen, und die Qualität des rheinland-pfälzischen Straßennetzes als wichtige Voraussetzung für wirtschaftliche und strukturelle Entwicklung bleibt gesichert.