Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie bei jeder Debatte gibt es Punkte, die uns auch im Hinblick auf das, was Herr Ministerpräsident Beck gesagt hat, vereinen, und es gibt Punkte, die uns trennen. Ich möchte das sehr sachlich und nüchtern sagen und beim letzten beginnen.

Herr Ministerpräsident, es kann kein Zweifel daran bestehen – man muss nur die Presse verfolgen und mit amerikanischen Freunden reden, was auch wir getan haben und nicht nur die Landesregierung –, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Amerikaner uns im Moment zumindest offiziell die kalte Schulter zeigen. Dass dies in einer sehr höflichen Form passiert, ist nicht weiter verwunderlich. Aber dass die Amerikaner im Moment an vieles denken, aber nicht daran, ihre Präsenz in Deutschland auszubauen, das halte ich für das Unstreitigste vom Unstreitigen in der jetzigen Situation.

Dass sich im Blick auf diese Feststellung natürlich die Frage ergibt, wie es dazu kommen konnte – das war

Gott sei Dank schon einmal anders und wird hoffentlich wieder anders –, gehört zu den Punkten, die uns trennen. Wir haben eine andere Wahrnehmung dessen, was in der Vergangenheit im Verhältnis der beiden Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika und der Deutschen Bundesregierung passiert ist. Dass diese unterschiedliche Bewertung und die Art und Weise, wie von der Deutschen Bundesregierung diese unterschiedliche Bewertung politisch ins Spiel gebracht wurde, einen tiefen Graben aufgerissen hat, kann bei Licht betrachtet nicht bestritten werden. Das ist der Punkt, der uns trennt.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt dann einen anderen Punkt, bei dem ich ganz auf Ihrer Seite bin. Das will ich mit großem Nachdruck hier sagen. Das wird niemanden überraschen, aber ich will es doch gesagt haben. Die Vorstellung – Sie haben das Beispiel Bitburg/Spangdahlem genannt, ich nenne das gleiche Beispiel –, jetzt nach all den Kraftanstrengungen bei der Konversion des Bitburger Flughafens 10 Kilometer Luftlinie entfernt ein ziviles Konversionsprojekt zu schultern und dadurch die Eifel strukturpolitisch nach oben zu bringen, so blind kann man eigentlich nicht sein, das zu erwarten.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme sofort zum Schluss.

Herr Ministerpräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen bin ich schon der Meinung, nicht um in der Vergangenheit nachzukarten, sondern um zu überlegen, wie wir zukünftig mit den Amerikanern umgehen wollen – Sie sagen, es sind unsere Freunde; das sage ich auch, wir brauchen sie auch in Zukunft; das ist der entscheidende Punkt –, müssen wir schon einen Weg finden, der sich deutlich von dem unterscheidet, was offiziell von der Deutschen Bundesregierung in den letzten Wochen immer wieder gesagt wurde. Ich plädiere nicht für die blinde Gefolgstreue. Ich plädiere aber genauso wenig für die blinde Ablehnung. Freundschaft hat ihren Preis. Meine sehr verehrten Damen und Herren, welchen Preis uns diese Freundschaft wert ist, das müssen wir uns in der Tat – nicht wir hier im Parlament, sondern in Deutschland – klar machen und vor Augen führen, sonst wird aus dieser Freundschaft irgendwann ein Nichtverhältnis, und das wäre für Deutschland und für Europa schlimm.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hartloff das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Böhr, Sie haben Punkte genannt, die uns verbinden, und welche, die uns trennen.

Die andere Wahrnehmung ist wohl auch die, dass Sie nicht wahrhaben wollen, dass der Abbau und die Umstrukturierung militärischer Art eine langfristige Entwicklung ist, die sich mit dem Wegfall der Blöcke angekündigt hat und fortsetzen wird,

(Böhr, CDU: Auch! – Mertes, SPD: So ist es!)

sich mit der neuen geostrategischen Lage weiter fortsetzen wird und nicht in der Kürze mancher sicher bestehender Verstimmung, die daher rührt, dass man unterschiedlicher Meinung ist, begründet ist.

Genau das wollen Sie nicht wahrhaben, dass es längere Entwicklungen sind, die sich fortsetzen werden, wo wir natürlich unsere wohlverstandenen Interessen wahren und uns einsetzen werden – was ich im Übrigen manchmal früher etwas vermisst habe –, in Freundschaft verbunden eigene Interessen wahrzunehmen – was für unsere französischen Nachbarn immer eine größere Selbstverständlichkeit war –, – –

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Ich gebe Ihnen Recht, Herr Lelle, ich sage das einmal aus anderer Situation.

aber mit einem anderen Selbstverständnis, Interessenwahrnehmungen vorzunehmen.

(Dr. Gölter, CDU: Sehr vorsichtig!)

Bei aller Vorsicht.

Es ist überhaupt nicht wegzunehmen, dass Politik darin besteht, dass man miteinander über das spricht, was einen trennt, aber auch über das, was einen verbindet und was gemeinsame Interessen sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Das gilt für amerikanische Freundschaften, für das deutschamerikanische Verhältnis und für eine friedliche Zukunftsentwicklung in unserem allgemeinen Interesse. Das macht auch die Bundesregierung.

Wir sind in den Bewertungen auseinander,

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU – Glocke des Präsidenten)

aber der Ministerpräsident hat überzeugend dargelegt, was dafür das Motiv war.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache und rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu der Vereinbarung über die Rückgabe der Rhein-Main Air Base Frankfurt und der Wohnsiedlung Gateway Gardens sowie die Durchführung und Finanzierung von Baumaßnahmen auf den Luftwaffenstützpunkten Spangdahlem und Ramstein Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/2137 – Erste Beratung

Wir bleiben sozusagen beim Thema. Zur Begründung spricht der Staatssekretär im Finanzministerium.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie bereits angekündigt, bringt die Landesregierung heute das Landesgesetz zu der Vereinbarung vom 27. Juli 1999 über die Rückgabe der Rhein-Main Air Base Frankfurt und der Wohnsiedlung Gateway Gardens sowie die Durchführung und Finanzierung von Baumaßnahmen auf den Luftwaffenstützpunkten Spangdahlem und Ramstein beim Landtag ein.

Inhalt und Gegenstand des Gesetzes ist es, die Zustimmung des Landtags zu dieser Vereinbarung gemäß Artikel 101 Satz 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz herbeizuführen.

Diese Vereinbarung trägt der Tatsache Rechnung, dass einerseits die zunehmend bedeutsame Funktion des Flughafens Frankfurt/Main als zentraler Verkehrsknotenpunkt im nationalen wie internationalen Luftverkehr die Inanspruchnahme weiterer Flächen und damit auch der bisher von der US-Luftwaffe genutzten Teilfläche erfordert und andererseits das US-Verteidigungsministerium wie auch die NATO den Wunsch geäußert haben, ihre Aktivitäten ohne Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit nach Ramstein und Spangdahlem zu verlagern und zu konzentrieren.

Dementsprechend ist wesentlicher Gegenstand dieser Vereinbarung vom 27. Juli 1999, dass die amerikanischen Luftstreitkräfte in Europa die Rhein-Main Air Base und die Wohnsiedlung Gateway Gardens räumen und an die Flughafen Frankfurt/Main AG – so der damalige Name, heute Fraport AG – zurückgeben und auf den Luftwaffenstützpunkten Spangdahlem und Ramstein im Zuge der Verlegung die erforderlichen Baumaßnahmen unter Sicherstellung der Finanzierung und ohne Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit durchgeführt werden.

Die Landesregierung hat sich in dieser Vereinbarung verpflichtet, sich mit bis zu 33,9 Millionen DM – die Vereinbarung ist von 1999 – an den Kosten zu beteiligen, und zwar dadurch, dass die vom Bund an das Land zu zahlenden Baunebenkosten entsprechend reduziert werden.

Der Anteil des Landes entspricht damit rund 4,7 % der geplanten Gesamtausgaben von 728 Millionen DM bzw. heute 371 Millionen Euro, die weitgehend der rheinlandpfälzischen Bauwirtschaft zugute kommen.

Im Übrigen werden sowohl in Ramstein als auch in Spangdahlem von den US-Streitkräften erhebliche weitere Investitionen auf eigene Rechnung vorgenommen.

Selbstverständlich hat sich angesichts dieser finanziellen Verpflichtung seinerzeit für die Landesregierung die Frage gestellt, ob es sich bei der Vereinbarung vom 27. Juli 1999 um einen Staatsvertrag handelt, der der gesetzlichen Zustimmung des Parlaments bedarf.

Die Landesregierung hat diese Frage zum damaligen Zeitpunkt verneint, weil sie der Auffassung war, dass die notwendige Beteiligung des Landtags auf andere Weise sichergestellt wird, nämlich dadurch, dass in den Haushaltsplan für den Doppelhaushalt 2000/2001 die entsprechenden Zuschüsse und Verpflichtungsermächtigungen eingestellt wurden.

Dieser Haushaltsplan wurde mit dem Landeshaushaltsgesetz 2000/2001 vom 8. Februar 2000 vom Landtag festgestellt, sodass hinsichtlich der Zahlungsverpflichtungen des Landes in Höhe von 33,9 Millionen DM keine Rede davon sein kann, dass der Landtag als Haushaltsgesetzgeber in irgendeiner Weise umgangen worden ist.

Ich darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass der Landtag durch die Beantwortung einer ganzen Reihe von parlamentarischen Anfragen zu diesem Thema stets über das Fortschreiten und über die wesentlichen Inhalte der Vertragsverhandlungen unterrichtet wurde.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insbesondere wurde der Haushalts- und Finanzausschuss in seiner Sitzung am 16. September 1999 und außerdem mit Schreiben vom 8. September 1999 durch den Minister der Finanzen über die finanzielle Beteiligung des Landes an der Verlagerung der Rhein-Main Air Base auf die Luftwaffenstützpunkte Spangdahlem und Ramstein unterrichtet.

Insoweit ist festzustellen, dass zum damaligen Zeitpunkt niemand und insbesondere auch kein Vertreter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Erfordernis eines Staatsvertrags reklamiert hat.

(Kramer, CDU: Genau!)

Nun gibt es, wie Sie wissen, zwischenzeitlich ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags, in dem ausgeführt wird, dass es gute Gründe dafür gebe, im Hinblick auf die notwendige Mitwirkung des Haushaltsgesetzgebers die Vereinbarung vom 27. Juli 1999 als Staatsvertrag im Sinn von Artikel 101 Satz 2 der Landesverfassung zu qualifizieren.

Die Landesregierung hält diese Rechtsauffassung für vertretbar. Da der Landesregierung nicht daran gelegen ist, sich in juristischen Fabulierungen zu ergehen, hat sie auch kein Problem damit, dem Landtag mit der Vorlage

dieses Landesgesetzes noch einmal Gelegenheit zur Erörterung der Vereinbarung vom 27. Juli 1999 zu geben.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)