Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

Manche Debatte ist schon quasi in einen Glaubenskrieg ausgeartet. Die abweichenden Positionen der einzelnen Parteien im Landtag sind hinreichend bekannt und auch vielfach diskutiert worden.

Weitgehende Einigkeit besteht über alle Parteigrenzen hinweg über die gesamtwirtschaftliche positive Bilanz der erneuerbaren Energien sowie über ihre Bedeutung für den Klima- und Umweltschutz. Ich glaube, darüber brauchen wir uns an dieser Stelle nicht mehr zu unterhalten.

Bislang beträgt der Anteil der Windkraft am Nettostromverbrauch in Rheinland-Pfalz 3,8 %. Meine Damen und Herren, aber wir haben die Vorgaben des Landesentwicklungsplans im Nacken. Dieser Landesentwicklungsplan besagt, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 12 % zu erhöhen ist.

Das ist unser gesamtpolitisches Ziel. Dieser Landesentwicklungsplan ist beschlossene Sache.

Ein Vergleich mit den anderen Bundesländern zeigt zum Beispiel, dass auch Binnenländer wie Sachsen-Anhalt und Brandenburg hohe Zahlen am Nettostromverbrauch durch Windenergie aufweisen – 20 % und 15 %. Zugegebenermaßen, dort gibt es relativ wenig Industrie.

In den letzten Jahren hat sich die installierte Leistung der Windenergie in Rheinland-Pfalz vervierzehnfacht, obwohl die Anzahl der Anlagen nur um das fünffache gestiegen ist. Das zeigt eine deutliche Tendenz, einen deutlichen Trend zu leistungsstärkeren Anlagen, aber auch zu renditestärkeren Anlagen, sowohl für die Kommunen als auch für die Betreiber. Das darf ich nicht verschweigen.

Meine Damen und Herren, genau da liegt der Punkt. Die Kommunen sehen in der heutigen Zeit mit der Errichtung der Windkraftanlagen auch eine Möglichkeit, ihre kommunalen Haushalte aufzubessern. Es ist durchaus nicht verwerflich und durchaus ein legitimes Ziel, zumal es noch dem Umwelt- und Klimaschutz dient.

(Zuruf des Abg Kramer, CDU)

Meine Damen und Herren, aber die Begehrlichkeiten der Kommunen sind oftmals sehr groß und ecken auch an, je nachdem, welche politische Richtung gerade in den Kommunen herrscht.

Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass vonseiten der Anlagenbetreiber eine recht offensive Akquisition betrieben wird. Das heißt, die Kommunen werden stark unterstützt, sogar Einzelvereine bekommen Angebote.

Das möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen. Ich meine, genau das ist der Punkt. Deshalb kommt auch der Standortplanung eine so große und immense Bedeutung zu.

Die Parteien haben sich alle für einen geregelten Ausbau der Windkraftanlagen ausgesprochen.

(Kramer, CDU: Sehr richtig!)

Ich meine und gehe auch nicht davon ab – ich kann auch nicht in allen Punkten Herrn Dr. Braun zustimmen –, die Instrumente der Bauleitplanung und der

Raumordnung reichen aus. Man muss nur verstehen, sie anzuwenden.

(Beifall der SPD und der FDP – Kuhn, FDP: So ist es !)

Ich muss Ihnen sagen, das ist etwas, was ich, nachdem ich mich mit diesem Urteil beschäftigt habe, überhaupt nicht verstehen kann. Ich muss sagen, diesbezüglich hat diese Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

(Beifall der SPD und der FDP)

Hierbei muss nachgebessert werden. Ich werde im einzelnen noch darauf zu sprechen kommen.

Meine Damen und Herren, die Gebietskörperschaften hatten eine große Chance. Die Raumordnungspläne aller fünf Planungsgemeinschaften waren in der Fortschreibung bzw. in der Teilfortschreibung. Drei liegen meines Kenntnisstands nach zur Genehmigung vor. Bei zweien ist die Genehmigung noch beantragt.

Über diese Fortschreibung war es allen Kommunen möglich, sich über ein Beteiligungsverfahren (an dieser Fortschreibung) zu beteiligen, und zwar über ein Anhörungsverfahren bzw. über die Einbringung ihrer Flächennutzungspläne, die sie ebenfalls fortschreiben können. (Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nur, sowohl der Raumordnungsplan als auch die Fortschreibung der Flächennutzungspläne der Kommunen müssen qualifiziert sein.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Was heißt „qualifiziert“? „Qualifiziert“ heißt in dem Moment, dass ich keine pauschale Aussagen machen darf,

(Glocke des Präsidenten)

wie es in diesem Urteil geschehen ist, sondern ich muss fundierte Abwägungen treffen für einzelne Gebiete, meine Damen und Herren.

(Kuhn, FDP: So ist es!)

Diesbezüglich besteht ein gravierender Nachbesserungsbedarf. (Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht Herr Abgeordneter Licht.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Dieses erneute Gerichtsurteil – es gibt deren viele, ich weiß nicht, wie viele mittlerweile –

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

bestätigt, dass die Union mit ihren Anträgen seit 2001 in jedem einzelnen Punkt an Aktualität scheinbar nur noch gewinnt. Das ist so, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Mohr und auch Herr Dr. Braun haben im sachlichen Teil ihrer Begründungen zu dem, was Sie gesagt haben, eigentlich auch das wiederum nur bestätigt – Frau Mohr, auch das haben Sie noch einmal sehr deutlich gemacht –, mit welchen Problemen man vor Ort mitunter kämpft.

Sie haben sogar Dinge angesprochen, welche Begehrlichkeiten manche Kommunen – – –

(Mertes, SPD: Notwendigkeiten! – Vizepräsident Dr. Schmidt übernimmt den Vorsitz)

Von Notwendigkeiten spricht der Vorsitzende der SPD.

Darum kommt beispielsweise ein vielleicht kluger Vorschlag der SPD in ihrem Wahlkreis, der besagt, man soll es nicht mehr den Kommunen in der Auszahlung überlassen, sondern man soll diese Zahlung an die Verbandsgemeinde richten, Herr Mertes. Das ist ein Vorschlag, der aus Ihrem Bereich kommt.

Dann wären die Begehrlichkeiten der einzelnen Kommunen nicht mehr ganz so groß, und die Planung auf Kosten der Nachbarkommunen so vorzusehen, wäre dann nicht mehr ganz so aktuell.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Meine Damen und Herren, dieses Urteil zeigt aber noch einmal, dass wir mit unseren Anträgen so aktuell sind wie noch nie und wir sie eigentlich wieder einbringen müssten, um sie erneut zur Diskussion zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Mohr, es gibt kein Landesenergiekonzept und auch kein Konzept der kontinuierlichen Entwicklung der Windkraft im Land Rheinland-Pfalz.

(Mertes, SPD: Was wollen Sie denn immer mit zentralen Planungen?)

Meine Damen und Herren, wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht gegen jede weitere Entwicklung der Windkraft sind, sondern wir wollen die jetzige Privilegierung abschaffen. Das Gericht richtet sich nach dem, was derzeit Gesetz ist. Dies verursacht die Schwierigkeiten, eine Betrachtung im Einzelnen anzulegen.

Wir wollen, dass diese Privilegierung auf die Ebene der Regionalplanung herunter- oder heraufgeschraubt wird, je nachdem, aus welcher Sicht Sie es betrachten, damit deutlich wird, dass sich die Regionalplanung in der Vergangenheit einige Gedanken gemacht hat. Dem soll Rechnung getragen werden. Die Regionalplanung geht größer konzeptionell vor, und dem sollte man Rechnung tragen.

Sie haben angemahnt, dass die Landesregierung in diesem Bereich im Defizit ist. Die Beratung der Kommunen fehlt. Wie wollen Sie damit im Einzelnen konkret umgehen?

Frau Mohr, es ist richtig, dass die Landesregierung rechtliche Instrumente hat. Das haben wir nie bestritten. Aber ihr den Ausbau der Windkraft im Einzelfall zu überlassen, halte ich für falsch. Darum muss die Privilegierung verändert und auf einen anderen Stand gebracht werden, damit es eine – wenn auch streitige – kontinuierliche Entwicklung gibt.

Lassen Sie mich schließlich noch drei Fragen aufwerfen, die durch dieses Gerichtsurteil bestätigt worden sind. Es werden zwangsläufig weitere Urteile folgen.

Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag steht, dass nichts gegen die Entscheidung der Bevölkerung vor Ort geschehen sollte.