Protokoll der Sitzung vom 10.07.2003

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Das ist meiner Ansicht nach die entscheidende Verbesserung in den Arbeitsbedingungen; denn in einem modernen, zukunftsorientierten und qualitativ hochwertigen Schulsystem lehren Lehrer lieber. Auch die Reaktionen der Verbände der Lehrerinnen und Lehrer im berufsbildenden Bereich sind hoch lobend für dieses Konzept, und die Lehrerinnen und Lehrer freuen sich darauf, dort zu unterrichten. Ich denke, dies sind Maßnahmen, die die Attraktivität eines Berufsbildes steigern und aufwerten.

(Beifall der FDP und der SPD)

Lassen Sie mich noch etwas zu einem Problem sagen, das wahrscheinlich auf uns zukommen wird und ein seriöses Problem ist, nämlich die Ausbildungsplatzsituation in diesem Jahr. Die Kammern bemühen sich mit enormen Anstrengungen, auf vielen Ebenen zu erreichen, dass wir eine bessere Lage bekommen, als sie momentan prognostiziert ist. Seitens des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau haben wir ein neues Programm mit Krediten von der ISB für Betriebe, die zusätzlich neue Ausbildungsplätze schaffen. Man kann sehr günstig an einen Kredit von 25.000 Euro kommen, um diese Mittel dann zu investieren.

Wir haben weiterhin eine Ausbildungsprämie für Existenzgründer. Es gibt sehr viele Anstrengungen. Wir müssen aber auch im Vorfeld daran arbeiten, dass auf die berufsbildenden Schulen nicht ein seriöses Problem zukommt,

(Wirz, CDU: Was ist denn ein unseriöses Problem?)

indem man diejenigen, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, in das Berufsgrundschuljahr oder das Berufsvorbereitungsjahr schieben muss, damit diese Jugendlichen überhaupt ein Angebot bekommen. Ich denke, man muss sich vor Ort im Vorfeld sehr darum bemühen, was wir alle mit größten Anstrengungen machen, dass wir nicht in eine Lage kommen, in der man den Jugendlichen kein anderes als ein schulisches Angebot machen kann und sie dann in den schulischen Vollzeitangeboten wiederfindet.

(Glocke der Präsidentin)

Ich mache jetzt erst einmal einen Schnitt.

Ich denke, man muss auf dieses Problem hinweisen. Zurzeit beschäftigt sich die Enquete-Kommission damit sehr intensiv. Wir hoffen, dass wir gemeinsam noch etwas auf den Weg bringen können. Ich bitte Sie dabei um Mitarbeit. Dies würde uns sicherlich mehr helfen als dieses Getöse.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Frau Staatsministerin Ahnen das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mich überrascht nicht nur der Zeitpunkt der Diskussion, sondern ich sage Ihnen nach den Debattenbeiträgen der Opposition, mich überrascht auch die Art, wie diskutiert wird. Eine Aneinanderreihung von Beschimpfungen

(Beifall bei SPD und FDP)

und eine Aneinanderreihung von Superlativen kann aus meiner Sicht an der realen Situation nichts ändern.

(Keller, CDU: Reden Sie einmal frei und nicht Ihre vorbereitete Rede!)

Herr Abgeordneter Keller, ich werde mich mit Ihren Argumenten, soweit Sie sie vorgetragen haben, noch im Einzelnen auseinander setzen.

(Keller, CDU: Bitte schön!)

Die reale Situation ist so, dass eine gute Unterrichtsversorgung ein zentrales Anliegen der Landesregierung ist und bleibt. Wir lassen uns diese Anstrengungen, die nicht immer einfach waren, nicht kleinreden. Ich sage Ihnen sehr selbstbewusst, dass wir gerade in dieser Frage keine Nachhilfe notwendig haben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ihren Versuch, diese Frage erneut zu einem Zeitpunkt zu diskutieren, bei dem jeder weiß, der etwas mit Schule zu tun hat, dass seriös noch keine Ergebnisse vorliegen können,

(Keller, CDU: Wie planen Sie denn?)

interpretiere ich so, dass Sie zum Zeitpunkt der Ergebnisse keine Lust mehr an der Diskussion haben.

(Kramer, CDU: Was? Das ist unerhört!)

Deswegen wird die Diskussion zu einem Zeitpunkt geführt, an dem man in vielen Punkten nur orakeln kann.

Ich glaube, ich habe in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass ich sehr viel Wert auf Fakten und auf eine sachliche Diskussion lege.

(Kramer, CDU: Dann machen Sie es doch!)

Wenn mir aber Begrifflichkeiten entgegengeworfen werden wie die, das sei Zynismus oder beschämend, dann gehe ich auch einmal etwas weiter in der Geschichte zurück.

Wir haben in der Unterrichtsversorgung gute Ergebnisse, selbst in dem in der Tat sehr schwierigen Bereich der berufsbildenden Schulen. Ich sage, ich bin auch nicht zufrieden, ich möchte auch Besseres. Wenn Sie aber vom Stiefkind der Landesregierung sprechen, dann kann ich nur sagen, die berufsbildenden Schulen in diesem Land sind in den 80er-Jahren von Ihnen verstoßen worden.

(Beifall bei SPD und FDP – Kramer, CDU: Oje, oje!)

Wir hatten Defizite in einer zweistelligen Größenordnung von 14 % oder 15 %. Seither sind wir kontinuierlich bemüht,

(Kramer, CDU: Aber nicht mehr!)

die Unterrichtsversorgung zu verbessern.

(Keller, CDU: Wie lange regieren Sie denn schon?)

Bei uns ist die berufsbildende Schule kein Stiefkind, sondern sie ist gleichwertiger Bestandteil des Bildungssystems. Deshalb haben wir eine Strukturreform im Bereich der berufsbildenden Schulen auf den Weg gebracht. Hören Sie sich jetzt bitte die Zahlen an, Herr Keller. Wir haben deshalb alle Anstrengungen zur Nachwuchsgewinnung unternommen. Die Zahlen sind dabei interessant. In Zahlen heißt dies, die Ausgangssituation Anfang der 90er-Jahre zum 1. März 1991 war die, dass wir 112 Personen in den Seminaren hatten, die für das Lehramt an berufsbildenden Schulen ausgebildet werden sollten.

Zum 1. März dieses Jahres haben wir 353 Auszubildende für dieses Lehramt in den Seminaren, also eine Verdreifachung. Wir haben also in diesem Bereich eine Verdreifachung realisiert.

(Beifall bei SPD und FDP)

Herr Abgeordneter Wiechmann, Sie haben mich heute Morgen gefragt, wie sich das zusammensetzt und wie Quer- und Seiteneinsteiger gegriffen haben. Von diesen 353 sind 90 über den Quereinstieg und 20 über den Seiteneinstieg rekrutiert worden. Ich denke, das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann und deutlich macht, wie notwendig es war, diese neuen Zugangswege zum Vorbereitungsdienst und zur schulischen Arbeit zu eröffnen.

Im Bereich der berufsbildenden Schulen bemühen wir uns, neben der Strukturreform und neben der Nachwuchsgewinnung gerade dieser Situation auch durch die prioritäre Zuweisung von Ressourcen gerecht zu werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe darauf hingewiesen, dass wir in hohem Maß von der Ausbildungsplatzsituation abhängig sind. In den vergangenen Jahren haben wir zu dieser schwierigen Ausgangssituation zusätzlich zu bewältigen gehabt, dass wir eine Verlagerung von Teilzeit in Vollzeit hatten, weil wir Kompensationen vornehmen mussten. Trotzdem ist es uns gelungen, die Versorgung kontinuierlich zu verbessern.

Die schwierige Situation im Bereich der berufsbildenden Schulen gerade auch in diesem Jahr wegen der schwierigen Ausbildungsplatzsituation belegt übrigens auch, wie klug und weise es war, zum Beispiel so etwas wie das Ansparmodell zu staffeln. In diesem Jahr stehen uns 95 Äquivalente von Lehrerstellen zusätzlich gerade im Bereich der berufsbildenden Schulen zur Verfügung, um die Situation zu bewältigen. Dieses Ansparmodell war Bestandteil eines langfristigen Konzepts, Herr Abgeordneter Wiechmann. Es ist übrigens das einzige langfristige Konzept, das ich kenne, das in diesem Land vorgelegt und glücklicherweise auch umgesetzt worden ist. Sonst wären wir heute in einer noch schwierigeren Situation.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir haben im Bildungsbereich insgesamt einen eindeutigen Schwerpunkt gesetzt. Wir sichern den Stellenbestand ab. Wir stellen in erheblichem Umfang Vertretungsmittel zur Verfügung. Wir haben zusätzlich das Projekt „Erweiterte Selbstständigkeit“ auf den Weg gebracht. Selbstverständlich kommen auch zusätzlich die Mittel für die Ganztagsschulen hinzu.

Wenn man sich gerade das Projekt „Erweiterte Selbs tständigkeit“ anschaut, dann wird deutlich, dass wir die Frage der Unterrichtsversorgung erstmals tatsächlich umfassend angehen, nämlich nicht nur über die strukturelle Frage, sondern auch über den temporären Unterrichtsausfall, und dass wir uns beiden Komponenten widmen.

Herr Abgeordneter Wiechmann, wenn Sie sagen, wir sagen sozusagen den Schulen im Moment, das und das soll ausfallen, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie das System der Zuweisung noch immer nicht verstanden haben.

(Beifall bei SPD und FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Im Gegensatz zu anderen Ländern, die sich darauf beschränken, den Schulen den Pflichtunterricht zuzuweisen, haben die Schulen in Rheinland-Pfalz einen Zuschlag durch die strukturelle Zuweisung, gerade weil wir meinen, es ist unsere Aufgabe, auch Stunden zur Differenzierung und Stunden für besondere Angebote und Ähnliches und für Arbeitsgemeinschaften zur Verfügung zu stellen. Wir rechnen ehrlicherweise diesen Zuschlag

ein. Wir sind eines der wenigen Bundesländer, das dies bundesweit macht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Darüber hinaus kümmern wir uns über die erhöhte strukturelle Zuweisung mit dem Projekt „Erweiterte Selbstständigkeit“ um den temporären Unterrichtsausfall.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben und setzen zugunsten der Bildung Prioritäten. Das ist in diesen Zeiten nicht immer einfach. Wir müssen das in vielen anderen Politikbereichen aushalten, dass wir diese Prioritäten setzen. Aber wir tun es, weil es notwendig ist. Aus meiner Sicht sind die Voraussetzungen von Landesregierung und Landtag geschaffen, dass es uns auch im nächsten Jahr gelingen kann, eine gute Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Die Schulaufsicht arbeitet in diesen Tagen auf Hochtouren, und die Schulen sind in der konkreten Umsetzung begriffen. Wir alle gemeinsam bemühen uns um eine gute Unterrichtsversorgung und bündeln die Kräfte, damit wir sie tatsächlich auch erreichen.