Auf der anderen Seite muss klar gesehen werden, dass die jetzige Gewerbesteuer eine sehr selektive Belastung der Unternehmen darstellt. Es gibt wenige Unternehmen, die zahlen, und zwar sehr viel. Sehr viele Unternehmen werden dagegen überhaupt nicht belastet. Auch das ist keine besonders glückliche Lösung.
Herr Staatssekretär, bis zu einem gewissen Punkt ist es verständlich, wenn Sie sagen, wir brauchen auch Spielräume in Verhandlungen. Sehen Sie aber im politischen Raum in der Grundtendenz angesichts der Tatsache, dass ein gewisser Zeitdruck besteht, denn die Kommunen brauchen eine Verbesserung der Situation, eine Alternative zu der Richtung, die jetzt in Berlin eingeschlagen worden ist?
Herr Marz, es gibt ein breites Spektrum. Auf der einen Seite wird von der Wissenschaft, aber auch von einigen Ländern empfohlen, einen Ansatzpunkt in Richtung Wertschöpfung zu wählen. Das ist ganz ohne Frage aus der Sicht der Kommunen optimal. Auf der anderen Seite des Spektrums, das allein aus der Sicht der Wirtschaft formuliert ist, wird die Forderung erhoben, weg mit der Sonderbelastung Gewerbesteuer und Umlegung auf Einkommen- und Körperschaftsteuer mit Hebesatzrecht.
Beide Aspekte, also auf der einen Seite das kommunale Interesse an möglichst breiter Bemessungsgrundlage, an Stetigkeit, an Konjunkturabhängigkeit und an Äquivalenz zur Belastung durch Wirtschaftsunternehmen und auf der anderen Seite die Notwendigkeit, Unternehmen nicht in Zeiten, in denen sie keine Gewinne erwirtschaften, mit hohen Steuern zu belasten, müssen miteinander verknüpft werden. Es muss ein Kompromiss gefunden werden. Dafür liegen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch, die aber, wenn man genau hinschaut, allesamt noch nicht endgültig überzeugen können.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben, als Sie die Länder aufgezählt haben, bei Bayern gesagt: „Bayern wählt“. Haben Sie eine ungefähre Vorstellung, wie sich Bayern nach der Wahl positionieren wird?
(Mertes, SPD: Jetzt muss er zum Orakel greifen! – Hartloff, SPD: Wir haben eine ungefähre Vorstellung von dem Wahlausgang! – Weitere Zurufe von der SPD)
Ohne Prophet zu sein, kann man davon ausgehen, dass sich die Mehrheiten in Bayern nicht unbedingt verändern werden. Deshalb kann man davon ausgehen, dass es wie bisher ist, dass erst nach der Wahl deutlich gesagt wird, was man wirklich meint.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Mündliche Anfrage beantwortet ist. Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernhard Braun und Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Mangelndes Angebot an Ausbildungsplätzen – Nummer 3 der Drucksache 14/2480 – betreffend, auf.
1. Werden nach Einschätzung der Landesregierung mit den durchgeführten und geplanten Maßnahmen zur Einwerbung zusätzlicher Ausbildungsplätze die derzeitigen Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz bis Ende dieses Jahres alle eine Ausbildungsstelle erhalten?
2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, im Verbund von berufsbildenden Schulen, gemeinnützigen Trägern, überbetrieblichen Ausbildungsstätten und Betrieben neben berufsvorbereitenden Maßnahmen auch vollständige, anerkannte Berufsausbildungen anzubieten und durchzuführen?
3. Welche Wege sieht die Landesregierung, die unterschiedliche finanzielle Belastung zwischen Ausbildungsbetrieben und Betrieben, die keine Ausbildungsplätze anbieten, zu beseitigen?
4. Welche Kosten für den Landeshaushalt und die Arbeitsverwaltung werden nach Einschätzung der Landesregierung für die schulische und/oder soziale Betreuung der derzeitigen Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz entstehen, die für dieses Ausbildungsjahr keinen Ausbildungsplatz gefunden haben?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider haben bis Ende August des Jahres rund 6.900 junge Menschen noch keinen Ausbildungsplatz gefunden. Demgegenüber gab es noch zirka 2.800 unbesetzte Lehrstellen. Die Mehrzahl der Jugendlichen, die in diesem Jahr über eine betriebliche Ausbildung ins Berufsleben einsteigen wollen, haben allerdings eine Ausbildungsstelle und konnten in diesen Tagen ihre Lehre beginnen.
Ich gehe davon aus, dass sich die Zahl der unversorgt gebliebenen Bewerberinnen und Bewerber in den nächsten Wochen und Monaten bis spätestens Ende dieses Jahres durch Nachvermittlungen noch einmal deutlich verringern wird. Dies setzt jedoch voraus, dass alle Beteiligten in ihren Anstrengungen nicht nachlassen und ihre Bemühungen intensivieren. Hierzu gehört in erster Linie, dass die Akteure im Lehrstellenbereich, insbesondere die Arbeitsämter und die Kammern, weiterhin gemeinsam auf die Betriebe zugehen, um möglichst alle Jugendlichen in Ausbildung zu bringen.
Ich bin zuversichtlich, dass durch die Lehrstellenlotsen, die Lehrstellenpaten, die Ausbildungsplatzakquisiteure, die Ausbildungsberater der Kammern und die Berufsberater der Arbeitsämter zusätzliche betriebliche Ausbildungsstellen in den kommenden Wochen und Monaten mobilisiert werden können. Gleichwohl müssen die Betriebe und auch die Jugendlichen in dieser Phase entsprechend flexibel sein. Für junge Leute gilt, dass auch sie in ihren Bemühungen nicht nachlassen und bereit sind, gegebenenfalls von ihrem sogenannten Traumberuf abzugehen und ein gewisses Maß an Mobilität an den Tag zu legen.
Dies vorangestellt beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Braun und Wiechmann wie folgt:
Zu Frage 1: Auch nach Beginn des neuen Ausbildungsjahres besteht, wie erwähnt, auf dem Lehrstellenmarkt noch sehr viel Bewegung. Die Anstrengung aller Beteiligten, die konsequente Fortführung der Initiativen und Programme werden sicherlich dazu beitragen, dass bis Jahresende viele bisher noch unversorgte Bewerberinnen und Bewerber einen Ausbildungsplatz erhalten können.
1. Die landesweite Förderung von Ausbildungsplatzstellenakquisiteuren. Ziel ist es, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Dieses Förderprogramm soll auch über das Jahr 2003 hinaus fortgeführt werden.
2. Das Förderprogramm für Ausbildungsbetriebe der gewerblichen Wirtschaft und Angehöriger freier Berufe kann seit Juli des Jahres genutzt werden. Dieses Förderprogramm soll ebenfalls zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze beitragen.
3. Die Vereinbarung mit dem Landesarbeitsamt Rheinland-Pfalz/Saarland, der Wirtschaft und dem Deutschen
Gewerkschaftsbund zur Vermittlung beruflicher Teilqualifikationen für arbeitslose Jugendliche ohne Berufsabschluss. Mit dieser Vereinbarung soll jungen Arbeitslosen ein besserer Start ermöglicht werden, anschließend eine reguläre duale Ausbildung zu erhalten.
4. Die Ausbildungsprämie für Existenzgründer. Ziel ist es, Betrieben, die sich noch in der Konsolidierungsphase befinden, die Entscheidung für den Abschluss eines Ausbildungsvertrages zu erleichtern, sie dauerhaft für die Berufsausbildung zu gewinnen.
Zu Frage 2: Die Landesregierung prüft derzeit, ob das Ende 2002 beendete Förderprogramm zur Verbundausbildung wieder aufgelegt werden kann. Bisher war lediglich der rein betriebliche Verbund förderfähig. Zukünftig können auch Ausbildungsteile unter anderem in überbetrieblichen Bildungsstätten durchgeführt werden. Darüber hinaus hat das Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend im April dieses Jahres eine Zusatzmaßnahme unter der Überschrift „Ausbildungssituation durch Initiativen im Bereich der berufsbildenden Schulen verbessern“, ergriffen. So konnten in enger Zusammenarbeit mit dem Wirtschafts-, Sozialministerium und den Kammern, dem Landesarbeitsamt und der Schulaufsicht für das Schuljahr 2003/2004 für zirka 260 Jugendliche Kooperationsverbünde der berufsbildenden Schulen initiiert werden.
Zu Frage 3: Die Landesregierung setzt nach wie vor auf die Eigenverantwortlichkeit der Wirtschaft, betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Die Wirtschaft ist sich ihrer Verantwortung zur Bereitstellung von Ausbildungsplätzen bewusst, insbesondere auch angesichts der in wenigen Jahren abnehmenden Bewerberzahlen und eines damit einhergehenden sinkenden Fachkräftepotenzials. Die Wirtschaft muss sich bewusst sein, dass es notwendig ist auszubilden.
Durch gezielte Förderprogramme trägt die Landesregierung mit dazu bei, bei der Bereitstellung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen die Betriebe von den Ausbildungskosten teilweise zu entlasten. In diesem Zusammenhang verweise ich auf meine Ausführungen zu Frage 1.
Sie wissen, wir haben ein sogenanntes Kreditsonderprogramm aufgelegt. Allein durch dieses Programm sind zusätzlich 500 neue Ausbildungsplätze entstanden. Man sieht sehr deutlich, dass der Kostenfaktor eine Rolle spielt. Gleichzeitig war dieses Kreditprogramm ein wichtiges Programm.
Meine Damen und Herren, einen Unterschied der finanziellen Belastung von Ausbildungsbetrieben und Betriebe, die keine Ausbildungsplätze anbieten, etwa durch eine Ausbildungsplatzabgabe, lehne ich ab. Das wissen Sie. Eine solche Abgabe wäre aus meinem Gefühl nicht der richtige Weg, neue Ausbildungsplätze zu schaffen. Die Folge könnte sein, dass sich Betriebe von der Ausbildungsplatzverantwortung freikaufen und letztlich weniger betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen würden.
Zur Frage 4: Die Kosten für den Landeshaushalt und die Arbeitsverwaltung für die schulische und soziale Betreuung der Bewerberinnen und Bewerber, die für dieses Ausbildungsjahr keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, lassen sich wie folgt einschätzen: Im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend: Die Kosten für die Betreuung von 170 Jugendlichen in einem Berufsvorbereitungsjahr durch schulische Sozialarbeit für ein Schuljahr betragen 48.000 Euro. Die Kosten für eine Lehrkraft im höheren Dienst zur Betreuung einer Klasse in einem Berufsgrundbildungsjahr belaufen sich für ein Schuljahr auf 62.000 Euro.
Durch die Einrichtung von schulischen Vollzeitmaßnahmen erhöht sich der Lehrbedarf gegenüber dem Bedarf in der regulären Teilzeitberufsschule um das drei- bis vierfache.
Ich komme zum Zuständigkeitsbereich meiner Kollegin Dreyer, dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit. Im Jahr 2002 wurden durch die 130 arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Projekte, die in der Kampagne „Jugend in Arbeit“ gebündelt werden, rund 9.000 junge Menschen erreicht. Insgesamt wurden für die Projekte im Rahmen der oben genannten Kampagne im Jahr 2002 rund neun Millionen Euro ESF- und Landesmittel von der Landesregierung zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus flankiert das neu aufgelegte rheinlandpfälzische Programm „Jugendscout“ das Sonderprogramm des Bundes „Jump plus“ zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Durch die flankierenden Landesförderungen sollen zusätzlich kommunale JugendScouts gefördert werden, die versuchen, arbeitslose – insbesondere benachteiligte – Jugendliche in eine reguläre Ausbildung, Beschäftigung oder Berufsvorbereitung zu vermitteln oder in öffentlich geförderte Beschäftigungsangebote zu integrieren.
Vorgesehen ist, bis zu 20 kommunale Jugend-Scouts zu fördern. Das würde für das Jahr 2003 die Bereitstellung von rund 300.000 Euro und für das Jahr 2004 von rund 900.000 Euro im Bereich des Landesarbeitsamtes Rheinland-Pfalz/Saarland erfordern:
Der durchschnittliche Fördersatz im Rahmen der ausbildungsbegleitenden Hilfen beträgt derzeit 244 Euro pro Monat und Teilnehmer. Die durchschnittliche Förderdauer beträgt 11,9 Monate. Die durchschnittlichen Gesamtkosten je Teilnehmer belaufen sich auf 2.900 Euro.
Der durchschnittliche Fördersatz im Rahmen der Berufsausbildung in einer überbetrieblichen Einrichtung beträgt 1.224 Euro pro Monat und Teilnehmer. Die durchschnittliche Förderdauer beträgt 23,8 Monate. Die durchschnittlichen Gesamtkosten je Teilnehmer belaufen sich auf 29.131 Euro.
Meine Damen und Herren, nach der Darstellung der geschätzten Kosten für die oben genannten Maßnahmen möchte ich allgemein darauf hinweisen, dass eine generelle und abschließende Abschätzung der Kosten
zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr schwer möglich ist, da für die unversorgten Jugendlichen passgenaue Förderund Unterstützungsangebote bereitgestellt werden, die sehr stark variieren können.
Hinzu kommt, dass die Unterstützungs- und Förderangebote allen bis heute unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern offen stehen, sodass eine Differenzierung nach Alt- und Neubewerbungen ebenfalls nicht möglich sein wird.