Protokoll der Sitzung vom 09.10.2003

(Beifall der CDU)

Ich habe es beim letzten Mal schon einmal gesagt, und ich wiederhole es jetzt: Herr Minister Zuber, was Sie mit einzelnen Polizeibeamten machen, das schlägt dem Fass den Boden aus. Es ist einer Demokratie unwürdig, welches Mobbing in Rheinland-Pfalz gegen einzelne Polizeibeamte stattfindet.

(Beifall der CDU)

Jetzt formieren sich Bürgerwehren im Land.

(Unruhe bei der SPD)

Frau Präsidentin, wir lassen sie ausgrummeln, aber bitte nicht zulasten meiner Redezeit, weil ich noch etwas zu sagen habe.

Jetzt formieren sich Bürgerwehren in diesem Land. Ich kann mich noch an die Diskussion über die „Freiwillige Polizeireserve“ vor fast zehn Jahren erinnern. Ich weiß noch genau, was im Plenum los war und welche Begriffe gefallen sind. Es dauert vielleicht noch etwas mehr als ein halbes Jahr, aber im Laufe des nächsten Jahres wird Herr Kollege Mertes im Plenum eine Rede halten und die Gründung von Bürgerwehren nicht nur verteidigen, sondern vehement fordern und dies mit einem Beitrag zur aktiven Bürgergesellschaft begründen. Ich bin sicher, dass die ZIRP das noch entsprechend sponsern wird. Genauso wird das kommen.

(Beifall der CDU)

Ich habe im Haushaltsentwurf von einem Schwerpunkt im Bereich „Sicherheit und Polizei“ gelesen.

(Lewentz, SPD: Sie werden nie Ministerpräs ident!)

Wenn Sie mehr wissen als der liebe Gott, dann kann ich Sie nur bewundern.

Herr Kollege Lewentz, ich hatte einmal einen Job, bei dem ich dafür bezahlt wurde, der Kettenhund für andere zu sein. Unter mein Niveau bin ich aber selbst in meiner Rolle als Kettenhund nie gegangen. Das tun Sie jeden Tag.

(Beifall der CDU)

In dem Amt, das Sie bekleiden, wird man dafür bezahlt, dass man der Kettenhund ist. Ein bisschen Niveau sollte man aber auch als Generalsekretär einer Partei berücksichtigen.

Jetzt sprechen wir wieder über den Haushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abg. Lewentz, SPD)

Jetzt rede ich über den Haushalt, Herr Kollege Lewentz. Bei nächster Gelegenheit können wir uns einmal über die Rolle des Generalsekretärs austauschen.

Zum Schwerpunkt „Sicherheit und Polizei“ im Haushalt 2004. Ich frage, was da Schwerpunkt ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es sollen also 200 Anwärter eingestellt werden. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass wir in Rheinland-Pfalz im Hinblick auf die Polizeistärke unter das Niveau des Jahres 1990 gesunken sind. Um aber das Niveau zu halten, das wir heute haben und das unter dem Niveau des Jahres 1990 liegt, müssten wir mindestens 400 Anwärter einstellen. Also bilden wir einen Schwerpunkt zur Verlangsamung der Abschmelzung der Polizeistärke in unserem Land, meine Damen und Herren. Das ist doch blanker Wahnsinn.

(Beifall der CDU)

Es gibt noch eine zweite Position: 8 Millionen Euro an die LBB für höhere Pachten. Das Land bereichert sich also in einem In-House-Geschäft um 8 Millionen Euro und verkündet uns das als einen Schwerpunkt bei Polizei und Innerer Sicherheit. Dazu fällt einem nichts mehr ein.

Für die Kindertagesstätten gilt genau das Gleiche. Wir wissen alle, woher die 30 Millionen Euro kommen, die Kindertagesstätten mehr bekommen sollen. Diese 30 Millionen Euro kommen aus dem kommunalen Finanzausgleich, aber nicht nach der Erhöhung der Ausgleichsmasse; sie werden aus dem bestehenden kommunalen Finanzausgleich herausgenommen und mit einer Zweckbindung belegt. Auf Deutsch heißt das: Sie werden den Kommunen weggenommen und anschließend wieder zurückgegeben.

Meine Damen und Herren, wenn ich meiner Frau etwas zu Weihnachten schenken will, gehe ich in der Regel nicht an ihr eigenes Sparbuch, plündere dies und kaufe ihr von diesem Geld etwas zu Weihnachten, sondern ich kaufe ihr von meinem Geld etwas zu Weihnachten.

(Heiterkeit und Beifall der CDU)

Man muss sich einmal vorstellen, was das bedeutet. Die Landesregierung bedient sich fremder Mittel, und es wird so getan, als wären das Wohltaten nach dem Motto: Wir müssen es den Kommunen gar nicht geben, und wenn wir es den Kommunen geben, dann sollen sie gefälligst dankbar dafür sein. – In unserer Verfassung steht: Das Land ist zuständig für die Finanzausstattung der Kommunen. – Das ist weder eine Wohltat noch ein Werk der samaritanischen Barmherzigkeit.

(Beifall der CDU)

Zum Schwerpunkt „Schulen“. Inhaltlich ist die Schaffung von 526 neuen Stellen gut. Diesen Schwerpunkt habe ich überhaupt nicht zu kritisieren – wenn es denn Schwerpunkte wären –: Innere Sicherheit, Polizei, Kindertagesstätten und Schulen. Inhaltlich habe ich überhaupt keine Einwände, ganz im Gegenteil. Das sind Schwerpunkte, die inhaltlich durchaus im Konsens diskutiert werden. 526 neue Stellen brauchen wir dringend.

Mit der Berechnung komme ich aber nicht so ganz klar. Es sollen 526 neue Lehrer eingestellt werden, aber nicht mit der Maßgabe, dass sie nicht erst im November 2004 eingestellt werden. Es könnte aber natürlich sein, dass man das will. Das werden wir erfragen. Das sind die preiswertesten Lehrer, die es je gab. Die Stellen sind mit 17.000 Euro pro Stelle etatisiert. Ich bin dem Land Rheinland-Pfalz sehr dankbar, dass es sich an dem Modellprojekt hinsichtlich der steuerpolitischen Vorstellungen von Paul Kirchhoff beteiligt und diese steuerlichen Vorschläge in unseren Finanzämtern durchgerechnet werden. Es gibt fünf Bundesländer, die sich bereit erklärt haben, das neue Steuermodell durchzurechnen, um seine Validität zu prüfen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass das Land Rheinland-Pfalz dies parteiübergreifend mitträgt. Wenn sich diese Vorschläge durchsetzen, was ich sehr hoffe, dann liegen diese 17.000 Euro pro Stelle gerade einmal 1.000 Euro über dem steuerfreien Existenzminimum eines Zweipersonenhaushalts. Danach gibt es nämlich einen Freibetrag von 8.000 Euro pro Kopf. Für einen Zweipersonenhaushalt sind das dann 16.000 Euro. Dann beziehen Lehrer, Beamtinnen und Beamte, die in Rheinland-Pfalz Unterricht erteilen, Einkünfte, die um 1.000 Euro über dem steuerfreien Existenzm inimum liegen.

Wie ist denn das berechnet worden, meine Damen und Herren? Es ist doch völlig klar, dass diese Stellen unterfinanziert sind. Der Haushalts- und Finanzausschuss wird dann bestenfalls über diese unabweisbaren Ausgaben informiert. Schon ist man wieder bei Mehrausgaben, die überhaupt nicht abweisbar sind. Es ist also wieder ein Trick gefunden worden, einen Schritt weiter Richtung Verschuldung zu gehen, ohne dass es jemand merkt. Genau das steht dahinter.

Das ist das Problem mit den Schwerpunkten. Ich habe die Schwerpunkte der Landesregierung genannt, die entweder über Schulden finanziert werden oder zulasten der Kommunen gehen oder viel zu knapp finanziert sind. Deswegen sind das keine Schwerpunkte, sondern das ist ein großes Potemkin‘sches Dorf, das errichtet wurde. Das ist blanke Fassade. Von einer wirklichen Schwerpunktbildung kann keine Rede sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich füge ehrlich hinzu: Mehr ist auch nicht drin; denn der Haushalt gibt nicht mehr her. Mehr geht gar nicht, als dass dem Schein nach Schwerpunkte gebildet werden. Das haben wir bereits in den 90er-Jahren im Zusammenhang mit Konversionsprogrammen erlebt. Das waren nur zum Schein gebildete Schwerpunkte.

Es werden zum Schein solche Schwerpunkte gebildet, aber die Finanzierung dieser Schwerpunkte bleibt im Dunkeln. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeigt, wir sind so ziemlich am Ende.

Die Schwierigkeiten, vor denen wir stehen, sind zu tiefgreifend, als das sie noch mit Flickschusterei zu lösen wären. Inzwischen sagen alle – das „inzwischen“ muss man betonen, weil das bis vor kurzem noch anders war –, der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, andere Ministerpräsidenten, der Finanzminister, die CDU, die CSU, die SPD, alle sagen, wir müssen die Strukturen verändern. Wenn wir mit den Problemen in den nächsten Jahren klar kommen wollen, bleibt es uns nicht erspart, die Strukturen zu verändern. Sie finden in mir einen vehementen Anhänger dieser Einsicht. Ja, auch ich bin der Meinung, dass wir die Strukturen verändern müssen.

Ich will in diesem Zusammenhang drei Vorschläge machen, von denen ich glaube, dass wir die Strukturen in Rheinland-Pfalz verändern können. Das sind übrigens sehr simple Vorschläge. Damit können wir die Strukturen in Rheinland-Pfalz nicht zur Rettung unserer Haushaltsplanung im Jahr 2004 verändern – ich bin nämlich der Meinung, dass das überhaupt nur in engen Grenzen möglich ist –, sondern damit können wir langfristig wieder finanziellen Spielraum gewinnen, den wir nicht bekommen werden, wenn wir einfach nur auf eine bessere Konjunktur warten. Ich mache drei Vorschläge.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der erste Vorschlag lautet, dass wir endlich damit beginnen, die Verwaltung von Aufgaben gründlich zu entlasten. Im Land Rheinland-Pfalz werden – ich habe die genaue Zahl jetzt nicht im Kopf – meines Wissens jährlich 600 Verordnungen ersatzlos außer Kraft gesetzt. Die Tatsache, dass das überhaupt niemand merkt, zeigt, dass das nicht die Entbürokratisierung ist, die wir brauchen. Natürlich gibt es viele verstaubte Verordnungen. Übrigens sind das solche, die dann gelegentlich noch einmal aufleben. Da gibt es beispielsweise die Anweisung an die Finanzverwaltung, das keine Dreimonatskalender mit Werbeaufdruck in den Amtsstuben aufgehängt werden dürfen. Die stammt aus dem Jahr 1955 und ist jetzt noch einmal aufgelebt. Gut, sie hat vielleicht ihren Sinn als Schutz vor Korruptionsvermutungen.

Ich will drei ganz simple Beispiele nennen. Übrigens sind die Beispiele so ausgewählt – ich will das von mir aus noch einmal sagen –, dass sie keine Beispiele für die Boshaftigkeit von zu karikierender Beamtenwillkür sind. Das sind auch keine Beispiele, zu denen man sagen kann, dass eine Partei oder Regierung aus völlig aberwitzigen Gründen ein Netz von Regelungsdichte geknüpft hat, das einen bösen Willen vermuten lässt. Nein, sie sind alle mit gutem Grund irgendwann entstanden.

Irgendwann müssen wir aber einen Befreiungsschlag führen und uns davon freimachen.

Ich nehme als Beispiel den Katalog der Anforderungen an Feuerwehrfahrzeuge in Rheinland-Pfalz. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind vier eng bedruckte Seiten. Die Abschlüsse von Geräteräumen in Farbe feuerrot RAL 3000 oder leuchtrot RAL 3024. Lamellenverschlüsse aus Leichtmetall dürfen in Farbe silberfarben RAL 9006 sein. – Was RAL 9006 oder RAL 3024 ist, weiß ich nur deshalb, weil ich im Sommer Farbe gekauft habe, um meine Gartenstühle zu spritzen. Deshalb weiß ich, was sich dahinter verbirgt. Das sind nämlich Farbkodierungen.

Lamellenverschlüsse aus Leichtmetall dürfen in Farbe silberfarben sein. Werden Lamellenverschlüsse aus Leichtmetall naturfarben belassen, müssen eine möglichst breite obere und untere Begrenzung des Geräteaufbaus, die Säulen zwischen den Geräteräumen sowie alle nicht beweglichen Teile der Geräteraumabschlüsse in Farbe feuerrot RAL 3000 oder leuchtrot RAL 3024 ausgeführt sein. Hiervon ausgenommen sind Regenleisten, Führungsschienen und Kantenschutzschienen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, so geht das über vier Seiten. Lasst doch diesen Quatsch endlich!

(Beifall der CDU)

Man kann doch auf einer Seite festhalten, wie in Deutschland und in Rheinland-Pfalz ein Feuerwehrauto gespritzt sein muss.

(Unruhe bei SPD und FDP – Zurufe von der SPD)

Ich nenne ein zweites Beispiel.

(Glocke der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesen Zwischenrufen tun Sie sich keinen Gefallen; denn wenn wir uns selbst über diese Dinge – obwohl von feuerrot die Rede war, habe ich gedacht, dass das nicht unbedingt mit den Sozialdemokraten etwas zu tun hat – nicht verständigen können, weiß ich nicht, wie wir das in den nächsten Jahren packen wollen, wenn Sie selbst solche Verordnungen noch verteidigen.

(Beifall der CDU)

Ich komme zu einem zweiten Beispiel: Ich habe vor ein paar Tagen einen Brief von einem Spielwarenhändler aus Rheinland-Pfalz bekommen.

(Ministerpräsident Beck: Den haben wir alle gekriegt!)

Sehr gut, Herr Ministerpräsident. Dann muss ich nicht erläutern, um was es geht. Ein Hinweis, für diejenigen, die ihn nicht bekommen haben: Seit drei Monaten streitet dieser Mann sich mit der Oberfinanzdirektion über die Festsetzung der Höhe des Einfuhrzolls für ein Produkt, das er vertreibt. Es handelt sich um eine Schale, die aussieht wie ein durchgeschlagenes Osterei. Rechts und

links von dieser Schale sind zwei kleine Osterhasen angebracht.

(Ministerpräsident Beck: Hasen! Der Streit ist, ob es Osterhasen sind!)