Protokoll der Sitzung vom 21.01.2004

Wir brauchen eine gute Verkehrsinfrastruktur und die Einsicht, dass es eine Belastungsgrenze der öffentlichen Haushalte gibt, die wir im Begriff sind, erreicht zu haben. Mehr Entlastung können wir uns aktuell aber nicht leisten. Ihre Vorstellungen sind irreal. Das wissen Sie auch.

Fassen wir noch einmal zusammen, was wir in den letzten Wochen über die CDU gelernt haben. Der zweite Hauptsatz der Steuer- und Haushaltspolitik der CDU lautet: Behaupte, du seist der Retter des Stabilitätspakts, mache aber Vorschläge, die genau das Gegenteil bewirken, wie wir es heute wieder erlebt haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Welche Auswirkungen hätten die CDU-Vorschläge auf unser Land? Lassen Sie uns die finanziellen Folgen kurz nachrechnen. Herr Mertes hat es heute Morgen vorgerechnet. Ich denke, die Rechnung ist so wichtig, dass man sie auch wiederholen darf, damit sie in den Köpfen bleibt.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Herr Merz hat einen Vorschlag gemacht, der nach Ihren Berechnungen 24 Milliarden Euro kosten soll. Genau können wir es gar nicht berechnen, weil Herr Merz oft gar nicht konkret ist. Bleiben wir bei den 24 Milliarden. Es bleiben 12 Milliarden auf der Länderebene, 5 % für Rheinland-Pfalz. Das macht 600 Millionen, die wir zu all unseren Anstrengungen noch einsparen müssten.

Meine Damen und Herren, niemand hat eine Idee, bei der CDU schon gar nicht, wie jetzt so etwas noch geschehen könnte, nachdem der Haushalt schon so eng geschnürt ist. Ich kann Ihnen sagen, in welcher Größenordnung das wäre. Man könnte zum Beispiel alle Universitäten und Fachhochschulen schließen. Dann hätte man diese 600 Millionen Euro immer noch nicht. Dann wären es nur 528 Millionen Euro. Wenn man alle Ausgaben für Ordnung und Polizei streichen würde, hätten wir ungefähr diesen Betrag.

Meine Damen und Herren wir müssen wissen, in welchen Dimensionen wir reden und wie unverantwortlich es ist, durch die Lande zu ziehen und davon zu sprechen, dass wir zu den beschlossenen Steuersenkungen noch weitere große Steuersenkungsprogramme brauchen. Wir könnten sie für die Menschen nicht mehr finanzieren.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, der dritte Hauptsatz der CDU-Steuer- und -Haushaltspolitik: Mache Steuervorschläge und wisse, dass sie völlig unfinanzierbar sind und werfe der Regierung dann vor, dass sie nicht darauf eingeht. – Das Problem Ihrer haushalts- und finanzpoliti

schen Vorstellungen ist, dass sie völlig unlogisch und verworren sind. Deshalb sind wir froh, dass die CDU nicht regiert.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nähern wir uns den angeblich konkreten Vorschlägen der CDU zum Haushalt 2004. Konturlos ist dafür ein schwaches Wort, wenn wir über das Profil der Anträge sprechen. Erneut hören wir uns an, wie außergewöhnlich hoch der Schuldenstand ist, wie extrem die Neuverschuldung und wie gering die Ausgabendisziplin sei. Unabhängig davon, dass diese Zustandsbeschreibung falsch ist, bleibt die Frage, was die CDU anders machen würde.

Ihre Anträge, nicht die Fensterreden des heutigen Vormittags, betreffen rund 1 % des Ausgabenvolumens des Haushalts. Selbst bei diesen Vorschlägen vermeiden Sie eines besonders intensiv, nämlich eine klare sachliche Festlegung. Angeblich wollen Sie die Verwaltung modernisieren. Ein Konzept fehlt bisher vollständig. Nun müssen wieder die Beschäftigten der Ministerien und der Staatskanzlei herhalten, um davon abzulenken; denn sonst fällt Ihnen nichts ein, als ausgerechnet dort 250 Stellen einzusparen, von denen wir wissen und heute mehrfach gehört haben, dass das nicht geht. Ist das etwa die durchgreifende Verwaltungsreform, die Sie mehrfach angekündigt haben?

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Wie stehen Sie mittlerweile eigentlich zur Modernisierung der allgemeinen Landesverwaltung, nachdem auch Niedersachsen die Abschaffung der Bezirksregierungen plant?

(Keller, CDU: Diese machen es aber richtig!)

Warten Sie einmal ab. Unsere Reform ist richtiger, als viele behaupten. Reden Sie einmal mit den Betroffenen, dann werden Sie anderes hören, als Sie am Anfang gehört haben!

(Keller, CDU: Eben nicht!)

Meine Damen und Herren, die CDU will beim Wohnungsbau sparen und vergisst – das hat Herr Bracht stolz verkünden wollen –, dass von uns im Jahr 2003 schon deutlich eingeschnitten worden ist. Zur Abwicklung der alten Programme werden ebenso Barmittel benötigt, wie wir für deutlich reduzierte neue Programme noch etwas brauchen. Eine einfache Rückfrage im Fachausschuss hätte Ihnen diese Information geben können.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Bei den Mitteln für die Wirtschaftsförderung und die Landwirtschaft soll nach Ihrem Willen allgemein gespart werden. Sie verraten uns nichts. Hier hilft auch Ihr Gegröle nicht weiter. Ich höre Ihnen einmal zu. Vielleicht verraten Sie es doch. Sie verraten uns nämlich überhaupt nicht, wo dies konkret geschehen soll. Was bisher vorliegt, nämlich Vorschläge auf pauschale Kürzungen,

ist ein wenig einfach gestrickt. Nach dem, was man heute hört, muss man sagen, dass überhaupt nichts gestrickt ist.

Meine Damen und Herren, viel interessanter als die gestellten Anträge sind die Anträge, die Sie nicht gestellt haben. Herr Baldauf, ein junger aufstrebender Politiker, der justizpolitischer Sprecher der Union ist, hat im letzten Jahr nicht nur einmal, sondern mehrfach erklärt, wie viele zusätzliche Richter benötigt werden und wie schlimm die Situation sei. Er hat mehrfach Gerichte besucht und dort verkündet, dass die CDU hier etwas tun wird. Es liegt aber kein Antrag vor. Vielleicht ist er mir durchgegangen. Ich habe keinen Antrag gesehen, was die Ausstattung der Justiz angeht.

So weit einige Einzelheiten. Sie lassen uns weiter rätseln, wo Sie Ihre Prioritäten setzen würden. Wir müssen weiter im Nebel stochern, wenn wir Ihre wahren Absichten erkennen wollen. Das ist für Sie sehr bequem; denn so kann man im Alltag ständig neue Forderungen in allen Politikfeldern und überall im Land aufstellen und gleichzeitig die haushaltspolitische Kassandra spielen.

Meine Damen und Herren, so langsam ist es abgewirtschaftet und abgeschmackt. So langsam merken die Leute, dass man nicht immer jedem vorwerfen kann, er würde nicht sparen und gleichzeitig ungedeckte Schecks im Land verteilen will. Ihr Verhalten wirft gleichzeitig ein interessantes Licht auf Ihre Binnenstruktur. Tennisspieler, Bezirksvorsitzende, Landwirtschaftspolitiker, Innenpolitikerinnen und Haushälter – das sieht man in allen Anträgen – konnten sich wieder einmal nicht einigen. Sie haben keine inhaltliche Blaupause und keinen Grundriss für Ihre Politik.

(Ministerpräsident Beck: Schneemänner nicht vergessen!)

Jeder Architekt hätte schon lange aufgegeben, mit Ihnen ein Haus zu planen. Sie kennen nicht einmal die Anzahl der Zimmer, die Sie errichten wollen.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Zerstritten, inhaltlich blank und mit einem wenig durchsetzungsfähigen Vorsitzenden vergisst die größte Oppositionspartei in Rheinland-Pfalz, was ihre eigentliche Aufgabe ist, nämlich eine Alternative zu sein. Wenn Herr Keller hier herumflegelt, kann man sich vorstellen, wie eine solche Alternative wäre.

(Beifall bei SPD und FDP)

Dieser Haushalt 2004 wächst gegenüber den Ansätzen des Vorjahres um 0,8 %. Meine Damen und Herren, kein Datum macht deutlicher, wenn man weiß, wie die zwangsläufig erfolgten Steigerungen im Personalbereich sind, wie intensiv die Ausgabendisziplin eingehalten werden soll, wie intensiv diese Koalition auch darauf achten will, dass Ausgabendisziplin gehalten wird und weiter fortgesetzt wird.

Die Nettokreditaufnahme konnte während der Haushaltsberatungen auf unter 1 Milliarde im Kernhaushalt gedrückt werden. Ursache dafür sind natürlich die ver

änderten Einnahmenerwartungen, die das Ergebnis der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss widerspiegeln. Aber auch das wollen wir betont wissen und mit einem ausdrücklichen Dank an den Finanzminister und seinen Staatssekretär verbinden. Kein Land war so weitsichtig und hat in dem Entwurf bereits berücksichtigt, dass es Veränderungen geben wird. Wäre das nicht berücksichtigt gewesen, hätten wir uns sehr viel schwerer getan. Deshalb herzlichen Dank für diese gute Voraussetzung.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, erneut macht sich dies positiv bemerkbar. Während andere zurückrudern müssen, können wir mit den Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss ausgesprochen zufrieden sein. Herr Böhr und Frau Thomas haben sich verkalkuliert.

(Dr. Schmitz, FDP: So ist es!)

Anders als von Ihnen erhofft, sind die bereinigten Investitionsausgaben jetzt höher als die Nettokreditaufnahme. Die Nettokreditaufnahme wurde um rund 150 Millionen Euro verringert. Nicht zu Unrecht fällt es Ihnen jetzt schwer, Ihren Kurs deutlich zu machen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Erneut fabulieren Sie in Ihrem komischen Schneemanngebäude von einem Verfassungsbruch. Davon kann keine Rede sein, meine Damen und Herren. Im Übrigen hätte auch keine Rede davon sein können, wenn die Verhältnisse in Berlin anders geklärt worden wären.

Wir wollen uns aber nichts vormachen: Auf der Einnahmenseite bestehen erhebliche Probleme. Auch in einigen Ausgabenbereichen spüren wir die Last der Arbeitslosigkeit und das geringe Wachstum. Das magische Viereck ist an zwei Stellen aus den Fugen. Sowohl die bedrückend hohe Arbeitslosigkeit als auch das geringe wirtschaftliche Wachstum sprechen eindeutig weiter für eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, wenn es uns nicht gelingt, den Rückenwind, der aus den Beschlüssen des Vermittlungsausschusses gekommen ist, tatsächlich umzusetzen.

Wir betonen dies auch in dem vorliegenden Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Gerade deshalb, weil das so ist, sind wir mit den Beschlüssen der Agenda 2010, mit den begonnenen Strukturreformen für den heutigen Tag zufrieden und sehen, wie wichtig diese Reformen für unser Land sind.

Wir halten weiter an dem Garantiebetrag für die Kommunen im Finanzausgleich fest. Auch das wollen wir unterstreichen; denn dieses Instrument – dann kann Herr Bracht lange versuchen, das kleinzureden – ist bundesweit einmalig und vorbildlich. Die Kämmerer wissen, womit sie kalkulieren können, und die Kämmerer wissen, dass das ein Weg ist, der uns nicht leicht gefallen ist, weil er schwer zu finanzieren ist und wir es dennoch getan haben, weil wir wissen und anerkennen,

dass die Gemeinden in schwieriger Zeit in schwierigen finanziellen Situationen sind.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Wir stabilisieren aber über den kommunalen Finanzausgleich einen wichtigen Teil der Einnahmen der Kommunen, damit sie ihre Investitionskraft tatsächlich auch entfalten können.

Meine Damen und Herren, die Opposition spielt erneut mit einem gefährlichen Vorurteil. Angeblich wird in Rheinland-Pfalz nicht ausreichend gespart, und die CDU setzt Vergesslichkeit der Öffentlichkeit voraus. Haben Sie eigentlich vergessen, was wir uns in den Jahren 2002 und 2003 von Ihnen anhören mussten? Haben Sie vergessen, wie die Regierungskoalition im November 2002 ein mittelfristiges Sparkonzept aus einem Guss vorgelegt hat? Haben Sie vergessen, dass wir auf der Basis eines Benchmarks, eines Ländervergleichs, Kürzungen beschlossen haben, die uns nicht leicht gefallen sind, für die wir auch öffentlich Prügel bezogen haben.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und nie vorgelegt!)

Die CDU ist draußen herumgereist und hat ihre Klientel bedient, indem sie beklagt hat, was gekürzt werden musste, was wir gekürzt haben, was Sie uns heute als nicht ausreichend vorhalten, nämlich Kürzungen beim Sport, bei der Investitionsförderung für Krankenhäuser, durch die Forststrukturreform, durch die Umgestaltung des Landesblindengeldes, durch die Kostenbeteiligung bei der Beihilfe, geringere Leistungen bei der Erziehungshilfe oder Kürzungen bei den Mitteln für die Kultur. Nichts war den Herren Böhr und Jullien recht. Sie haben es sich wieder einmal einfach gemacht, kein konstruktiver Vorschlag damals. Heute wollen Sie uns erzählen, wir hätten nicht gespart.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Rund 350 Millionen Euro wurden durch diese Maßnahmen mittel- und langfristig eingespart und die Budgets entsprechend den damaligen Planungen in diesem Haushalt fortgeschrieben, Herr Kollege.