Protokoll der Sitzung vom 18.03.2004

Ich sehe keine weiteren Fragen. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Christine Schneider und Dieter Schmitt (CDU), Ackerbauverbot in Überschwemmungsgebieten – Nummer 4 der Drucksache 14/3002 – betreffend, auf.

Frau Schneider, bitte schön.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann wurde die Landesregierung informiert bzw. hat sie erfahren, dass die rotgrüne Bundesregierung ein Ackerbauverbot in Überschwemmungsgebieten plant?

2. Was hat die Landesregierung unternommen bzw. wird sie unternehmen, um das vom Bundeskabinett beschlossene Ackerbauverbot in Überschwemmungsgebieten zu verhindern?

3. Was würde oben genannter Kabinettsbeschluss für die Landbewirtschaftung in Rheinland-Pfalz bedeuten?

4. Welche Entschädigungsregelung wäre bei der Umsetzung des Ackerbauverbots für die betroffenen Bewirtschafter vorgesehen?

Es antwortet Frau Umweltministerin Conrad.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen der Abgeordneten Dieter Schmitt und Christine Schneider wie folgt:

Zu Frage 1: Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mit Schreiben vom 7. August 2003 den Vertretern der Länder beim Bund und den Umweltressorts der Länder den Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes mit der Bitte um Stellungnahme übersandt und zu einer mündlichen Anhörung am 11. September 2003 geladen.

Zu Frage 2: Seit Bekanntwerden der beabsichtigten Regelung zum Verbot von Ackerbau in Überschwemmungsgebieten habe ich deutlich gemacht, dass ein solches generelles Verbot weder notwendig noch sinnvoll ist. So hat das Ministerium für Umwelt und Forsten die Ablehnung des geplanten Ackerbauverbots in seiner Stellungnahme vom 5. September 2003 zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und bei der Länderanhörung am 11. September 2003 in Bonn deutlich zum Ausdruck gebracht, dies insbesondere mit dem Hinweis auf den fehlenden Beitrag zur Verbesserung des Hochwasserschutzes, die unkalkulierbaren Forderungen nach Ausgleichs- oder Entschädigungszahlungen an die

Landwirtschaft und die fehlende Praktikabilität der Regelung.

Mit gleicher Zielrichtung hat sich mein Kollege Bauckhage mit Schreiben vom 30. September 2003 an die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft gewandt. Die Landesregierung wird die ablehnende Haltung gegenüber dem Ackerbauverbot auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren verfolgen.

Zu den Fragen 3 und 4: Nach einer ersten Einschätzung sind rund 57 % der Flächen in den Überschwemmungsgebieten, die nach der fachlichen Bewertung an den großen Gewässern rechtlich festgesetzt werden müssen, landwirtschaftlich genutzt. Dies sind in absoluten Zahlen rund 31.000 Hektar. Davon sind rund 9.700 Hektar Ackerland. Wenn, wie durch die Bundesregierung geplant, an jedem Gewässer, das heißt, auch an den kleinen, nicht hochwassergefährdeten Gewässern Überschwemmungsgebiete ausgewiesen werden müssen, dürfte sich diese Flächenangabe mindestens verdreifachen. Überschlägig ist davon auszugehen, dass in Rheinland-Pfalz aufgrund einer solchen Regelung Entschädigungsforderungen in einer Größenordnung von mindestens 20 Millionen Euro erhoben werden könnten, mit denen Einkommensverluste der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe ausgeglichen werden müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.

Frau Ministerin, um Schlimmes zu verhindern, wird es auch darauf ankommen, wie der Bundesrat abstimmt. Die Frage ist, ob es ein zustimmungspflichtiges Gesetz ist oder nicht. Ich darf davon ausgehen, dass die Landesregierung genügend Verbündete im Bundesrat hat, um den Gesetzentwurf abzulehnen.

Die entscheidende Frage war aber, ob es nach Ihrer Meinung zustimmungspflichtig ist oder nicht.

Ich bin in der Tat momentan überfragt, weil ich die konkreten Regelungen nicht im Kopf habe.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht zustimmungspflichtig!)

Aber es ist folgendermaßen: Wir wissen, dass sowohl von den Umweltministern als auch von den Agrarministern im Jahr 2001 schon grundsätzliche Beschlüsse gefasst wurden, die auf drei wesentlichen Prinzipien beruhen. Insofern gibt es einen großen Konsens, so, wie Herr Trittin verfahren will, nicht zu verfahren.

Diese Prinzipien lauten, dass wir die Landwirtschaft als Partner für den passiven Hochwasserschutz gewinnen wollen, die land- und forstwirtschaftlichen Belange die Prinzipien der Kooperation und Freiwilligkeit beinhalten und dann, wenn es unabdingbar und notwendig ist, auch Ausgleichszahlungen geleistet werden sollten. Diese Grundsätze haben wir in Rheinland-Pfalz auch mit unserem Landeswassergesetz verfolgt. Wir halten daran fest.

Ich bin sicher, dass wir im Bundesrat genau zu diesen Punkten eine Mehrheit, auch parteiübergreifend, finden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schneider.

Frau Ministerin, ich hätte noch eine Nachfrage. Vielleicht habe ich auch Ihre Antwort nicht richtig verstanden. Ist das Gesetz im Bundesrat zustimmungspflichtig, oder ist es nicht zustimmungspflichtig?

Ich gehe aufgrund der Regelungen davon aus, dass es zustimmungspflichtig ist.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, es ist nicht zustimmungspflichtig!)

Ich kann Ihnen das gleich nachliefern. Ich müsste genau schauen, in welchen einzelnen Punkten. Das richtet sich nach den Bestimmungen der Regelungen zwischen Bund und Ländern.

(Frau Schneider, CDU: Sehr intensiv mit der Thematik befasst!)

Das ist doch lächerlich.

(Zuruf der Abg. Frau Schneider, CDU)

Wir können das direkt klären.

Ich habe meinen Mitarbeiter gerade noch einmal gefragt. Es gibt sogar sehr unterschiedliche Meinungen zwischen den einzelnen Ländern und auf der Fachebene, ob es endgültig zustimmungspflichtig ist, oder nicht. Diese Frage ist sogar zwischen Bund und Ländern strittig, das heißt, ich kann Ihnen vor diesem Hintergrund heute keine endgültige Antwort hierzu geben.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.

Frau Ministerin, ist es zutreffend, wenn dieser Gesetzentwurf so realisiert wird, dass das Land Rheinland-Pfalz – wie alle anderen Bundesländer ebenfalls – für die Ausweisung und Festlegung der Flächen und für die Entschädigungsregelungen in vollem Umfang verantwortlich ist? Wie würden Sie das nach dem gut freundschaftlichen Umgang zwischen Bundesregierung und Landesregierung beurteilen? Ist das der Stil, den wir bisher schon kannten?

Zunächst halte ich das nicht für eine Stilfrage. Oft sind unterschiedliche Auffassungen Grundlage von Gesetzen. Das wissen wir. Im Übrigen bin ich zuversichtlich, weil es auch eine Diskussion in der Koalition im Bund zu diesem Punkt gibt. Ich verfolge auch sehr aufmerksam die Presseveröffentlichungen, zum Beispiel des landwirtschaftspolitischen Berichterstatters der SPD-Bundestagsfraktion, der sich eindeutig gegen ein Ackerbauverbot ausgesprochen hat. Nicht nur mit ihm, aber auch mit ihm stehen wir in Verbindung.

Zweite Bemerkung: Sollte ein Gesetz so kommen, wären wir zuständig, und zwar sowohl für die Ausweisung als auch für die Entschädigungszahlung. Deswegen wird unser Bestreben auch im weiteren Verfahren sein, auf keinen Fall diese Regelungen nachher im Gesetz stehen zu haben.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun.

Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, dass die Länder auch nach Bundesgesetzvorgabe durchaus große Spielräume haben, es bei der Einschränkung des Ackerbaus Übergangszeiten gibt, diese Übergangszeiten und die Zeiten der Ausweisungen jetzt schon mit Ausnahmetatbeständen versehen sind, die Ausweisungen von der zeitlichen Schiene her verlängert werden können und alles, was Sie gefordert haben und was zum Teil von SPD und CDU gefordert wird, im Gesetz bereits angesprochen ist?

Herr Abgeordneter Dr. Braun, das stimmt so nicht.

Wir haben im Übrigen in unserer Stellungnahme sehr deutlich gemacht, dass gerade die Frist für die Ausweisung der Überschwemmungsgebiete, die zunächst auf fünf Jahre festgesetzt ist, absolut praxisfern ist.

Damit ich Ihnen deutlich machen kann – gerade wenn man vor Ort den Dialog führen will –, was wir für Zeiträume brauchen: Wir gehen für die Ausweisung aus unserer Sicht notwendiger Überschwemmungsgebiete,

die aus Hochwasserschutzgründen notwendig wären, von einem Zeitraum von zehn Jahren aus. Wir haben auch schon viel erreicht. Wenn man sich vorstellt, dass man das x-fache an Flächen und Strecken an den Flüssen hätte, an denen Hochwasser- und Überschwemmungsgebiete ausgewiesen werden müssten, dann sind fünf Jahre absolut unrealistisch und praxisfern. Im Übrigen ist es aus Hochwasserschutzgründen noch nicht einmal notwendig. Deswegen geht es nicht mehr um irgendwelche Ausnahmetatbestände, sondern wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass diese Regelung so nicht im Gesetz stehen bleibt.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Geisen, FDP)

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.

Frau Ministerin, dieses Gesetz hat in großem Umfang Auswirkungen auf die Eigentümer und Bewirtschafter. In welcher Weise wurden bzw. wann würden die betroffenen Eigentümer, um die es letztendlich geht, informiert, und waren sie überhaupt vorher bei Anhörungen, Diskussionen und vielem anderen einbezogen?

Herr Abgeordneter Schmitt, Sie sind lange Mitglied des Parlaments. Auch der Bundestag und die Bundesregierung haben bestimmte gesetzliche Vorgaben über die Frage der Beteiligung von Verbänden und Externen in einer Anhörung zu der Vorlage eines Gesetzes. Ich habe keine Kenntnis darüber, dass die Bundesregierung dies nicht gemacht hätte.