Protokoll der Sitzung vom 19.03.2004

Was kann man tun? Die Regierungskoalition aus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Sozialdemokraten in Berlin hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der sich mit diesem Problem befasst und zwei der wesentlichen Hebel bewegt, einmal die Kennzeichnungspflicht, die Information. Es ist ein wichtiger Aspekt, dass auf den Packungen schon auf die Gefahren hingewiesen wird. Es gibt aber auch eine umfassende Information von Eltern und Jugendlichen selbst.

Wir wissen aber aus vielen anderen Bereichen, dass das eindeutig nicht reicht, um diesem Problem zu begegnen. Deshalb schlägt der Gesetzentwurf eine zusätzliche Steuer auf Alkopops vor, um diese Getränke teurer zu machen. Das ist das Instrument, das hilft.

Andere europäische Länder haben dieses Instrument bereits genutzt und den Absatz an Alkopops so weit heruntergedrückt, dass man sogar von einem Zusammenbrechen der Märkte sprechen kann. Frankreich und Finnland seien hier genannt. Von daher wissen wir, dass dieses Instrument greift.

Ein drittes Instrument, das allerdings in erster Linie die Landesebene betrifft, ist die Frage der Überwachung der Jugendschutzgesetze.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme gleich zum Ende.

In der Antwort auf unsere Große Anfrage zum Thema „Drogen“ ist einiges ausgeführt worden, Frau Ministerin. Sie ist gar nicht da.

(Staatsminister Zuber: Doch, sie ist da!)

Gut, dass wir sie nicht herbeirufen müssen.

(Zurufe von der SPD: Ha, ha!)

In der Antwort auf unsere Große Anfrage zum Thema Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen bei Alkohol

ist einiges Interessantes und Negatives aus meiner Sicht ausgeführt worden. Mich würde an dieser Stelle interessieren, wie die Landesregierung in Rheinland-Pfalz nicht nur zu dem Gesetzentwurf auf Bundesebene steht, sondern wie sie ihren Beitrag zur Überwachung des Jugendschutzgesetzes in Rheinland-Pfalz leisten will.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Herr Abgeordneter Heinrich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 250.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland sind alkoholabhängig oder stark alkoholgefährdet. Ich denke, allein diese Zahl zeigt, dass gegen das Problem „Alkohol“ bei Kindern etwas unternommen werden muss.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat im November letzten Jahres eine Repräsentativbefragung bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren durchgeführt. Gefragt wurden die Jugendlichen nach Bekanntheit, Kauf und Konsum von so genannten Alkopops, das sind diese Spirituosenmixgetränke. Das Ergebnis dieser Befragung ist alarmierend. Über 50 % der befragten Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren gaben an, im letzten Monat Alkopops gekauft zu haben. Selbst bei den 14- bis 15-Jährigen liegt dieser Prozentsatz noch bei über 25 %.

Alkopops sind die beliebteste alkoholische Getränkeart bei den 14- bis 17-Jährigen. Nur 25 % geben an, dass sie keine Alkopops trinken. 54 % gaben allerdings an, dass sie nie Spirituosen trinken. Genau das ist die Crux. Bunt, süß, cool und äußerst verführerisch, titelte die „Aachener Zeitung“ vor einigen Wochen. Alkopops werden deshalb getrunken, weil man den Alkohol nicht schmeckt. Viele Jugendliche unterschätzen den Alkoholgehalt. Die 11- bis 14-Jährigen werden nicht deshalb an die Getränke herangeführt, weil es ihnen unbedingt darum geht, Alkohol zu trinken, sondern weil ihnen diese Getränke schmecken und weil man den Alkohol eben nicht schmeckt.

Hinzu kommt eine Werbestrategie von Freiheit, Spaß, Samba- und Barcadi-Feeling. Die meisten der inzwischen 11-, 12- oder 13-jährigen Einsteiger würden sonst keinen Alkohol trinken. Können Sie sich vorstellen, dass ein Jugendlicher in diesem Alter mit einer Flasche Wodka und Bitter Lemon durch die Kasse eines Supermarktes kommen könnte?

Die Befragung hat auch ergeben, dass je älter die Konsumenten werden, sie weniger Alkopops trinken; denn sie sind ihnen zu süß.

Nachdem die Aktuelle Stunde von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt worden ist, habe ich das quasi in einem Selbstversuch getestet.

(Beifall bei der SPD – Dr. Weiland, CDU: Dafür siehst Du auch noch ganz gut aus! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das war vorgestern.

Ich kann nur sagen, das Zeug schmeckt teilweise wie aufgeweichte Gummibärchen.

In der letzten Woche ist das Thema „Alkopops“ im Bundestag diskutiert worden. Dabei gab es unterschiedliche Auffassungen zwischen den Fraktionen. Während die einen auf eine Steuer auf diese Alkoholmixgetränke setzen, waren andere für die konsequente Umsetzung des Jugendschutzgesetzes und eine eindeutige Kennzeichnung mit Warnhinweisen auf den bunten Flaschen. Um diese Vorschläge bewerten zu können, muss man sich einmal die Preisspanne der Alkopops anschauen, die von ca. 75 Cent im Aldi bis zu fast 4 Euro an der Tankstelle reicht.

Sicherlich würden einige auf den Konsum dieser Getränke verzichten, wenn es eine zusätzliche Steuer in Höhe von 83 oder 84 Cent geben würde. Würde das aber allein das angesprochene Problem lösen? Die Regierungsfraktionen gehen davon aus, dass der Absatz dieser Getränke um 75 % sinken würde. Die Mehreinnahmen in Höhe von 12 Millionen Euro sollen zur Finanzierung von Maßnahmen zur Suchtprävention der gesetzlichen Krankenkassen verwandt werden.

Ich bin sehr dafür, dass wir auch eine konsequente Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes brauchen und eine breite Aufklärung der Eltern, der Lehrkräfte und des Verkaufspersonals.

Das Problem dabei ist sicher der Handel. Ich glaube nicht, dass jede Verkäuferin darüber informiert ist, was in den bunten Flaschen steckt. Das ist noch nicht einmal ein Vorwurf. In einem nahe gelegenen Supermarkt in Mainz habe ich festgestellt, dass die Alkopops nicht bei den Spirituosen einsortiert sind, sondern in einem Regal neben Cola light und Limo stehen. Selbst neben den hochprozentigen Produkten stehen Weinmixgetränke, die wiederum eine andere Altersbegrenzung haben.

Auf den Flaschen steht ein Alkoholgehalt von 5,4 % bezogen auf das Volumen von 350 ml. Dieses unscheinbare Fläschchen enthält einen Rumgehalt von 12,9 %.

(Glocke des Präsidenten)

Ich habe noch zweieinhalb Minuten für den Rest.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Es spricht Herr Abgeordneter Dr. Rosenbauer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Problematik des Konsums von Alkopops durch Jugendliche ist hinreichend erklärt worden und bekannt. Ich glaube, die Frau Ministerin wird einige Zeit darauf verwenden, es noch einmal zu tun und erklären, worum es sich handelt.

Aus diesem Grund möchte ich gleich unmittelbar auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhebung einer Sondersteuer auf die so genannten Alkopops eingehen. Eine konsequente Durchsetzung und Einhaltung des geltenden Jugendschutzes ist neben besserer Aufklärungsarbeit dringend notwendig. Ich glaube, da sind wir uns alle parteiübergreifend einig.

Eine Sondersteuer, wie sie der vorliegende Gesetzentwurf vorsieht, kann dem Anliegen, den Jugendschutz zu verbessern, keinesfalls gerecht werden. Die beiden ehemaligen Superstars der Regierung Schröder, Schmidt und Eichel haben wieder einmal ganz typisch reagiert. Auf die ordnungspolitische Fragestellung, wie schaffe ich es, insbesondere an Jugendliche unter 16 Jahren keinen Alkohol mehr zu verkaufen, antwortet die Bundesregierung mit dem altbekannten und falschen Reflex der Abschreckung durch höhere Steuern. Wenn das Ziel heißt, keine Alkoholmixgetränke an Kinder und Jugendliche zu verkaufen, wird der Preis erhöht. Es ist ein völlig willkürlicher Vorschlag. Das zeigt sehr deutlich, dass man mit Steuerpolitik keine Gesundheitspolitik betreiben kann.

Man muss sich vor allen Dingen die Definition genau anschauen, die die Regierung gewählt hat. Sie versteht unter Alkopops ausschließlich Mixgetränke mit Spirituosen und suggeriert allen Händlern und Jugendlichen, dass Bier- und Weinmixgetränke nicht gleich zu bewerten seien, obwohl sie die gleiche Wirkung zeigen. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel deutlich machen. Mischgetränke wie Prosecco Lemon, was kein Alkopop unter der neuen Definition ist, oder bierhaltige Mischgetränke wie Tequilla würden nicht unter diese Steuer fallen, da es nach dieser Definition kein Alkopopgetränk ist. Wodka Lemon würde in diese Rubrik fallen. Es ist ein Riesenproblem bei diesem Gesetz; denn es gibt überhaupt keine klare Regelung. Ein Teil wird herausgenommen, um Steuern zu erheben. Die FDP hat das inzwischen bundespolitisch propagiert.

(Zuruf von der CDU)

Alle drei genannten Getränke haben einen Alkoholgehalt von 4,5 % bis 5,6 %, fallen also alle darunter. Ich werde in der zweiten Runde noch näher darauf eingehen. Wir müssen viel mehr bei der Prävention und Aufklärung tun.

Ich bin erstaunt, dass sich gerade die GRÜNEN heute Sorgen um die Jugend machen.

(Beifall bei der CDU)

Auf der Seite Ihrer Jugendorganisation steht nach wie vor die Legalisierung von Haschisch und all diese Dinge.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Wenn man diese Dinge heute liest, weiß man, dass es letztendlich alles Einstiegsdrogen sind. Das ist völlig unbestritten.

(Beifall bei der CDU)

Gerade von Ihnen diese Fragestellung zu erhalten, ist besonders bemerkenswert.

Frau Ministerin, noch mehr bin ich auf Ihre Erklärung gespannt, wie sich die Landesregierung verhält. Ich gehe jede Wette ein, Sie werden zum Schluss wieder enden, wir legen unsere Position erst kurz vor der Bundesratssitzung fest, weil die FDP eine andere Meinung wie die SPD hat. Ich bin gespannt.

Ich kann auch hier in dem gleichen Fall wieder nur eines sagen: Die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz hat ein Recht darauf zu wissen, wie sich diese Landesregierung in dieser Frage positioniert. Wir sind gespannt auf Ihre Ausführungen. (Beifall der CDU

Es spricht nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Schmitz.