Ich sage gleich zu Beginn, wir werden heute letztendlich in der Abstimmung dieser Verordnung zustimmen, weil wir denken, wir sollten diese Debatte auch in RheinlandPfalz zu Ende bringen, damit Sie, Herr Minister Zöllner, die Chance haben, dieses Modell in Rheinland-Pfalz umzusetzen.
Ich sage auch, warum ich dies sage. Meine Damen und Herren, ich habe ein Papier mitgebracht, das schon ein bisschen vergilbt ist und einen braunen Rand von der Büroklammer hat. Es ist schon ein bisschen älter.
Herr Zöllner, das war Ihr Papier, das Sie zu den Studienkonten im Hochschulbereich verkündet haben. Es stammt genau vom 17. Januar 2000.
Ich will noch einmal darauf hinweisen, wie wir zur Konstruktion des Studienkontenmodells kommen und was es damit historisch – das kann man jetzt schon sagen; es ist ein langer Zeitraum; es sind über vier Jahre – auf sich hatte.
Herr Minister Zöllner, Sie wollten damals als Sprecher der A-Länder in bildungs- und wissenschaftspolitischen Fragen bundespolitisch etwas bewegen. Sie wollten die Gebührenfreiheit des ersten Studienabschlusses zustande bringen und haben dafür ein Konzept vorgelegt, das bestimmte Pflöcke einschlagen sollte. Dieses Modell ist so und auf der ganzen Bundesebene nie zustande gekommen. Meine Damen und Herren, ich sage dies deswegen auch in Richtung SPD und FDP. Allerdings sind die Argumente, die damals für die Bundesebene geltend gemacht wurden, jetzt immer so ein bisschen mittransportiert worden, wo es eigentlich nur noch um eine rheinland-pfälzische Lösung geht.
Das, was Sie ursprünglich für die Bundesebene entwickelt hatten, passt leider nicht mehr so ganz, um diese Gebührenfreiheit zu schaffen; denn es ging darum, im föderalen System für alle eine einheitliche Lösung hinzubekommen, die gleichen Lebensverhältnisse auch für Studierende und all diese hehren Dinge zu erhalten. Deswegen passt dieses Studienmodell in RheinlandPfalz nicht so richtig in die ganze Landschaft. Es ist ein Relikt dieses „Dinosauriers“, den Sie über Jahre aus welchen Gründen auch immer mitgeschleppt haben. Deswegen sind Sie auch so furchtbar stolz darauf, dass Sie die Gebührenfreiheit in Rheinland-Pfalz hiermit festschreiben.
Diejenigen, die fachkundig diskutieren, wissen genau, dass ich selbst und die Landtagsfraktion Ihren zweiten Weg sehr viel lieber mitgehen als Ihren ersten, nämlich Gebühren einzuführen. Die FDP ist ein bisschen anderer Meinung. Es gibt auch in der SPD Leute, die andere Meinungen verkünden. Aber das ist jetzt gar nicht so wichtig. Wir würden es lieber auf dem zweiten Weg sehen. Aber ich habe ganz große Bedenken. Das konnte man jetzt auch bei anderen, die sich zu diesem Modell geäußert haben, schon öfters hören.
Ich bezweifle, dass Sie mit dem Entwurf, den Sie vorlegen, das auf Dauer erreichen werden, was Sie erreichen wollen, nämlich dass das Studium in Rheinland-Pfalz auf Dauer und für alle gebührenfrei wird bleiben können.
Es ist mein Vorwurf, dass Sie im Grunde genommen die Entwicklung in anderen Bundesländern verschlafen haben, wir die Letzten sind, die mit einer Regelung, mit einem schon veralteten Modell kommen. Damit haben Sie das Problem gehabt, das man Ihnen öffentlich vorwirft und das ich Ihnen auch schon vorgeworfen habe, dass Sie Ihr Wort brechen mussten. Sie mussten Ihr Wort in Bezug auf die Dauer des Studiums, das gebührenfrei bleiben soll, aber auch, was die Höhe der Gebühren und andere Ausgestaltungen anbelangt, brechen. Deswegen war es offensichtlich jetzt auch so schwierig, das noch ein Stück mit umzusetzen.
Meine Damen und Herren, dass dem einen oder anderen – wie Frau Thomas vorher gesagt hat – die Spitze abgebrochen worden ist, ist dankenswert. Es sind aber noch viele Dinge in diesem Entwurf enthalten, die mit Sicherheit nicht alle glücklich machen. Aber als Landtag haben wir keine Chance, inhaltlich mitzugestalten, sondern wir können das nur sagen.
Ich will vielleicht kurz nur drei Beispiele nennen. Viele beklagen zum Beispiel die Einstufung Pflegestufe 2 als absolut unmöglich, weil das eine viel zu hohe Hürde wäre. Andere sagen, was wir auch immer sagen, der Bürokratismus wird enorm sein und die Hochschulen viel Geld kosten. Ob Sie jemals im anvisierten Sinn die Langzeitstudierendengebühren in dem Maß bekommen, wie Sie jetzt Geld aufwenden müssen, das Sie im Grund genommen nicht haben, das Sie auch von niemandem bekommen, um die Verwaltungsstrukturen zu schaffen, ist noch ein offenes Geheimnis.
Es ist auch für die Hochschulen sehr schwierig, sich der Situation zu stellen, dass eventuell bei der Einstufung der Studierenden in die entsprechenden Systeme Widersprüche zu erwarten sind. Das heißt, auch diese müssten abgearbeitet werden.
Wie Sie das nachher regeln wollen? Sie sagen, HIS (Hochschul-Informations-System GmbH) würde eine Software zur Verfügung stellen. Die Präsidenten der Hochschulen sagen, das wird nicht funktionieren. Das nordrhein-westfälische Modell ist wieder anders ausgestaltet. Die Software wird nicht kompatibel sein. Auch das wird nicht so einfach gehen. Das heißt, es sind noch offene Fragen vorhanden. Trotzdem sollten Sie die Probleme, die Sie mit diesem Weg, den Sie gegangen sind, nicht nur den formalen, sondern auch den inhaltlichen, aufgeworfen haben, auch selbst tragen. Sie sollten schauen, wie Sie damit klarkommen. Wir werden dies beobachten; dies sage ich ganz deutlich. Wir werden zum gegebenen Zeitpunkt auch noch einmal auf die Sache zurückkommen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder der CDU-Stadtratsfraktion aus Vallendar. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kohnle-Gros, ich bin sehr erleichtert, dass Sie erneut gesagt haben, der Parlamentsvorbehalt für diese Verordnung sei einzig und allein durch Sie zustande gekommen. Das macht mich ganz sicher und gewiss, dass Sie unsere Diskussionen in der zweiten Etage nicht verfolgen können. Ich kann Ihnen sagen, wir waren auch der Ansicht, dass dies durch das Parlament laufen soll und begrüßen es, dass die Rechtsverordnung heute diskutiert wird.
Etwas verunsichert haben Sie uns jedoch mit der Aussage, dass Sie der Verordnung zustimmen werden. Frau Kollegin Thomas sagte, dass Sie wahrscheinlich meinten, dass Sie mit abstimmen werden.
Sie behaupten, dass wir uns mit einem Dinosaurier auseinander setzen, weil das rheinland-pfälzische Modell mittlerweile einsam in der bundesdeutschen Landschaft stünde. Ich bitte Sie, ein wenig die Entwicklung in der bundesdeutschen Landschaft zu verfolgen; denn ein nicht gerade unbedeutendes Bundesland wie NordrheinWestfalen hat ebenfalls ein Studienkontenmodell eingeführt. Bremen befindet sich zurzeit in einer entsprechenden Vorbereitungsphase. Es ist also nicht so, dass dies einzig und allein in Rheinland-Pfalz der Fall ist.
Wie immer ist nicht richtig deutlich geworden, wo nun eigentlich die rheinland-pfälzische CDU steht. Was wollen Sie eigentlich konkret für die Studierenden in diesem Land?
Das wird einfach nicht deutlich. Sie sprechen sich gegen Studienkonten aus. Es ist schon interessant, wenn man versucht, auf Podiumsdiskussionen immer wieder zum Robin Hood der Studierenden zu avancieren.
Herr Böhr, nun spreche ich Sie an: In dem Bereich, in dem Sie Verantwortung tragen, nämlich als stellvertretender Bundesvorsitzender, unternehmen Sie nichts für die Studierenden. Daher halte ich es für sehr begrüßenswert, wenn Sie sich einmal daran machen würden, sich mit den Auffassungen Ihrer Kollegen zu befassen, die nämlich leider die Brandbeschleuniger in ein Feuer
Schauen wir uns doch einmal an, was dort passiert, wo die Union die Verantwortung trägt. Werfen wir doch einmal den Blick auf Hessen, wo unmittelbar nach Beendigung der Regelstudienzeit Gebühren erhoben werden, und zwar in Höhe von 500 Euro im ersten Sem ester, in Höhe von 700 Euro im zweiten Semester und in Höhe von 900 Euro bei jedem weiteren Semester. So ist es für keinen Studierenden in Hessen ein Vergnügen, sein Studium geringfügig zu überziehen.
Mit der Landesverordnung über die Einrichtung und Führung von Studienkonten gehen wir auf die Lebensverhältnisse von Studierenden ein. Im Rahmen der Beratungen des Landeshochschulgesetzes, das wir im vergangenen Jahr verabschiedet haben, haben wir uns ganz klar für ein gebührenfreies berufsqualifizierendes Studium ausgesprochen. Wir lehnen Studiengebühren generell ab und meinen, dass nachlaufende Gebühren auch nicht die Lösung sein werden, sondern dass dadurch neue soziale Barrieren errichtet werden. Ich rede jetzt für die SPD-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz.
Mit dem Modell des Studienkontos sagen wir: Bildung und Hochschulbildung sind in einer sich entwickelnden Wissensgesellschaft gesellschaftliche Aufgaben von hohem gesellschaftspolitischen und wirtschaftspolitischen Rang, nicht bloß eine gebührenpflichtige Investition in private Arbeitsmarktchancen. Aus diesem gesamtgesellschaftlichen Kontext heraus erwachsen aber auch Handlungsspielräume, in denen sich die Hochschulpolitik bewegt.
In diesem Zusammenhang betone ich, dass eine Hochschule nicht nur eine für den Arbeitsmarkt qualifizierende Institution ist, sondern auch die Aufgabe der kulturellen Wertevermittlung hat. Angesichts dieser wechselseitigen Beziehung zwischen der Gesellschaft auf der einen Seite, die den jungen Menschen als künftige Leistungsund Werteträger eine Berufsausbildung gebührenfrei zur Verfügung stellt, und den Studierenden andererseits, die diese Leistung in Anspruch nehmen, können wir uns aktuellen Herausforderungen wie rückläufiger Steuereinnahmen und einem wachsendem Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften nicht verschließen. Das Anliegen der finanzierenden Gemeinschaft, dass die Inanspruchnahme einer gebührenfreien Berufsausbildung in einem angemessenen Zeitraum erfolgen soll, ist berechtigt.
Meine Damen und Herren, der Herr Minister hat bereits einige Punkte des Studienkontenmodells angesprochen. Lassen Sie mich nun noch einige Punkte nennen, die für die SPD-Fraktion sehr wichtig sind.
Das rheinland-pfälzische Studienkontenmodell ist ein positives Modell; denn es ist ein Anreizmodell. Das heißt, wir stellen den Studierenden zunächst einmal ein großzügig bemessenes Guthaben von 200 Semesterwochenstunden zur Verfügung mit der – verglichen mit anderen Gebühren erhebenden Modellen – günstigsten Zeitspanne der 1,75-fachen Regelstudienzeit. Bei konsekutiven Studiengängen oder bei Absolvieren des Studiums innerhalb der Regelstudienzeit plus ein Semester stehen diese Guthaben noch für die Weiterbildung zur Verfügung. Ich brauche in diesem Haus wahrscheinlich nicht zu betonen, wie wichtig Weiterbildung ist.
In diesem Zusammenhang sei ein Verweis auf andere Bundesländer angebracht. In Hessen wird beispielsweise direkt nach der Regelstudienzeit eine Gebühr erhoben. In Nordrhein-Westfalen werden ab der 1,5-fachen Regelstudienzeit Gebühren erhoben und in BadenWürttemberg nach dem 4. Semester nach der Regelstudienzeit.
Wichtig ist es uns vor allen Dingen, dass bei dieser Regelung die individuellen Lebensentwürfe der Studierenden einen Niederschlag finden. Deswegen haben wir ein breites Spektrum an Bonustatbeständen aufgeführt, die den Studierenden zugute geschrieben werden, wenn diese Tatbestände im Laufe des Studiums auftreten. Bonustatbestände gelten beispielsweise für besonders qualifizierte Studierende, für Studierende, die während des Studiums eine Kindererziehung leisten, die Angehörige pflegen oder die durch eine schwere Erkrankung oder Unfall ihr Studium nicht fortsetzen konnten. Außerdem ist es immer wieder wichtig, in der Diskussion zu betonen, dass es neben der Bonusregelung eine Härtefallregelung gibt.
Zum Thema „Studierende und Dialogbereitschaft“: In der Vergangenheit haben wir viele Gespräche mit Vertretern der Hochschulen und den Studierenden des Landes geführt. Ich denke, wir haben uns sehr konstruktiv dafür eingesetzt, dass das, was uns gegenüber vorgetragen worden ist, in der Rechtsverordnung seinen Niederschlag gefunden hat.
Das Doppelstudium, das sich an sehr engagierte Studierende richtet, wird mit der 1,25-fachen Semesterwochenstundenzahl angerechnet. Das heißt, ein Studium wird voll eingerechnet, das andere nur zu einem Viertel. Ich halte es für sehr gut, engagierte Studierende so zu unterstützen.
Des Weiteren finden Auslandssemester überhaupt keine Anrechnung mehr, ungeachtet dessen, ob die erbrachten Leistungen für das Studium angerechnet werden oder nicht.
Der Wechsel von einer Fachhochschule zur Universität wird behandelt wie ein Wechsel des Studiengangs. Das heißt, man kann bis zum 3. Sem ester wechseln.
Dies sind Verbesserungen, die meiner Ansicht nach den Studierenden ein breites Spektrum an Möglichkeiten eröffnen und die wir von unserer Seite aus sehr begrüßen.
Ich möchte nicht die Veränderungen verschweigen, die kritisiert worden sind. Kritisiert worden ist die Verringerung der maximalen Studienzeit von der doppelten Regelstudienzeit auf die 1,75-fache Regelstudienzeit sowie die Erhöhung der Gebühr von 300 Euro auf 650 Euro. Wir stehen in der Hochschullandschaft in einem bundesweiten – mittlerweile sogar internationalen – Kontext. Daher können wir als ein relativ kleines Bundesland keine Einzellösung finden. Wir müssen uns damit auseinander setzen, welche gebührenmotivierten Migrationen unter Umständen in Gang gesetzt würden, wenn wir eine weitaus niedrigere Gebühr erheben würden oder wenn wir womöglich gar nichts machen würden.
Daher ist es richtig, dass wir diese Gebühr in dem Maß erheben. Von der Universität Mainz haben wir gehört, dass es einen Zustrom von hessischen Studierenden gibt. Wir wissen aber nicht genau, wie viele es sind. Wichtig für uns ist jedoch, dass wir uns einen geregelten Handlungskorridor verschaffen. Den brauchen wir sicherlich darüber hinaus dank der Initiative der unionsgeführten Länder, die sich mittels einer Verfassungsklage dafür einsetzen, dass es möglich sein soll, Gebühren schon ab dem ersten Semester zu erheben.