Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

Nun noch einmal zurück zum Thema „Wahlkampf“ und weshalb mich das im Moment so ärgert. Alle haben darauf hingewiesen, dass das Konnexitätsprinzip nur in die Zukunft wirkt. In den Kommunen haben wir jedoch Probleme, die weiter wirken. Deshalb müssen wir natürlich weitere Maßnahmen ergreifen. Ich nehme Sie jetzt einmal beim Wort, Herr Kollege Schweitzer.

(Schweitzer, SPD: Ich habe doch gar nichts gesagt!)

Ich gehöre zu denjenigen, die Ihnen sogar zuhören, wenn Sie am Rednerpult stehen. Ich höre Ihnen nicht nur zu, wenn Sie dahinten sitzen und dazwischenrufen.

Sie haben von der Opposition Vorschläge eingefordert. Für den grünen Teil der Opposition trifft es immer zu, dass Vorschläge zur Gemeindefinanzierung gemacht werden.

(Itzek, SPD: Sie noch nie!)

Jetzt kommt Herr Kollege Itzek wieder. Das wird langsam nicht mehr lustig.

(Pörksen, SPD: Der kann auch rausgehen!)

Egal wie es ist, wir können es nachprüfen, Herr Kollege Schweitzer. Ich unterbreite Ihnen jetzt ein paar Vorschläge, wie wir weitergehen könnten. Nachdem wir

Ihnen eingeredet haben, dass Sie die Konnexität erfunden haben, reisen Sie durch das Land und erzählen den Leuten, Sie hätten das erfunden. Nun gut, das werden wir nicht ändern können. Ich unterbreite Ihnen nun drei Vorschläge, wie wir konstruktiv an diesem Thema weiterarbeiten können, auch wenn die Kommunalwahlen vorbei sind. Wenn die Kommunalwahlen vorbei sind, dann werden diejenigen, die gewählt worden sind, in den Kommunalparlamenten schnell feststellen, dass der Spaß an Politik auf kommunaler Ebene angesichts der knappen Spielräume sehr eingeschränkt ist.

Als Erstes sollten wir uns darüber unterhalten und eine Lösung dazu finden, wie die Finanzausgleichsmasse berechnet und verteilt wird. Vorhin habe ich gehört, dieses Problem sei schon längst gelöst. Das ist aber nicht der Fall. Zum einen müssen wir die Kommunen in einem Konsultationsprozess daran beteiligen. Zum anderen steht für mich fest, dass der Haushaltsgesetzgeber entscheidet. Deshalb brauchen wir einen Mechanismus, um beiden Seiten Rechnung zu tragen.

Der Enquete-Kommission liegt dazu ein Vorschlag vor, den ich noch nicht als die endgültige Lösung ansehe. Er weist aber in die richtige Richtung und ist eine Grundlage, auf der wir diskutieren können.

Bevor irgendwelche Mitglieder dieses Hauses auf die Idee kommen, vorschnell eigene Gesetzentwürfe zu produzieren und an die Öffentlichkeit zu bringen – ich warne davor, wir werden das nicht tun –, sage ich: Verschließen Sie sich diesem Vorschlag nicht. Diskutieren Sie ihn mit uns in der Enquete-Kommission. Das gilt vor allen Dingen für die Koalitionsfraktionen. Lassen Sie uns dafür schnell eine Lösung finden. Wir werden nicht wieder drei Jahre lang Zeit haben, um dieses Problem zu lösen. Wir haben eine gute Grundlage, und deshalb sollten wir das angehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Schweitzer, zweiter Vorschlag: Widmen wir uns seriös dem Thema „Standards“. Das sollten wir aber auf seriöse Art und Weise tun. Dabei hat sich kaum jemand mit Ruhm bekleckert. Die CDU-Fraktion hat relativ flott einen Gesetzentwurf eingebracht, der verfassungswidrig ist. Die kommunalpolitische Vereinigung der Sozialdemokraten hat einen Vorschlag unterbreitet, der in dieser Hinsicht zumindest problematisch ist. Die Landesregierung hat einen Vorschlag gemacht – – –

(Zuruf von der SPD)

Das schmerzt wirklich. Manchmal tut es richtig weh. Darauf gehe ich jetzt aber nicht ein; denn ich habe nur noch sechs Minuten Redezeit.

Die Landesregierung hat einen Vorschlag unterbreitet, der verfassungsmäßig völlig unproblematisch, im Hinblick auf seine finanzielle Wirkung jedoch weitgehend wirkungslos ist. Das liegt daran, dass es gar nicht so einfach ist, juristisch eine Standardöffnung, eine Flexibilisierung bzw. einen Standardabbau in Angriff zu nehmen. Die Schwierigkeiten der großen Fraktionen beweisen dies. Es ist schwierig, etwas zu machen, was einerseits verfassungsgemäß ist, andererseits aber auch

etwas bringt. Darüber hinaus müssen wir uns politisch darüber unterhalten, welche Teile wir einbeziehen wollen und welche Teile wir nicht einbeziehen wollen.

Darüber wird in der Enquete-Kommission eine meines Erachtens sehr fruchtbare Diskussion geführt. Ich schlage Ihnen vor, all die Vorschläge, die Sie im Vorfeld der Kommunalwahl aus unterschiedlichen Gründen an die Öffentlichkeit gebracht haben, wieder einzustecken. Speisen Sie sie in die Arbeit der Enquete-Kommission ein, lassen Sie sich fachlich beraten, lassen Sie uns dann über einen Mechanismus entscheiden, und lassen Sie uns dann über Politikbereiche entscheiden, die von einer Standardöffnung betroffen sein können.

Das ist eine seriöse Methode, Herr Kollege Pörksen. Seriöse Methoden sind Ihnen jedoch fremd. Lesen Sie einmal nach, was das bedeutet.

Das Dritte, was wir angehen müssen, ist die Frage der Stadt-Umland-Problematik. Viele Kolleginnen und Kollegen, die aus den größeren Städten kommen, wissen, dass es in dieser Frage andere Mehrheiten in diesem Parlament gibt. Außerdem gibt es unterschiedliche Betroffenheiten. Fast drei Viertel des Schuldenproblems der rheinland-pfälzischen Kommunen gehen auf das Konto der zwölf kreisfreien Städte. Allein diese Zahl zeigt Ihnen, dass wir in diesem Bereich ein heftiges und ein wachsendes Problem haben. Im Interesse der Städte müssen wir das Thema „Stadt-Umland-Problematik“ angehen. (Itzek, SPD: Wir haben es gemacht! – Frau Reich, SPD: Wir haben es im Koalitionsvertrag!)

Der Koalitionsvertrag läuft in zwei Jahren aus. Ich weiß nicht, weshalb Sie das in den vergangenen 13 Jahren nicht hinbekommen haben. Vielleicht geht die Zeit nun aber schneller voran.

Wenn Sie nun wieder auf den Koalitionsvertrag hinweisen, dann sagen Sie doch: Leute, regt euch nicht auf. Opposition, gehe nach Hause, wir haben eh alles im Griff. – Haben Sie aber nicht. Sie haben weder die Gestaltungskraft noch den Gestaltungswillen noch das Wissen, um das anzupacken.

Das ist Ihr Problem. Weil Sie diese Kraft nicht haben, bitte ich Sie, das Thema einzugrenzen, das Thema seriös anzugehen und in die Debatte der EnqueteKommission hineinzutragen.

(Itzek, SPD: Hat jemand in der Enquete-Kommission schon etwas gehört zu Stadt/Um- land von Herrn Marz?)

Jetzt kommt Herr Kollege Itzek wieder.

(Unruhe bei der SPD)

Er holt immer wieder Luft, dann reicht es für drei Bemerkungen, aber dann ist wieder Ruhe.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Da ich nur noch zwei Minuten Redezeit habe, gehe ich davon aus, dass das für heute Ihr letzter Auftritt war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unterbrochen vom Kollegen Itzek,

(Itzek, SPD: Ein arrogantes Loch!)

vom Kollegen Schiffmann und vom Kollegen Schweitzer habe ich Ihnen eben drei Vorschläge zum weiteren Vorgehen gemacht. Eingedenk der Tatsache, dass die Einführung des Konnexitätsprinzips ein wichtiger Schritt ist, aber dass er eben erst in der Zukunft wirkt, habe ich drei Vorschläge gemacht. Gehen Sie doch auf diese drei Vorschläge ein. Hören Sie auf, plump mit Bemerkungen, die keines Kommentars bedürfen, dazwischenzurufen, wenn Ihnen Zahlen vorgelegt werden, die nicht zu bestreiten sind, und wenn Ihnen Vorschläge gemacht werden, die zumindest in der Sache nach meiner Ansicht diskutierenswert sind.

(Unruhe bei der SPD)

Regen Sie sich nicht so auf. Versuchen Sie, seriös mit uns zu diskutieren.

(Dr. Schiffmann, SPD: Mit Ihnen?)

Ich hoffe, dass Sie nach dem 13. Juni dieses Jahres dazu wieder in der Lage sein werden. Heute sind Sie das offenbar nicht.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Hartloff das Wort.

Herr Kollege Marz, nur einige wenige Anmerkungen. Ich bin der Meinung, wir sind sehr wohl in der Lage, seriös zu diskutieren. Wir wissen um die schwierige Finanzsituation der Gemeinden. Wir wissen auch um die Zusammenhänge. Sie schienen mir eben ein Künstler im Ausblenden von Zusammenhängen zu sein. Das dient nicht der Sache.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es dient auch nicht der Sache, wenn wir uns gegenseitig die Kompetenz absprechen, über Probleme zu diskutieren und sie Lösungen zuzuführen. Das verdrießt zu Recht die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sollte meiner Meinung nach nicht stilprägend sein.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wenn wir einen gemeinsamen Antrag und eine gemeinsame Entschließung zur Konnexität einbringen, halte ich es für schade, wenn man die gemeinsame Basis kaputtmacht.

(Beifall der SPD und der FDP)

Zur Erwiderung erteile ich Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Herr Kollege Hartloff, nur eine Bemerkung dazu: Wenn Sie sagen, Sie halten es für schade, wenn bei einem gemeinsamen Antrag so etwas passiert, sage ich Ihnen: Wenn bei einem gemeinsamen Antrag Redner der Opposition an das Rednerpult treten und sofort von der Regierungsseite und von der SPD-Seite ein Trommelfeuer bekommen, bevor ein Redner überhaupt Luft geholt hat, hat das nichts mit Gemeinsamkeit und nichts mit einem guten Stil zu tun.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der SPD)