Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)

Das bedeutet vor allem, dass der Ruf nach Stärkung und Entwicklung des Ehrenamts vor allem mit dem Bemühen verknüpft werden sollte, Diskussionsforen und Beteiligungsformen zu schaffen, in denen sich bürgerschaftliches Engagement und bürgerschaftliche Initiativen artikulieren und Einfluss nehmen können.

In diesem Zusammenhang geht es zum einen um den Bereich der Gesetzgebungs- und Verwaltungsvorschriften und zum anderen um konkretes Verwaltungshandeln. Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass ehrenamtliches Engagement auch in dieser Hinsicht Anreize bietet.

Daneben wird es jedoch ebenso wichtig sein, die Förderung und Stärkung bürgerschaftlicher Aktivitäten durch die Verwaltungen vor Ort fest in die Überlegungen zur Verwaltungsmodernisierung einzubeziehen.

Im Blick auf das Verhältnis zu Vereinen, Gruppen und Initiativen sollte verstärkt das Bemühen und die Fähigkeit treten, diese bei ihren Initiativen und Projekten zu unterstützen. Koordinations- und Fortbildungshilfen müssen angeboten werden, ebenso Hilfen zur Konfliktbewältigung.

Jede Kommune sollte sich aktiv darum bemühen, engagierte Bürgerinnen und Bürger zur Mitarbeit an interessanten Projekten zu gewinnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang spielt die Arbeit von Freiwilligenagenturen eine wichtige Rolle, die insbesondere in den Städten, aber auch auf Kreisebene als Vermittler zwischen Verwaltung und Bürgerschaft fungieren können oder auch anders ausgedrückt, Angebot und Nachfrage zusammenführen.

Ein Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung liegt deshalb auch in der Förderung und Unterstützung der bestehenden Freiwilligenagenturen und in dem Bemühen, weitere ins Leben zu rufen.

Die vor fünf Jahren eingerichtete Geschäftsstelle Ehrenamtsförderung im Innenministerium unterstützt und fördert lokale Freiwilligenagenturen und Ehrenamtsbörsen, indem sie Ansprechpartnerin für alle anstehenden Fragen ist und regelmäßige Treffen zum Erfahrungsund Informationsaustausch organisiert.

Darüber hinaus wirkt sie mit bei Fachtagungen und Präsentationen der Freiwilligenagenturen und erstellt Handreichungen und Fachinformationen zum Thema. Sie berät Ehrenamtliche bei Einzelfragen und bei der Durchführung von kommunalen Projekten.

Mit der vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Ehrenamtszeitung „wir-tun-was“ bietet sie ein Informationsforum für die Ehrenamtlichen, aber auch eine Plattform, auf der sie sich präsentieren können. Die Ehrenamtszeitung ist in der kurzen Zeit ihres Bestehens zu einem nachgefragten und anerkannten Medium geworden, an dem sich die Aktiven mit eigenen Beiträgen in hervorragendem Maß beteiligen.

Gleiches gilt für die Internetseite „wir-tun-was“, die über eine Datenbank mit fast 12.000 Vereinen verfügt und derzeit zur Homepage der Landesregierung umgestaltet wird.

Meine Damen und Herren, dass für diese Landesregierung die Bedeutung ehrenamtlicher Arbeit und deren Förderung und Unterstützung kein bloßes Lippenbekenntnis ist, zeigen auch die nicht unerheblichen Förderbeiträge, die jährlich zur Verfügung gestellt werden.

Mit hohen dreistelligen Millionenbeträgen schaffen wir erst überhaupt die Voraussetzungen dafür, dass sich vielerorts Ehrenamt und Freiwilligenengagement überhaupt entfalten können.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die dauerhafte Förderung von Organisationen und Verbänden, zum Beispiel des Landessportbundes und des Landesfeuerwehrverbandes, gehören ebenso dazu wie die Förderung von Räumen, Anlagen und technischem Gerät oder Qualifizierungsmaßnahmen für die ehrenamtliche Tätigkeit.

Dabei ist es selbstverständlich auch wichtig, die Fördermaßnahmen bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, wie dies jetzt auch für die Musik treibenden Vereine auf den Weg gebracht wird.

Die rheinland-pfälzischen Ehrenamtsbörsen und Freiwilligenagenturen werden mit nicht unerheblichen Beiträgen finanziell gefördert, zum Beispiel mit Zuschüssen für Veranstaltungen, zur Öffentlichkeitsarbeit, zu Qualifizierungsmaßnahmen vor Ort, zu Internetzugängen, zu Sachkosten sowie in Ausnahmefällen auch zu Personalkosten. Gleichzeitig haben wir eine spezielle Förderung für bereichsübergreifende Projekte auf der kommunalen Ebene eingeführt.

Darüber hinaus fördern wir in Einzelfällen herausragende Einzelprojekte mit besonderer Bedeutung, beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Landesjugendring und dem Bund der katholischen Jugend und anderen mehr, womit wir auch deutlich machen, dass uns die Förderung bürgerschaftlichen Engagements von Jugendlichen ein besonderes Anliegen ist, was im Übrigen auch in der kinder- und jugendfreundlichen Dorferneuerung zum Ausdruck kommt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ein wichtiges Thema ist auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche, zu dem wir in Rheinland-Pfalz durch die Einführung des Versicherungsschutzes mit dem Abschluss des Sammelversicherungsvertrages einen bedeutenden Beitrag leisten konnten.

(Beifall der SPD)

Auch die Maßnahmen der Anerkennungskultur in Rheinland-Pfalz können sich sehen lassen. Neben den zur Verfügung stehenden zahlreichen Möglichkeiten der Auszeichnung Ehrenamtlicher hat sich beispielsweise die alljährlich im November stattfindende SWR-Gala „Ehrensache“ zu einem festen Bestandteil im Rahmen der Anerkennungskultur entwickelt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun auf wichtige Komplexe ehrenamtlichen Engagements innerhalb der Fachressorts eingehen.

Der Sportbereich ist eine besondere Sparte. Mit ihren vielfältigen Angeboten bringen unsere rund 6.200 Sportvereine mehr als ein Drittel unserer Bevölkerung im wahrsten Sinne des Wortes in Bewegung.

Das ist eine großartige Leistung mit vielen positiven Auswirkungen. Ich nenne die Stichworte „Gesundheitsvorsorge“, „Spiel“, „Spaß“, „gesellschaftliche Integration“, „internationale Verständigung“ und nicht zuletzt den Gedanken des Fair Play. In diesem Bereich betätigen sich auch die meisten jungen Menschen.

Die Landesregierung unterstützt diese große Bürgerinitiative im Land mit der institutionellen Förderung des Landessportbundes sowie der Bezuschussung des Baus von Sportanlagen in erheblichem Umfang.

Nicht minder eindrucksvoll ist die Tätigkeit unserer Feuerwehren, deren mehr als 60.000 Angehörige ihren wichtigen Dienst an der Allgemeinheit nicht selten unter lebensgefährlichen Bedingungen leisten müssen. Hier freut es mich, dass die Jugendfeuerwehren nach wie vor Zuwachszahlen zu verzeichnen haben.

Derzeit überarbeiten wir das Brand- und Katastrophenschutzgesetz. Darin sind auch eine Reihe von Verbesserungen für die Rechte der Ehrenamtlichen geplant.

Das Ehrenamt in Rheinland-Pfalz lebt und entfaltet sich insbesondere in unseren Kommunen, das heißt, in den Bereichen, wo sich die Bürgerinnen und Bürger zu Hause fühlen und sich am intensivsten mit Staat und Gesellschaft identifizieren. Insofern kommt auch den vielen in der Kommunalpolitik ehrenamtlich Tätigen eine besondere Rolle zu. Ministerpräsident Beck ist Ende des vergangenen Jahres mit der Veranstaltung „Lokale Bürgergesellschaft" in einen intensiven Dialog mit Ehrenamtlichen, Politikern und Unternehmen eingetreten mit dem Ziel, die Entwicklung der Lokalen Bürgergesellschaft voranzubringen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Zur Verbesserung der Mitspracherechte auf der kommunalen Ebene haben wir vor einigen Monaten die Gemeindeordnung dahin gehend geändert, dass die Einrichtung von Beiräten in den Kommunen erleichtert wird, um auf diese Weise bestimmten Bevölkerungsgruppen Gehör bei kommunalen Entscheidungen zu verschaffen. Für Inhaber kommunalpolitischer Ehrenämter haben wir ebenso wie für alle anderen Ehrenämter, die in einem besonderen öffentlichen Interesse liegen, im eigenen Verantwortungsbereich auch im Bundesvergleich sehr gute Rahmenbedingungen geschaffen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Die Beschäftigten werden nicht nur großzügig freigestellt, mit einer sehr flexiblen Arbeitszeitregelung wird die Vereinbarkeit von Beruf und Engagement auch in allen anderen Bereichen ermöglicht. Die Anerkennung von Eigenleistungen als Bestandteil des Eigenanteils bei förderfähigen kommunalen Projekten ist ein wichtiges Element bei der Ehrenamtsförderung, ebenso wie die weitgehende Entbürokratisierung bei der Abwicklung von Förderanträgen.

Der Vollständigkeit halber erwähne ich die Dorferneuerung, die ohne die Beteiligung von Ehrenamtlichen überhaupt nicht denkbar wäre, im Übrigen ebenso wie die Arbeit der vielen Kriminalpräventiven Räte in unserem Land. Nicht zuletzt wird unsere Partnerschaft mit Ruanda seit 22 Jahren durch die Aktivitäten Ehrenamtlicher vor Ort mit Leben erfüllt.

Meine Damen und Herren, im Justizbereich hat ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement seit jeher einen besonderen Stellenwert. Denken wir an die Vielzahl der Schöffinnen und Schöffen bei Gericht als wesentliches Element einer unabhängigen Gerichtsbarkeit in unserem demokratischen Rechtsstaat. Darüber wird viel zu wenig gesprochen.

Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Tätigkeit der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer, ohne die die Umsetzung des Betreuungsgesetzes nicht funktionieren könnte und die deshalb sozial- und gesellschaftspolitisch außerordentlich bedeutsam ist.

(Beifall bei SPD und FDP)

Schließlich leisten auch die ehrenamtlichen Vollzugshelferinnen und Vollzugshelfer, deren Arbeit sich zumeist im Stillen abspielt, einen wertvollen Beitrag dazu.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Ehrenamt nimmt in den Bereichen Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern und Industrie- und Handelskammern einen besonderen Stellenwert ein und genießt hohes Ansehen. Besonders die Tätigkeiten der ehrenamtlichen Mitglieder der Prüfungsausschüsse sind von großer wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Relevanz. Nicht zu vergessen ist der Bereich der dualen Berufsausbildung. Hier leisten zum Beispiel ehrenamtliche Lehrstellenwerber und -lotsen eine hervorragende Arbeit.

Im Tourismus, in den Land- und Weinwirtschaftsverbänden ebenso wie in der Landwirtschaftskammer oder bei den Landfrauenverbänden ist die Arbeit ohne Ehrenam tliche nicht vorstellbar. In der Verkehrssicherheitsarbeit sind ältere Menschen im Programm „Ältere aktive Kraftfahrer“ aktiv, aber auch weitere im Programm „Kind und Verkehr“ und leisten dort wichtige Aufklärungs- und Präventionsarbeit.

Kultur ist ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld für Ehrenamtliche. Ich nenne beispielhaft die Museumsverbände, den Laientheaterbereich oder das Bibliothekswesen. Die Stärkung dieser Arbeit wird durch zahlreiche Initiativen des Kulturministeriums betrieben, wobei Schulung und Weiterbildung den Schwerpunkt bilden.

Der „Rheinland-Pfälzische Kultursommer“ wäre ohne die Ehrenamtlichen nicht zu dem Erfolgsmodell geworden, das es heute ist, meine Damen und Herren. Denken wir auch an die vielen ehrenamtlich Musik Treibenden, für die seit August letzten Jahres eine Landesmusikakademie für die Aus- und Fortbildung zur Verfügung steht. Auf die Initiative zur finanziellen Ausstattung der Musik treibenden Vereine habe ich bereits aufmerksam gemacht.

(Beifall der SPD und der FDP)

Schließlich leisten im Denkmalschutz die ehrenamtlichen Denkmalpflegerinnen und -pfleger unbezahlbare und verantwortungsvolle Arbeit, die erst vor kurzem anlässlich des gemeinsamen Tages der Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Saarland ihre Würdigung gefunden hat.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ohne die vielen im Natur- und Umweltschutz engagierten Bürgerinnen und Bürger – allein in den anerkannten Verbänden sind es über 60.000 Menschen, hinzu kommt noch mindestens die gleiche Anzahl auf örtlicher Ebene aktiver Umweltschüt

zer – hätten wir das anerkannt hohe Niveau in unserem Land nicht erreicht. Die Landesregierung unterstützt diese wichtige Arbeit jährlich mit rund 500.000 Euro.