Gleiches gilt für Personen, die sich unentgeltlich bei der Pflege von Menschen und der Betreuung in Krankenhäusern und Altenheimen engagieren. Den demographischen Wandel vor Augen wird uns allen sehr deutlich, dass diese Arbeit erheblich zunehmen wird. Deshalb gilt es für uns alle, dafür zu sorgen, dass in breit angelegten Kampagnen Menschen für diese Arbeit gewonnen werden. Dass das Land dies tut, ist gerade eben ausgeführt worden.
Mit meinen Ausführungen kann ich nur einen kleinen Einblick in die Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements geben, um Interesse für diesen unentgeltlichen Einsatz zugunsten unserer Gesellschaft zu wecken oder zu fördern.
Viele Initiativen hätten es ebenfalls verdient, nicht nur aufgezählt, sondern hier auch näher gebracht zu werden: seien es die Laienrichter, die Beiräte, die Initiativkreise für Migranten und vieles mehr.
Ich glaube, aber auch wir Abgeordnete können uns mit dem, was wir an ehrenamtlicher Tätigkeit leisten, durchaus sehen lassen, wenn wir einmal in das Handbuch hineinsehen.
Bei diesen Aktivitäten, gerade als Abgeordneter, wird immer wieder über die Rahmenbedingungen diskutiert.
Es konnten wesentliche Fortschritte erzielt werden. Sie sind angesprochen. Ein ganz wesentlicher Fortschritt war sicherlich die Einführung eines allgemeinen Versicherungsschutzes. Dies ist übrigens vorbildhaft gegenüber allen anderen Bundesländern. Ich glaube, das darf
man hier einmal erwähnen. Bei jeder Diskussion über das Ehrenamt gehört diese Broschüre mit auf den Tisch,
die die Angst der Menschen nimmt, wenn sie sich ehrenamtlich engagieren, dass sie dann bei einer Gefahrensituation plötzlich auf sich selbst gestellt sind. Ich glaube, das ist etwas, wo man mit dieser Versicherung den Menschen die Angst wegnehmen kann.
Wir von der SPD-Landtagsfraktion sind der Auffassung, dass bürgerschaftliches Engagement in unserem Land einen hohen Stellenwert genießt – ich glaube, wir alle sind dieser Auffassung –, sowohl in der Politik als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern.
Die Landesregierung – an ihrer Spitze Ministerpräsident Kurt Beck und in besonderer Weise unser Innen- und Sportminister – ist ein Garant dafür, dass dies so bleibt. Die Regierungserklärung hat dies eindeutig belegt.
Auch in Zeiten knapper Kassen wird die notwendige Unterstützung gewährt, weil bürgerschaftliches Engagement in diesen Zeiten besonders wichtig ist.
Diese Beteiligung, dieses Einbringen in unsere Gesellschaft, ist eine wesentliche Voraussetzung für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, der aus einer Vielzahl von Gründen gefährdet ist. Arbeiten wir weiter an dieser Aufgabe.
Meine Damen und Herren! Dass unsere freiheitlichdemokratische Gesellschaft nicht ohne das ehrenamtliche Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger auskommt und leben kann, wurde von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern sehr ausführlich betont. Ich möchte dies auch noch einmal ganz ausdrücklich unterstützen.
Auch wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissen das bürgerschaftliche Engagement, wie wir es lieber nennen, sehr zu schätzen. Es steht für uns ganz im Kontext eines der wichtigsten gesellschaftlichen Projekte unserer Zeit, der Stärkung der Bürgergesellschaft. So ein Zitat aus dem Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ vom Mai 2002.
Aber es gibt diese beiden Formen von Engagement – Herr Zuber hat auch darauf hingewiesen –: Einmal das traditionelle Ehrenamt in Vereinen, Feuerwehr, THW usw. Dann geht es aber weiter in die Initiativen mit dem bürgerschaftlichen Engagement.
Es wird jetzt oft beklagt, dass es in dem Bereich des traditionellen Ehrenamts immer schwieriger wird, engagierte Personen zu finden, die bereit sind, Verantwortung ehrenamtlich zu übernehmen. Dort, wo die Schwierigkeiten sind, liegt es meist an mehreren Faktoren: Einmal liegt es natürlich an den vielen bürokratischen Auflagen – dies wurde auch schon beklagt –, mit denen die verschiedenen staatlichen Ebenen das Engagement, das Ehrenamt, reglementieren und hemmen. Ich denke, hier sind aber in letzter Zeit schon einige Verbesserungen zu erkennen. Auch die Arbeit des Unterausschusses des Deutschen Bundestags „Bürgerschaftliches Engagement“ widmet sich besonders der Verbesserung dieser Rahmenbedingungen. Ich glaube, dass wir optimistisch sein können, dass auch hier in Zukunft Verbesserungen erreicht werden.
Meine Damen und Herren, der zweite Grund, weshalb sich Menschen scheuen, sich in Parteien und Verbänden zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen, ist oft hausgemacht. In den Vorständen von Sport- und Musikvereinen, von Naturschutz- und Umweltverbänden sitzen fast nur Männer. Diese Männer sitzen dort oft sehr lange, um nicht zu sagen zu lange.
Das führt oft zu Konflikten und Verdruss. Das schreckt engagierte Menschen ab. Herr Zuber, deshalb halte ich es für außerordentlich wichtig, dass das Land über die Geschäftsstelle Ehrenamt beim Innenministerium den Vereinen und Verbänden, aber auch den Parteien verstärkt professionelle Mediation anbietet. Das haben Sie auch kurz in Ihrer Regierungserklärung erwähnt. Notwendig ist Mediation im Umgang mit Konflikten und Querelen, wie sie immer wieder auftreten, vor allen Dingen aber auch professionelle Mediatorinnen und Mediatoren, um den oft sehr schwierigen personellen Übergang in Vereinen und Verbänden zu moderieren.
Meine Damen und Herren, traditionelles Ehrenamt in Vereinen und Verbänden hat seine Bedeutung nicht verloren. Es wird aber auch deshalb – das ist der dritte Grund, den ich anführe – immer schwerer, Nachwuchs zu finden, weil sich bei den Menschen, die sich engagieren wollen, ein Wandel in der Motivation vollzogen hat. Frau Thelen, Menschen wollen sich nicht mehr lebenslänglich einem Verein oder einer Organisation verpflichten. Sie engagieren sich heute eher – natürlich nicht alle – spontan und projektbezogen. An dieser Veränderung in der Motivation muss sich daher auch die Förderung ehrenamtlichen Engagements in Zukunft orientieren. Leider zeigt die Erfahrung jedoch, dass diese neuen Ausdrucksformen bürgerschaftlichen Engagements, die vor allem durch den Willen nach Mitbestimmung und Mitentscheidung geprägt sind, noch immer sehr oft auf institutionelle Trägheit und Beharrungsvermögen stoßen, getreu nach dem Motto: Das haben wir noch nie gemacht. Dafür sind wir nicht zuständig.
Ich will ein Beispiel nennen. Projektbezogenes Engagement entwickelt sich oft aus persönlicher Betroffenheit, wenn eine Straße hinter dem eigenen Haus gebaut oder
ein Kindergarten geschlossen werden soll. Leider höre ich in diesen Fällen nur allzu oft von den etablierten Politikerinnen und Politikern – auch von meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament – gerade daran Kritik. Es wird kritisiert, dass sich diese Menschen nur aufgrund persönlicher Betroffenheit engagierten. Wenn diese persönliche Betroffenheit weg sei, dann sei dieses Engagement auch wieder weg.
Meine Damen und Herren, umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wir müssen die Menschen ermutigen, sich dann zu engagieren, wenn sie sich von einer politischen Entscheidung betroffen fühlen; denn die Alternative, die wir leider allzu oft antreffen, ist: Da kann man doch nichts machen. Die machen doch, was sie wollen.
Richtig. Deswegen müssen wir die Menschen unterstützen, die sich engagieren wollen, auch wenn es unbequem ist.
Nein, es geht um ein bürgerschaftliches Engagement bei persönlicher Betroffenheit. Herr Ministerpräsident, wenn Sie ehrlich sind, dann geben Sie zu, dass es auch für Sie manchmal einfacher ist, aus persönlicher Betroffenheit etwas zu unterstützen als nur aus sachlichem Grund. Ich meine, in dieser Hinsicht sollte jeder ehrlich mit sich selbst umgehen.
Meine Damen und Herren, diese Ohne-mich-Haltung mag vielleicht für uns Volksvertreter und Kommunalpolitiker bequemer sein, aber sie ist allemal sehr schädlich für die Gesellschaft. Darüber sind wir uns sicher einig.
Deshalb wünsche ich mir von den etablierten Politikerinnen und Politikern, also von meinen lieben Kolleginnen und Kollegen, dass sie das bürgerschaftliche Engagement nicht nur wie heute in Sonntagsreden preisen, sondern auch in den Bereichen unterstützen, in denen es unbequem und fordernd ist.
Meine Damen und Herren, ein wichtiger Punkt, wie wir das bürgerschaftliche Engagement populärer machen können, wird bei uns in Deutschland immer noch sträflich vernachlässigt. Es geht darum, die Gelegenheit zu schaffen zum Erlernen von bürgerschaftlichem Engagement. Biographische Untersuchungen zeigen, dass die Engagementserfahrungen in Kindheit und Jugend für das bürgerschaftliche Engagement im Erwachsenenalter von grundlegender Bedeutung sind. Wenn wir das ernst nehmen, dann müssen wir die Schulen und Hochschulen, aber auch außerschulische Einrichtungen wie Kindertagesstätten und Jugendzentren so gestalten, dass die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen selbstver
Meine Damen und Herren, obwohl wir noch längst nicht so weit sind wie in den angelsächsischen Ländern, in denen „civic education“ fester Bestandteil des Lehrplans ist, so sind auch bei uns Jugendliche überproportional ehrenamtlich engagiert, entgegen dem oft gehörten Vorurteil, dass sich die Jugend von heute nicht mehr engagiere. Jugendliche engagieren sich mehr als Erwachsene. Auch das ist eine wichtige Erkenntnis aus Umfragen, Untersuchungen und Enquete-Kommissionen.
Wenn wir dann aber sehen, wie gerade junge Menschen, die sich zum Beispiel in Schülervertretungen, in Initiativen gegen Rechtsextremismus oder in anderen Initiativen engagieren, von Erwachsenen, von Lehrerinnen und Lehrern, von Schulleiterinnen und Schulleitern, von Verwaltungen, von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bis hin zur Landesregierung – ich nenne nur das Stichwort der leidigen Diskussion über die Satzung der Landesschülervertretung – nicht nur nicht ernst genommen werden, sondern auch behindert und ausgebremst werden – – –
Wenn ich das sehe und höre, dann kann ich immer nur meine Bewunderung für die jungen Männer und Frauen ausdrücken, die sich nicht dadurch entmutigen lassen, sondern sich unverdrossen weiter engagieren.
Das Zweite, was in diesem Zusammenhang nicht oft genug erwähnt werden kann, ist der enorme Anteil, den Frauen am bürgerschaftlichen Engagement erbringen, allerdings weniger im traditionellen Ehrenamt, bei der Feuerwehr und in der Kommunalpolitik. Beim Sport wird es etwas besser. Die Gründe hierfür habe ich zu Beginn meiner Rede in Ansätzen erwähnt. Sie sind mehr in sozialen Bereichen tätig, bei Frauenhäusern, in Elternbeiräten, bei Notrufen, bei Ruanda-Initiativen, die sehr stark von Frauen getragen werden, bei amnesty international, bei Asyl- und Abschiebeinitiativen.
Frauen, die in diesen Initiativen ehrenamtlich tätig sind, haben größtenteils kein Interesse an öffentlichen Auftritten und Belobigungen. Sie stellen sich meistens völlig hinter die Sache zurück. Deshalb sind sie in den Bereichen, in denen ehrenamtliche Tätigkeit mit Prestige oder Geld verbunden ist, wie bei Führungspositionen im Sport oder in der Kommunalpolitik, leider immer noch zu selten zu finden.
Frauen, aber auch Männern geht es bei der Forschung nach Anerkennung ihres Engagements nicht so sehr um eine symbolische Würdigung, sondern sie wollen ernst genommen werden. Sie möchten, dass ihre Erfahrungen und Vorschläge als wichtiger Bestandteil in die dem okratische Willensbildung der etablierten Politik einfließen. Damit kann man sie am besten motivieren.
Meine Damen und Herren, Frauen trifft auch ein weiterer Faktor, der ehrenamtliches Engagement stark einschränkt. Sie müssen nicht nur Engagement und Erwerbsarbeit vereinbaren. Dazu kommt meistens noch die Familienarbeit hinzu. Es ist für alle Erwerbstätigen, auch für die Männer, so, dass diejenigen, die heute Arbeit haben, sehr viel mehr und härter arbeiten müssen als vor zehn Jahren. Schließlich ist das Schlagwort der Produktivitätssteigerung derzeit in aller Munde. Auch die Verlängerung der Wochenarbeitszeit gehört in diesen Kontext.
Meine Damen und Herren, dadurch werden die Möglichkeiten enorm eingeschränkt, sich bürgerschaftlich zu engagieren, auch für Männer, aber vor allen Dingen für Frauen, die sich gerade im tatkräftigen Alter zwischen 30 Jahren und 50 Jahren oft zwischen Beruf und Ehrenamt entscheiden müssen. Das bemerken wir in den Parteien oft mit großem Bedauern.