Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister Zuber, ich unterstelle Ihnen gar nichts. Ich habe nur festgestellt: Wenn jemand hier eine Regierungserklärung zum Ehrenamt abgibt, alle Bereiche fast ausnahmslos benennt, bis hin zu den Tierschützern und zu den „Bachpaten“, aber das Wort „Ehrenamt“ im kirchlichen Bereich nicht benennt, dann muss ich das hier feststellen können.

(Beifall bei der CDU)

Dann verstärkt das den Eindruck, dass diese Gruppe in Ihrem Denken nicht berücksichtigt wird.

(Zuruf des Staatsministers Zuber)

Dann nehmen Sie es als gut gemeinten Hinweis, beim nächsten Mal beim Thema „Ehrenamt“ doch auch diesen Bereich zumindest mit zu benennen. Dann wird auch diesen Menschen Genüge getan. Mehr erwarten wir nicht. Mehr wollen wir nicht.

Zum Thema „Frauen im Ehrenamt“. Ich habe auch nicht behauptet, dass Sie nichts zum Thema „Frauen im Ehrenamt“ gesagt haben. Meine Ausführungen zum Thema „Frauen im Ehrenamt“ bezogen sich auf die meines Erachtens nach völlig unzureichenden Perspektiven, die Sie in Ihrer Regierungserklärung gegeben haben, und zwar, die sich notwendigerweise ergeben müssen, wenn wir die demographische Entwicklung betrachten. Diese demographische Entwicklung wird erfordern, dass wir das Erwerbspotenzial von Frauen noch mehr nutzen, als dies bislang der Fall ist. Das ehrenamtliche Engagement von Frauen unter den heutigen Gegebenheiten noch zu verbessern, ist in Ordnung, nur, es wird noch schlimmer werden. Es wird schwieriger werden. Von diesen Frauen, die Sie heute auch durch diese Maßnahmen noch gewinnen können, werden Sie in Zukunft weniger gewinnen können, weil diese in den Erwerbsprozess wieder eintreten werden. Dann stellen sich neue Fragestellungen. Genau das vermissen wir hier, genau die Fragestellung: Wie bekommen wir diese Lücke, die sich auftun wird, ein Stück geschlossen? Können wir das gegebenenfalls durch rüstige alte Menschen ein Stück schließen? – Auch da hat die Perspektive gefehlt. Da haben

auch die Fakten gefehlt. Wie ist es denn bislang gelungen, durch das Engagement tatsächlich wieder auch einen längeren Verbleib älterer Menschen im Ehrenamt zu bewerkstelligen? Lesen Sie vielleicht einmal das Protokoll von heute in Ruhe noch einmal durch.

(Pörksen, SPD: Vielleicht lesen Sie erst einmal die Rede!)

Vielleicht sind durchaus bedenkenswerte Anregungen in unseren Redebeiträgen auch für künftige Regierungserklärungen zum Ehrenamt enthalten.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen dann zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung:

...tes Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/3016 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – Drucksache 14/3133 –

Verankerung des Konnexitätsprinzips auf Bundesebene Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließung – – Drucksache 14/3017 –

dazu: Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – Drucksache 14/3134 –

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von 20 Minuten verständigt.

Ich erteile dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Schneiders, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn es im Vorfeld unterschiedlich lange Erkenntnisphasen bei verschiedenen Fraktionen gab, kann ich heute erfreulicherweise von einem gemeinsamen Gesetzentwurf aller im Landtag vertretenen Fraktionen berichten.

Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird in der Erkenntnis, dass es zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Städte, Gemeinden und Landkreise in RheinlandPfalz und zur Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung unerlässlich ist, die kommunale Finanzsituation verlässlicher und stetiger zu gestalten sowie zur Erreichung dieses Ziels eine grundlegende Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen vorzunehmen, das strikte Konnexitätsprinzip als ein notwendiger Bestandteil zur Sicherung und Stabilisierung der kommunalen Finanzen in die Landesverfassung eingeführt.

Die Verankerung des Konnexitätsprinzips in der Verfassung von Rheinland-Pfalz erfolgt in seiner strikten Form, das heißt, es beinhaltet im Wesentlichen zwei Anforderungen.

Zum einen besteht für das Land im Fall der Aufgabenübertragung bzw. Veränderung eine Pflicht zur Kostendeckungsregelung. Zum anderen hat das Land im Fall einer Mehrbelastung der kommunalen Haushalte eine finanzielle Ausgleichspflicht.

Die Verankerung des Konnexitätsprinzips erfolgt in einem neuen Absatz 5 des Artikels 49 der Landesverfassung, wobei gleichzeitig mit seiner Verankerung die bisherigen Absätze 4 und 5 redaktionell angepasst werden.

Die Anwendung des Konnexitätsprinzips setzt allerdings voraus, dass die Kosten durch eine Entscheidung des Landes Rheinland-Pfalz verursacht werden. Derartige Entscheidungen können im Fall der Aufgabenübertragung durch Gesetze, Rechtsverordnungen, in anderen Fällen auch durch Verwaltungsvorschriften, gesetzt werden.

Wenn allerdings Inhalt und Umfang gemeindlicher Aufgaben durch Bundes- oder Europarecht bestimmt werden, dann greift das Konnexitätsprinzip nicht.

Meine Damen und Herren, deshalb war es konsequent, dass die Fraktionen auch einen weiteren gemeinsamen Antrag eingebracht haben, wonach die Landesregierung gebeten wird, beim Bund auf eine Verankerung des Konnexitätsprinzips im Grundgesetz zum Schutz der Kommunen vor finanzieller Überforderung hinzuwirken, eine Präzisierung zu erreichen und dies mit Blick auf die Durchgriffskompetenz des Bundes und die Regelungen, die im Rahmen der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung diskutiert werden.

In beiden Fällen hat der Rechtsausschuss als federführender Ausschuss die Annahme des Gesetzes bzw. des Antrags empfohlen. Mitberatend haben Innenausschuss sowie Haushalts- und Finanzausschuss ebenfalls der Gesetzesvorlage und dem Antrag zugestimmt.

Vielen Dank.

(Beifall im Hause)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schweitzer.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verfassungsänderungen sind in der Politik eines Landesparlaments kein alltäglicher Vorgang. Sie haben eine besondere Bedeutung, und ihnen geht in aller Regel ein längerer Diskussionsprozess voran.

Dies ist auch richtig und notwendig; denn eine Verfassung ändert man nicht aus einer politischen Alltagsstimmung heraus. Man ändert sie nach einem sorgfältigen Abwägungsprozess, der insbesondere langfristige Zukunftsperspektiven aufzeigen soll.

(Beifall der SPD)

Mit der heutigen und morgigen Debatte verankern wir das Konnexitätsprinzip in unserer Landesverfassung, das besagt „wer bestellt, bezahlt auch“ oder, wer einem anderen eine Aufgabe überträgt, muss auch die Kosten dafür übernehmen.

Meine Damen und Herren, bei der letzten größeren Änderung der Landesverfassung im Jahr 2000 konnte man sich dazu noch nicht durchringen. Dafür gab es auch gute Gründe.

Aber die Zeit ist weitergegangen. Die EnqueteKommission „Kommunen“ hat das Thema erneut aufgegriffen, mit Sachverständigen aus den verschiedensten Bereichen diskutiert und ist zu dem Ergebnis gekommen, dem Landtag die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in die Landesverfassung vorzuschlagen.

Die Tatsache, dass dies gerade einmal gut zweieinhalb Wochen vor einem wichtigen Wahltermin von allen vier Fraktionen mitgetragen wird, ist ein Stück der besseren politischen Kultur in unserem Land, weil sie zeigt, dass in wichtigen politischen Fragen, unabhängig von Wahlterminen, eine Konsensfindung über Parteigrenzen hinweg möglich ist.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich danke deshalb allen Kolleginnen und Kollegen in der Enquete-Kommission, die sich in vielen Gesprächen und Verhandlungen aufeinander zubewegt und einen guten Kompromiss gefunden haben, der die einhellige Zustimmung des Parlaments finden kann.

Das ist auch nicht irgendein Kompromiss, der gefunden wurde. Mit der Formulierung zur Verankerung des Konnexitätsprinzips in der Verfassung haben wir zusammen mit dem Bundesland Bayern die weitestgehende Regelung zugunsten der Kommunen aller Landesverfassungen gefunden. Ich denke, darauf können wir alle stolz sein.

Wir haben uns für die strikte Konnexität entschieden und nicht für die relative. Wir haben klare Aussagen zur Kostendeckung getroffen. Wir stellen das Miteinander von Land und Kommunen auf eine verlässliche Grundlage. Insofern ist dies für die Kommunen in unserem Land heute ein bedeutsamer Tag.

Meine Damen und Herren, ich will aber auch feststellen, ohne dass damit Wasser in den Wein gegossen werden soll, dass das Konnexitätsprinzip kein Allheilmittel zur Sanierung der Kommunalfinanzen ist.

Wenn es so wäre, dann müsste es den Kommunen in den Ländern, die dies schon haben, finanziell besser gehen als den rheinland-pfälzischen. Dies tut es aber nicht. Sie haben die gleichen strukturellen Probleme wie wir.

Das Konnexitätsprinzip löst auch nicht das Problem, dass wir ganz dringend eine Gemeindefinanzreform brauchen, und zwar eine umfassende.

Eine solche hat leider die CDU in den 16 Jahren Helmut Kohl im Bundestag verhindert. Jetzt blockiert sie erneut eine notwendige Reform, die den Kommunen konjunkturunabhängige Einnahmen beschert, mit ihrer Mehrheit im Bundesrat. Genau so ist es.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der CDU)

Ich nehme an, dass Ihr Kurzzeitgedächtnis noch so weit reicht, dass Sie wissen, dass Sie es im Dezember vergangenen Jahres kaputtgemacht haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Ich habe kein Verständnis dafür, dass die vom Bundestag verabschiedete Gemeindefinanzreform, die von den kommunalen Spitzenverbänden, auf die Sie doch sonst Wert legen, begrüßt und von der weitaus überwiegenden Zahl der Wissenschaftler und Experten als richtig bezeichnet wurde, daran scheitert, dass sich die Vielzahl der Kanzlerkandidaten der CDU nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigen können und damit eine nachhaltige Verbesserung der Kommunalfinanzen verhindern.