Herr Kollege Baldauf, ich habe bereits darauf hingewiesen, dass zum damaligen Zeitpunkt unklar war, wer nach der Gesetzgebungskompetenz des Grundgesetzes zuständig war und ob bestimmte Modalitäten mit der Verfassung vereinbar sind. Das war damals unklar. Das ist nach zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes weitgehend geklärt, sodass die Lage heute eine andere ist.
Herr Minister, Entscheidungen eines Gerichtes bedingen vorher immer irgendwelche Gesetze, sonst gibt es keine Entscheidungen. Ich habe deshalb folgende Frage: Sind Sie mit mir der Meinung, dass diese beiden Landesgesetze, die jetzt in der Diskussion stehen und nach wie vor Gültigkeit haben, besser sind, als keine Regelung zu haben?
Herr Kollege Baldauf, es ist nicht so, dass es keine gesetzgeberische Betätigung auf Bundesebene gegeben hätte. Die zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Sicherungsverwahrung beruhen zum einen auf einer Änderung der bundesrechtlichen Regelung und zum anderen auf den landesgesetzlichen Regelungen. Diese landesgesetzlichen Regelungen sind für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben worden. Sie gelten nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat nur angeordnet, dass diejenigen, die aufgrund dieser Gesetze untergebracht worden sind, nur für eine gewisse Zeit untergebracht werden können. Das ändert nichts daran, dass diese Gesetze verfassungswidrig waren. Sie haben von mir verfassungswidriges Handeln verlangt. Darauf habe ich hingewiesen.
Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass auch bei einer dauerhaften Verwahrung immer wieder der Versuch von Resozialisierung unternommen und alle zwei Jahre eine Überprüfung stattfinden muss. Es ist in Fachkreisen unumstritten, dass beispielsweise gewalttätige Pädo
phile nicht therapierbar sind. Ist für Sie vorstellbar, dass es eine andere Verfahrensweise für diesen Personenkreis geben könnte, wenn diese Krankheitsbilder festgestellt worden sind?
Frau Kollegin, das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass die Sicherungsverwahrung nur mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wenn sie sowohl verfahrensmäßig als auch ansonsten mit genügend Absicherung versehen ist. Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass immer die Chance zur Resozialisierung besteht und deswegen immer wieder geprüft werden muss, ob eine Entlassung infrage kommt oder nicht. Das ist vom Bundesverfassungsgericht so entschieden worden und für mich bindend. Es gibt keine Möglichkeit, dem zu entgehen. Das bedeutet, dass unter Umständen alle zwei Jahre von Psychologen, Psychiatern oder anderen Sachverständigen zu prüfen ist, ob sich die Lage geändert hat oder nicht. Wenn sie sich nicht geändert hat, kann die Sicherungsverwahrung weiter fortgesetzt werden. Es ist nicht so, wie gern dargestellt wird, dass bloß mit der Anordnung der Sicherungsverwahrung das Problem aus der Welt ist.
Nach Verfassungsrecht, wie es vom Bundesverfassungsgericht beurteilt ist, sind diese Prüfungen in der Folgezeit zwingend vorzunehmen, weil die Sicherungsverwahrung sonst als solches verfassungswidrig wäre, weil sie jegliche Chance, jemals wieder in Freiheit zu kommen, nehmen würde und damit gegen die Menschenwürde verstoßen würde.
Herr Minister, ich habe noch eine Rückfrage zu den möglichen Fallzahlen in Rheinland-Pfalz für die Vergangenheit und in der Gegenwart. Habe ich Sie richtig verstanden in Ihrer Antwort zu Frage 1, dass es im Grunde eine reine Spekulation ist, dass diese drei Fälle, die Sie aufgezählt haben, letztendlich auch Fälle für nachträgliche Sicherungsverwahrung gewesen wären, und zum anderen, dass Ihnen aktuell aus den Justizvollzugsanstalten kein Fall bekannt ist, der einschlägig wäre?
Die drei Fälle, die mitgeteilt worden sind, wären Fälle, die nach den zum Beispiel jetzt geplanten Regelungen der Bundesregierung dann hätten geprüft werden müssen. Aber wenn ich es richtig im Kopf habe, sieht dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Beispiel die Stellungnahme von zwei unabhängigen Gutachtern voraus. Diese liegen natürlich nicht vor. Diese sind dann
auch die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung, die dann stattzufinden hat, sodass wir nicht abschließend beurteilen können, ob bei Durchführung eines solchen Verfahrens tatsächlich die nachträgliche Sicherungsverwahrung hätte verhängt werden können, weil zum Beispiel diese zwei unabhängigen Gutachten gar nicht eingeholt werden konnten. Es gab auch keine Rechtsgrundlage dafür.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Friedel Grützmacher und Reiner Marz (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN), Informationsoffensive des Bundesministeriums des Innern zu Gunsten der (neuen) ausländischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger über ihr Wahlrecht in Deutschland und ihre Umsetzung in Rheinland-Pfalz – Nummer 3 der Drucksache 14/3168 – betreffend, auf.
1. In wie vielen von insgesamt wie vielen Kommunen wurden alle wahlberechtigten ausländischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger individuell über die Bedingungen zur Teilnahme an der bevorstehenden Europawahl 2004 informiert?
4. Wie beurteilt die Landesregierung im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung des Wahlrechts für ein zusammenwachsendes Europa die Rundschreiben des Städtetags Rheinland-Pfalz, in denen dieser die Mitgliedstädte auffordert, wegen der Vervielfältigungskosten die Informationen zu unterlassen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Grützmacher und Marz betrifft eine Angele
genheit, die bereits den Innenausschuss vor wenigen Tagen in seiner Sitzung am 13. Mai beschäftigt hat.
Ich bin dort in meinem ausführlichen Bericht auch auf die Fragen eingegangen, die nunmehr Gegenstand der Mündlichen Anfrage sind.
Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in Deutschland wohnen, entscheiden selbst, ob sie in ihrem Heimatstaat oder in Deutschland an der Wahl zum Europäischen Parlament teilnehmen. Um ihr Wahlrecht in Deutschland ausüben zu können, mussten die ausländischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die nicht bereits bei der Europawahl des Jahres 1999 in einem Wählerverzeichnis in Deutschland eingetragen waren, spätestens bis zum 21. Mai 2004 bei der Gemeindebehörde ihres deutschen Wohnortes einen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stellen. Die Information der ausländischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger über ihr Wahlrecht erfolgte in allgemeiner Form, insbesondere durch öffentliche Bekanntmachungen, Pressemitteilungen, Interneteinstellungen sowie Broschüren.
Um die Wahlbeteiligung der ausländischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in Deutschland gegenüber früheren Europawahlen zu erhöhen, hat das Bundesinnenministerium eine weitere Informationskampagne gestartet und darum gebeten, dass alle wahlberechtigten ausländischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die bisher nicht in das Wählerverzeichnis ihrer Wohnsitzgemeinde eingetragen sind, in einem persönlichen Anschreiben in ihrer Muttersprache über die Bedingungen einer Wahlteilnahme informiert werden. Hinsichtlich der Kosten wurde vom Bundesinnenministerium mitgeteilt, dass nur die Kosten für die Versendung der Informationen, nicht aber die sonstigen Kosten vom Bund erstattet werden.
Der Landeswahlleiter hat die Gemeinden und Städte über die Bitte des Bundesministeriums des Innern unterrichtet und um Unterstützung gebeten. Ferner wurden den Kommunalverwaltungen die für die Information der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger notwendigen Dokumente und Unterlagen übersandt. Die Bitte des Bundesministeriums des Innern wurde von einigen Gemeinden und Städten kritisch aufgenommen. Insbesondere wurde auf die starke Arbeitsbelastung der Verwal
tungen wegen der gleichzeitig durchzuführenden Kommunalwahlen sowie auf den Umstand hingewiesen, dass keine Haushaltsmittel zur Finanzierung der Personalund Sachkosten für die Vervielfältigung der Informationen zur Verfügung stünden.
Der Landeswahlleiter konnte jedoch in den meisten Fällen die Gemeinden und Städte von der Notwendigkeit überzeugen, die zusätzliche Informationskampagne zu unterstützen. Vor dem Hintergrund der aufgekommenen Diskussion wurden darüber hinaus alle Gemeinden und Städte vom Landeswahlleiter nochmals angeschrieben und um Mitarbeit gebeten. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass eine Verpflichtung der Gemeinden zur Beteiligung an dieser Informationskampagne nicht besteht.
Meine Damen und Herren, eine Rechtsgrundlage, die unsere Gemeinden verpflichtet, die vom Bundesinnenministerium erbetene individuelle Information der ausländischen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger über ihr Wahlrecht in Deutschland vorzunehmen, besteht nicht. Nach einer vom Landeswahlleiter durchgeführten Umfrage haben sich die Städte Koblenz, Kaiserslautern, Ludwigshafen und Bingen, die Gemeinden im Landkreis Mayen-Koblenz, die Verbandsgemeinden Wirges, Hahnstätten, Ransbach-Baumbach, Gerolstein, Kirchberg, Wachenheim und Zweibrücken sowie die Gemeinde Neuhofen an der Informationskampagne nicht beteiligt. Die Stadt Bad Kreuznach und die Gemeinde Altrip haben die Informationen nur an die Unionsbürger der zehn Beitrittsstaaten gerichtet.
Im Übrigen ist aufgrund der Umfrage davon auszugehen, dass die Gemeinden und Städte im Land der Informationsbitte des Bundesinnenministeriums gefolgt sind. Die Landesregierung bedauert, dass sich einzelne Gemeinden und Städte nicht an der Informationskampagne beteiligt haben und diese Entscheidung wohl auch auf eine entsprechende Empfehlung des Städtetages Rheinland-Pfalz zurückzuführen ist.
Angesichts der Haushaltslage der Kommunen dürfte auch bei künftigen Wahlen nicht auszuschließen sein, dass ähnliche Maßnahmen nicht von allen Gemeinden und Städten unterstützt werden. Eine individuelle Information aller Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die nicht von Amts wegen in ein Wählerverzeichnis aufgenommen werden, dürfte nur dadurch zu erreichen sein, dass die Gemeinden hierzu in der Europawahlordnung verpflichtet und ihnen die hierdurch entstehenden Kosten vom Bund ersetzt werden. Ich erinnere an die gestrige Diskussion. Leider hat der Bund einen entsprechenden Vorschlag bei der letzten Änderung der Europawahlordnung nicht aufgegriffen. Es ist deshalb beabsichtigt, diesen Vorschlag rechtzeitig vor der nächsten Europawahl zu wiederholen.
Herr Minister, ich verzichte auf die Frage, ob es Haltung der Landesregierung ist, dass Gegenstände, die bereits in Ausschüssen behandelt wurden, hier nicht mehr abgefragt werden dürfen, sondern ich frage stattdessen:
Was ist Ihnen hinsichtlich der den Kommunen entstehenden möglichen Kosten bekannt, da das eine Begründung war, dass die Kopierkosten nicht übernommen worden sind?
Können Sie uns beispielhaft sagen, mit welchen Kosten und mit welcher Zahl von Fällen man hätte rechnen müssen?
Ich kann Ihnen, was die Kosten anbelangt, die Zahl jetzt nicht nennen. Aus der Beantwortung der Mündlichen Anfrage mögen Sie entnommen haben, dass die Landesregierung die Haltung, die der Städtetag diesbezüglich eingenommen hat, bedauert. Wenn man einmal von den Personalkosten absieht, die Sie jetzt nicht erwähnt haben und auch eine Rolle spielen, dürften die Materialkosten nicht allzu hoch gewesen sein.
Im Übrigen steht es den Abgeordneten frei, alles zu fragen, was sie fragen möchten, auch was im Ausschuss bereits behandelt worden ist. Ich bin selbst – wie Sie wissen – schon viele Jahre Abgeordneter. Aber es ist umgekehrt auch erlaubt, darauf hinzuweisen, dass eine solche Anfrage in unserem Fall im Innenausschuss bereits behandelt und besprochen worden ist. Ich konnte Ihnen gegenüber meinen Ausführungen, die ich am 13. März im Innenausschuss gemacht habe, heute nichts Neues verkünden.