............................................................................................................................5004 Abg. Bischel, CDU:............................................................................................................................5009 Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.............................................................................4987, 4991 Abg. Dr. Geisen, FDP:...............................................................................................................4977, 4983 Abg. Dr. Schiffmann, SPD:........................................................................................................4975, 4982 Abg. Dr. Schmitz, FDP:.............................................................................................................4994, 5005 Abg. Dröscher, SPD:..........................................................................................................................4992 Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................4997, 4999, 5009, 5011, 5012, 5020 Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU:....................................................................................................5008, 5016 Abg. Frau Schmidt, CDU:...................................................................................................................4976 Abg. Hartloff, SPD:.............................................................................................................................5010 Abg. Hohn, FDP:.................................................................................................... 4988, 4999, 5012, 5017 Abg. Hörter, CDU:..............................................................................................................................5010 Abg. Jullien, CDU:..............................................................................................................................4998 Abg. Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:....................................................................................4992, 4995 Abg. Pörksen, SPD:..................................................................................................................5002, 5014 Abg. Puchtler, SPD:...........................................................................................................................4986 Abg. Rüddel, CDU:............................................................................................................................4993 Abg. Schreiner, CDU:.........................................................................................................................4982 Abg. Schwarz, SPD:..........................................................................................................................4991 Abg. Stretz, SPD:..............................................................................................................................4997 Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................ 4978, 4984, 5001 Abg. Wirz, CDU:.......................................................................................................................4985, 4990 Bauckhage, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:............................................4988 Beck, Ministerpräsident:.....................................................................................................................4979 Frau Dreyer, Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit:....................................................4996 Präsident Grimm:............................................4975, 4976, 4977, 4979, 4982, 4983, 4984, 4985, 4986, 4987 4988, 4990, 4991 Vizepräsidentin Frau Hammer:.........................4992, 4993, 4994, 4995, 4996, 4997, 4998, 4999, 5000, 5002 5004, 5005, 5006, 5008, 5009, 5010, 5011, 5012, 5014, 5016 5017, 5019, 5020, 5021 Zuber, Minister des Innern und für Sport:................................................................. 5000, 5006, 5010, 5019
Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 75. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz.
Zu schriftführenden Abgeordneten berufe ich Manfred Nink und Matthias Lammert. Letzterer führt die Rednerliste.
Entschuldigt sind für heute die Abgeordneten Anne Kipp, Dr. Gerhard Schmidt und Hedi Thelen sowie Staatsminister Gernot Mittler.
Ich freue mich, zwei Kollegen zum Geburtstag gratulieren zu können. Herr Dr. Dieter Schiffmann, herzlichen Glückwunsch!
Meine Damen und Herren, die Tagesordnung liegt Ihnen vor, dazu noch folgende Hinweise: Zu den Punkten 2, 3 und 4 der Tagesordnung ist die Frist zwischen der Verteilung der Beschlussempfehlung und der zweiten Beratung abzukürzen; denn die Beschlussempfehlungen wurden unter den Drucksachennummern 14/3257/3258/3259 gestern verteilt.
Punkt 14 der Tagesordnung, die Besprechung der Großen Anfrage, wird auf Wunsch der Antrag stellenden Fraktion von der Tagesordnung abgesetzt. Mit dieser Maßgabe frage ich, ob es noch weitere Hinweise oder Änderungswünsche zur Tagesordnung gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich die Tagesordnung so fest.
„Das erweiterte Europa und seine Regionen nach der Einigung des EU-Gipfels über eine ‚Verfassung für Europa‘ “ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/3246 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der 18. Juni 2004 wird als ein Tag von historischer Tragweite in die Geschichte Europas eingehen. Die
Europäische Union wird durch einen Vertrag der Mitgliedstaaten zum ersten Mal eine Verfassung erhalten.
Erst damit wird der Anspruch aus dem Vertrag von Maastricht, nämlich nicht nur eine Europäische Gemeinschaft, sondern eine Europäische Union zu sein, verwirklicht. Aber der Erfolg der Regierungskonferenz, die Europäische Verfassung, ist wiederum beinahe untergegangen im Kleinklein der Verhandlungen, der Kompromisspapiere der irischen Präsidentschaft und dann auch der schwer lesbaren Zusammenfassung als Ergebnis dieser Regierungskonferenz.
Leider ist zum Ende dieser Regierungskonferenz über das große Ereignis hinaus wenig von Transparenz und Bürgernähe zu sehen gewesen. Nur für Spezialisten war erkennbar, wann welche Regelungen und wie in Kraft treten.
Was im Europäischen Verfassungskonvent unter breiter Beteiligung der Parlamente aller Stufen der Europäischen Union ausgearbeitet und vereinbart worden ist, ist auf der Regierungskonferenz in Brüssel angesichts aller Bedenken wieder etwas kleiner geredet worden.
Aber die bloße Tatsache, dass die 25 Mitgliedstaaten in der Lage waren, sich nach dem 1. Mai, nach der Erweiterung und vor allem nach dem gescheiterten Anlauf vom Dezember 2003 zu einigen, und das wenige Tage, nachdem die geringe Wahlbeteiligung und vielerorts der Erfolg extrem europaskeptischer Parteien gezeigt hatten, dass ein Großteil der Unionsbürgerinnen und -bürger erhebliche Probleme mit den Strukturen und der Politik der Europäischen Union haben, ist zweifellos und unbestreitbar ein großer Erfolg, ein Nachweis von Handlungsfähigkeit, wenn auch unter Schmerzen.
Diese Schmerzen haben sich nicht zuletzt in der Vielfalt der Interpretationen über das Ergebnis ausgedrückt, nämlich was eigentlich diese Europäische Union mit einer eigenen Verfassung jetzt sei und in Zukunft sein soll.
Die Debatte über diese so genannte Finalität der Europäischen Integration, über das Ziel also, ist nach wie vor nicht entschieden. Sie wird wohl auch in den nächsten Jahren weniger durch formelle Einigungen als durch faktisches Handeln und faktische Entwicklungen entschieden werden.
Dabei kommt der Verfassung eine ganz entscheidende Rolle zu. Mit der Verfassung vollzieht die Union – ob das alle Staaten so wollen oder nicht – faktisch und unumkehrbar einen Quantensprung hin zur weiteren Vertiefung der Einigung.
Die Europäische Union wird mit dem Vertrag über eine Verfassung handlungsfähiger, demokratischer und transparenter. Sie wird in allen Bereichen, zum Beispiel mit der Aufnahme der Charta der Grundrechte und dem europäischen Bürgerbegehren, auch bürgernäher werden.
Aus der ursprünglichen Wirtschaftsgemeinschaft und der Friedensgemeinschaft wird eine Wertegemeinschaft mit gemeinsamen Grundwerten und politischen Zielen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verfassung der EU wird auch für die Regionen und damit für die deutschen Länder ganz besondere Bedeutung erlangen und Wirkungen zeigen, von der Bedeutung, die die Aufnahme der kommunalen Selbstverwaltung in die Verfassung für die Kommunen haben wird, einmal ganz abgesehen.
Das Prinzip der Subsidiarität – durch Druck der deutschen Länder im Vertrag von Maastricht erstmals aufgenommen – wird durch diese Verfassung ganz konstitutiv für die EU, indem über die Bestimmungen der Verfassung hinaus in den Zusatzprotokollen über die Rolle der nationalen Parlamente und zum Frühwarnsystem zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips ganz konkrete Verfahrensregelungen vereinbart worden sind.
Diese ermöglichen es den nationalen Parlamenten und ihren Kammern, damit auch dem Deutschen Bundesrat, unmittelbar im Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union frühzeitig aktiv zu werden, wenn aus ihrer Sicht die EU ihre Kompetenzen überschreitet bzw. eine europäische Regelung nicht sinnvoll und notwendig ist.
Der Ausschuss der Regionen (AdR) wird danach die Chance erhalten – sofern er sich als handlungsfähig erweist –, in allererster Instanz zur Hüterin des Prinzips der Subsidiarität zu werden. Er wird ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof erhalten, sollte er bei einem Gesetzesvorhaben der Union einen Verstoß gegen dieses Prinzip feststellen.
Aber hier gilt es auch, ganz schnell im AdR Verfahrensregelungen zu finden, die es ermöglichen, aus der Flut europäischer Gesetzesvorhaben rechtzeitig subsidiaritätsrelevante Materialien herauszufiltern und entschieden reagieren zu können.
Genau dieselben Anforderungen werden auch an Bundestag und Bundesrat zu stellen sein. Die Fristen zur Reaktion sind relativ kurz bemessen.
Die gegenwärtigen geschäftsordnungsmäßigen Abläufe sind diesen Fristen nicht gewachsen. Sinnvoll wird wohl nur sein, dass auch die jährlichen Arbeitsprogramme der Kommission schon viel stärker auf die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips eingehen, damit sich der AdR und die nationalen und regionalen Parlamente frühzeitig darauf einstellen können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die nur wenige Tage alte Europäische Verfassung bildet ein Fundament für die Union.
Was im ersten Anlauf noch missglückte, ist den Staatsund Regierungschefs der 25 Mitgliedsstaaten nun endlich gelungen. Der Vertrag über eine Verfassung für Europa ist ein völkerrechtliches Dokument.
Die Autoren dieser Verfassung haben von der Grundrechtscharta mit Roman Herzog bis heute einiges erreicht.
Der Vertragsdschungel – so will ich es einmal nennen – ist gelichtet, und die Verfahren sind vereinfacht. Institutionelle Neuerungen werden eingeführt, welche die Handlungsfähigkeit der Union stärken können. Es gilt mehr Rechtssicherheit zwischen den Handelspartnern der EU, und Grundwerte wurden festgeschrieben.
Künftig wird überwiegend nach dem Prinzip der doppelten Mehrheit abgestimmt, aber das wird mit so vielen Klauseln verknüpft, dass selbst die Praktiker ihre liebe Not damit haben werden.
Ich möchte ein Wort zum Gottesbezug sagen. Die Verfassung enthält leider kein klares Bekenntnis zum Christentum. Nicht nur der Papst mahnt, die christlichen Wurzeln Europas nicht abzuschneiden, auch die Regierungen Polens, Italiens, Irlands, Maltas, Portugals, der Tschechischen Republik und der Slowakei äußerten sich ebenso. Herr Ministerpräsident, leider konnten Sie offensichtlich bei der Bundesregierung dieses wichtige Anliegen für Deutschland nicht durchsetzen.
Zur Subsidiarität wiederhole ich gern das, was mein Vorredner bereits angesprochen hat. Subsidiarität ist vielfach gefordert. Mit ihr soll Bürgernähe erreicht und als Gegenbild zum zentralistischen Superstaat ausgedrückt werden. Der Begriff stammt übrigens aus der katholischen Soziallehre, nämlich die größere Einheit soll nur dann eine Aufgabe an sich ziehen, wenn die kleinere dazu nicht in der Lage ist. Das entspricht dem demokratischen Staatsaufbau von unten nach oben. Durch den Vertrag von Maastricht wurde das Subsidiaritätsprinzip erstmals ausdrücklich auf europäischer Ebene verankert und nun noch einmal bekräftigt, was wir von der CDU-Fraktion natürlich sehr begrüßen.
Auch erstmals in der Geschichte der Union gibt es eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. Die deutschen Bundesländer könnten zum Beispiel gegen eine Amtsanmaßung der EU vor Gericht ziehen, und Gleiches gilt, wie soeben schon angesprochen, für den Ausschuss der Regionen. Der Weg für eine gemeinsame Außenpolitik ist mit der Schaffung des Amtes eines EU-Außenministers geeb
net. Die Kommission wird langfristig verkleinert, das Parlament und die demokratische Legitimität gestärkt. Das ist auch notwendig. Der Rat ist nun einmal die Vertretung der Regierungen. Das Parlament dient dem Bürger. Nur ein starkes Parlament, das der Kommission und dem Rat gleichberechtigt gegenübersteht, garantiert im Übrigen das Interesse der Bevölkerung an einer gemeinschaftlichen Politik.