Protokoll der Sitzung vom 08.09.2004

(Hartloff, SPD: Wohl wahr! – Mertes, SPD: Wir auch!)

Sie auch? Ja, das ist gut. Wir kommen jetzt aber darauf, worum es hier eigentlich wirklich geht.

Herr Ministerpräsident, Sie haben eine Regierungserklärung zu dem Thema hier gehalten. Sie haben das Verhalten der Landesregierung in der Vergangenheit zu dieser Problematik „Konversion“ noch einmal dargestellt. Sie haben übrigens vergessen, die Bundesregierung in diesen Fragen mit einzubeziehen, so wie Sie das früher getan haben, als CDU/CSU und FDP in Berlin regiert haben.

(Ministerpräsident Beck: Da habe ich ja gesagt!)

Da haben Sie jetzt keine Forderungen erhoben, aber ich denke, das ist auch irgendwo verständlich.

Sie haben auch noch einmal aus Ihrer Sicht eine intensive Schilderung gegeben, wie sich die Situation darstellt und wie Sie das hier auch aus Ihrer Sicht sehen. Sie haben ganz viel vom Prinzip Hoffnung gesprochen. Sie haben davon gesprochen, dass man zwar Karten in der Hand hat, aber keine Trümpfe. Sie haben uns leider nicht darüber informiert – das interessiert uns jetzt auch als rheinland-pfälzisches Landesparlament –, welche tatsächlichen und konkreten Erfolge die Landesregierung bei ihren Gesprächen in Amerika – in welchen Gremien auch immer; das haben Sie nicht gesagt –, aber mit welchen Gesprächspartnern erreicht hat. Das ist eigentlich die Botschaft für uns heute hier. Sie haben nichts in der Hand, mit dem sie hier tatsächlich auch den Menschen Hoffnung geben können.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben ganz viel genannt, aber Sie haben nicht gesagt, wie die Agentur bzw. die Anwaltskanzlei in Washington arbeitet, zu welchen Bedingungen, was sie bis jetzt an wirklich wichtigen Kontakten für die Besuche des Herrn Staatssekretärs in Washington auch geleistet hat

und was da wirklich jetzt Handfestes dabei herausgekommen ist.

(Pörksen, SPD: Ach, das kleine Karo ist schon wieder da!)

Wenn man jetzt einmal mit Menschen spricht, die auch etwas von dem Geschäft verstehen – da gibt es auch den einen oder anderen gerade bei uns in der Westpfalz oder im Hunsrück oder auch weiter nördlich –, dann muss man sagen, es war offensichtlich nicht so besonders viel, was da ist.

Sie haben jetzt für Baumholder, wenn Sie die Perspektive betrachtet haben, unter anderem die Striker-Brigades genannt. Herr Ministerpräsident, Sie wissen ganz genau, dass Grafenwöhr uns bei dieser Problematik weit voraus ist. Die Amerikaner haben über viele Jahre sehr viel Geld in Grafenwöhr investiert. Das hat die Bundeswehr in Baumholder nicht getan. Sie hat nicht die technische Entwicklung mitgemacht, wie es für die Ausstattung dieses Übungsplatzes auch für Schießübungen notwendig gewesen wäre. Deswegen wird auch die räumliche Entfernung zur Airbase Ramstein meines Erachtens für die Amerikaner nicht die entscheidende Rolle spielen.

Sie haben Private-Public-Partnership beim Housing-Bau angesprochen. Sie haben nicht gesagt, wie konkret diese Sache geworden ist. Wir haben auch gehört, dass es da Gespräche gab, aber ob die wirklich jetzt zu einem Erfolg führen werden, das haben Sie uns nicht wissen lassen. Ob sich die Amerikaner dann durch dieses Geschenk, durch diese Morgengabe, wirklich überreden lassen, in Rheinland-Pfalz an den genannten Standorten weiterhin zu bleiben, ist immer noch nicht klar. Das wäre auch schon ein Anliegen gewesen, heute in einer Aktuellen Stunde – wie sagt man so schön – Butter zu dem Fisch zu geben und tatsächlich konkret zu werden und uns etwas zu sagen.

Zum Schluss will ich es noch ein bisschen abrunden, auch in Bezug darauf, wie Sie es dargestellt haben. Sie wissen genau, dass das, was Sie als SPDMinisterpräsident als politische Intention gesagt haben, im Grund genommen auch die Linie der CDU ist und wir sie unterstützen. Aber dann bitte ich ganz herzlich, die Fakten tatsächlich auf den Tisch zu legen und uns als Parlament über die Details zu informieren.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Grützmacher das Wort.

Auch Ihnen stehen fünf Minuten Redezeit zu.

Herr Ministerpräsident, es ist klar, dass wir andere Vorstellungen darüber haben, was zum Beispiel in Baumholder zu passieren hat. Das geschieht nicht nur aus

friedenspolitischen Gründen. Ich mache gar keinen Hehl daraus, dass wir es sehr begrüßen, wenn militärische Strukturen abgebaut sind. Das machen wir auch aus dem Grund, den Sie zum Schluss genannt haben.

Sie haben richtigerweise und ehrlicherweise gesagt, dass wir keinen Einfluss darauf haben, wenn diese Entscheidungen im Weißen Haus fallen, dass die Amerikaner von Baumholder abziehen. Sie haben gesagt, dann wollen wir handeln und das bewährte Instrument der Konversion in Gang setzen, um für diese Region eine zivile Perspektive zu entwickeln. Das halten wir für zu spät; denn Sie sagen selbst, wir haben keine Trümpfe oder nur kleine Spielkarten, also keine Trümpfe, in der Hand, was die militärische Entwicklung dieser Region angeht. Sie haben aber alle Trümpfe für die zivile Entwicklung in der Hand. Wir halten es für eine Überforderung, beides nebeneinander zu machen. Es ist eine Überforderung und auch nicht möglich. Stellen Sie sich vor, Sie wollen den Tourismus in dieser Region entwickeln, aber gleichzeitig wird der Flugplatz oder der Truppenübungsplatz zu einem Bombenabwurfplatz ausgebaut.

(Ministerpräsident Beck: Wer sagt denn das?)

Es war zum Beispiel in den Zeitungen zur Aufwertung von Baumholder zu lesen – ich kann es Ihnen vorlesen –: Der Truppenübungsplatz soll bedarfsgerecht ausgebaut werden. Dazu gehören verbesserte Trainingsbedingungen für US-Streitkräfte – das ist klar; das können Bodenstreitkräfte sein –, aber auch bessere Voraussetzungen für unterstützende Trainingsmöglichkeiten der Air Force aus Spangdahlem.

Eine Air Force in Spangdahlem und Truppenübungsplatz: Ich glaube, da liegt man nicht ganz falsch, wenn man sich vorstellt, dass auch Bomben abgeworfen werden. Ich denke, das ist militärpolitisch nicht ganz falsch.

Meine Damen und Herren, deswegen kam das Wort „Bombodrom“ in den Medien vor. Ich bin damit sehr vorsichtig. Ich hoffe nicht, dass das Ihre Pläne sind, weil das alles, was man dort in der Region machen würde, kaputtmachen würde.

Ich möchte noch einmal sehr deutlich sagen, wir haben alle Konversionsanstrengungen der Landesregierung kritisch, konstruktiv begleitet.

(Pörksen, SPD: Konstruktiv!)

Konstruktiv. Ich sage nur: Bad Sobernheim. Das kennen Sie doch auch? Nicht wahr.

In Bad Sobernheim war ein überdimensioniertes Freizeitgelände „Pro Welt“ geplant. Es waren nicht nur die Grünen diejenigen, die dagegen waren. Es gab auch Leute aus der SPD, die dagegen waren. Wir haben unsere Kritik an dieser „Pro Welt“ mit konstruktiven, anderen, weiteren Vorschlägen begleitet, weil wir glauben und man erkannt hat, dass es einfach nicht geht. Es ist auch nichts daraus geworden, aber nicht wegen uns. So hoch schätze ich unsere Einflüsse da nicht ein.

Wir haben andere Vorstellungen von Konversion, weil wir glauben, dass es nicht richtig ist, eine Monostruktur, wie sich die Militärstruktur in diesen Gegenden darstellt, durch eine andere Monostruktur zu ersetzen. Wir glauben, dass man kleinräumig arbeiten, kleine Dinge von vor Ort anstoßen muss.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist unsere Vorstellung. Dafür kämpfen wir. Das heißt nicht, dass wir gegen Konversion sind.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, wenn Sie sagen, dass Ihnen klar ist, dass es für eine rheinland-pfälzische Landesregierung, auch für einen Staatssekretär Bruch, der sich in diesem Bereich sehr engagiert, so gut wie keine Möglichkeiten gibt, die zukünftigen Entscheidungen der Amerikaner zu beeinflussen, auch wie sie das mit ihrer Stationierungszeit machen – – – Wir wissen doch, dass die Soldaten in Zukunft nur noch möglichst kurz stationiert werden und keine Familien mehr mitkommen sollen. Warum soll man dann noch Housings bauen, wo in anderen Bereichen jetzt schon Häuser leer stehen.

Ich glaube, wenn Sie diese Energie, die Sie jetzt auf die Verwirklichung, Verstärkung oder – sagen wir einmal – auf diese Realisierung der militärischen Option für Baumholder setzen, auf die zivile Entwicklung setzen, dann hätten wir für die Zukunft von Baumholder und die ganze Region Idar Oberstein ein besseres Konzept.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kohnle-Gros hat in einer polemischen Qualifizierung zu einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gesagt, sie setzt auf das Prinzip Hoffnung.

Meine Damen und Herren, auf was sollen die Menschen eigentlich nach Ihrer Rede setzen?

(Beifall der SPD und der FDP)

Es ist natürlich Ihr Recht, und es wird Ihnen nicht genommen, dass Sie kritisieren, auch die Schritte im Einzelnen. Aber was Sie hier gemacht haben, war nichts anderes als die Gemütsbeschreibung Ihrer Fraktion in diesen Tagen und Stunden.

(Beifall bei der SPD)

Damit will ich es gut sein lassen; denn Sie haben keinen Beitrag dazu geleistet. Sie haben nur wieder einmal gezeigt, dass für Sie Kritik vollkommen allein ausreicht,

Landespolitik vorzutragen. Meine Damen und Herren, es reicht nicht aus.

Wir haben, wenn wir das Prinzip Hoffnung anwenden, noch ein anderes Prinzip, nämlich das Prinzip, Tatsachen vorzulegen, nämlich wie wir in Rheinland-Pfalz Konversion betrieben haben, und zwar erfolgreich.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es ist alles zur außenpolitischen Lage gesagt. Herr Kollege Enders hat es in einem Satz eigentlich nur so ein bisschen gestreift: Die Amerikaner machen nichts anderes, als wir Deutsche auch machen müssen, nämlich unsere Armeen mit anderen Standorten und anderen Konzepten auf eine andere Bedrohung ausrichten. Das ist keine Katastrophe, sondern eine Chance.

Wir haben in Rheinland-Pfalz belegt, dass wir die Konversion zu einem Erfolg gebracht haben, der mehr und zukunftsträchtigere Arbeit gebracht hat, als wir sie vorher hatten. Darauf kann man mit Recht stolz sein. Es sind fast zwei Milliarden – – –

(Beifall der SPD)

Es wurde die wichtige Frage gestellt, ob das Verhandlungen oder Gespräche waren. Ich habe trotz Ihres Beitrags meinen Humor nicht verloren. Herr Wagner ist ein Saarländer. Es gibt sicherlich noch viel an Übereinstimmung zu leisten, was Fragen, Verhandlungen und Gespräche anbelangt. Natürlich wird das Bundesverteidigungsministerium nicht zugeben, dass eine Landesregierung nach Washington fährt und dort Gespräche führt. So einfach ist das. Das war auch immer so. Daraus würde ich mir keinen Knüppel schnitzen. Ich würde mich fragen, ob es nicht vorausschauend und gut war, dass Zuber und Bruch sich darum gekümmert haben, mit den Amerikanern zu sprechen. Das würde ich fragen.

(Beifall bei SPD und FDP)