Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

Die Arbeitslosenquote will ich ebenfalls noch einmal erwähnen. Es ist zu Recht in Deutschland so, dass wir vieles von dem, was wir tun, und die Erfolge von Politik und Wirtschaft an der Arbeitsmarktsituation messen – das geschieht zu Recht –; denn ein Wirtschaftssystem, das viele Menschen nicht mehr mitnehmen würde, hätte einen entscheidenden Mangel. Deshalb muss das Streben nach einer guten Beschäftigung für die Menschen immer zentral sein.

Es ist aber auch eine Wahrheit, dass wir erneut in den vergangenen Jahren und erneut in allen Monaten dieses Jahres an drittgünstigster Stelle der Arbeitsmarktziffern in dieser Bundesrepublik Deutschland lagen und gegenüber den vor uns liegenden Bayern aufgeholt haben und den Abstand gegenüber Hessen vergrößert haben. Auch das zeigt, dass wir zumindest nicht auf einem so falschen Weg sein können, wie dies versucht worden ist, heute darzustellen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das aufgreifend, was ich einleitend zur Bedeutung der beruflichen Bildung gesagt habe, will ich auch in diesem Fall auf die Ausbildungsquote hinweisen. Quelle ist die Bundesagentur für Arbeit. Nach Mecklenburg-Vorpommern steht Rheinland-Pfalz an zweiter Stelle. Wir werden miteinander, mit dem Instrumentarium des ovalen Tischs, mit der vereinbarten Lösung auf Bundesebene, die in Rheinland-Pfalz eine eigene Ausgestaltung hat, die wir – Herr Kollege Bauckhage, Frau Kollegin Dreyer, Frau Kollegin Ahnen und ich – gemeinsam mit den Unternehmen des Landes Rheinland-Pfalz unterschrieben haben, bis zum Ende des Jahres um jede junge Frau und um jeden jungen Mann ringen und versuchen, ihnen einen Ausbildungsplatz oder einen Praktikantenplatz zu verschaffen, um ihnen eine Chance zu geben, in das berufliche Leben hineinzufinden. Ich bin zuversichtlich, dass wir das auch in diesem Jahr wieder schaffen werden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich bin gern bereit, dass wir uns diesen Auseinandersetzungen, die immer nur im Vergleich etwas aussagen, stellen und wir uns diesbezüglich auch Ihrer Kritik stellen. Man darf aber diese Seite der Betrachtung, die aus harten Fakten besteht, nicht einfach ausblenden.

Meine Damen und Herren, uns liegen Beurteilungen der regionalen Förderpolitik der Länder vor. Man muss sich immer fragen, ob das, was man macht – zugegeben mit viel Steuergeld –, richtig ist und ob es Wirkung entfaltet. Offensichtlich entfaltet es auf der Seite der Arbeitsplätze Wirkung. Wir wissen alle, dass wir nicht aus der Ebene der Bundesrepublik Deutschland und Europas einfach ausscheren und sagen können, bei uns ist die Welt völlig heil und in Ordnung, aber in Relation zu anderen haben wir eine Menge erreicht. Bei den Ausbildungsplätzen ist das offensichtlich auch der Fall.

Wenn ich mir dann das so genannte Mittelstandsbarometer ansehe, zeigt sich, dass in Rheinland-Pfalz, befragt vom Institut Ernst & Young, eine Zustimmung zur Förderpolitik und zur Unterstützung vorhanden ist, die nach Schulnoten bemessen bei 2,73 liegt. Befragt wor

den sind 1.600 mittelständische Unternehmen. Nach uns kommt Sachsen mit 2,71. Das geht dann weiter mit Baden-Württemberg, das bei 2,39 liegt. Die Zustimmung in einer Quote, die nach oben bis fünf positiv gestaffelt ist, ist so, dass Rheinland-Pfalz die beste Beurteilung, die beste Note bekommt. Offensichtlich sehen die Unternehmen auch, dass das, was wir tun, auf jeden Fall nicht daneben sein kann, sonst würden solche Unters uchungen nicht zu so einem Ergebnis führen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Zugegeben, über den Faktor „Wohlstandsindex“ mag man streiten können. Sicher ist es schön, in einer wunderschönen Landschaft zu leben, aber die Tatsache, dass wir dort hinter Bremen ebenfalls auf der zweiten Stelle liegen, zeigt zumindest, dass die Menschen in diesem Land nicht unzufrieden sind. Nicht unzufrieden zu sein, ist nicht nur ein Wert an sich, sondern das hat auch etwas damit zu tun, dass man gern hier lebt und man, wie wir hoffen, auch gern hier Familien gründet. Dies ist die entscheidende Grundlage für die Zukunft dieses Landes. Die Tatsache, dass viele junge Familien über die benachbarten Grenzen aus Hessen, BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen zu uns kommen, um hier zu leben, sich hier ein Häuschen zu bauen und damit Wohneigentum zu erwerben, vermag ich allenfalls als Kompliment, aber nicht als kritischen Punkt, wie das häufig geschieht, zu betrachten; denn da wird auch unser Schulsystem mitbewertet. Das darf man nicht außer Acht lassen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wenn wir bei der Gesamtbewertung der Zukunftsfähigkeit der Länder an drittgünstigster Stelle rangieren, zeigt mir auch dies, dass wir auf dem Weg, den wir beschreiten, den wir beschritten haben und den wir weiter beschreiten sollten, nie stillstehen dürfen, sondern wir versuchen müssen, in zügigen Schritten voranzukommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will darauf verzichten, noch einmal darauf zurückzublicken, wer denn bei welchen Reformschritten wie Unterstützung geleistet hat. Ich will auch auf ein paar Zitate verzichten, die ich mir ursprünglich zum Stehen zu notwendigen Reformen vorgenommen hatte.

Herr Kollege Böhr, das, was Sie in einigen Zeitungsartikeln in den vergangenen Wochen, überwiegend in den Sonntagszeitungen, gesagt haben – ich habe sie vor mir liegen –, ist für mich nicht mit dem, was Sie eingefordert haben, zusammengegangen.

(Böhr, CDU: Tja!)

„Böhr, CDU: CDU muss sozialer werden.“ Das ist immer ein guter Vorschlag. Wenn sich das auf Hartz IV bezieht, habe ich mich gefragt, wie das in Einklang zu bringen ist mit der Forderung, die Sie heute Morgen aufgestellt

haben, dass wir das alles noch viel stringenter machen müssten.

(Böhr, CDU: Das ist ganz einfach: Dass neben dem Fördern auch das Fordern stehen muss, dass Hartz IV – – –)

Da haben Sie völlig Recht.

(Böhr, CDU: Eben!)

Sie haben das aber ein bisschen anders gesagt. Jetzt fordern Sie mich doch heraus. Sie haben gesagt, wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als ob wir auf Hartz IV noch draufsatteln.

(Böhr, CDU: Ja!)

Sie haben in Ihrem Interview nirgendwo etwas zum Schaffen von Angeboten gesagt. Das hat mich doch sehr nachdenklich gemacht. Mag sein, dass das vielleicht verkürzt in der Presse dargestellt worden ist. Das geht mir manchmal auch so.

(Böhr, CDU: Das habe ich vielleicht den eigenen Parteifreunden gesagt, dass nicht der Eindruck erweckt werden darf, dass nach Hartz IV der Kahl- schlag beim Kündigungsschutz kommen soll!)

Dafür bin ich sehr dankbar. Mir geht es wirklich um einen Dialog, weil ich der Meinung bin, dass wir uns die Kraft erhalten müssen. Auf geraume Zeit wird in Deutschland nur etwas bewegt werden können, wenn wir wegen der unterschiedlichen Mehrheiten in den beiden Bundeskammern einen Grundkonsens haben, wie wir das hinbekommen sollen. Wenn Sie sagen, das mit dem Kündigungsschutz ist nicht meine Ebene, das machen wir nicht, nehme ich dies gern zur Kenntnis, weil das zeigt, dass es da noch Felder gibt, wo man in Deutschland durchaus gemeinsam etwas bewegen kann. Das ist gar keine Frage.

(Beifall der SPD und der FDP)

Gestatten Sie mir, dass ich vor diesem Hintergrund zu den Haushaltsziffern zurückkehre. Es ist natürlich so, dass wir hinsichtlich der Einnahmen – das kann man nicht wegdiskutieren, Herr Kollege Mittler hat die Zahlen genannt, nämlich 600 Millionen Euro weniger, als wir noch vor zwei Jahren an Steuereinnahmen prognostiziert bekommen haben, die uns jetzt zur Verfügung stehen – vor einer riesigen Herausforderung stehen. Wir wollen uns aber gar nicht verstecken und haben auch nicht gesagt, da die Einnahmen so viel niedriger sind als ursprünglich erwartet, geben wir auf und sagen, nach uns die Sintflut, und wir legen einen nicht verfassungskonformen bzw. einen von den Ausnahmeregelungen der Verfassung geprägten Landeshaushalt vor. Wir haben versucht, Ihnen einen Haushalt vorzulegen, der den Maßgaben des Artikels 117 unserer Verfassung entspricht. Es liegt Ihnen ein Haushalt vor, der auch den EU-Stabilitätskriterien entspricht.

Auch das ist wichtig, weil wir nicht den Bund kritisieren können – dieser schafft es nicht –, wenn wir es selbst nicht schaffen würden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Vor diesem Hintergrund ging es darum, Sparbemühungen zu unternehmen, die nicht nirgendwo nachlesbar sind. (Vizepräsidentin Frau Grützmacher übernimmt den Vorsitz)

Wenn man nicht liest, liest man natürlich nichts – das ist wohl wahr –, was ich natürlich nicht unterstellen will. Wenn man liest, würde es mich wundern, dass man das übersehen hat.

Ich will Ihnen einige Zahlen nennen. Wir können sie im Laufe der Haushaltsdiskussionen noch sehr intensiv miteinander vertiefen. Sie wissen, dass wir im Herbst 2002 in einer Klausursitzung des Landeskabinetts und in diesem hohen Haus in Form eines Nachtragshaushalts – von den Etatberatungen im Jahr 2004 bestätigt – ein sehr hartes Sparkonzept vorgelegt haben.

Sollte es jemand vergessen haben, ich erinnere mich noch daran, dass ich zu Haushaltsberatungen hereingekommen und unter Galgen durchgelaufen bin, die nicht irgendjemand, sondern mir gegolten haben. Ich erinnere mich an Protestaktionen vor den Toren dieses hohen Hauses, an denen einige Damen und Herren, die mir direkt gegenübersitzen, teilgenommen haben. Deren traurige Augen über diese Demonstrationen konnte ich zumindest in den Fernsehberichten nicht genau ausmachen. (Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich erinnere mich an Veranstaltungen vor mehr als einem Jahr, in denen Leute mit Transparenten und Trillerpfeifen gegen die Einschnitte protestiert haben, die wir vorgenommen haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir seitens der Opposition zu dieser Zeit jemand zur Seite gestanden und gesagt hätte: Das ist ungerecht. Wir wollen eigentlich noch mehr sparen. Es muss noch viel tiefer eingeschnitten werden. – Ich kann mich nicht erinnern, dass das so gewesen sein sollte.

Wir haben insgesamt gegenüber dieser Zahl 2002 – Sie brauchen immer eine Orientierung, sonst sind Zahlen sehr relativ – mit diesem Haushalt ein Einsparvolumen von 424 Millionen Euro vorgelegt,

(Creutzmann, FDP: Hört! Hört!)

davon im Bereich der Personalausgaben 133,661 Millionen Euro, im Bereich der sächlichen Verwaltungsausgaben 60,817 Millionen Euro, im Bereich des Subventionsabbaus – von Frau Kollegin Thomas immer wieder gern eingefordert – einen Betrag von 98,378 Millionen Euro, dabei von den investiven Subventionen 57,592 Millionen Euro und den nicht investiven Subventionen 40,785 Millionen Euro.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verehrte Frau Kollegin Thomas, Sie sagten: „Ihr müsst endlich einmal mit dem Subventionsabbau Ernst machen.“ Ich frage Sie ernsthaft: In welchen Größenordnungen wollen Sie hier noch hineinschneiden?

(Beifall der SPD und der FDP)

Sie wissen, dass in dieser Position die Hochschulen, die Kindergärten, die gemeinnützigen Initiativen, der Sport etc. enthalten sind.

Herr Kollege Braun, natürlich sind sie drin. Da muss man den Kopf schütteln. Wenn man sagt, hier müsst ihr weiter hineinschneiden, sage ich: Oh, Ohren spitzen, vielleicht kommt ein guter Vorschlag. – Wenn dann keiner kommt, muss ich sagen, dass ich das nicht akzeptieren kann.

(Beifall der SPD und der FDP – Creutzmann, FDP: Sehr gut!)

Wir haben die übrigen nicht investiven Zuschüsse, die nicht Subventionen nach der Definition des Subventionsbegriffs in der Bundesrepublik Deutschland sind, in einer Größenordnung von 51,97 Millionen Euro zurückgeführt. Wir haben die übrigen Investitionsausgaben in den Hauptgruppen 7 und 8 – damit das für die Haushälter nachvollziehbar wird – um 64,9 Millionen Euro zurückgeführt. Aus dieser Position – es gibt noch ein Sammelsurium von vielen kleinen Einzelpositionen, die sich auf 10,757 Millionen Euro belaufen – ergeben sich 424 Millionen Euro.

Meine Damen und Herren, ich habe nichts dagegen, wenn Sie die Zahlen genauer haben und sich Zeit nehmen wollen. Ich habe es mir im Einzelnen auflisten lassen und kann die Zahlen auch auf die Hauptgruppen, auf jeden einzelnen Bereich und die Ressorts herunterbrechen. Es ist niemand ungeschoren geblieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind 424 Millionen Euro. Ich lasse mir gern sagen: Wir machen Vorschläge – es kann noch etwas drin sein –, aber nur, wenn diese nicht unserer Politik als Koalition zuwiderlaufen. Ich bitte um Verständnis, dass wir unsere Politik und nicht die anderer Leute weiterhin machen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich habe Ihnen – das ist ernst gemeint – erneut Gespräche angeboten. Diese Gespräche können zu solchen Ergebnissen führen. Wir schlagen keine Türen zu. Wir erwarten diesmal, dass nicht nur Wünsche geäußert werden, sondern auch an der einen oder anderen Stelle gesagt wird, wo eingeschnitten werden muss. Das ist unverzichtbar.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich auf einige entscheidende Orientierungspunkte dieses Doppelhaushalts noch einmal hinweisen. Es ist davon gesprochen worden, dass der Pensionsfonds eigentlich eine gute Sache wäre, aber die Art und Weise, wie er konstruiert sei, wurde kritisiert.