Wir haben daher in diesem Haushalt ein Sonderprogramm „Bedarfsgerechter Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren“ vorgeschlagen. Dieses Sonderprogramm ist ehrgeizig – das ist gar keine Frage –, es ist zielführend und es ist auch finanziell machbar.
Herr Kollege Mertes und Herr Kollege Kuhn haben heute Mittag in der Auseinandersetzung gesagt, wir als GRÜNE würden uns in Berlin nicht genug dafür einsetzen, dass die dafür benötigten Mittel zur Verfügung stehen. Dazu muss ich Ihnen sagen, dass es niemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Geld für Kinderbetreuung vom Bund gegeben hat. Das war auch bei einem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz in den 90er-Jahren nicht der Fall. Liebe Kolleginnen und Kollegen, erkennen Sie insofern die Realitäten und erkennen Sie tatsächlich, was für sinnvolle Investitionen die rotgrüne Bundesregierung für dieses Land zur Verfügung stellt. Nutzen Sie sie endlich und streiten Sie mit uns gemeinsam für einen verbesserten Ausbau, statt ihn zu behindern.
Meine Damen und Herren, auch die aktuelle so genannte Baby-PISA-Studie zeigt deutlich, dass frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in den Kindertagesstätten noch viel konsequenter als bisher ausgebaut und weiterentwickelt werden muss. Das gilt sowohl für die Anzahl der Plätze als auch für die pädagogische Qualität.
Öffentliche Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern ergänzt und stärkt die Familien. Ein qualitätsorientiertes und bedarfsgerechtes Angebot ist kein Luxus, sondern im Gegenteil, es sich nicht zu leisten oder es nur unzulänglich zu behandeln, bedeutet, eine unverantwortliche Politik zulasten kommender Generationen zu machen.
In Kindertageseinrichtungen mit gut qualifizierten Fachkräften können Kinder gemeinsam mit anderen Kindern Bildung erfahren. Sie erschließen sich neue Lebens- und Lernwelten, und sie erlernen im Umgang mit Gleichaltrigen soziale Kompetenzen.
Auch der Präsident des Statistischen Landesamts hat Ende Oktober bei der Veröffentlichung einer Unters uchung zur demografischen Entwicklung des Landes aufgefordert, verstärkt in diesen Bereich zu investieren. Ich muss sagen, Recht hat er; denn gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung gilt eben auch in diesem Fall, wer zu spät kommt, den bestraft manchmal das Leben.
Meine Damen und Herren, weil ich nun einmal die Möglichkeit habe, an diesem Pult zu stehen und Ihnen etwas zum Haushalt zu sagen, möchte ich die Gelegenheit auch nutzen, um noch ein anderes Thema kurz zu streifen.
Wir haben uns in diesem Jahr endlich mit der EnqueteKommission „Jugend und Politik“ auf den Weg gemacht, die Distanz von Kindern und Jugendlichen zur etablierten Politik zu untersuchen und Vorschläge zur Überwindung dieser Distanz zu unterbreiten.
Viele junge Menschen erleben heute keinen Zusammenhang mehr zwischen ihrem eigenen Engagement, der Ausübung ihrer demokratischen Rechte und politischen Veränderungen. Wir Politikerinnen und Politiker
dürfen aber eben nicht nur darüber reden, dass politische Beteiligung wichtig ist, sondern wir müssen das auch wieder viel, viel mehr erlebbar werden lassen, und es darf eben kein Lippenbekenntnis bleiben.
Wenn wir das ernst meinen, dürfen wir nicht bei den Jugendverbänden und bei den von ihnen durchgeführten Maßnahmen sparen; denn gerade dort wird politische Beteiligung und gesellschaftliches Engagement an der Basis sozusagen zelebriert.
Da wird umgeschichtet, und es werden für Maßnahmen im Bereich der Jugendverbände 100.000 Euro gestrichen.
(Frau Spurzem, SPD: Die finden Sie in einem anderen Titel wieder, der gegenseitig deckungsfähig ist!)
Die Finanzierung der Jugendarbeit, aber eben auch die Finanzierung der Hilfen zur Erziehung sind in RheinlandPfalz kein Ruhmesblatt. Wir alle stehen in der Pflicht, Zukunftsperspektiven für alle zu schaffen und ganz besonders für unsere Jugend, der wir demokratische Werte vermitteln und Chancen auf Mitwirkung ermöglichen müssen.
Ob gerade junge Menschen weltoffene oder fremdenfeindliche Deutungsmuster lernen, hängt in hohem Maß von uns Erwachsenen ab. Wenn wir die jungen Menschen nicht dort abholen, wo sie stehen, werden das andere tun. Dafür sind die jüngsten Wahlerfolge der Rechtsextremen nur ein trauriges Beispiel.
Die Debatte um angebliche Leitkulturen oder auch dumpfe Patriotismusparolen sind ebenso überflüssig wie gefährlich und unsinnig. Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend sozusagen einen Aufstand der logisch Denkenden, die längst verstanden haben, dass Deutschland bunt ist, für das wir ein Leitbild entwickeln müssen. Auch Rheinland-Pfalz ist bunt, Herr Kollege Schwarz. Wir müssen ein Leitbild für unsere Gesellschaft, für diese bunte Gesellschaft entwickeln, wie wir gemeinsam in der Zukunft leben wollen. Wir wollen gemeinsam – das hoffe ich zumindest – Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit entschieden entgegentreten, und wir wollen eine negative Einstellung zur Demokratie verhindern bzw. verändern und junge Menschen stark gegen rechtsradikale Ideologien und dem okratiefeindliche Rattenfänger machen.
Vor diesem Hintergrund müssen wir dann aber tatsächlich die Kinder- und Jugendpolitik des Landes fachlich
Meine Damen und Herren, die unterschiedlichen Politikund Zukunftsentwürfe sind klar. Entweder kurzsichtige Besitzstandswahrung, unverantwortliche Haushaltsführung und soziale Klientelpolitik, Mängelverwaltung und Stillstand – –
oder grüne Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit und moderne und leistungsfähige Politik für die Zukunft. Kinder und Familien stärken, im Bildungsstandort Rheinland-Pfalz zukunftsfähig und sozial gerecht gestalten
und Investitionen in die ökologische und nachhaltige Entwicklung unseres Landes, das sind die Leitlinien grüner Politik für Rheinland-Pfalz.
Lassen sie mich am Schluss – Herr Kollege Ramsauer hat das auch schon getan – auf eine Passage der Rede des Finanzministers zur Einbringung dieses Doppelhaushaltsentwurfs im Oktober erinnern. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident: „ Dies alles fordert uns finanzwirtschaftlich bis an die Grenze des Leistbaren und – ich füge hinzu – noch ein Stück mehr. Bei einer Bewertung allein aus fiskalischen Aspekten könnte man zu dem Ergebnis kommen, wir können es uns eigentlich nicht leisten. Doch ich bleibe dabei, auf den Feldern Schule, Bildung, Wissenschaft, Forschung und Betreuung nicht zu investieren, können wir uns noch viel weniger leisten.“ Es folgte dann ein großer Applaus der regierungstragenden Fraktionen.
Meine Damen und Herren, wir GRÜNE haben den Finanzminister verstanden, und wir haben mit unseren Änderungsanträgen gehandelt. Nun liegt es an Ihnen, Ihren Minister und Ihre Regierung nicht im Regen stehen zu lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Stimmen Sie unseren Anträgen zu.
Die Vorschläge zum vorliegenden Doppelhaushalt machen eines sehr, sehr deutlich: Es gibt glücklicherweise eine klare Alternative zur aktuellen Regierungspolitik in Rheinland-Pfalz. Das ist das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Ich erteile nun dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Herrn Hans-Artur Bauckhage, das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst, in zwei Punkten auf Sie einzugehen, Herr Kollege Wiechmann. Sie haben von der sozialen Klientelpolitik gesprochen. Das tut nicht nur weh, sondern es ist auch sachlich falsch. Ich sage das deshalb, weil diese Landesregierung eine sehr ausgewogene und gute Sozialpolitik betreibt. Davon sind immer Leute betroffen. Diese Betroffenen betrachte ich nicht als Klientel, sondern als Betroffene und Bedürftige.
Meine Damen und Herren, die Kulisse, vor der dieser Haushalt erstellt werden musste, will ich nicht mehr besonders in Erinnerung rufen. Allen sind die Zahlen bekannt. Ich will aber doch noch eine Zahl nennen, weil sie widerspiegelt, wie schwierig die Einnahmensituation ist. Nach der Steuerschätzung haben wir 2005 mit den Personalausgaben circa 1,2 Milliarden Euro Mehrbelastung als 2001. Das muss man in aller Nüchternheit so sehen. Daran kann man die Dimension erkennen.
Dem Finanzminister bin ich sehr dankbar, dass er bei der Einbringung des Haushalts noch einmal darauf hingewiesen hat, dass die Personalausgaben um 600 Millionen Euro gestiegen sind. Wenn man so wie Herr Kollege Böhr meint, hier gebe es noch ein riesiges Einsparpotenzial, muss man einfach einmal daran erinnern dürfen, dass von den rund 11 Milliarden Euro 42 % auf Personalkosten entfallen.
Darüber hinaus sind durchlaufende Bundes- und EUMittel enthalten. Ich weiß, wovon ich rede; denn ich rede allein über etwa 400 Millionen Euro Regionalisierungsmittel, die bei mir im Haushalt etatisiert werden. Das ist ein durchlaufender Posten. Ähnlich verhält es sich bei den ESF-Mitteln, da dies ebenfalls ein durchlaufender Posten ist. Wenn man dann noch sieht, dass auch ein Stück die Kredite bedient werden müssen, kann man sich vorstellen, wie eng die Lage ist und wo die Sparpotenziale zu suchen sind.
Herr Ministerpräsident, ich kann Sie aufklären – das muss ich eigentlich sonst nicht tun –, weshalb die CDU bei ihren Haushaltsanträgen immer nur in die globale Minderausgabe geht. Das ist leicht zu erklären. Man müsste nämlich zum ersten Mal sagen, wo man es wegnehmen will.
(Lelle, CDU: Herr Minister, wir haben das vorgemacht! – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das sagt man vorsichtshalber nicht, weil man unter Umständen tatsächlich bei dem einen oder anderen einen Effekt erreichen kann, den man – vornehm umschrieben – nicht erreichen will.
Ich war dieser Tage gemeinsam mit dem Oppositionsführer bei der Landwirtschaftskammer in Bad Kreuznach. Das war alles hoch interessant. Dort wurde ein enormes Landschaftskulturprogramm gefordert. Im Übrigen leistet die Landesregierung einiges für die Landschaftskultur.
Wenn man ein solches Projekt fordert, muss man auch sagen, wie man es finanzieren will. Das sagt man natürlich dort nicht. Das sind exakt die Ecken, wo es immer leichter ist zu sagen: Machen wir doch eine globale Minderausgabe und fordern hier und da noch ein bisschen mehr. Dann haben wir die Probleme gelöst.
Meine Damen und Herren, vor dieser Kulisse der enormen Einnahmeneinbrüche und der ganz normalen Steigerung der Personalkosten sowie der derzeitigen konjunkturellen Situation – hier möchte ich nicht darauf eingehen; dafür gibt es unterschiedliche Gründe – ist dieser Haushalt solide und seriös. Auch verletzt er die Verfassungsgrenze nicht.