Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

(Beifall der SPD – Ministerpräsident Beck: Ich werde es über Weihnachten reparieren, wenn ihr das wollt!)

Ich bitte es ihm zu übermitteln, was ich jetzt sage. Herr Kollege Kuhn, das flammende Plädoyer für den Straßenbau war inhaltlich nicht neu. Wirklich beeindruckend finde ich das eingeschränkte Wahrnehmungsvermögen der FDP. Sie haben gestern wörtlich gesagt, dass wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jede Straßenbaumaßnahme aus ideologischen Gründen ablehnen würden. Was verstehen Sie unter Straßenbau?

(Dr. Weiland, CDU: Den Bau von Straßen!)

Wir verstehen darunter Neubaumaßnahmen, Umbaumaßnahmen, Sanierung des bestehenden Straßennetzes, Radwegebau, Umgestaltung von innerörtlichem

Straßenraum, zum Beispiel durch Verbreiterung der Fußwege etc. In dieser Aufzählung ist allerdings ein Element dabei, das wir mit Überzeugung ablehnen. Das ist der Straßenneubau.

(Zuruf von der CDU)

Das gilt vor allem, wenn es um Großprojekte geht, deren Sinnhaftigkeit nicht nur für uns sehr fraglich ist, sondern auch in vielen Fällen für die Menschen in den Regionen, die mit den viel gepriesenen neuen Lebensadern für viele Steuergelder beglückt werden sollen. Die Ausnahme sind natürlich das Speditionsgewerbe und die Tiefbaufirmen im Land.

Lehnen wir alle Ortsumgehungspläne im Land ab? Weit gefehlt. Wir lehnen sie dort ab, wo durch ein Aneinanderreihen von Ortsumgehungen eine neue mehrspurige Piste gebaut werden soll, zum Beispiel ohne Rücksicht auf daneben liegende Schienenstrecken. Wir lehnen sie auch dort ab, wo sie die unsinnige Siedlungspolitik einer Gemeinde unterstützt, die direkt neben einer vorhandenen Umgehung ein Baugebiet erschlossen hat. Dessen Bewohner werden in wenigen Jahren lautstark eine neue Umgehung fordern. Sind Sie wirklich der Meinung, dass man solche kommunale Unvernunft noch belohnen soll? Wir sind nicht der Meinung, und zwar auch dann nicht, wenn wir finanziell nicht so mit dem Rücken an der Wand stehen würden wie jetzt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Ministers Bauckhage)

Wir sind allerdings der Auffassung, dass zum Beispiel auch Projekte dieser Art, zum Beispiel Ortsumgehungen im Bundesverkehrswegeplan vorhanden sind, die dringend realisiert werden müssten, weil die Lebensqualität und die Sicherheit der Bewohnerinnen eines Orts zum Beispiel wesentlich durch starken LKW-Durchgangsverkehr beeinträchtigt wird. Dafür setzen wir uns aktiv ein.

Fast jedes Straßenbauvorhaben, das einen Radweg neu-, aus-, umbaut oder saniert, wird von uns mit Überzeugung begrüßt. Rad fahren ist nicht nur umweltverträglich, gesundheitsfördernd und macht Spaß, sondern mit mehr sicheren Radwegen kann mehr Alltagsverkehr mit dem Rad abgewickelt werden. Das hätte einen immensen individuellen und volkswirtschaftlichen Nutzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich nenne die Konzentration der Straßenbaumittel, die wir nicht im Veränderungsantrag umschichten. Die Sanierung des bestehenden Straßennetzes haben wir bei jeder Haushaltsdebatte gefordert. Wenn Sie das doch endlich im Ministerium Ihres Parteikollegen Bauckhage beherzigen und in Angriff nehmen würden, wären wir dankbar.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kuhn, jetzt sind Sie da. Wie ist das mit der Ideologie? Ich sehe bei Ihnen ideologische Wahrnehmungsstörungen. Sie möchten uns den Sticker „Feinde

der Mobilität, die den ländlichen Raum abhängen wollen“ aufkleben.

(Creutzmann, FDP: Feind des Arbeitsplatzes!)

Und Arbeitsplatzvernichter.

(Creutzmann, FDP: Arbeitsplatzvernichter und andere!)

Bitte zuhören und danach schimpfen.

Dafür verkünden Sie landauf, landab und hier im Plenarsaal, wir würden aus ideologischen Gründen jede Straßenbaumaßnahme ablehnen. Der Hintergrund ist offensichtlich. Sie verstehen unter Straßenbaumaßnahmen nur Neubauprojekte, die nachher richtig etwas hermachen. Das gilt für die Kostenrechnung und die Dimens ion. Ich nenne den Hochmoselübergang, Bienwaldautobahn, A 1 und B 10.

Das sind nicht die Lösungen für die Verkehrsprobleme auf der Straße,

(Kuhn, FDP: Sondern?)

die die Menschen in Rheinland-Pfalz bewegen. Das ist ideologische Verzerrung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Menschen in Rheinland-Pfalz und anderswo wollen in ihrer großen Mehrheit das bestehende Straßennetz in Ordnung gehalten haben, nicht minütlich von Schwerlastverkehr beschallt werden und mehr sichere Fahrradwege oder innerörtliche Fußwege, auf denen auch ein Kinderwagen geschoben werden kann. Wir sehen das genauso pragmatisch. Entsprechend sind unsere Änderungsanträge in diesem Bereich ausgefallen, Herr Kollege Nink.

Wir unterscheiden uns von Ihnen von der FDP nicht nur in der pragmatischen Sichtweise in Bezug auf den Straßenbau.

(Kuhn: Pragmatisch?)

Ja, wir sind pragmatisch, Sie sind ideologisch.

(Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Wir fühlen uns auch nachfolgenden Generationen verpflichtet, was die natürlichen Ressourcen und das Klima angeht. Deswegen wollen wir mit unseren Anträgen dafür sorgen, dass der öffentliche Personenverkehr, der Umweltverbund seinen Anteil am „Modell Split“ in Rheinland-Pfalz vergrößern kann.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Der Weg aus dem Stau, aus dem Stress auf der Straße, aus dem übergroßen Anteil des Verkehrs an den Waldschäden und an der Klimaveränderung geht nur über den beherzten Ausbau des ÖPNV.

Werter Herr Kollege Kuhn, da setzt unser anderer Mobilitätsbegriff an, der uns in der Tat grundlegend von Ihren Auffassungen unterscheidet. Sie reden immer von der Mobilitätsoffensive und meinen Straßenbauoffensive. Sie haben den Landesbetrieb Straße und Verkehr installiert. In Wirklichkeit ist es ein Landesbetrieb Straßen. Das ist alle sehr eindimensional gedacht und bildet in keiner Weise die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen im Land ab. Diese sind wiederum vielfältiger, als Sie sich mit Ihrer ideologischen Brille vorstellen können.

Wer die Alternative hat, sich morgens mit einem bezahlbaren Ticket in einen einigermaßen komfortablen Bus oder eine Bahn zu setzen, dort vor der Arbeit ein Nickerchen zu machen, die Zeitung zu lesen oder etwas vorzubereiten, wird dies dem privaten Pkw immer vorziehen. (Zuruf von der FDP)

Sorgen wir dafür, dass durch den Ausbau von Bussen und Bahn mehr Menschen diese Möglichkeit haben und wahrnehmen und dass die Straßen, auf denen die Busse fahren, in Ordnung sind und nicht lauter Hubbelstraßen bleiben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Dr. Schmitz, FDP: Also doch Straße!)

Das ist die Sanierung des bestehenden Straßens ystems.

(Dr. Schmitz, FDP: Busstraßen!)

Das sollten Sie sich einmal merken. Wir haben eine ganze Latte von Vorhaben bezüglich des ÖPNV auf Halde liegen, die wegen vermeintlich fehlender Mittel nicht realisiert werden.

Herr Minister, nicht zögern, sondern im Interesse einer nachhaltigen, umwelt- und sozialverträglichen Mobilität anpacken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil wir den Haushaltsrahmen durch unsere geforderten Investitionen für den öffentlichen Verkehr, andere ökologische Investitionen für Bildung und Wissenschaft nicht sprengen wollen, haben wir nicht nur Straßenbaumittel umgeschichtet. Wir wollen auch die Gießkanne der Flughafenförderung nicht mehr übers Land schicken. Speyer, Zweibrücken und noch der eine oder andere Landeplatz sind zu nennen. Das gilt nicht nur, weil der Luftverkehr die klimaschädlichste Art des Verkehrs ist, sondern auch weil es ökonomisch unsinnig ist, zum Beispiel Zweibrücken zu halten trotz der Nachbarschaft anderer nicht ausgelasteter Flughäfen. Hören Sie auf, immer die Mär von der Kooperation Zweibrücken/ Saarbrücken herzubeten. Selbst wenn es zustande käme, würde für Rheinland-Pfalz nur der laute und dreckige Nacht- und Frachtflug abfallen. So weit waren die Vorverständigungen und das Ergebnis des Gutachtens zu verstehen.

Steigen Sie lieber aus dieser Säule aus und entwickeln Sie gemeinsam mit der Region das ursprüngliche VierSäulen-Konzept weiter.

Warum sollte der Flughafen Speyer 9 Millionen Euro Steuergelder bekommen?

(Ministerpräsident Beck: Die Fliegerei war immer Vier-Säulen-Konzept!)

Klären Sie doch einmal abschließend, ob die ColemanLandebahn zivil mit genutzt werden könnte.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Über den Hahn haben wir schon oft geredet. Für die Freunde der FDP will ich noch einmal speziell eines klarstellen: Wir haben nichts gegen den Passagierflug am Tag.

(Zurufe der Abg. Creutzmann und Dr. Schmitz, FDP)

Herr Creutzmann, auch Sie können die Ohren aufsperren. Wir haben etwas gemeinsam mit vielen Menschen, die in dieser Region wohnen, gegen den Nachtflug und die Ausweitung auf lauter Frachtmaschinen und gegen die einseitige Abhängigkeit von einer Billigfluglinie, Herr Kollege Mertes.