Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

Ich möchte nur zwei kleine Beispiele nennen, die vorgetragen wurden. Frau Reich, Sie erinnern sich bestimmt auch an die Bemerkungen,

(Frau Reich, SPD: Ich erinnere mich an die Ausschussberatungen!)

die man Ihnen gegenüber gemacht hat, dass es zum Beispiel notwendig ist, eine Strafkammer aufzulösen, um Personal zu haben, damit man zwei andere Kammern am Leben erhalten kann. Dann können Sie doch nicht sagen, wir hätten in diesem Land keine Probleme in der Justiz und es wäre nicht eine enorme Arbeitsbelastung abzuleisten. Ich brauche jetzt gar nicht auf PEBB§Y und andere Erhebungen einzugehen. Das sind vielmehr Dinge, die Sie durch Zuhören erfahren können. Ich denke, dann ist es auch sinnvoll, was wir als Opposition machen, auf diese Punkte hinzuweisen.

(Beifall bei der CDU)

Dann lassen wir Ihnen eben die technische Entwicklung und lassen Ihnen die baulichen Geschichten.

Sie haben ein bisschen in einem Nebensatz darauf hingewiesen, Frau Reich, diese technischen Entwicklungen sind zum Teil auch auf das persönliche Engagement von Richterinnen und Richtern zurückzuführen. Wenn ich es richtig rekapituliere, was man mir erzählt hat, dann kaufen sich Richterinnen und Richter ein gewisses technisches Gerät – ich will jetzt nicht sagen wo – und setzen das in ihrem Alltag ein, weil sie damit schneller ihre Urteile geschrieben bekommen und damit auch dem Anspruch der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden können, nämlich zügig zu arbeiten. Ich glaube, das ist wirklich ein dickes Lob wert. Sie können dann nicht warten, bis die Landesregierung einen neuen PC oder sonst etwas anschafft, sondern sie machen das selbst und aus eigener Motivation.

Ich möchte auch auf das hinweisen, was uns die Generalstaatsanwaltschaft in den Gesprächen immer wieder sagt, nicht nur bei offiziellen Dingen, sondern auch sonst. Es ist inzwischen ein Problem für die Leitungen der Staatsanwaltschaften, ihre Staatsanwältinnen und Staatsanwälte unter dem enormen Druck, unter dem sie auch durch die Öffentlichkeit stehen, zu motivieren, in der Tat saubere Arbeit zu leisten und rechtzeitig fertig zu werden. Christian Baldauf hat darauf hingewiesen, dass wir gelegentlich jetzt schon das Problem der Verjährung haben, dass wir Verfahren, und zwar nicht nur die spektakulären, nicht rechtzeitig zur Anklage bringen können, sodass sie abgewickelt werden können.

Das alles sind Dinge, die Sie nicht leugnen können. Ich denke, sie müssen gerade auch bei den Haushaltsberatungen mit erwähnt werden.

Dass die Effizienzrendite, wie es hieß, 70 Stellen pro Haushaltsjahr in den letzten zwei Jahren gekostet hat, ist schon etwas, wenn man in einem so kleinen Pers onalkörper so viele Stellen einsparen muss, dies unter der

Situation, unter der wir stehen. Ich meine, das war es noch einmal wert, darauf hinzuweisen.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kohnle-Gros, ich möchte Ihnen noch einmal etwas in aller Ruhe und Sachlichkeit sagen. Wenn Sie mit den Betroffenen in der Justiz sprechen, dann werden sie sich natürlich beklagen und sagen, dass sie gern entlastet werden würden. Wir müssen uns aber auch einmal etwas klar machen. Sie können doch nicht an einem Tag den Kollegen Böhr die Neuverschuldung beklagen lassen und am nächsten Tag beim Justizhaushalt dann sagen: Wir brauchen mehr Richter.

(Beifall bei FDP und SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Es geht um die Ausgewogenheit!)

Bei der Ausgewogenheit liegt genau immer unser Problem. Wir erleben, was jetzt schon an Klagen vorhanden ist, wenn die Sozialgerichte zu den Verwaltungsgerichten kommen sollen. Es würde Sinn machen, damit ich dann, wenn auf der einen Seite mehr Verfahren sind, Richter im Verwaltungsbereich und umgekehrt einsetzen kann. Wir erleben dann, dass solche Austausche in dem jetzt geteilten Justizsystem nicht möglich sind. Dann ist es doch klar, dass wir auch in der Justiz mehr Flexibilität bräuchten.

Es stellt sich natürlich die Frage nach den Strukturen unseres Rechtsstaates. Ich wollte nicht noch einmal groß replizieren. Es tut einem aber schon weh, wenn Ihr Kollege Dr. Böhr an einem Tag sagt, ihr macht zuviel Schulden, ihr müsst sparen, der Justizminister dies dann auch tut, was dann natürlich bei den Betroffenen dazu führt, dass sie mehr arbeiten müssen, um es einmal salopp zu sagen, wie es in der Wirtschaft draußen auch der Fall ist – – –

(Baldauf, CDU: Arbeiten Sie in der BASF auch so?)

Lieber Herr Kollege Baldauf, in der Chemie sind von 52.000 Beschäftigen effektiv über 20.000 abgebaut worden.

(Kuhn, FDP: Lass es gut sein!)

Das hängt natürlich auch mit der Verlagerung von Produktionen zusammen. Reden Sie einmal mit den Betroffenen. Das hängt aber auch mit einer enormen Verdichtung im Arbeitsbereich zusammen. Darum kommen Sie nicht herum.

Das Ganze erleben Sie jetzt bei der Diskussion um Keiper-Recaro. Wenn gefordert wird, dass die Menschen länger arbeiten sollen, dann ist das doch nichts anderes, als dies in anderen Bereichen bereits geschieht. Wir haben es den Beamten doch auch zugemutet. Wir haben die Arbeitszeit erhöht. Es ist dann nichts anderes, als dass die Menschen mehr arbeiten müssen. Darüber müssen Sie sich im Klaren sein. Deshalb habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet. Frau Kollegin KohnleGros, so kann man es nicht machen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Herrn Justizminister Mertin das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Finanzminister hat bei der Einbringung des Haushalts schon auf die schwierigen Rahmenbedingungen hingewiesen. Ich bin ihm und auch den die Koalition tragenden Fraktionen dankbar, dass sie mit dem vorliegenden Haushalt der Justiz auch in Zukunft die Aufgabenerfüllung ermöglichen und diese auch sicherstellen.

Ich bedanke mich ausdrücklich allerdings auch bei allen Fraktionen für die in der Regel doch sachliche und konstruktive Zusammenarbeit im Rechtsausschuss und auch in der Strafvollzugskommission.

(Beifall bei FDP, SPD und CDU – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das finde ich auch!)

Es ist dort sehr wohltuend, wie man die Dinge durchaus sachlich und ganz anders als heute vom Herrn Kollegen Baldauf dargestellt erörtern kann.

Ich widerspreche ungern auch meinem Fraktionsvorsitzenden, der mich gestern gelobt hat. Herr Kollege Kuhn, ich nehme das gern entgegen und reiche es an die Mitarbeiter weiter. (Beifall bei FDP, SPD und CDU)

Dass die Justiz in Rheinland-Pfalz so hervorragend funktioniert, hat nicht zuletzt mit dem Engagement der Richterinnen und Richter, der Rechtspfleger, der Staatsanwälte, der Mitarbeiter der Geschäftsstellen und der Mitarbeiter im Strafvollzug zu tun.

Ich finde, dass diese Mitarbeiter, die mit so großem Engagement ihre Arbeit tun, es eigentlich nicht verdient haben, im Vorfeld einer so genannten großen Justizreform dann in der Arbeit, die sie leisten, in der Öffentlichkeit so dargestellt zu werden, wie dies der Fall gewesen ist. Ich verstehe es, dass man durchaus für eine solche Reform werben will. Wenn man aber in dem Zusammenhang von verfetteter Justiz spricht und damit eine gewisse Unbeweglichkeit meint, so meine ich, muss dem heute auch deutlich widersprochen werden.

(Beifall bei FDP, SPD und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Zusammenhang mit der so genannten großen Justizreform, die eine so genannte funktionale Zweigliedrigkeit darstellen soll, wurde häufig dargelegt, dass unser Justizwesen insbesondere an den vielen Rechtsmittelmöglichkeiten leidet. Dann wird ein singulärer Fall wie Kaplan hochgezogen. Ich gebe zu, es hat mich auch emotional berührt, wie das abgelaufen ist, wahrscheinlich jeden von uns.

Ich bin auch froh, dass Herr Kaplan ausgewiesen worden ist. Wenn man so etwas beschließt, muss man sich schon die Zahlen im Einzelnen anschauen.

Frau Kohnle-Gros, ich glaube, Sie haben schon darauf hingewiesen. Nur etwa 10 % der Verfahren gehen in die Berufung, nur etwa 1 % in die Revision. Es kann doch kein Mensch von einem übergeordneten Rechtsstaat sprechen. Ich finde, wir würden Herrn Kaplan im Nachhinein noch einen Gefallen tun, wenn wir ihm unsere Rechtsmittelmöglichkeiten hinterherwerfen. Das sollten wir nicht tun. Das sollten wir sorgfältig überlegen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Herr Kollege Baldauf, Sie haben einiges angesprochen. Ich habe im Ausschuss bereits ausführlich dargelegt, was geplant ist. Frau Kollegin Reich hat darauf hingewiesen. Herr Kollege Dröscher hat für den Strafvollzug darauf hingewiesen. Ich möchte die verbleibende Zeit dazu nutzen, auf einige Ihrer Anmerkungen einzugehen.

Sie haben mir vorgeworfen, dass ich nach dem Motto verfahren würde, „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Herr Baldauf, es gibt Sprüche, die könnten Sie auch beherzigen.

(Beifall der SPD und der FDP – Staatsminister Bauckhage: Sehr gut!)

Das ist doch wahr, Herr Kollege Baldauf. Was Sie von sich gegeben haben, ist bereits mehrfach in den Ausschüssen dargestellt worden.

Sie werfen mir vor, ich würde mich mit bundespolitischen Dingen befassen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das stimmt auch!)

Ich frage Sie, wieso werfen Sie mir in der gleichen Rede später vor, ich würde mich zu wenig darum kümmern. Das passt irgendwie nicht zusammen.

(Beifall bei FDP und SPD – Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Herr Kollege Baldauf, natürlich muss ich mich um bundespolitische Justizthemen kümmern. Hauptsächlich beeinflusst Bundesrecht die Kosten. Das haben wir im eigenen Land gar nicht in der Hand. Wir müssen uns deshalb intensiv um bundesrechtliche Vorgaben kümmern.

Es ist lächerlich, mir vorzuwerfen, ich würde mich im Betreuungsrecht nicht darum kümmern. Ich habe Sie noch auf keiner Veranstaltung gesehen, wo ich die Prügel dafür bezogen habe, dass ich mich auf Bundesebe

ne bemühe, die Kosten in diesem Bereich zu begrenzen. Da waren Sie wie üblich, wenn es Prügel fürs Sparen gibt, abgetaucht. Es ist keiner dagewesen, Herr Kollege Baldauf.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich habe nichts gehört, dass Sie sich zu diesen Dingen besonders hervorgetan hätten.

Wenn Sie immer wieder behaupten, ein Amtsrichter in Zivilsachen würde bis zu 700 Fälle bearbeiten, dann ist das sicher in Einzelfällen so. Der Durchschnitt liegt deutlich darunter. Der Durchschnitt liegt bei etwa 649. Herr Kollege Baldauf, es wird nicht besser, wenn Sie es ständig wiederholen. Das nutzt niemandem. Ich zeige Ihnen gern die Vergleichszahlen aus anderen Bundesländern. Da steht die Justiz in Rheinland-Pfalz eigentlich hervorragend da.

Sie hatten die Fußballweltmeisterschaft angesprochen und gerügt, dass im Justizhaushalt hierfür keine Vorsorge getroffen wird. Natürlich muss der Innenminister in anderer Weise Vorsorge treffen. Er muss diese Fußballspiele präventiv begleiten. Er muss durch entsprechenden Personaleinsatz sicherstellen, dass es nach Möglichkeit zu keinen Straftaten kommt. Wir haben versucht, im Vorfeld herauszufinden, in welchem Umfang vielleicht Mehrbelastungen auf uns zukommen könnten, indem wir uns Erfahrungen aus Länderspielen und Ähnlichem angeschaut haben. Es lässt sich nicht signifikant beziffern. Sollte es zu Problemen kommen, die einen vermehrten Personaleinsatz erforderlich machen, werden wir selbstverständlich unmittelbar reagieren. Es ist eine ganz andere Situation, als der Innenminister sie an der Stelle darstellen und bewältigen muss. Die Justiz muss nur eingreifen, wenn es in erheblichem Umfang zu Straftaten kommt. Ich hoffe, dass der präventive Einsatz der Polizei dies verhindert, sodass nicht von großen Belastungen der Justiz gesprochen werden kann. Ich baue auf die Polizei in Rheinland-Pfalz.