Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

Meine Damen und Herren, der Einzelplan 08 im Bereich Wirtschaft und Verkehr wird in der Haushaltsvorlage mit Ausgaben von insgesamt 594,453 Millionen Euro in 2005 und 588,523 Millionen Euro für das Jahr 2006 ohne die Personalausgaben veranschlagt.

Dies entspricht mit einem Mittel von 591,5 Millionen Euro fast dem Ansatz des laufenden Haushaltsjahres 2004, mit Ausnahme Ihrer von der Regierung veranschlagten globalen Minderausgabe.

Meine Damen und Herren, in diesem Haushalt ist im Übrigen nahezu alles total global gegenseitig deckungsfähig.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist aber nichts Neues!)

Man kann auch nur global verändern, weil die Regierung durch die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Haushaltsansätze nahezu alle Einzelfestlegungen unterlaufen und machen kann, was sie will.

Genau aus diesem Grund haben wir auch keine Einzelanträge gestellt, sondern, wie die Landesregierung auch, eine Erhöhung der globalen Minderausgaben über alle Titel beantragt, um damit der Gesamtsituation Rechnung zu tragen.

Die dramatische Finanzsituation des Landes ist in diesem Haushalt nicht erkennbar. Mein Kollege Dr. Gölter wird in der zweiten Runde noch darauf eingehen. Ich werde auf den Bereich Verkehr näher eingehen.

Meine Damen und Herren, Verkehrserschließung ist und bleibt der Schlüssel für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung eines Flächenlandes wie Rheinland-Pfalz.

Da wir über keine eigenen Ballungszentren verfügen, sondern tatsächlich nur Pufferzonen oder Zwischenfläche zu anderen benachbarten Ballungsräumen sind, ist deshalb eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur die wirksamste und wichtigste Säule für die Entwicklung der Wirtschaft in unserem Land.

Wenn ich diese Maßstäbe akzeptiere, dann komme ich leider gleichzeitig zu der Feststellung, dass die Politik der Landesregierung diesen Anforderungen in nur ungenügender Weise nachkommt.

Bei den Landesstraßen ist der Investitionsstau mittlerweile beim bestehenden Landesstraßennetz auf rund 560 Millionen Euro angewachsen. Dieser Investitionsstau muss nun sehr mühsam abgebaut werden.

Die von der Landesregierung ursprünglich einmal für den Zeitraum von fünf Jahren zu diesem Zweck vorge

sehene so genannte DM-Mobilitätsmilliarde wurde dann aufgrund der desaströsen Finanzsituation des Landes so gestreckt, dass sie in diesem Kontext nur noch marginale Wirkungen zeigt.

Jedenfalls die ursprünglich beabsichtigte deutliche Verbesserung des Landesstraßennetzes bleibt aus und wird zum Reparaturpark degradiert.

Die heutige Situation zeichnet sich dadurch aus, dass alle Investitionen des Straßenbaus in diesem Land kreditfinanziert sind. Kein einziger Eurocent steht aus Steuereinnahmen zur Verfügung. Beim Landesbetrieb Straßen und Verkehr wurde mit der Festlegung, den Betrieb mit einer kaufmännischen Buchführung und mit kaufmännischer Rechnungslegung zu errichten, ein prinzipiell richtiger Ansatz gewählt.

Die Erklärungen zur Finanzsystematik, die uns bei der Beratung der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen des LSV gegeben wurden, müssen allerdings heute stark relativiert werden. So offenbart die Tatsache, dass der LSV heute die Personal- und Verwaltungskosten zu einem großen Teil über Kredite finanziert, dass mit der eigenen Kreditermächtigung des LSV die Errichtung eines Schuldennebentopfes primäre Absicht war.

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Wir, die CDU, wollen, dass das LSV-Konzept ernsthaft umgesetzt wird, weil wir darin eine Chance sehen, die schlimme Situation bei den Landesstraßen zumindest mittel- bis langfristig deutlich zu verbessern. Wir fordern und beantragen deshalb, die nicht investive Kreditfinanzierung des LSV umgehend zu beenden.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben die Situation, die sich im gesamten Landeshaushalt noch viel krasser darstellt: Der Wirtschaftsplan des LSV für sich allein genommen – ich weiß, dass dies so keine rechtliche Wertung ist – erfüllt eben nicht die Anforderungen unserer Verfassung an einen einwandfreien Haushalt. In einem Teilbereich wird sehr deutlich, wie in RheinlandPfalz Haushaltspolitik betrieben wird, wobei beim LSV noch klar die investiven von den nicht investiven Ausgaben getrennt werden können. Meine Damen und Herren von der Regierung und der Koalition, hier können Sie nicht tricksen. Hier ist dies für jeden deutlich erkennbar.

Meine Damen und Herren, wir fordern darüber hinaus für den LSV ein betriebswirtschaftliches Entwicklungskonzept, (Heiterkeit des Abg. Schwarz, SPD)

in dem präzise geklärt wird, welche Aufgaben der Betreiber selbst wahrnimmt, – –

(Schwarz, SPD: Ein Entwicklungskonzept!)

Hören Sie erst einmal zu, Herr Kollege Schwarz. Sie haben es offensichtlich noch nicht verstanden.

welche Aufgaben der Betreiber selbst wahrnimmt, welche Leistungen eingekauft werden und welches Personal- und Organisationskonzept dem entspricht.

Ich möchte einmal versuchen, mich in das finanzwirtschaftliche Denken der Landesregierung hineinzuversetzen und daraus einen Vorschlag machen, wie man mehr Mittel für den Straßenbau locker machen kann, ohne neue Schulden im Kernhaushalt oder im LSV zu machen.

Herr Staatssekretär, Sie haben am Wochenende stolz verkündet, wie viel Landesvermögen wir noch haben und was es dort noch alles zu aktivieren und zu optimieren gibt. Da gibt es die Landesstraßen selbst, die, virtuell gesehen, ein Milliardenvermögen darstellen. Warum nicht auch dieses Vermögen optimieren? – Sie haben doch den Dreh erfunden, Herr Professor Deubel, wie man aus Vermögen dreimal Geld machen kann.

(Mertes, SPD: Sie sind ja richtig konstruktiv heute!)

Sie haben das nur nie erfasst, Herr Kollege.

(Beifall der CDU)

Erstens: Sie verkaufen ein paar Landesstraßen an den Pensionsfonds,

(Schmitt, CDU: Alle!)

holen sich dafür die Schuldscheine zurück und verbuchen das Ganze als Bareinnahme im Haushalt. Schon können Sie zum ersten Mal ein paar Straßen mehr bauen. Dafür zahlen Sie dem Pensionsfonds pauschale Mautgebühren. Diese tauschen Sie im ZinscouponTauschverfahren gegen die alten Schuldscheinzinsen und machen dann einen Ausgleichsvertrag.

(Staatsminister Mittler: Eine gute Idee!)

Dann verkauft der Pensionsfonds die Landesstraßen weiter an eine neu zu gründende GmbH & Co. KG, die dem Land gehört. Der bezahlt die mit billigen Krediten zum Zinssatz Fibor oder Eurobor, zwölf Monate. Von diesem Geld wiederum zahlt der Pensionsfonds dem Land seine Zahlungsverpflichtungen aus dem Ausgleichsvertrag in einem Betrag zurück, und zum zweiten Mal können Sie ein paar Landesstraßen mehr bauen.

Meine Damen und Herren, aber es geht noch weiter.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Nun zahlen Sie die pauschale Landesstraßenmaut an die GmbH & Co. KG und machen wieder einen Zinscoupontausch mit Ausgleichsvertrag. Dann lassen Sie die GmbH & Co. KG Ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Ausgleichsvertrag für – sagen wir einmal – 20 Jahre in einem Betrag vorab auszahlen, und zum dritten Mal können Sie wieder mehr Landesstraßen bauen, und Sie schreiben keinen einzigen Euro mehr Schuldenaufnahme in den Haushalt. Das wäre ein Konzept, wie Sie es machen könnten und wie Sie es auch gemacht haben.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie das nicht verstanden haben, dann haben Sie auch nicht kapiert, wie Ihre Landesregierung hunderte von Millionen Euro aus dem Hut zaubert, ohne zu sagen, wer dafür wann und wie geradestehen muss.

(Lelle, CDU: Walter, vergiss dein Honorar nicht!)

Aber allen Ernstes: Bei Ihnen bin ich mir auch gar nicht so sicher, ob das, was ich Ihnen gerade vorgeschlagen habe, eine Karikatur bleibt

(Dr. Gölter, CDU: Nein!)

oder ob es nicht doch eines Tages wirklich so gemacht wird; denn auf diesem Weg traue ich Ihnen mittlerweile alles zu, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Mertes, SPD: Richtig schön war’s!)

Meine Damen und Herren, ein funktionierendes Landesstraßennetz ist unerlässlich für Lebensqualität im ländlichen Raum, ist unerlässlich für die Wirtschaft und mögliche Investoren. Die Landesstraßen sind aber auch besonders wichtig, sei es im Bereich der Landwirtschaft – ich nenne das Stichwort „Agrarverwaltungsreform“ –, sei es im Gesundheitswesen beim Vollzug des Landeskrankenhausplans. Notgedrungen werden immer mehr öffentliche Einrichtungen auf wenige Standorte konzentriert und vom flachen Land abgezogen. Dies erfordert für die betroffenen Mitbürger unseres Landes mehr Mobilität. Die kann aber nur über den ÖPNV oder den Individualverkehr mit privaten Fahrzeugen erreicht werden. In beiden Fällen sind dafür zum weitaus überwiegenden Teil Straßen erforderlich, weil das Schienennetz nicht überall im Land dafür entsprechend ausreicht.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Wer nicht in einem städtischen Bereich lebt, der braucht, wenn er oder sie noch Arbeit hat, in mehr als 90 % der Fälle ein Fahrzeug, um zur Arbeit zu kommen, weil der ÖPNV in der Mehrzahl der Fälle diese Funktion nicht erfüllt und auch nicht erfüllen kann. Dies betrifft die Auspendler aus Rheinland-Pfalz – im Saldo sind es 140.000, aber abs olut mehr als 240.000 Mitbürgerinnen und Mitbürger, die außerhalb des Landes ihre Arbeit haben – ebenso wie alle anderen Personen in diesem Kontext. Dabei rede ich jetzt gar nicht von den ungleichen Belastungen, denen diejenigen ausgesetzt sind, die eben kein ausreichendes ÖPNV-Angebot in Anspruch nehmen können und nicht nur erhebliche Eigeninvestitionen vornehmen müssen, sondern auch noch durch staatliches Handeln wie zum Beispiel die Erhebung der Ökosteuer und den teilweisen Abbau der Pendlerpauschale noch zusätzlich geschröpft werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in allen Fällen sind unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger auf ein funktionierendes und qualitativ zumutbares Straßennetz angewiesen, wovon derzeit aber leider nicht die Rede sein kann.

Auch für die Bundesverkehrswege trägt die Landesregierung Mitverantwortung, meine Damen und Herren. Die Länder haben es wesentlich in der Hand, welche Projekte ausgewählt werden und welche Finanzierungsreihenfolge sie erhalten. Sie haben aber auch Einfluss auf die Grundlinien der Verkehrspolitik des Bundes und dessen Prioritäten.

Nach unserem Eindruck wird diese Einflussmöglichkeit in nicht genügender Weise wahrgenommen. Es wird kein Bundesverkehrswegeprojekt realisiert, das innerhalb der Landesregierung oder eines Landes umstritten ist, ohne dass die Landesregierung klipp und klar sagt, was sie will. In diesem Zusammenhang trägt vor allen Dingen die SPD Rheinland-Pfalz schwere Verantwortung für Fehler, Versäumnisse und Uneinigkeit.

(Beifall bei der CDU)