Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die stärkere Selbstständigkeit der Schulen ist ein Thema, das dieses Parlament immer wieder beschäftigt hat. Nicht zuletzt hat dieses Vorhaben seinen Niederschlag in der im August letzten Jahres in Kraft getretenen Schulgesetznovelle gefunden.

Dabei war immer klar und wird von mir stets betont – Herr Abgeordneter Wiechmann, ich konnte auch bei Ihnen einen Lernerfolg feststellen –, dass größere Selbstständigkeit, verbindliche Standards und regelmäßige Überprüfungen der Ergebnisse ein untrennbarer Dreiklang sind.

(Beifall bei SPD und FDP – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich doch gesagt!)

Dies gilt auch und insbesondere für den Modellversuch „Selbstverantwortliche Schule“.

Mit diesem Modellversuch sollen zwölf Schulen aller allgemein bildenden Schularten die Chance erhalten, über die bereits bestehenden Möglichkeiten hinaus mehr Verantwortung für ihre Schulen und ihre Schülerinnen und Schüler zu übernehmen. Verantwortung heißt für mich vor allem professionelles pädagogisches Handeln. Das traue ich unseren Schulleitungen und Lehrkräften ganz ausdrücklich zu.

(Beifall bei SPD und FDP)

Verantwortung heißt für mich aber auch, politisch verantwortlich zu handeln. Das heißt hinzuschauen, mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Praktikerinnen und Praktikern neue Wege zu suchen und dabei auch den Blick auf den internationalen Vergleich zu werfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber nicht ich bin mit verklärten Augen aus Finnland zurückgekehrt, sondern es waren zum Beispiel Sie, Herr Keller, der uns über die „Rheinpfalz“ damals wissen ließ: Letztlich muss man auch bei uns darüber nachdenken, ob das gegliederte Schuls ystem der Weisheit letzter Schluss ist.

(Zurufe von der SPD – Mertes, SPD: Hört! Hört! Herr Keller, hahaha! Mit heruntergelassener Hose erwischt!)

Herr Abgeordneter Keller, das haben Sie gesagt. Ich sage an der Stelle ganz deutlich, auch nach Ihren Angriffen heute hier, wenn Sie in dieser Frage Klärungsbe

darf haben, dann reicht eine Sitzung der CDU-Fraktion. Da brauchen Sie keine Aktuelle Stunde. Wir haben ihn nicht.

(Beifall der SPD und der FDP – Anheuser, CDU: Wir machen, was wir gerne möchten! – Mertes, SPD: Pass du mal auf, dass du wiederkommst! – Weitere Zurufe des Abg. Anheuser, CDU, sowie weitere Zurufe im Hause)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in Rheinland-Pfalz für unsere Politik klare Leitlinien.

(Dr. Weiland, CDU: Hahaha!)

Diese klaren Leitlinien drücken sich in Projekten aus

(Dr. Weiland, CDU: Ja, die drücken sich!)

wie der Ganztagsschule, wie der „Zukunftschance Kinder“, wie „Qualitätsmanagement“.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich verstehe, dass das bei manchen Verärgerung auslöst.

(Beifall bei SPD und FDP – Zurufe von der CDU – Mertes, SPD: Ja! Das ist klar!)

Ein Grund für Angriffe auf die Landesregierung ist das mit Sicherheit nicht.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Zurück zu unserem Schulversuch.

(Dr. Weiland, CDU: Wenn Tante Doris erzählt!)

Dann lohnt es sich zuzuhören, Herr Abgeordneter Weiland.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die Verpflichtung zur bestmöglichen individuellen Förderung aller Schülerinnen und Schüler ist für mich der wesentliche und zentrale Inhalt der Selbstverantwortlichkeit. Das heißt auch, dass wir uns mit allem Engagement darum kümmern, dass Schülerinnen und Schüler möglichst gut gefördert werden, möglichst viele einen Abschluss erhalten, es möglichst wenige Schulabbrüche und Schulverweigerungen gibt sowie möglichst eine Reduzierung der Zurückstellungen und Wiederholungen. Das ist in diesem Hause Konsens, zumindest war es bisher Konsens, dass wir uns darum bemühen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es darf aber nicht bei Forderungen bleiben. Wir müssen auch die Wege aufzeigen, die wir gehen wollen. Mit dem Modellversuch erhalten die Schulen eine Reihe von Optionen. Sie entscheiden im Rahmen der Vorgaben der

Bildungsstandards und der landesinternen schulart- und schulspezifischen Vorgaben über die Unterrichtsinhalte. Sie sind in diesem gesetzten Rahmen frei, neue Inhalte und gegebenenfalls auch Fächer zur Profilbildung in der Schule aufzunehmen. Sie sind nicht an den 45- oder 50Minuten-Takt gebunden. Sie haben die Möglichkeit, Klassen- und Lerngruppen zu bilden. Sie verfügen über eine auf das Qualitätsprogramm abgestimmte Fortbildungsplanung. Sie entscheiden im Rahmen der Vorgaben über das Personal und im Rahmen der kommunalen Vorgaben auch über das Sachmittelbudget.

Von all dem, was völlig unstrittig ist, ist in der öffentlichen Diskussion reichlich wenig herübergekommen. Allein die Frage der Leistungsbeurteilung, genauer der Notengebung, beherrschte die Debatte der letzten Tage hierzu. Die Modellversuchsbedingungen sehen in diesem Kontext vor, dass die Schulen selbstständig über Art, Umfang und Zahl der Leistungsüberprüfungen entscheiden und Leistungsrückmeldungen insbesondere durch individuelle Lernberichte erfolgen. Nach den Modellversuchsbedingungen kann dies auch für Zeugnisse gelten. Ausgenommen sind Abgangs- und Abschlusszeugnissse.

Hintergrund dieser Vorschläge war, dass ich der festen Überzeugung bin, dass die Schulen die Möglichkeit für neue Wege brauchen. Im Übrigen, moderne Beurteilungssysteme sind in Wirtschaft und Verwaltung inzwischen in vielen Bereichen eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall der SPD und der FDP)

Nun sind in den letzten Tagen massive Befürchtungen geäußert worden, dass ein Verzicht auf Ziffernnoten negative Auswirkungen haben könnte. Auch wenn ich dies nicht sehe, weil ich auf die pädagogische Kompetenz der Lehrkräfte setze, nehme ich die Ängste ernst, weil mir der Modellversuch und vor allen die Weiterentwicklung unserer Schulen wichtig ist. Dabei setze ich ganz ausdrücklich auf eine gute Zusammenarbeit mit den Koalitionspartnern. Wir haben gestern auf meinen Wunsch – – –

(Unruhe bei der CDU)

Wir haben gestern auf meinen Wunsch – – –

(Unruhe bei der CDU)

Wir haben gestern auf meinen Wunsch ein Gespräch geführt.

(Unruhe bei der CDU)

Ich kann verstehen, dass Sie das Ergebnis nicht hören möchten, weil wir uns völlig einig sind.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Mertes, SPD – Unruhe bei der CDU und Zurufe von der CDU)

Aber ich würde es dennoch ausgesprochen gern mitteilen, weil es doch von Interesse ist.

(Dr. Weiland, CDU: Ach, lassen Sie es doch!)

Im Ergebnis werde ich die Schulen bitten, dass zunächst auch bei der Einführung von individuellen Lernberichten in den Zeugnissen ergänzend die Ziffernnoten ausgewiesen werden.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, dies bietet die Chance, Erfahrungen mit einer individuelleren Form der Leistungsbeurteilung bei allen Beteiligten zu gewinnen. Der im Modellversuch vorgesehene erweiterte Spielraum bei den Versetzungsregelungen ist selbstverständlich an entsprechende pädagogische Maßnahmen gebunden. Auch hierüber bestand Einigkeit.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist darauf hingewiesen worden, dass dieser Modellversuch sehr sorgfältig in den Schulen entschieden wird und sehr sorgfältig begleitet wird. Ich sage ganz ausdrücklich, die Schulen werden sehr sorgfältig und ausreichend bei diesem Modellversuch unterstützt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Modellversuch „Selbstverantwortliche Schule“ ist maßvoll, gut durchdacht

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

und erfährt jetzt an einer strittig diskutierten Stelle eine Ergänzung.