Es gibt überall, in jeder Schule zu wenig Fördermöglichkeiten, vor allem in der Vollen Halbtagsschule.
Zum Schluss: Es gibt auch noch zu wenig Schulps ychologen. Auf 15.000 Schüler kommt ein Schulpsychologe. Es gibt auch zu wenig Sozialarbeiter.
(Zuruf der Abg. Frau Spurzem, SPD – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD – Mertes, SPD: Fraktionssozialarbeiter!)
Angesichts dieser schlechten Rahmenbedingungen ist Ihre Erwartungshaltung an den Schulversuch an Unseriosität nicht mehr zu überbieten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wer neue Horizonte entdecken möchte, muss den Mut haben, gewohnte Ufer zu verlassen. Das hat nicht der Herr Keller gesagt, sondern Christoph Kolumbus.
Mit dem neuen rheinland-pfälzischen Schulgesetz haben wir einen ersten Schritt getan. Wir haben den Schulen die individuelle Förderung für jede Schülerin und jeden Schüler als Verpflichtung aufgegeben.
Diese Forderung ist nicht zuletzt eine Folge aus dem schlechten Abschneiden deutscher Schulen aus den PISA-Studien. Dem deutschen Schulsystem gelang es bisher offensichtlich nicht, Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit herzustellen.
Die Forderung aller am Bildungssystem Beteiligten war und ist, wir müssen vom PISA-Sieger Finnland lernen.
Diese Erkenntnis hat einen wahren Reiseboom nach Finnland ausgelöst. Auch der rheinland-pfälzische Bildungsausschuss hat sich vor Ort darüber informiert, und einige Kollegen sind dort zu erstaunlichen Erkenntnissen gelangt.
Im Kern geht es darum, die individuelle Förderung jedes einzelnen Schülers und jeder einzelnen Schülerin zu gestalten.
Erreicht werden soll dies durch die Möglichkeit der einzelnen Schule, die Ausgestaltung des Lehrplans selbst zu übernehmen. Dazu erhalten die Schulen, die sich für
den Schulversuch bewerben, eine weit reichende inhaltliche, personelle und organisatorische Selbstständigkeit. Diese Selbstverantwortlichkeit ist selbstverständlich mit einer Verpflichtung zur Rechenschaftslegung verbunden, und das alles in enger Kooperation mit den Eltern. Wesentliches Ziel des Projekts ist also die selbstverantwortliche Schule, die selbstverständlich den Zielen der Verfassung des Schulgesetzes verpflichtet bleibt.
Den Schulen Freiheit geben, mit ihnen Standards abstimmen und ihnen einen möglichst großen Handlungsspielraum belassen, ist eine Forderung, die insbesondere aus der Wirtschaft erhoben wird. Die Schulen brauchen Spielräume, damit sie eigene Ideen umsetzen und die Probleme vor Ort lösen können. Mehr Eigenverantwortung für die Schulen bedeutet auch, dass die Schulen und die Lehrer stärker darüber bestimmen können, wie sie den Unterricht gestalten, was, wann und wie gelehrt wird. Die Schulen müssen Freiheit haben, über ihre finanziellen Mittel eigenständig zu verfügen, und auch bei der Verteilung und bei der Besetzung von Stellen müssen sie mehr Möglichkeiten bekommen. Auf diesen Feldern sind in den letzten Jahren schon einige wichtige Schritte gegangen worden.
320 Schulen im Land beteiligen sich an dem Programm „Erweiterte Selbstständigkeit“, nutzen die Chance einer größeren Personalverantwortung und organisieren eigenständig Vertretungspools, um die Unterrichtsversorgung bei kurzfristigem Ausfall von Lehrkräften sicherzustellen. Viele Schulträger stellen ihren Schulen Sachmittelbudgets zur Verfügung, über deren Verwendung sie selbst entscheiden können und die auch im Rahmen der kommunalen Vorgaben in spätere Haushaltsjahre übertragbar sind.
Mit dem Schulversuch „Selbstverantwortliche Schule“ wird nun ein Schritt weiter gegangen. Zwölf Schulen von 1.700 Schulen im Land erhalten die Möglichkeit, ihre eigene Arbeit selbstständig zu gestalten.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Presseerklärung des Landeselternbeirats hinweisen, der den Schulversuch ausdrücklich begrüßt.
Das Ziel des Schulversuchs, selbstverantwortlich pädagogische Möglichkeiten individueller Förderung auszuloten, wird nachdrücklich unterstützt. Der Landeseltern
Vor der Entscheidung, als Versuchsschule zu arbeiten, sind die Gesamtkonferenz, der Schulausschuss, der Schulelternbeirat, die Vertretung der Schülerinnen und Schüler und der Schulträger zu beteiligen. Demokratischer kann es nicht mehr zugehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mein Gott, jetzt haben sie’s! – Das war mein erster Gedanke, als ich in der letzten Woche die Vorstellung der Landesregierung zum Modellversuch „Selbstverantwortliche Schule“ gelesen habe. Endlich hat auch das SPDgeführte Bildungsministerium begriffen, dass wir uns am PISA-Sieger Finnland orientieren müssen, um unser Schulsystem leistungsfähiger und gerechter zu machen und es zukunftsfähig zu gestalten.
Meine Damen und Herren, wir GRÜNEN fordern seit Jahren ein Mehr der Selbstständigkeit der einzelnen Schulen und ein Mehr an individueller Förderung für alle Schülerinnen und Schüler. Die Ablehnung dieses zukunftsweisenden Projekts von der CDU war zu erwarten, kommen von Ihnen doch seit Jahren nur noch Ideen aus der bildungspolitischen Mottenkiste, Herr Kollege Keller.
Die Kolleginnen und Kollegen der FDP jedoch, die sonst immer das Mäntelchen der Eigenverantwortung und der Selbstständigkeit vor sich her tragen, entlarven sich einmal mehr als Innovationsfeinde. Der VBE hat der FDP mangelndes bildungspolitisches Innovationsverständnis vorgeworfen.
Die Äußerungen der FDP zu dem Schulversuch klängen eher nach schulpolitischer Unbeweglichkeit als nach
Meine Damen und Herren, die größere Selbstständigkeit von Schulen ist kein Selbstzweck. Ziel ist die individuelle und bestmögliche Förderung aller Schülerinnen und Schüler. Das muss im Mittelpunkt jeglicher Reformbemühungen in der Bildungspolitik stehen. Dazu brauchen wir eine Verbesserung der Unterrichtsqualität sowie die Steigerung der Leistungen der Schulen und des Schulsystems insgesamt.
Der Dreiklang aus mehr Selbstständigkeit bei gleichzeitig verbindlichen Standards und regelmäßiger Evaluation dieser Standards hat sich hierbei international bewährt. Deshalb haben wir GRÜNEN genau vor einem Jahr schon zum Schulgesetzentwurf der Landesregierung einen Entschließungsantrag in dieses Parlament eingebracht, in dem haargenau das gefordert wird, was die Landesregierung erst jetzt beginnen will. Wir haben die Landesregierung aufgefordert, den rechtlichen Rahmen für die weitgehende organisatorisch-finanzielle und pädagogisch-didaktische Selbstständigkeit der rheinlandpfälzischen Schulen auszubauen.
Meine Damen und Herren, wer wie das Ministerium klammheimlich, sozusagen von hinten durch die Brust ins Auge, Schulversuche initiiert, der irritiert offensichtlich auch den eigenen Koalitionspartner, ist die FDP in Rheinland-Pfalz doch eigentlich immer der Garant einer rückständigen Bildungspolitik gewesen!