Protokoll der Sitzung vom 07.07.2005

Ich erteile Herrn Staatsminister Bauckhage das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Braun, wenn man Ihren Antrag liest, ist das eine Lehrstunde in Planwirtschaft. So einfach kann man es sich nicht machen. Das zeigt auch die innere Haltung, die Sie zu diesen Problemen haben. Klar ist, wenn man regenerative Energien will, die nicht wettbewerbsfähig sind – das gilt für alle –, muss man natürlicherweise einen vernünftigen Mix staatlich begleiten. Das muss natürlich auch degressiv gestaltet sein.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie viele Millionen haben Sie für die Bauern ausgegeben für diesen Bereich?)

Frau Kollegin Mohr, ich bin stark dafür, den Import zu reduzieren. Man muss aber wissen, wenn man von 98 % auf 90 % kommen will, bedeutet das eine erhebliche Ausweitung der Nutzung der Windkraft.

(Frau Mohr, SPD: Nein!)

Oder wir bauen ein neues Kraftwerk in RheinlandPfalz. Das bedeutet eine erhebliche Ausweitung der Windkraft, weil mit allen anderen Energiekompensationen werden Sie keine erheblich andere prozentuale Situation erreichen.

Ich will dazu auch noch etwas zum Besten geben. Kürzlich ging ich irgendwo mit meinen zwei Dackeln spazieren. Da hätte ich am liebsten Schäferhunde bei mir gehabt. Da kam ich in ein Dörfchen. In diesem Dörfchen kamen zu Weihnachten auf einmal mengenweise Bewohner aus den Häusern und waren zornig, weil dort Windkraftanlagen standen. Man muss sehen, dass auch noch die Akzeptanz der Bevölkerung gegeben sein muss.

(Schwarz, SPD: Deine zwei Dackel haben sich gefreut?)

Die haben mich dann gerettet.

Wer hat denn die Privilegierung im Bundesbaugesetz geschaffen? Die ist nicht abgeschafft worden, sondern die haben wir beide seinerzeit gemeinsam geschaffen.

(Licht, CDU: Jede Zeit hat seine Gesetze!)

Herr Licht, mit dem Problem haben wir aber jetzt zu tun. Das geht so weit, dass selbst zu Weihnachten nicht mehr alle Bürger friedlich sind. Da müssen die schon emotional und sachlich sehr aufgeheizt sein.

(Zurufe von der CDU)

Ich begrüße es, dass mir die beiden Anträge Gelegenheit bieten, zur Energiepolitik Stellung zu nehmen.

Rheinland-Pfalz nimmt mit einem Anteil der erneuerbaren Energien an der heimischen Stromerzeugung von fast 25 % einen Spitzenplatz ein. Die Landesregierung steht uneingeschränkt hinter den Zielsetzungen der Europäischen Union und Deutschlands, die CO2Emissionen nach dem Kyoto-Protokoll um 21 % zu senken. Deutschland ist dabei mit einer Reduzierung um knapp 19 % zwischen den Jahren 1990 und 2000 bereits auf gutem Weg.

(Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Ich will jetzt auch sofort noch etwas zum Emissionsrechtehandel sagen. Da sieht man sehr deutlich, dass man aus Monopolstrukturen kommt. Es ist unglaublich, was man sich dort derzeit erlaubt. Das belegt eigentlich, dass es dringend an der Zeit ist, dass die Regulierungsbehörde mit Zähnen ausgestattet wird, damit sie dieser Sache ein Ende bereiten kann. Das, was da passiert, ist eine Sache, die man sich zweimal überlegen muss. Herr Creutzmann hat das bereit erwähnt.

Rheinland-Pfalz hat die energetisch bedingten CO2Emissionen allein zwischen 1998 und 2000 um über 7 % reduziert.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthält wieder nur alten Wein in neuen Schläuchen. Herr Kollege Licht hat völlig Recht. Man muss schon wissen, wo man hin will. Wir wissen, wo wir hin wollen. Das habe ich auch gerade noch einmal formuliert.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Zunächst muss man eine klare Analyse machen. Wenn man eine klare Analyse hat, ist es ratsam zu sehen, wie man aufbauend auf der Analyse Energiepolitik gestalten kann. Das ist die Frage.

Zielsetzungen von jeder verantwortungsvollen Energiepolitik sind Versorgungssicherheit, Preiswürdigkeit und Umweltverträglichkeit. Ich könnte auch sagen Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Preiswürdigkeit.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat schon seinen Grund, weshalb Sie das andersherum sagen!)

Frau Thomas, es ist völlig klar, dass die Umweltverträglichkeit eine zentrale Rolle spielen muss.

Aufgabe der Politik ist es, diese unterschiedlichen Ziele in ein Gleichgewicht zu bringen. Ich betone ganz bewusst den Begriff „Gleichgewicht“.

Wirtschaftsstaatssekretär Abramowitsch hat vor wenigen Tagen bei der Einweihung des neuen Gas- und DampfKraftwerks der BASF in Ludwigshafen festgestellt, dass sich das Zieldreieck auf Bundesebene nicht mehr in der Balance befindet. Ich stimme in diesem Punkt ausdrücklich mit ihm überein. Der Umweltschutz hat in der Tat die anderen beiden Ziele Preiswürdigkeit und Versorgungssicherheit ein Stück überlagert.

Die heimische Wirtschaft steht in vielen Bereichen in Konkurrenz zu anderen Wirtschaftsstandorten. Ein wichtiger Standortfaktor sind zweifellos die Energiepreise.

Gestatten Sie mir einen kleinen Einschub. Es war hoch interessant, als bei Opel die Verhandlungen stattfanden, wo weiter produziert wird, nämlich ob in Trollhättan, in Rüsselsheim, in Bochum oder auch in Kaiserslautern. Da könnten wir jetzt auch ein wenig über Wirtschaftsförderung reden. Mein Kollege Clement hat vorgeschlagen, wir sollten versuchen, einen Rabatt bei den Energiepreisen zu erreichen, weil die Energiepreise in Schweden um 17 % günstiger sind als in Deutschland. Ich sage das nur nachrichtlich, damit wir wissen, dass man dann, wenn man über Arbeitsplätze redet, komplett über alles reden muss.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Tatsache war, dass mein Kollege Clement öffentlich erklärt hat, dass wir einen Rabatt bei den Energiepreisen geben müssten. Ich sage das nur deshalb, damit man

sieht, in welch schwieriger Situation man sich im Leben befindet, wenn es darum geht, den Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland entsprechend zu belichten.

Die heimische Wirtschaft steht in vielen Bereichen in Konkurrenz zu anderen Standorten. Ein wichtiger Standortfaktor sind die Energiepreise. Bei stromintensiven Branchen, wie Chemie, Zement oder Papier, kann der Anteil der Stromkosten bei über einem Drittel der Gesamtkosten liegen.

Die mehrfachen Ankündigungen von Werksschließungen wegen überhöhter Energiepreise, etwa der Hamburger Aluminium-Werke, müssen normalerweise nachdenklich stimmen. Auch die Hamburger AluminiumWerke gehen aber nicht so ohne weiteres aus Hamburg heraus, da das eine Menge Investitionen an anderer Stelle bedeutet.

Ganz neutral und ohne Wertung will ich auch sagen, was der Vorstandsvorsitzende der BASF, Jürgen Hambrecht, in einem Zeitungsinterview gesagt hat, nämlich er hat das als Katastrophe bezeichnet. Das sollte uns an die wirtschaftlichen Realitäten erinnern.

Der allzu sorglose Umgang mit energiepolitischen Instrumenten kann unserer Wirtschaft schweren Schaden zufügen. EEG, KWK-Gesetz und auch die Ökosteuer sind allesamt Gesetze, die eine zusätzliche Belastung bedeuten. Ich will damit nicht sagen, dass man das alles nicht braucht, aber das bedeutet eine zusätzliche Belastung. Eingangs sagte ich bereits, wenn man will, dass regenerative Energien am Markt wettbewerbsfähig sein sollen, muss man sie staatlich begleiten. Man muss nur sehen, wo der Punkt ist, ab dem der Pendel umschlägt. Diese Belastungen sind nicht gleichmäßig, sondern sie treffen den Mittelstand gerade in Rheinland-Pfalz natürlicherweise im Besonderen.

Es stellt sich auch die Frage, inwieweit die Einspeisevergütungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in allen Bereichen noch in dieser Form angemessen sind. Es stellt sich die Frage, ob nicht das Instrument des Emissionshandels effektiver ist, um mit weniger Kosten den Klimaschutz zu erreichen. Es stellt sich aber auch die schwierige Frage, wer mit den Emissionen handelt.

Für mich steht fest, dass die verschiedenen Instrumente im Hinblick auf die Erreichung der drei Ziele Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Preiswürdigkeit derzeit nicht hinreichend aufeinander abgestimmt sind.

Noch eine Bemerkung zu den von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genannten angeblichen Beschäftigungseffekten.

Herr Dr. Braun, ich wäre da sehr vorsichtig. Nach meiner Kenntnis hat es in Deutschland in den vergangenen Jahren vier größere Studien zu dem Thema „Beschäftigungseffekte durch erneuerbare Energien“ gegeben. In drei von diesen vier Studien werden die Beschäftigungseffekte per Saldo schon mittelfristig als deutlich negativ bis bestenfalls beschäftigungsneutral beurteilt. Auftraggeber der drei Studien war zweimal das Bundeswirtschaftsministerium und einmal die Hans-Böckler

Stiftung. Ich sage das nur nachrichtlich, damit wir sehen, wie die Situation ist.

Die Gesetze der Logik besagen, dass die höheren strombezogenen Abgaben zu einer Verringerung des Budgets für Konsumausgaben führen, was wiederum problematisch erscheint.

Aus alledem folgt auch, dass Energiepolitik zu den klassischen Feldern der Wirtschafts- und Technologiepolitik zählt, bei deren Umsetzung alle beteiligten Ressorts eng und konstruktiv zusammenarbeiten.

Ich komme nun zu den konkreten Leitlinien und Maßnahmen der Landesregierung, die sich auch im Antrag der Fraktionen der FDP und SPD widerspiegeln. Die über 6.000 Einzelmaßnahmen, die wir allein als Wirtschaftsministerium seit 1990 mit einem Volumen von rund 30 Millionen Euro gefördert haben, verfolgen ein klares Ziel, nämlich eine Energieversorgung, die sicher, umweltgerecht und preisgünstig ist.

Angesichts der derzeitigen Höhe der Einspeisevergütungen sind solche Anlagen ohne weiteres wirtschaftlich zu betreiben und bedürfen nicht einer zusätzlichen Förderung aus Landesmitteln. Man kann lang über die Grundsätze streiten.

(Zurufe von der CDU)

Ich sage noch etwas dazu. Bleiben Sie einmal ruhig.

Die Landesregierung unterstützt die Solartechnik im Hinblick auf die Exportchancen der rheinland-pfälzischen Wirtschaft auf andere Weise. Wir leisten durch Flächenbereitstellung und Koordination zwischen Investoren und Eigentümern einen sehr effektiven Beitrag.

Das Gleiche gilt für die Förderung von Windkraftanlagen, die durch einen massiven Ausbau zudem erhebliche technische Probleme aufwerfen und kostspielige Investitionen in die Netz-Infrastruktur erfordern.

Die Studie der Deutschen Energie Agentur DENA, an der die gesamte Windbranche mitgewirkt hat, belegt eindrucksvoll das ganze Ausmaß des technischen Problems. Daraus nur ein Beispiel: Wenn wir in Deutschland mit bis zu 36 Gigawatt Windenergie schon im Jahr 2015 rechnen müssen, aber nur mit höchstens 6 % davon dauerhaft rechnen können, müssen wir weiterhin 94 % der riesigen Energiemenge durch konventionelle Kraftwerktechnik parallel vorhalten. Das ist auch ein Fakt, den man zur Kenntnis nehmen muss. Dies ist schon bemerkenswert.

Meine Damen und Herren, um knappe Steuergelder verantwortungsvoll einzusetzen, fördert die Landesregierung in erster Linie Pilot- und Demonstrationsanlagen anstelle von breiten Flächenprogrammen. Die Landesregierung stellt zukunftsträchtige Technologien in den Mittelpunkt, die grundlastfähig sind und große Potenziale aufweisen. Dies sind insbesondere die Biomasse, die Tiefen-Geothermie und die Brennstoffzelle. Dabei messen wir der Ausschöpfung regionaler Ressourcen verständlicherweise besondere Bedeutung zu.

Im Rahmen des Energiekonzepts meines Hauses habe ich einen Aktionsplan zu der energetischen Nutzung von Biomasse in der Landwirtschaft aufgelegt. Ich will nicht zuletzt auch neue Einkommensperspektiven für unsere landwirtschaftlichen Betriebe erschließen.