Herr Kollege Keller, dies sind – ich gebe es zu – zwei relativ zufällig ausgewählte Zitate der letzten Wochen zum Thema „rheinland-pfälzische Bildungspolitik“.
Nicht ganz so zufällig ist der Politiktrend des Südwestrundfunks „Ländersache“ vom März 2005 ausgewählt. Auf die Frage: „Könnte die CDU die Probleme im Bildungsbereich besser lösen?“,
antworten 7 % „genauso gut“ oder „genauso schlecht“, 23 % sagen „ja, besser“, und 54 % sagen „nein, nicht besser“, Herr Kollege Keller.
Vielleicht erläutern diese Einschätzungszahlen ein klein wenig die Stimmungslage, die zumindest Sie dazu verleitet, immer wieder verzweifelt am Podium zu versuchen, etwas herbeizureden, was schlicht und einfach nicht richtig ist, um nicht zu sagen, Sie lügen.
Was hat uns die Kultusministerkonferenz 2002, nachdem PISA I ausgewertet worden ist, ins Stammbuch geschrieben, und was hat Rheinland-Pfalz daraus gemacht? – Ich danke Ihnen dafür, dass ich es Ihnen noch einmal vortragen kann, weil ich hoffe, dass auch bei Ihnen das pädagogische Prinzip der Wiederholung irgendwann greift.
(Zurufe von der SPD: Oh! – Zuruf des Abg. Mertes, SPD – Itzek, SPD: Da ist Hopfen und Malz verloren! – Beifall bei der SPD)
Die Kultusministerkonferenz hat uns sieben Bereiche vorgeschlagen. Bereich 1: Sprachkompetenz, Förderung im vorschulischen Bereich. Was hat Rheinland-Pfalz gemacht? – Wir haben das Kita-Gesetz novelliert. Wir haben mehr Ganztagsangebote etabliert. Wir haben spezielle Deutschkurse in den Kindertagesstätten auch für die Mütter entwickelt. Wir haben die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten entwickelt und dort besonders den Bereich der Sprachförderung betont.
Wir haben die Reform der Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher entwickelt und durchgeführt und einen berufsbegleitenden Studiengang für Leitungskräfte unserer Kindertagesstätten eingeführt. Wir haben vor allen Dingen ein Zukunftsprogramm „Kinderbildung von Anfang an“ mit dem Schwerpunkt der Elementarbildung entwickelt. Dazu werden 8 Millionen Euro für Sprachförderung und Schulvorbereitung bereitgestellt, ein beitragsfreies letztes Kindergartenjahr und ein 2-MillionenEuro-Fortbildungsprogramm für Erzieherinnen und Erzieher und vieles mehr in diesem Bereich vorgelegt.
Die Kultusministerkonferenz hat uns die Verzahnung des vorschulischen Bereichs mit der Grundschule empfohlen. Was haben wir gemacht? – Wir haben im Bereich der Bildungs- und Erziehungsempfehlungen genau diese Zusammenarbeit entwickelt und vorgeschrieben, Herr Kollege. Wir haben die gemeinsame Fortbildung von Erzieherinnen und Lehrkräften entwickelt. Wir haben die Zusammenarbeit dieser beiden Bereiche in den Qualitätsprogrammen der Grundschulen verankert.
Wir haben in unserem reformierten Schulgesetz die Möglichkeit der frühzeitigen Einschulung ohne Zwangseinschulung nach dem CDU-Modell vorgeschlagen. Wir haben den Einschulungsstichtag vom 30. Juni auf den 31. August um zwei Monate verlegt.
Die Verbesserung der Grundschulbildung sowie die Verbesserung der Lese- und Mathematikkompetenz hat man uns vorgeschlagen. Was haben wir gemacht? – Wir haben die Volle Halbtagsschule entwickelt. Wir haben neue Rahmenpläne in Mathematik, Fremdsprache Deutsch, Sachunterricht, Sport und Religion für die Grundschule vorgelegt.
Wir haben das integrierte Fremdsprachenarbeiten in unseren Grundschulen. Wir haben die Vergleichsstudie VERA entwickelt, und wir haben an dem Programm „Leselust in Rheinland-Pfalz“ sowie an BLK-Modellen mitgewirkt. Wir haben bildungsbenachteiligte Kinder gefördert,
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese rotgelbe Landesregierung ist nun wahrlich bekannt dafür, sich im Landtag von den Regierungsfraktionen für die Ergebnisse jeder noch so überflüssigen Wirtschaftsstudie feiern zu lassen und sich selbst auf die Brust zu klopfen.
Das Ergebnis der PISA-Ergänzungsstudie hat aber schonungslos offen gelegt, dass Rheinland-Pfalz in einem der zentralen Politikfelder der Landespolitik, nämlich in der Schulpolitik, nicht in der Lage ist, mit dem Entwicklungs- und Reformtempo der anderen Bundesländer mitzuhalten. Das steht dort schwarz auf weiß!
Herr Kollege Keller hat die Daten, die veröffentlicht worden sind, schon erwähnt. Ich möchte dies noch einmal tun:
Nach den veröffentlichten Daten ist Rheinland-Pfalz bei der mathematischen Kompetenz im Bundesländervergleich von Rang 6 auf Rang 11 zurückgefallen, bei der wichtigen Lesekompetenz von Rang 4 auf Rang 6 und bei der naturwissenschaftlichen Kompetenz von Rang 5 auf Rang 9. Rheinland-Pfalz wird schlicht und ergreifend abgehängt.
Meine Damen und Herren, auch der Bildungsmonitor 2005 ist schon erwähnt worden. Ich möchte dies ebenfalls noch einmal tun. Die Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ nimmt in einem großen Ausmaß die Ressourcen der Bildungssysteme der Bundesländer in den Blick. Bei der Bestandsanalyse des Bildungssystems nimmt Rheinland-Pfalz dieser Studie zufolge weit unter dem Durchschnitt der Bundesländer nur den 12. Rang der insgesamt 16 Bundesländer ein und im Bereich der Hochschule nur den 15., also den vorletzten Platz. Auch bei der Entwicklungsanalyse liegt Rheinland-Pfalz unter dem Durchschnitt aller Bundesländer auf Rang 10.
Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz kann dem Tempo der übrigen Bundesländer bei der Umsetzung von dringend notwendigen Reformen in der Bildungspolitik nicht folgen, und das, obwohl Rheinland-Pfalz laut dieser Landesregierung angeblich das Musterland für bildungspolitische Innovationen und Fortschritte ist. Die eingeleiteten Reformen haben offensichtlich nicht zu substanziellen Verbesserungen geführt.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns in RheinlandPfalz endlich darauf konzentrieren, die frühkindliche Bildung zu stärken, den Unterrichtsausfall zu beenden und uns nicht nur immer wieder Lippenbekenntnisse dieser Landesregierung anzuhören.
Meine Damen und Herren, Schulen werden nur dann leistungsfähiger, wenn alle Schülerinnen und Schüler wirklich individuell in einer anregenden Lernsituation gefördert werden.
Für die in den beiden Studien beschriebene Situation des Bildungssystems in Rheinland-Pfalz ist der kleine Koalitionspartner in großem Maße verantwortlich. So hatte die FDP-Fraktion zum Beginn dieses Schuljahres nichts Besseres zu tun, als ihrem Koalitionspartner alle Kröten, die er in den nächsten Jahren wieder schlucken soll, vorzuführen. Die FDP möchte den Eltern das Recht nehmen, über die Schullaufbahn ihrer Kinder zu entscheiden. Die FDP will das Zentralabitur und zentrale Abschlussprüfungen an Haupt- und Realschulen einführen. Nicht die individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler, sondern das Aussortieren nach der Grundschule steht leider im Mittelpunkt der rheinlandpfälzischen schulpolitischen Diskussion. Das Resultat dieser gegensätzlichen bildungs- und schulpolitischen Vorstellungen der beiden Regierungspartner lässt sich auch in den beiden Bildungsstudien ablesen.
Gegenseitige Blockade und Stillstand kennzeichnen die Bildungspolitik dieser Landesregierung, und ganz offensichtlich haben sich die Gemeinsamkeiten in der Bildungspolitik erschöpft. Die Leid Tragenden in dieser Situation sind in erster Linie die jungen Menschen, die Schülerinnen und Schüler.
Statt der Bekämpfung des Unterrichtsausfalls, statt wirklicher Qualitätsverbesserungen und einer individuellen Förderung für alle Schülerinnen und Schüler ist die Bildungspolitik dieser Landesregierung nur durch konzeptionslose Defizitbekämpfung und hilflosen Aktionismus gekennzeichnet. Ich werde Ihnen dies in der zweiten Runde an Beispielen verdeutlichen.
Aber noch ein Punkt: Herr Kollege Pörksen, wir brauchen ohne Wenn und Aber wirkliche Reformen. Wir brauchen endlich auch ein in sich stimmiges Gesamtkonzept für ein längeres gemeinsames Lernen, für eine bessere individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler und für mehr Selbstständigkeit für die einzelnen Schulen.
Nur solche Reformen wären es, die die Vielfalt fördern würden, die die Unterrichtsqualität verbessern würden und die damit auch ein Schlüssel für eine wirkliche zu
1. Die PISA-Debatte hat eine ungeheure Dynamik in die deutsche Bildungslandschaft gebracht, auch in die Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz.
2. PISA II kann den Erfolg von Reformen in dieser Zeit nicht messen. Wenn Sie sich anschauen, so hat PISA I 15-Jährige gemessen, PISA II ebenfalls, aber drei Jahre später. Damals waren die 15-Jährigen zwölf Jahre alt. Dass in diesen drei Schuljahren nicht alle eingeleiteten Reformen wirken konnten, muss auch die CDUOpposition erkennen.
3. Natürlich müssen wir besser werden. Deshalb begrüßt die FDP-Landtagsfraktion ausdrücklich die Reformschritte, die in Rheinland-Pfalz eingeleitet wurden. Die Kollegin hat schon vieles angeführt, ich nenne aber noch einmal beispielhaft die sofortige Umsetzung der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz, die VERAVergleichsstudien, bei denen wir Vorreiter waren, die sehr viel stärkere und ausgebaute Sprachförderung, die jetzt noch einmal einen Schub durch das Programm „Zukunftschancen Kinder“ bekommen wird, die interne und externe Evaluation von Schulen, Hochbegabtenförderung, Lehrerinnen- und Lehrerausbildungsreformen usw. Man könnte noch sehr viel mehr anführen. Die Kollegin hat dies schon getan.