Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

Präsidenten in Koblenz will ich an dieser Stelle nichts sagen, auch wenn man vielleicht versucht wäre, dies zu tun. Wohl will ich aber etwas zu den Planrichterstellen bei den Staatsanwaltschaften, den Amtsgerichten und den Landgerichten anmerken.

In den vergangen Jahren – dies wurde bereits im Rechtsausschuss gesagt – war es üblich, dass dann, wenn Richter Altersteilzeit in Anspruch genommen hatten, in der passiven Phase die Stellen nur halb nachbesetzt wurden, weil die andere Hälfte noch buchhalterisch bei dem in der passiven Phase der Altersteilzeit befindlichen früheren Stelleninhaber gebucht war. Ich darf daran erinnern: Jetzt hat der Landtag die Altersteilzeit für Richter Knall auf Fall abgeschafft. Wir dürfen fragen: Werden vakante Stellen in den Eingangsinstanzen damit unverzüglich neu besetzt, und wo, Herr Minister, bleibt bitte schön die Nachfolgeregelung für die abgeschaffte Altersteilzeit?

Eine Antwort auf diese Frage sind Sie bisher schuldig geblieben. Dies hatte ich bereits bei der letzten Debatte zu diesem Punkt angesprochen. Eines ist für mich als CDU-Vertreter klar: Ein „Sonderopfer Justiz“, wie wir es erleben mussten, als die Angehörigen der Richterschaft zwei Jahre länger auf die Einführung eines Altersteilzeitmodells warten mussten als der Rest unserer Landesbeamtenschaft, darf es nicht noch einmal geben.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, gerne hätte man in den Haushaltsplanberatungen im Ausschuss auch mehr über die Auswirkungen der von der Landesregierung geplanten Absenkung der Eingangsbesoldung im richterlichen Dienst und bei den Rechtspflegern erfahren. In den Ausschussberatungen hörten wir, dass dazu keine Berechnungen Ihres Hauses angestellt worden waren und Eingang in den Haushalt gefunden haben. Herr Minister, wollen Sie so die globale Minderausgabe erwirtschaften? Mit Haushaltsklarheit und -wahrheit hat das nicht allzu viel zu tun.

(Beifall der CDU)

Wenden wir uns noch einem anderen wichtigen Thema zu, dem Strafvollzug. Ich habe vorhin bereits die Strafstatistik 2005 erwähnt. Aus ihr geht auch hervor, dass es in diesem Land noch nie so viele Verurteilungen zu Freiheitsstrafen gab wie im Jahr 2005. Im vergangenen Jahr wurde also ein Rekordniveau erreicht. Herr Minister, mit Ihnen wünschen wir uns, dass die Inbetriebnahme der neuen Anstalt Wittlich Ende 2008 endlich dafür sorgen wird, dass hinreichend Haftplätze zur Verfügung stehen. Für uns ist Wittlich unverzichtbarer Bestandteil eines Vollzuges, der gleichermaßen sicher und menschenwürdig ist.

„Strafvollzug in Not“, titelte vor kurzem „DIE WELT“ und stellte dar, dass wir in Rheinland-Pfalz zu den Ländern gehören, die ihre Hausaufgaben bisher noch nicht gemacht haben, und wir unsere Anstalten mit einer unbefriedigenden Überlast fahren, die ein sinnvolles Arbeiten mit den Gefangenen – das ist ja das zentrale Thema – nahezu unmöglich macht.

Abhilfe tut also not. Die Frage, die wir an dieser Stelle zu stellen wagen, lautet: Sind denn die personellen Voraussetzungen gewährleistet?

Der vorliegende Haushalt enthält insgesamt 119 Anwärterstellen für den allgemeinen Vollzugsdienst. Das klingt gewaltig, ob es aber reicht, hängt, wie wir alle wissen, davon ab, wie es mit der bisherigen Anstalt Wittlich weitergeht. Im Haushalts- und Finanzausschuss haben Sie die Erwartung geäußert, dass die alte Anstalt Wittlich nicht aufgegeben werden kann, sondern ein Parallelbetrieb erforderlich sein wird. Die Zahlen, die ich erwähnt hatte – Rekordniveau bei den Freiheitsstrafen – sprechen die gleiche Sprache. Wenn ich zwei Jahre bis 2008 rechne, so sind es genau dieses Verurteilten, die ihre Strafe dann verbüßen müssen.

Außerdem haben Sie, Herr Minister, bei den Ausschussberatungen einräumen müssen, dass, wenn es zum Parallelbetrieb von Wittlich (alt) und Wittlich (neu) kommt, insgesamt mindestens 70 Stellen fehlen. Wie lösen Sie das Problem? Die Kollegin Meurer hat das in den Ausschussberatungen nachhaltig nachgefragt. Sie wollen, haben Sie oder der Vertreter Ihres Ministeriums im Ausschuss gesagt, ab 2009 Angestellte einstellen, um die Lücke zu schließen. Herr Minister, wie soll das funktionieren? Woher wollen Sie auf einen Schlag genügend qualifiziertes Personal hernehmen? Anwärter werden zwei Jahre geschult, bevor sie ihren Dienst aufnehmen. Und die Angestellten machen Sie in Crash-Kursen fit für den Vollzug? Herr Minister, so kommen wir mutmaßlich auf keinen grünen Zweig.

Was ich und was die CDU-Landtagsfraktion nicht will, sage ich in aller Deutlichkeit. Das ist, dass wegen fahrlässig unterlassener Einstellungen von Vollzugsbeamten in rheinland-pfälzischen Anstalten Schwerkriminelle auf Dächern herumspazieren und wilde Reden schwingen, von Vorfällen wie in Siegburg ganz zu schweigen.

(Beifall der CDU – Abg. Frau Schmitt, SPD: Das ist Ihre populistische Art, Politik zu machen!)

Ich darf das Thema „Strafvollzug“ noch weiterspinnen; denn es ist wirklich eines der zentralen Themen des Justizetats dieses Landes. Herr Minister, wir warten gespannt auf die Neustrukturierung der Arbeitsverwaltung in den Anstalten. Arbeit für möglichst viele Häftlinge ist wichtig für einen menschenwürdigen Vollzug. Hierüber befinden wir uns völlig im Konsens. Wichtig ist dies aber auch für die Kostendeckung. Dafür, dass die Untersuchungen zu neuen Managementsystemen in der Arbeitsverwaltung schon seit 2004 durchgeführt wurden, waren Ihre Antworten auf unsere Nachfragen im Ausschuss doch recht einsilbig. Von den Anstaltsleitungen hören wir, dass durchaus noch Potenzial besteht, die Situation auszubauen und zu verbessern. Diesbezüglich – das ist in dieser Haushaltsdebatte eine Forderung von uns – müssen Sie, Herr Minister, Farbe bekennen, und Sie müssen das auch bald tun.

(Beifall der CDU – Frau Schmitt, SPD: Dann hätten Sie am besten ein Deckblatt gemacht!)

Die Deckung vorzuschlagen, ist zunächst einmal Sache des Ministers.

(Frau Schmitt, SPD: Quatsch!)

Es ist Sache des Ministers, eine Deckung vorzuschlagen und die Neugestaltung der Arbeitsverwaltung zu präsentieren.

(Frau Schmitt, SPD: Das ist aber wenig!)

Wir können nicht vorab darüber diskutieren. Wir wissen ja gar nicht, was gebraucht wird. Zunächst müssen wir die Untersuchungen auswerten, Frau Kollegin Schmitt.

(Frau Schmitt, SPD: Ach so!)

Ja, genauso ist es.

(Frau Schmitt, SPD: Sie wissen nicht, was Sie wollen! Kann das vielleicht das Problem sein?)

Erst kommt die Untersuchung, dann folgt die Auswertung, und dann können wir an die Diskussion konkreter Punkte herangehen.

Erlauben Sie mir zum Schluss der Behandlung des Strafvollzugs, auch noch kurz den Jugendstrafvollzug zu streifen. Mit dem Kollegen Hartloff, der das heute Morgen in der Generaldebatte ebenfalls kurz behandelt hat, bin ich einer Meinung, dass wir einen Jugendstrafvollzug benötigen, der den jungen Menschen eine Perspektive für ein straffreies Leben bietet. Auf den Gesetzentwurf der Landesregierung sind wir deshalb sehr gespannt. Er soll Anfang des Jahres 2007 vorgelegt werden. Wir werden uns fair mit ihm auseinandersetzen.

Nur – auch das haben wir im Haushalts- und Finanzausschuss abgefragt –, haushaltsmäßig haben Sie dafür bisher null Vorsorge getroffen. So groß kann der Ehrgeiz für eine Neugestaltung des Jugendstrafvollzuges noch nicht sein, wenn haushaltstechnisch keine Voraussetzungen dafür geschaffen werden.

(Beifall bei der CDU)

Ein Letztes noch zum Komplex Strafvollzug. Strafvollzug endet nicht am Gefängnistor. Wichtig ist – das ist wohl ein Allgemeinplatz – die Nachsorge durch den Sozialdienst. Wir freuen uns, dass endlich – ich sage wiederum mit allem Nachdruck: endlich – unserer seit Langem erhobenen Forderung Rechnung getragen wurde, sodass nunmehr zweimal drei neue Bewährungshelferstellen geschaffen werden. Allerdings warne ich auch nachdrücklich vor falscher Euphorie. Mit diesen Neueinstellungen kommen wir gerade einmal in den Bereich des Bundesdurchschnitts der Belastungszahlen der einzelnen Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer. 98 Probanden statt 120, das ist zwar eine sinnvolle und notwendige Verbesserung, aber keineswegs ein Meilenstein.

Schließen will ich mit dem, was uns bei der Betrachtung des Justizhaushalts die größte Sorge macht. Das ist das explosionsartige Ansteigen der Haushaltsansätze bei

den Insolvenzverfahren, bei den Betreuungen und bei der Prozesskostenhilfe.

Herr Minister, bitte sagen Sie jetzt nicht, dass die kostenverursachenden Gesetze keine Landes- sondern Bundesgesetze sind; denn, als Mitglied der Justizministerkonferenz haben Sie es in der Hand, dafür zu sorgen, dass vernünftige Reformvorhaben vorangebracht werden, die dieser Kostenexplosion, die wir allesamt hier im Hause bedauern, Einhalt gebieten würden.

Dieser Verantwortung in der Justizministerkonferenz werden Sie jedenfalls bei der dringenden Reform der Prozesskostenhilfe nicht gerecht, da Sie die von der Mehrheit der Landesjustizminister gutgeheißenen Reformvorschläge zur Stärkung der Eigenbeteiligung in entscheidenden Punkten ablehnen. Wir haben im Ausschuss bereits darüber diskutiert. Insoweit sind Sie – ich komme auf meine Worte von vorhin zurück – gerade Bremser und nicht Heizer.

(Präsident Mertes übernimmt den Vorsitz)

Das Gleiche gilt auch bei der überfälligen Reform des Gerichtsvollzieherwesens. Mir ist völlig unverständlich, wie Sie im Verein mit dem rot-rot regierten Berlin einer Beliehenenlösung die Zustimmung verweigern können. Würden die Gerichtsvollzieher als staatlich Beauftragte und unter staatlicher Dienstaufsicht ihre Tätigkeit als Freiberufler ausüben, so würden – davon bin ich fest überzeugt – Vollstreckungen nicht nur effektiver werden, der Landeshaushalt würde auch von einem großen Kostenblock entlastet, der durch die Einnahmen aus den Vollstreckungsgebühren nicht einmal ansatzweise gedeckt ist. Hier sehen wir also schon etwas ganz Konkretes, bei dem wir sparen könnten, würden Sie auf Bundesebene helfen, die Voraussetzungen für eine Neugestaltung zu schaffen.

(Heiterkeit bei der SPD)

So ist es. – Umso mehr macht nachdenklich, dass Ihr Ansatz im jetzigen Haushalt nicht wirklich ehrlich ist. Denn auch das mussten Sie in den Haushaltsplanberatungen einräumen: Für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Anpassung der Bürokostenentschädigung unserer Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher haben Sie ebenfalls keine Vorsorge getroffen. Das ist ein Risikofaktor mehr im Haushaltsvollzug. Auch dies halte ich nicht für seriös.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich könnte die Diskussion jetzt noch auf die vernünftigen Vorschläge der Justizministerkonferenz zur Übertragung gerichtlicher Zuständigkeiten auf die Notare ausdehnen.

(Pörksen, SPD: Ja, ja!)

Das habe ich erwartet, liebe Kollegen. Ich tue es nicht. Sonst droht mir nämlich das gleiche Schicksal wie dem Kollegen Dr. Rosenbauer, der sich vor Kurzem vom

Herrn Ministerpräsidenten als Lobbyisten beschimpfen lassen musste.

(Pörksen, SPD: Das ist bezeichnend!)

Ich will dieses Risiko erst gar nicht eingehen und bin sicher, dass sich diese Vorschläge auch ohne die Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz durchsetzen werden. 14 – ich wiederhole: 14 – Bundesländer, die dies beschlossen haben, können doch nicht irren.

Nun komme ich wirklich zum Schluss. Nicht nur Mangel verwalten, sondern Zukunft mutig gestalten, lautet somit mein Fazit und mein Appell an Sie, Herr Minister Bamberger. Justiz braucht Leidenschaft. Das sind wir nicht nur den Justizangehörigen schuldig,

(Zuruf des Abg. Fuhr, SPD – Weitere Zurufe von der SPD)

sondern auch den Menschen in unserem Land.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Ich darf zunächst noch Gäste begrüßen, und zwar Mitglieder der CDU aus Bingen-Kempten. Herzlich willkommen hier bei uns im Landtag Rheinland-Pfalz!

(Beifall im Hause)

Zur Geschäftsordnung hat sich der Kollege Bracht gemeldet.