Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

(Beifall der SPD)

Herr Mertin, Sie haben bereits bei der Haushaltseinbringung angekündigt, dass Sie den zweiten Schritt zur vollen Beitragsfreiheit der Kindertagesstätten über das letzte Kindergartenjahr hinaus aussetzen wollen, um andere Prioritäten zu setzen, weil Sie sagen, das können wir uns momentan nicht leisten. Wir sind dieser Auffassung nicht.

Sie wollen eine Förderung bei der Sprachförderung von Kindern in Höhe von 7 Millionen Euro vornehmen. Herr Mertin, wir teilen die Auffassung, dass wir durchaus– – –

(Zuruf von der FDP)

2 Millionen, die anderen gehen in die Hauptschulen. Entschuldigung, danke für den Hinweis. Ich will das nicht vermengen. Sie nehmen das Geld dort heraus, um es anderweitig einzusetzen, durchaus mit sinnvollen Ansätzen. Sie wissen, dass wir in die Sprachförderung im Kindertagesstättenbereich erheblich intensiviert haben. Ich habe keinerlei Anlass anzunehmen, dass die Mittel, die da eingesetzt sind, im Moment nicht ausreichen, um das sinnvoll weiterzuentwickeln und unser Ziel zu erreichen, im Übrigen ein Ziel, das wir bei dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ gemeinsam initiiert haben. Ich glaube, wir sind da auf dem richtigen Weg, um die Akzente bei der frühkindlichen Bildung zu setzen und auch die notwendigen Impulse für Chancengleichheit zu setzen.

Hierzu gehört nach unserem Verständnis gerade auch, dass man diese Leistungen ohne Unterscheidung allen Kindern und allen Familien zukommen lässt und auch die Chance nutzt, die darin steckt, dass alle Kinder eine Kindertagesstätte besuchen können, und sich nicht die

Gesellschaft schon bei den Kleinsten in verschiedene Chancen aufteilt.

(Beifall der SPD)

Wir wollen bewusst das Signal setzen, Familien mit Kindern werden entlastet. Wir geben zurück, was die Familien der Gesellschaft gegeben haben und geben. Das ist nur eine kleine Anerkennung. Das ist der richtige Weg, den wir da eingeschlagen haben. Deshalb folgen wir dort nicht Ihren Anträgen, sondern setzen die Priorität in diesem Bereich, den wir bei dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ weiterentwickeln werden.

Herr Kollege Mertin, Sie nannten im Übrigen für das Land Hessen im Vorfeld eine Zahl von 60 Millionen Euro, die das Land Hessen in die Sprachförderung investieren würde. Ich konnte trotz Recherche diesen Betrag nicht verifizieren. Vielleicht erzählen Sie es uns nachher. Allerdings konnte ich feststellen, dass Ihre Parteifreundin aus Hessen, die schulpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Dorothea Henzler, die von Ihnen so gelobten Bemühungen im Bildungsbereich so kommentiert: „kopfloses und beratungsresistentes Handeln“.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich weiß, dass man in den Parteien oft verschiedene Aussagen hat.

(Pörksen, SPD: Schönes Zitat!)

Die Abgeordnete Gesine Meißner, Ausschussvorsitzende im niedersächsischen Landtag, sagt da, nicht die schulische Bildung müsse umsonst sein, sondern und gerade auch die frühkindliche Bildung. Nehmen Sie sich doch vielleicht bei diesen Kolleginnen ein Beispiel.

(Dr. Schmitz, FDP: Umsonst wäre schlecht!)

Sie meint es offensichtlich finanziell. Es ist nicht meine Formulierung, Herr Kollege.

(Dr. Schmitz, FDP: Ich meine das nicht finanziell!)

Der in Rheinland-Pfalz eingeschlagene Weg der intensiven Sprachförderung und der auch damit verbundene Test für Kinder ist ein richtiger Weg. Ich habe derzeit keinen Anlass, davon auszugehen, dass die Mittel nicht ausreichen, um diesen Weg erfolgreich weiter zu beschreiten.

Lassen Sie mich auf zwei weitere Vorschläge der FDPFraktion eingehen. Sie wollen Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds aus dem Sozialministerium abzweigen und in den Hochschulbereich lenken. Ich muss für die Zuhörer übersetzen, was ESF-Mittel sind. Europäischer Sozialfonds – kurz ESF – bietet Beihilfen in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU für Programme, die die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen entwickeln und die berufliche Freizügigkeit verbessern. Wir halten ein Abzweigen dieser Mittel, abgesehen von juristischen Bedenken, ob man sie da wirklich einbringen kann – Zweckbindung durch EU –, auch inhaltlich nicht für

sinnvoll, da damit bei dem derzeitig immer noch angespannten Arbeitsmarkt wichtige Projekte nicht mehr unterstützt werden könnten und dann damit Menschen nicht konkret geholfen werden kann. Diese Mittel würden dann im Hause von Sozialministerin Frau Dreyer fehlen. Das muss aus unserer Sicht hier noch Priorität haben, damit wir die notwendigen Stützungen am Arbeitsmarkt geben können, damit er sich in Rheinland-Pfalz weiter positiv entwickelt und wir Arbeitslosigkeit bekämpfen.

(Beifall der SPD)

Während Sie Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds in den Hochschulbereich umlenken wollen, investiert die Landesregierung in den nächsten zwei Jahren über 62 Millionen Euro in die Hochschulen und stockt damit die Mittel für das Hochschulprogramm „Wissen schafft Zukunft“ ab dem Jahr 2008 um 50 % auf. In diesem Zusammenhang will ich auch auf die Einigung zwischen Bund und Ländern zum Hochschulpakt eingehen. Ich halte es für eine gute Sache, dass es die Länder im Rahmen des Föderalismus hinbekommen haben – wir sind dafür gescholten worden, dass die Zuständigkeit für Hochschulen allein auf die Länder übergeht –, dass ein Hochschulpakt beschlossen wird, der die Länder unterschiedlich stark in dem Bemühen stützt, mehr Studienplätze zu schaffen, nämlich dafür Sorge trägt, dass Berlin in schwieriger finanzieller Situation diese große Anzahl an Studienplätzen hält, die neuen Länder nicht Studienplätze abbauen, weil dort weniger Menschen sind und sie weniger Geld haben – sie kriegen Vorabzuschläge – und weil die anderen Gelder so verteilt und danach spitz abgerechnet werden, wie viele Studenten nachher in das Land zusätzlich kommen.

Wir peilen für Rheinland-Pfalz 5.800 neue Studienplätze an und wollen das auch erreichen. Das ist ganz einfach der Grund, warum wir diese Ultima Ratio, dass wir eine Landeskinderregelung einführen, nämlich als Schutz gegen die Studiengebühren, die in anderen Ländern die Studenten verdrängen und sie dann hierherbringen, erst in Kraft setzen wollen, wenn es wirklich politisch notwendig ist, um unsere Hochschulen zu schützen. Ganz einfach.

(Beifall der SPD – Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, als das Gesetz eingebracht worden ist, gab es diesen Hochschulpakt noch nicht.

Herr Baldauf, wenn Sie da so lächeln, haben Sie sich scheinbar nicht intensiv damit beschäftigt.

(Baldauf, CDU: Nein!)

Nein, scheinbar nicht.

Wir werden in dem Gesetz die Möglichkeit lassen – der Gesetzentwurf liegt Ihnen vor –, dass das Land durch Verordnung, der der Landtag zustimmen muss, dann eine solche Regelung in Kraft setzen kann, wenn es notwendig ist, um unsere Hochschulen zu schützen. Ich gehe derzeit nicht davon aus. Frau Ministerin Ahnen, wir haben darüber gesprochen, dass dies so sinnvoll ist und tragen dies beide mit.

Beim Gesetzentwurf werden wir die entsprechenden Änderungen vornehmen.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie wollen mit einem Antrag auch die Studienkonten abschaffen, habe ich gehört. Es macht ein wenig Mühe, aber es ist ein Anreiz, um ein Studium in vernünftigen Zeiten abzuwickeln. Völlig unter freiem Himmel leben wir nicht, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU)

Auf der einen Seite wollen Sie sparen, aber wenn es konkret wird, besser nicht. Das ist Ihr Motto.

(Beifall der SPD – Zurufe von der CDU)

Herr Mertin, schließlich habe ich mir die Begründung eines Änderungsantrages, eines Deckblatts im Umweltbereich, herausgepickt. Es handelt sich um den Änderungsantrag zum Kapitel 14 02 Titel 686 72. Frau Conrad, das liegt in Ihrem Bereich. Es handelt sich um Maßnahmen zur Stärkung des Bewusstseins für nachhaltigen und effizienten Energieeinsatz. Die Ansätze der Regierungsvorlage sollten jeweils um 600.000 Euro gesenkt werden. In der Begründung schreiben Sie – das finde ich durchaus pfiffig –: „Weniger, da die Stärkung des Bewusstseins für effizienten Energieeinsatz auch mit niedrigeren Kosten erreicht werden kann, denn „– so die FDP-Fraktion –“ die steigenden Energiepreise fördern derzeit dieses Bewusstsein bereits in hohem Maße.“

(Beifall der FDP – Lachen bei der SPD)

Das, meine Damen und Herren, ist das alte Motto: Die freie Marktwirtschaft wird’s schon richten. Deshalb fahren auf unseren Straßen auch nur noch Drei-Liter-Autos spazieren, alle Häuser sind perfekt gedämmt, wir gehen überall nur in die neueste Energietechnik, weil wir überhaupt nicht dafür werben müssen, dass man das besser und effizienter macht.

(Zurufe von der FDP)

Zugegeben: Es gibt auch Broschüren.

(Baldauf, CDU: Hochglanz oder normal?)

Ich weiß das, Frau Conrad. Meine Kollegen haben mir gesagt: Sage das besser nicht. Aber wenn das „Gericht des Monats“ auf meinen Schreibtisch kommt, dann denke ich manchmal schon: Brauche ich das „Gericht des Monats“ wirklich? Aber für die Energieeinsparung müssen wir werben, weil das die effizienteste Form ist, wie wir Energie sparen können und wie wir Zukunftstechnologien neu entwickeln können. Deshalb sind diese Mittel dort richtig angelegt, und deshalb teilen wir diesen Sparvorschlag nicht. Aber Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich mir das herauspicken musste, weil ich Ihrer Ideologie insoweit nicht ganz folgen kann.

Lassen Sie mich einen Blick auf Anträge der SPDFraktion zum Haushalt werfen. Seit Jahrzehnten haben

rechtsextremistische Gruppierungen, Parteien und Einzelpersonen, zwar mit unterschiedlicher Intensität, aber stetig versucht, Einfluss auf die Jugendlichen zu nehmen. Das Ziel ist dabei eindeutig: Es geht darum, neue Anhänger und Mitstreiter unter jungen Menschen zu gewinnen, rechtsextremistisches Gedankengut zu verbreiten und den Nachwuchs für rechte Organisationen zu sichern.

Die Enquete-Kommission „Jugend und Politik“ hatte sich in einer Anhörung ein Bild von der aktuellen Situation der rechtsextremistischen Jugendszene in RheinlandPfalz gemacht. Alle Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags haben damals übereinstimmend eine weitere Förderung und den zielorientierten Ausbau von erfolgreichen Projekten gegen Rechts gefordert.

Das Netzwerk für Demokratie und Courage ist ein solches herausragendes Projekt in Rheinland-Pfalz. Es befördert eine demokratische Kultur, indem es Mut macht, nicht wegzusehen, wenn Diskriminierung geschieht. Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die Arbeit des Netzwerks für Demokratie und Courage durchaus ein Herzensanliegen. Deswegen wollen wir in unseren diesbezüglichen Änderungsanträgen die Finanzierung des Projekts sichern. Nein, Rechtsradikale, welche unsere Demokratie bekämpfen und mit diesem Staat nicht einverstanden sind, sollen es in Rheinland-Pfalz nicht gemütlich haben!

(Beifall der SPD)

Herr Innenminister Bruch, ich bin froh und dankbar, dass das Innenministerium in seinem Verantwortungsbereich, genauso wie dies im Bereich des Bildungsministeriums geschieht, Kante zeigt und deutlich macht, dass man sich hier in Rheinland-Pfalz nicht gemütlich aufhalten kann.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Ich freue mich, dass wir Demokraten in diesem Parlament gemeinsam Anträge und Initiativen unterstützen und auch darin einig sind, dass die Arbeit bei den beiden ehemaligen Konzentrationslagern in Hinzert und in Osthofen personell verstärkt wird. Natürlich wissen wir, dass auch dort ein Mehr immer noch wünschenswert wäre. Aber wir befinden uns auch im Spagat zwischen dem, was möglich ist, und der Unterstützung, die wir gemeinsam aufbringen wollen.

Lassen Sie mich noch einen anderen Punkt aufgreifen. Zur Ausbildung der kulturellen Kompetenz junger Menschen tragen nicht nur Kindertagesstätten und Schulen bei. Auch Jugendkunstschulen können die Kreativität fördern und den Zugang zu schöpferischer Tätigkeit öffnen. Aus diesem Grunde wollen wir, dass der Landtag insgesamt 250.000 Euro zur Verfügung stellt, um in unserem Land die Einrichtung von Jugendkunstschulen zu fördern.