Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Landesregierung an den Innenausschuss – federführend –, Herr Schweitzer,
und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.
Sterbe- und Trauerbegleitung in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksachen 15/109/214/239 –
dazu: Die Begleitung sterbender Menschen und Ihrer Angehörigen weiter fördern Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/714 –
Es ist eine Grundredezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart worden. Ich erteile Frau Abgeordneter Ebli das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Leben ist endlich. Das Thema „Sterben“, „Begleitung von Sterbenden“ und „Trauer“ ist längst kein Tabuthema mehr. In Deutschland und ganz besonders in Rheinland-Pfalz hat sich in den vergangenen 10 bis 15 Jahren eine Bewegung entwickelt, die man in der Tat als segensreich bezeichnen kann: die Hospizarbeit, getragen durch großartiges bürgerschaftliches Engagement.
Der erste Absatz in Artikel 1 unseres Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schätzen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ gilt bis zum letzten Atemzug. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Es kann nicht sein, dass Menschen in einer aktiven Sterbehilfe ihren letzten Ausweg sehen und von Angehörigen oder Organisationen einen letzten Liebesdienst erwarten. Wir meinen, wir dürfen diese Menschen in dieser besonders schwierigen Situation nicht alleine lassen.
Die SPD-Fraktion befasst sich seit langer Zeit mit diesem wichtigen Thema. Sowohl in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage, die ich vor einiger Zeit stellte, als auch in der Besprechung im Sozialpolitischen Ausschuss sowie in einer Anhörung in unserer Fraktion im vergangenen Jahr wurden uns die vielseitigen Hilfen und Angebote für schwerstkranke und sterbende Menschen vorgestellt, für Menschen jeden Alters, auch für Kinder. Das ist sicherlich eine ganz besonders schwierige Situation auch für die Angehörigen.
All dies hat bei uns das Bewusstsein und den Willen gestärkt, diese Hilfen sowohl in der Quantität als auch in der Qualität weiter auszubauen.
Darin bestärkt wurden wir darüber hinaus auch bei unseren Gesprächen vor Ort. Sie kennen unsere thematischen Termine „Fraktion vor Ort“.
Bei der Betrachtung der Beantwortung unserer Großen Anfrage, für die ich mich ausdrücklich bei Ihnen sehr herzlich bedanke, sehr geehrte Frau Ministerin Dreyer, bekommen wir nicht nur einen sehr anschaulichen, sondern, wie ich meine, auch einen sehr beeindruckenden Gesamtüberblick über die vielfältigen Angebote und Hilfen in unserem Land, sondern man erkennt auch die Wichtigkeit des Themas „Sterben in Würde“ bei unserem Sozialministerium und damit auch bei der gesamten Landesregierung.
Mittlerweile verfügen wir über ein gut ausgebautes Netzwerk an ambulanten und stationären Hilfen für schwerstkranke Menschen. Es ist wohltuend zu wissen, wie gut ausgebildet die Beschäftigten in der ambulanten und stationären Hospizarbeit und den Palliativstationen sind. Mit mittlerweile zehn Palliativstationen und sechs weiteren in Planung sind wir im Bundesvergleich ganz gut.
Die Voraussetzungen und Anforderungen für die hohe fachliche und menschliche Qualifikation sind ausführlich in den Fragen 4 und 5 der Großen Anfrage beantwortet.
Wir sind tief beeindruckt von der großen Zahl ehrenamtlich tätiger Menschen und zollen ihnen unseren Respekt und unseren Dank.
1.254 Menschen – wahrscheinlich sind es noch viel mehr – engagieren sich ganz besonders in der ambulanten Hospizarbeit. Es ist festzustellen, dass immer mehr Menschen in der vertrauten Umgebung aus dem Leben gehen wollen. Während in früheren Zeiten über 50 % der Menschen in Kliniken verstorben sind, ist heute eine Wende hin zur heimischen und vertrauten Umgebung festzustellen.
Durch den guten Ausbau der Hilfen und – was unabdingbar ist – die zunehmend bessere Vernetzung zwischen Krankenhaus, Palliativstationen, stationären und ambulanten Hospizen können schwerstkranke und sterbende Menschen ihrem Wunsch entsprechend zu Hause oder in vertrauter Umgebung aus dem Leben gehen.
Nicht wenige können durch eine gute Schmerztherapie auch wieder für eine bestimmte Zeit nach Hause gehen und gut mit und in ihren Familien leben.
Im Vergleich zu den Nachbarländern haben wir nicht die höchsten Bettenzahlen. Das stimmt wohl. Das ist aber auch nicht unser Ziel. Ziel ist es, dem Wunsch der meisten kranken Menschen zu entsprechen, in heimischer und vertrauter Umgebung zu sterben, wie ich vorhin schon feststellte. Es entspricht auch der Grundhaltung der Hospizbewegung, dass Menschen bis zuletzt ein Recht auf Leben, Begleitung und Betreuung haben.
Ich hatte es schon erwähnt, dazu bedarf es einer guten Vernetzung in den ambulanten Angeboten. In Zukunft soll der Anspruch auf eine spezialisierte, ambulante Palliativversorgung anerkannt werden, der Erfolg von großartigen Bemühungen in Berlin, liebe Frau Ministerin. Ich vertraute auf die bereits gemachten Erfahrungen und Kompetenzen in Ihrem Haus bei der konzeptionellen Vorbereitung. Damit wird auch in Zukunft die Kostenseite eine rechtliche Regelung erfahren.
Mit dem Ausbau von Palliativcare-Teams sind wir auf dem richtigen Weg. Uns ist dies seit langem ein wichtiges Anliegen. Von daher bin ich für diese Entwicklung dankbar.
Dankbar bin ich auch für den großen Konsens in diesem Haus zu diesem Thema, was auch in dem von uns eingebrachten Antrag, der von allen Fraktionen mitgetragen wird, zum Ausdruck kommt. Herzlichen Dank dafür!
Mit unserem Antrag unterstützen wir die bisherigen Anstrengungen des Ministeriums und fordern es gleichzeitig auf, die ehrenamtliche Hospizarbeit für die Betreuung schwerstkranker Menschen und ihrer Angehörigen weiter zu fördern und den ambulanten Hospizen vor den stationären den Vorrang einzuräumen.
Wir fordern ein breites Angebot für Schmerztherapie und eine gute palliativmedizinische Versorgung in RheinlandPfalz.
Wir wollen eine enge Verknüpfung zwischen der ambulanten Hospizarbeit und den Palliativstationen mit den künftigen regionalen Palliativcare-Teams.
Abschließend möchte ich kurz auch auf die besondere Situation von Angehörigen eingehen. Wer schon einmal einen geliebten Menschen oder nahen Angehörigen verloren hat, weiß um die besondere Situation. Auch hier leistet die Hospizarbeit Beispielhaftes in Begleitung und Entlastung dann auch in der Trauerbegleitung.
Die Begleitung sterbender Menschen und ihrer Angehörigen ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die auch von der Gesellschaft wahrgenommen werden muss.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits 1994 hat sich der Landtag auf Anregung der CDU-Fraktion intensiv mit der Sterbebegleitung und der Hospizbewegung beschäftigt. Dass wir das heute wieder machen, zeigt, dass ein wichtiges gesellschaftliches Aufgabenfeld noch verbesserungsbedürftig und optimierungsfähig ist.
Die CDU-Fraktion sagt ihre Unterstützung und Kooperation bei diesem wichtigen Thema zu. Ein so wichtiges Thema verdient es, fraktionsübergreifend im Konsens vorangebracht zu werden. Ich danke für die Möglichkeit, einen gemeinsamen Antrag hierzu einbringen zu können.
Statt der öffentlichen Diskussion über eine Legalisierung aktiver Sterbehilfe brauchen wir eine gewissenhafte Sterbe- und Trauerbegleitung, die Ausdruck einer humanen Gesellschaft ist.
Wenn ein Patient machtlos seiner Krankheit ausgeliefert ist und er, begleitet vom Arzt, einen schweren Leidensweg beschreitet, ist es unsere politische und gesellschaftliche Aufgabe, die Lebensqualität unheilbar kranker Menschen bis zuletzt zu erhalten. Die dabei häufig erfahrene Angst vor einem qualvollen Ende ist verständlich und menschlich. Der darf aber nicht dadurch begegnet werden, dass der aktiven Sterbehilfe das Credo der Erlösung zugesprochen wird.
Wir wollen, dass alle schwer kranken und sterbenden Menschen in Rheinland-Pfalz optimal versorgt werden. Palliativmedizin und Hospizarbeit bieten Möglichkeiten für ein Lebensende in Würde und ohne Schmerzen. Eine angemessene Schmerztherapie und die menschliche Zuwendung für die von Leiden, Krankheit und Behinderung Betroffenen müssen daher vorrangige gesellschaftliche Aufgabe sein.
Wir brauchen eine flächendeckende palliativmedizinische Versorgungsstruktur durch den Auf- und Ausbau von Palliativstationen, stationären Hospizen und ambulanten Palliativ- und Hospizdiensten. Dabei sind neben den Belangen von Erwachsenen insbesondere die Bedürfnisse von Kindern zu berücksichtigen.
1. eine gesetzliche und finanzielle Absicherung einer bedarfsgerechten spezialisierten Palliativversorgung.
2. Die Informations- und Beratungsangebote über palliativmedizinische Möglichkeiten müssen erweitert werden, um das Bewusstsein und die Akzeptanz für die Sterbebegleitung zu fördern, damit entsprechende Wünsche in Versorgungsverfügungen geäußert werden können.
3. Die Palliativmedizin muss in die Aus- und Fortbildung aller betroffenen Berufsgruppen regelhaft einbezogen werden. Es ist wichtig und richtig, dass angehende Ärztinnen und Ärzte frühzeitig an die große Aufgabe Palliativmedizin herangeführt werden, und zwar möglichst schon vom Beginn des Studiums an.
4. Die ehrenamtliche Hospizarbeit ist eine wesentliche Säule in diesem System. Das bürgerschaftliche Engagement muss verbindlich in die Konzepte eingebunden sein.
An dieser Stelle möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, allen, die sich ehrenamtlich, aber auch denen, die sich hauptamtlich für Schwerkranke und Sterbende engagieren, zu danken.
Die Hospizbewegung und der Hospizgedanke werden wesentlich vom ehrenamtlichen Engagement getragen. Sie bieten individuelle und psychosoziale Unterstützung, um Kranken und Sterbenden die gewohnte Umgebung zu ermöglichen sowie deren Angehörige und Freunde zu entlasten. Ohne diese Tätigkeit wäre vieles in unserer Gesellschaft gerade in diesem Bereich nicht möglich.
Das Thema „Sterben und Tod“ ist in den letzten Jahrzehnten in unserer Gesellschaft tabuisiert worden. Jahrhunderte lang war es die Großfamilie, in der Jung und Alt gemeinsam immer wieder den Kreislauf von Geburt und Tod durchlebten. Heute sieht das anders aus.