Protokoll der Sitzung vom 16.03.2007

Zuerst gehört dazu, das langjährige Wirtschaftswachstum ist bei uns deutlich unterdurchschnittlich. Das ist Fakt. Die Behauptungen vom „Spitzenland RheinlandPfalz“ – Herr Minister, hören Sie einmal genau zu –

(Staatsminister Hering: Ich höre schon zu, Sie können ruhig weiterreden!)

wegen eines leicht höheren Wachstums waren von Anfang an übertrieben. 2005 und 2006 – das ist auch Fakt – lag das Wachstum unter dem Bundesdurchschnitt. Peinlich, wenn dann eine Korrektur der Wachstumsmeldungen erfolgen muss, die vor einer Landtagswahl noch anders aussieht als nach der Wahl. Herr

Minister, da ist in diesem Zusammenhang auch etwas Redlichkeit gefragt.

(Beifall der CDU)

Als Zweites muss man auch sagen, das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner unseres Landes liegt am unteren Ende der westdeutschen Skala und bewegt sich dort nicht vom Fleck. Auch das wissen Sie.

Drittens ist die Zahl der Arbeitsplätze im Land die zweitniedrigste in Westdeutschland. Da sehen Sie einmal wieder, was Auspendler mit bewirken können.

(Frau Mohr, SPD: Schon wieder!)

Ich muss es leider immer wieder sagen, weil es auch so ist. Das ändert nichts an der Tatsache.

Jetzt wird es interessant für die Zuhörer. Viertens gehören die durchschnittlichen Primäreinkommen der Privathaushalte zu den niedrigsten in Westdeutschland, Herr Minister. Wo ist denn da bitte schön noch das Ruhmesblatt? Ich sehe das eigentlich nicht.

(Beifall der CDU)

Logischerweise ergeben sich daraus die Kernaufgaben der Wirtschaftspolitik des Landes, nämlich in RheinlandPfalz gleichwertige Chancen für Arbeit und Wohlstand der Menschen zu schaffen wie in ganz Deutschland. Daran, und vor allem daran, Herr Minister, müssen Sie sich und die Regierung auch messen lassen.

Nicht außen vorlassen möchte ich, erfolgreich ist ohne Zweifel der Ausbildungspakt mit der Wirtschaft des Landes. Das muss man loben. Allen Beteiligten, vor allem den Betrieben und Kammern, ist für diese Anstrengungen zu danken.

(Beifall der CDU)

Jede Unterstützung verdienen auch die Bemühungen um das Thema „Schule/Wirtschaft“, mit dem Bildung und Arbeitswelt verknüpft werden sollen. Auf Wirtschaft und Arbeitswelt vorzubereiten, ist ein zentraler Bildungsauftrag der Schulen. Dafür haben wir gestern auch das Sofortprogramm der Hauptschulen gefordert.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, es ist gerade Aufgabe der Schulpolitik des Landes, dies in konkrete Maßnahmen für den Unterricht in den verschiedenen Fächern auch umzusetzen. Da erwarten wir von Ihnen schon, dass Sie sich mit Frau Ministerin Ahnen zusammensetzen, um an der Situation, dass die Ausbildungsfähigkeit in diesem Land abgenommen hat, schnellstmöglich etwas zu ändern. Mittelständler brauchen gut ausgebildete Kräfte.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, jetzt könnte man sagen, das bezieht sich nur auf die Hauptschulen. Wir hatten gestern einen Antrag gestellt, der leider und völlig unverständlich abge

lehnt wurde. Vielen Dank an die FDP, dass Sie uns dort so ausdrücklich unterstützt hat.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Es gibt aber noch einen anderen Bereich. Herr Hartloff, hören Sie genau zu, weil Sie wie ich diese Schule nicht besucht haben. Es sind die Berufsschulen. Hier fehlt es noch immer an Lehrkräften. An den Berufsschulen stellen wir den höchsten Stundenausfall fest.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, auch das ist ein zentrales Feld rheinland-pfälzischer Politik, auch rheinlandpfälzischer Wirtschaftspolitik.

(Beifall der CDU)

Wir sind uns sicherlich einig in diesem Haus, die Qualität der Schulbildung ist entscheidend. Sie ist entscheidend für das ganze Leben und ist entscheidend für die Wirtschaft. „Bildungspolitik ist die beste Wirtschaftspolitik“ empfehlen deshalb auch die Kammern.

Auch hier steht es in Rheinland-Pfalz nicht überall zum Besten. Das bezeugen die PISA-Studien oder die Bildungsrankings der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Es geht um die Qualität des Unterrichts, um die Lernerfolge und die Qualität der Schulabschlüsse, um die – ich wiederhole es ausdrücklich noch einmal – Ausbildungsfähigkeit junger Menschen für das Berufsleben.

Skepsis verdient der angebliche Aufschwung der Existenzgründungen. Darauf möchte ich extra eingehen, weil Sie es gelobt haben. Wie viel nachhaltige Selbstständigkeit – ich bitte, dies uns einmal zu erklären und auch die Zahlen darzulegen –, wie viele dauerhafte Firmen stecken denn hinter Ihren vielen „Ich-AGs“ oder von Übergangsförderungen mit unterstützten Unternehmen? Mit solchen Strohfeuern ist letztendlich niemandem gedient, Herr Minister. Das wissen Sie auch. Wirtschaftsförderung hat die Aufgabe, langfristige Firmenunterstützung zu erreichen, langfristige Selbstständigkeit und nicht nur kurzfristige.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Herr Hartloff, Sie dürfen auch noch zur Kenntnis nehmen, im Ländervergleich bei den Insolvenzen liegen wir bei 16 Bundesländern knapp auf dem 15. Platz. Wenn das ein Ruhmesblatt ist, dann weiß ich es auch nicht.

Die Wirtschaftspolitik des Landes ist nicht einfach an den zahllosen Fördertöpfen für die Unternehmen der Wirtschaft zu messen, die die Landesregierung im Mittelstandsbericht und anderswo gern aufzeigt. Wir sollten wirklich den Blick darauf richten, was für den wirtschaftlichen Erfolg einer Region entscheidend ist. Das sind nicht die unmittelbaren Hilfen für die Unternehmen der Wirtschaft. Die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern in Rheinland-Pfalz hat das in ihren Empfehlungen für die Landespolitik mit dem Titel „Mar

kenzeichen Rheinland-Pfalz“ klar beschrieben, Herr Minister.

Erstens ist der Ausbau der Infrastruktur entscheidend. Schön, dass es wieder Gelder gibt. Das ist auch in Ordnung so. Interessant, dass bei einer gleichgelagerten schwierigen finanziellen Situation dieses Landeshaushalts im Jahr 2000 und 2001 dem damaligen Minister Bauckhage diese Mittel aber gekürzt wurden. Jetzt plötzlich werden sie von Ihnen wieder eingeführt und als Erfolg verkündet. Das beißt sich etwas, Herr Minister. Ich mutmaße bitte lieber nicht, dass es Farbenlehre ist. Es ist aber auffällig.

(Beifall der CDU)

Sie wissen es auch, Infrastruktur, Verkehrswege, aber auch Kommunikationsnetze sind für Mittelständler und für die Wirtschaft entscheidend. Wir haben bzw. bekommen die ICE-Linien Köln – Frankfurt und Paris – Mannheim. Heute steht darüber etwas in der Zeitung. Herr Eymael, wir müssen auch dafür kämpfen, dass es so und nicht andersherum läuft.

Wir haben den Flughafen Hahn mit viel Zukunftspotenzial. Da stimme ich mit Ihnen überein. Aber hier hinkt – das wissen Sie ganz genau, Herr Hering – die Landesplanung der Entwicklung hinterher. Selbst Abstimmungsgespräche zwischen Wirtschafts- und Innenministerium – vorher hat der Herr Innenminister gesprochen – zeigen diesen Mangel auf, der kürzlich durch die Handlungsempfehlungen eines von der Landesregierung beauftragten privaten Büros deutlich wurde.

Ein weiteres Beispiel ist die B 10. Es sind umständliche Verfahren, um in einem Konsens um jeden Preis etwas zu erreichen. Das verzögert die Sache nutzlos.

Bei der Autobahnanbindung an Lauterburg im Elsass – Hagenbach-Variante – wird eine Variante gewählt, die außer Ihnen niemand will, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU)

In Trier laufen die Projekte nicht so schnell, wie sie laufen sollten. Wir müssen Ihnen schon abverlangen, dass Sie das in Ihrer Verantwortung vorantreiben.

Die Fertigstellung der A 1 nach Nordrhein-Westfalen ist schon fast eine unendliche Geschichte. Man kann sagen, für den größten Teil der Zeit, in der die SPD die Verantwortung für Rheinland-Pfalz trägt, stehen seit vielen Jahren für die Landesstraßen nur noch Kreditmittel und keine Eigenmittel des Landes mehr zur Verfügung, nur noch Kreditmittel. Es gibt immer noch einen hohen Investitionsstau sowohl für die Instandsetzung großer Teile des Straßennetzes als auch für die Neu-, Aus- und Umbauten der Landesstraßen.

Doch auch der Kreditaufnahme sind irgendwann Grenzen gesetzt, Herr Minister. Der Schuldenstand des Landesbetriebes Mobilität allein wird allmählich schwindelerregend. Die Finanzpolitik der Landesregierung ist ein einziges Desaster. Das muss ich so sagen.

(Beifall der CDU)

Herr Hering, das kann ich nun einmal von der Wirtschaftspolitik nicht abkoppeln.

Die ländlichen Räume müssen auch gegen Nachteile bei der Versorgung mit Kommunikationsinfrastruktur kämpfen. Ich nenne das Stichwort DSL. Das ist ein großes Problem, wenn Mittelständler darüber nicht verfügen können. Sie haben hierzu nichts gesagt. Ich kann Sie nur auffordern, sich hierum zu kümmern, um im ländlichen Raum Wirtschaftspolitik und nachhaltige Mittelstandspolitik zu unterstützen und die Mittelständler an diesen Orten zu halten, bevor sie es sich überlegen, aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten abzuwandern.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, entscheidend sind Forschung und Wissenschaft als Grundlage für die moderne Wirtschaftsstruktur eines Hochlohnlandes. Auch das sollten Sie in Ihre zentralen Handlungsfelder aufnehmen.

Herr Minister, Rheinland-Pfalz wendet im Vergleich der Bundesländer je Einwohner deutlich weniger auf als fast alle anderen Bundesländer.

Herr Minister, wir hatten gestern die Debatte über die Frage der nachhaltigen Energiepolitik in der Zukunft. Es gibt im Moment weder an der Hochschule noch irgendwo sonst eine ausreichende Förderung Ihrerseits, um diese Projekte zielgerichtet mit Forschung im wissenschaftlichen Bereich fortzuentwickeln, sodass wir das, was wir alle wollen, eine neue Energiepolitik im erneuerbaren Energiesektor, auch durchsetzen können. Dafür müssen Sie sich einsetzen. Dazu haben Sie aber auch nichts gesagt, Herr Minister. Das ist ein Versäumnis.

(Beifall der CDU – Frau Mohr, SPD: Informieren Sie sich einmal!)