Protokoll der Sitzung vom 16.03.2007

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, ich hatte die neuen Schwerpunktsbranchen genannt und dargelegt, dass sie durch eine Förderung von Netzwerken und Clustern vorangetrieben werden. Mit der Netzwerk- und Clusterpolitik stärken wir den Innovationsstandort Rheinland-Pfalz und erhöhen die Attraktivität, insbesondere für hoch qualifizierte Fachkräfte.

Gleichwohl haben wir die Branchen Gesundheitswirtschaft, Tourismus, nachwachsende Rohstoffe und Logistik nicht nur deshalb gewählt, weil sie echte Wachstumsbranchen sind – das sind sie ohne Zweifel –, sondern auch deshalb, weil es in diesen Branchen echte Beschäftigungsperspektiven für Menschen mit einer geringeren formalen Qualifikation gibt.

Ich plädiere für eine ehrliche Auseinandersetzung mit einer Entwicklung, die wir weder aufhalten können noch wollen. Diese lautet: Die Zukunft einfacher, standardisierter, industrieller Beschäftigung wird im Zeitalter der Globalisierung nicht in Westeuropa liegen.

Die Beschäftigungsentwicklung der vergangenen Jahre hat uns dies deutlich vor Augen geführt. Richtig ist aber gleichzeitig auch, im Vergleich mit unseren westeuropäischen Nachbarn und auch mit den USA ist die Erwerbsquote der Menschen mit keiner oder nur geringer beruflicher Qualifikation in Deutschland beschämend gering.

Nicht einmal jeder Zweite befindet sich in Lohn und Brot. In Schweden beispielsweise gehen zwei Drittel gering Qualifizierter einer Arbeit nach.

Die Arbeitslosenquote in dieser Bevölkerungsgruppe liegt mit über 20 % in Deutschland inakzeptabel hoch. Auch in diesem Fall zeigt der Vergleich mit Schweden mit gerade einmal 6,5 %: Es gibt für diese Menschen enorme Beschäftigungspotenziale, und keine Bevölkerungsgruppe ist so sehr auf eine beschäftigungsfreundliche Wirtschaftspolitik angewiesen wie diese.

(Beifall der SPD)

Unseren Beitrag zu dieser beschäftigungsfreundlichen Wirtschaftspolitik leisten wir, indem wir gezielt – damit meine ich auf die besonderen Situationen in den Regionen bezogen – auf Branchen setzen, die Menschen mit verschiedenen formalen Qualifikationen eine Perspektive bieten.

Meine Damen und Herren, bereits die vorhergehende Landesregierung hat erfolgreiche Wirtschaftspolitik gestaltet. Dies ist Grund und Anlass für uns, wesentliche Linien der Wirtschaftspolitik weiterzuführen. Dazu gehört die Politik für einen starken Mittelstand. Wir werden das Ziel weiterverfolgen, die Instrumente aber an die neuen Herausforderungen anpassen. Wichtige Aufgaben wie die Stärkung der Eigenkapitalbasis und des Kreditzugangs verbinden wir mit der ebenso wichtigen Bindung von Fachkräften. Damit steht die Wirtschaftspolitik für Kontinuität in ihren Grundzügen und stellt sich zugleich den neuen Herausforderungen der Mittelstandspolitik.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung setzt gezielt auf Zukunftsbranchen mit Beschäftigungspotenzial für alle formalen Qualifikationsstufen und akzentuiert ihre Förderpolitik verstärkt auf die Clusterpolitik.

Noch stärker als bislang wird die rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik mit den anderen Politikfeldern der Landesregierung verzahnt werden. Ich hatte die Kooperationen genannt, die wir in den letzten Monaten intensiviert haben. In Rheinland-Pfalz als Land des modernen Mittelstandes werden Talente gefördert und Potenziale genutzt.

Damit schaffen wir die Rahmenbedingungen, die zur Entfaltung innovativer Ideen notwendig sind. Mit unseren verstärkten Anstrengungen im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie unseren neuen Ansätzen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis und des Kreditzugangs leisten wir unseren Beitrag, damit in Rheinland

Pfalz innovative Ideen in zukunftsfähige Arbeitsplätze münden.

(Beifall der SPD)

Unsere Wirtschaftspolitik wollen wir, wie es bei uns in Rheinland-Pfalz gute Tradition ist, im Konsens gemeinsam mit den Menschen entwickeln. „Menschen prägen Wirtschaft“. Dieser Satz ist mehr als das Motto dieser Regierungserklärung. „Menschen prägen Wirtschaft“ ist der Kerngedanke der rheinland-pfälzischen Wirtschaftspolitik. Die Menschen in unserem Land wissen: Wir alle prägen einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort, auf den wir stolz sein können. Hier setzen wir mit unserer Konsenspolitik an.

Für mich ist der Dialog mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen entscheidend, ein Dialog, bei dem nicht die Ideologie, sondern die Gemeinsamkeiten bei der Verfolgung eines Ziels im Mittelpunkt stehen. Arbeiten wir gemeinsam daran!

(Anhaltend Beifall der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Hering.

Ich darf zunächst Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder des SPD-Ortsvereins Weisenheim am Sand. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Bevor wir zur Aussprache über die Regierungserklärung kommen, darf ich um Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 20 durch Herrn Abgeordneten Weiner bitten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei dem Antrag der FDP-Fraktion „Standort Rheinland-Pfalz stärken – den Mittelstand als zentralen Motor der rheinland-pfälzischen Wirtschaft weiter gezielt unterstützen“ handelt es sich um einen Entschließungsantrag, der am 7. Dezember 2006 im Rahmen der Haushaltsberatungen eingebracht und an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen wurde.

Dort wurde der Antrag in der Sitzung am 1. März dieses Jahres beraten. Die SPD-Fraktion machte ihre Zustimmung von der Streichung der Absätze IV. und V.5. abhängig.

Die antragstellende FDP-Fraktion zog daraufhin diese Antragspassagen über den Bürokratieabbau und die Ladenöffnungszeiten zurück.

Die CDU-Fraktion kritisierte, dass nach Streichung dieser Punkte der Inhalt zu wenig gehaltvoll sei und lehnte ihn ab. Somit empfiehlt der Ausschuss mit den Stimmen von SPD und FDP gegen die Stimmen der CDU die Annahme des um die Punkte IV. und V.5. gekürzten Antrags.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Vielen Dank für die Berichterstattung, Herr Kollege Weiner.

Ich darf nun das Wort Herrn Abgeordneten Baldauf geben.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Hering, ich kann verstehen, dass Sie sich die konjunkturelle Erholung nur zu gern selbst zuschreiben wollen. Es hört sich auch gut an, wenn man sagen kann, diese Erfolge verdankt der Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz seiner eigenen Kraft. Herr Minister Hering, aber da geben Sie sich einer Illusion hin, und ich muss Sie nun leider unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

(Beifall der CDU)

Das beste Wirtschaftsprogramm für Rheinland-Pfalz war die Ablösung von Rot-Grün vor eineinhalb Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall der CDU)

Auch wenn Sie es nicht sehen wollen, Rheinland-Pfalz profitiert – wie übrigens alle Bundesländer, Herr Minister – von der gesamtwirtschaftlichen Erholung.

Das große Wasser reißt bekannterweise das kleine mit. Das Wachstum liegt etwas höher als in den Vorjahren, das ist richtig. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt, ohne die Auspendler wäre sie aber nach wie vor extrem hoch, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geht nicht weiter zurück, das ist in Ordnung, sondern steigt leicht an sowie auch – das ist besonders erfreulich – die Steuereinnahmen. Aber das alles hat mit besonderen Erfolgen unserer Landespolitik rein gar nichts zu tun.

(Bracht, CDU: So ist das!)

Das rot-grüne Chaos – ich wiederhole es –, das rotgrüne Chaos über sieben Jahre hinweg hat diesen Wirtschaftsstandort Deutschland ruiniert, und wir sind froh, dass es vorbei ist!

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Ist das ein Kabarett oder was?)

Das Kabarett war gestern, als Sie am Schluss zu den Taxen geredet haben, Herr Beck. Dazu sage ich nachher auch noch etwas.

(Beifall der CDU)

Wir dürfen uns die Dinge nicht schönreden. Da ist viel Skepsis, was die Entwicklung angeht. Der nüchterne Blick auf die Tatsachen kann dies auch belegen. Das Exportland Deutschland wird vom Schwung der internationalen Wirtschaft mitgerissen, und das ist auch gut so. Natürlich profitiert ein Exportland wie Rheinland-Pfalz in hohem Maße von dieser Entwicklung auch, Herr Minister. Auch das ist gut so. Natürlich hat eine gesamtwirtschaftliche Entwicklung etwas mit Menschen zu tun. Auch das ist gut so; denn auch Sie kennen den Satz: „Wirtschaftspolitik ist zu 50 % Psychologie.“. Dabei will ich gar nicht verhehlen, dass Rheinland-Pfalz schon immer ein mittelstandsfreundliches Land war und immer noch ist, und das nicht erst seit Ihrer Regierung. Rheinland-Pfalz war schon immer ein mittelstandsfreundliches Land. Es lohnt sich auch, dafür zu arbeiten.

Herr Minister Hering, Sie haben von zentralen Handlungsfeldern gesprochen. Dabei hatten Sie aber nicht einmal den Mut – auch das muss man in diesem Zusammenhang ansprechen –, die Konsolidierung des mit 26 Milliarden Euro verschuldeten Landeshaushalts zu benennen.

Dabei ist genau das eines der wichtigsten Handlungsfelder. Da werden Sie mir doch nicht widersprechen können.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin davon überzeugt, nur bei klaren finanzpolitischen Weichenstellungen ist auch ein solides Wirtschaften möglich. Das, was im Ranking von den Betrieben verlangt wird, müssen Sie erst einmal bei sich selbst anlegen.

(Beifall der CDU – Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Für uns stellen sich für die Wirtschaftspolitik in diesem Land folgende Aufgaben, die sich aus unserer exponierten Lage am Rande von Deutschland im Vergleich der anderen Regionen ergeben: