Im Übrigen hat die Innenministerkonferenz – auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU – nichts anderes in dieser Richtung gesagt. Wenn jetzt etwas anderes formuliert wird, hat das etwas mit der öffentlichen Diskussion zu tun.
Ich will einen zweiten Bereich nennen, weil ich denke, es reicht. Wir haben ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz. Darin steht klipp und klar – ich sage es mit meinen Worten –, man kann Menschenleben nicht gegen Menschenleben aufrechnen. Es ist nicht möglich. Ich verstehe nicht, dass der Bundesinnenminister hier versucht, einen Kriegsfall im Bereich einer terroristischen Gefahr darzustellen und dann zu sagen, wenn die Kriegsgefahr da ist, kann jemand dieses Flugzeug abschießen. Ich möchte den Minister, den Verantwortlichen oder den Ministerpräsidenten sehen, der sagt: Ich bin damit einverstanden, dass das so geht. –
Ich meine, wir sollten endlich – ich sage jetzt nicht: die Kiste zumachen – dieses nicht mehr in den Mund nehmen. Das Urteil ist gefällt. Es wird – mit der SPD jedenfalls – keine Verfassungsänderung in dieser Frage geben.
Meine Damen und Herren, das Gleiche gilt für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Jeder von uns weiß, Artikel 35 des Grundgesetzes gibt die Möglichkeit der
Auch in diesem Fall gilt, die Bundeswehr soll das tun, wofür sie ausgebildet ist und wofür wir sie brauchen. Demgegenüber müssen wir das tun, was notwendig ist, nämlich unsere Polizei gut ausstatten und endlich die Diskussion über den Verteidigungsfall beenden und sagen: Mit uns – das sagt die Sozialdemokratie – wird es keine Veränderung in dieser Frage geben. Auch hier gilt, keine Verfassungsänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Innern.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Hörter hat gesagt, ich habe die „Guantanamosierung“ in den Mund genommen. Ja, ich stehe auch dazu, weil ich meine, wenn man das Interview genau liest, ist jedem Rechtskundigen klar, dass es nicht darum geht, über die Strafprozessordnung zu sprechen, sondern über die Frage, wie das bei den Verdächtigen und Unverdächtigen bei der Gefahrenabwehr aussieht.
Die Polizei- und Ordnungsbehörden der Länder haben Gesetze, in denen klar definiert ist, wann ich gegen einen Unverdächtigen einschreiten darf. Ich kann doch nicht einfach sagen, ich greife jemanden heraus und überziehe ihn mit einer polizeilichen Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Dafür benötige ich eine Begründung.
Meine Sorge war, dass bei der Begründung die Verhältnismäßigkeit völlig aufgegeben wird nach dem Prinzip, wir reden über die Bekämpfung des Terrorismus, sodass ich auch Unverdächtige nehmen und die mit einer bestimmten Maßnahme überziehen kann. Das ist nicht der Fall. Das weiß auch Herr Schäuble. Deshalb habe ich mich so darüber geärgert.
Der Fall am 11. September 2001 hat dazu geführt, dass wir einen Krieg führen. Die Amerikaner haben den Krieg gegen den Terrorismus ausgerufen. Sie haben damit nicht zur Bekämpfung der Kriminalität aufgerufen, sondern sie haben einen Krieg ausgerufen. Ich will aber keinen Krieg im Inneren dieses Landes führen, sondern ich will Kriminalität bekämpfen. Das ist unsere Aufgabe.
Worüber reden wir eigentlich? Wir reden über die Mautdaten. Dieser Innenminister hat in Absprache mit dem Ministerrat vor ungefähr einem Dreivierteljahr erklärt, dass es natürlich möglich sein muss, Mautdaten, die nur zur Erhebung von Gebühren dienen, für die Bekämpfung oder Verfolgung von schwersten Straftaten zu nutzen. Das ist doch klar. Die Sozialdemokratie in diesem Haus wird in jedem Fall zustimmen, wenn es darum geht, dies mit den entsprechenden Vorbehalten zu definieren.
Es kann doch nicht sein, dass ich sage, ich bekämpfe die Kriminalität, aber wenn jemand umgefahren wird, werde ich nichts machen, weil ich die Daten nicht abrufen kann. Die Innenminister haben dem zugestimmt. Mittlerweile liegt das im Bundestag. Die Diskussion, wie weiter vorgegangen wird, ist mittlerweile nicht nur im politischen Raum angekommen, sondern auch in anderen Bereichen.
Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen. Das ist die elektronische Speicherung von Passbildern und Fingerabdrücken. Das, was da der Bundesinnenminister angestoßen hat, bedeutet, dass wir die Daten von 82 Millionen Deutschen speichern und darin recherchieren können. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat dem widersprochen. Ich habe dem auch widersprochen.
Ich bin der Meinung, dass das nicht geht. Wir können nicht 82 Millionen Deutsche als mögliche Verdächtige in irgendeiner Form mit einem Signet versehen.
Sehr wohl ist es heute schon möglich, Passbilder bei bestimmten Straftaten und bei bestimmten Ordnungswidrigkeiten – – –
Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Herbert Mertin noch einmal zitiere. Wir haben von 1987 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Informationsdaten und dem Schutz der Rechte des Bürgers. Das wird heute völlig negiert. Das gibt es scheinbar nicht mehr. Ich rufe in Erinnerung, dass es das immer noch gibt und wir dieses Urteil zu beachten haben. Daher wird es mit der SPD diese Vorratsspeicherung nicht geben. Wir werden die Bürgerinnen und Bürger auch nicht unter Generalverdacht stellen. Ich meine, wir werden auch keinen flächendeckenden Einsatz, beispielsweise Kennzeichenüberprüfung und ähnliches mehr, haben.
Wir haben gesagt, anlassbezogen kann man sehr viele Dinge machen. Rechtstaatlich normiert kann man das alles tun, wenn der Rechtsstaat das klar geregelt hat. Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr vielfältig.
Ich will noch eine letzte Bemerkung machen und noch etwas in Erinnerung rufen. Das BKA hat am Mainzer Bahnhof einen Versuch zur Identifizierung von Personen über biometrische Bilddaten durchgeführt. Der Versuch ist mittlerweile abgeschlossen. Das Ergebnis der Auswertung kenne ich noch nicht. Sie müssen sich vor Augen halten, dass Sie dafür einen Vergleich benötigen. Die Daten allein nützen Ihnen gar nichts. Das Bild in Hamburg oder hier aufgenommen nutzt Ihnen gar nichts. Sie benötigen einen Speicher, in dem sich andere Bilder befinden, mit denen Sie das Bild abgleichen können. Ich will auf diesen Punkt nur hinweisen.
Das bedeutet, dass Sie vorher irgendwo schon jemanden haben müssen, dessen Bild Sie gespeichert haben. Wollen Sie die Passbilder nehmen, um einen Abgleich vornehmen zu können? Oder wollen wir das auf die Frage beschränken, die lautet: Wir nehmen einen Abgleich mit den Akten der Kriminalpolizei vor. – Da gibt es vorher ein rechtstaatliches Verfahren.
Ich will das nur sagen, weil ich meine, dass wir uns in einem Raum bewegen, bei dem es notwendig ist, über das Sicherheitsbedürfnis des Bürgers zu sprechen. Es muss aber klar gemacht werden, dass die Freiheit gewahrt bleiben muss und die Rechtssituation klar geregelt sein muss. Die Sicherheitsbelange müssen gegen die Freiheitsbelange nicht abgewogen werden, sondern sie müssen gemeinsam nebeneinander stehen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung will einen wehrhaften Staat. Wir wollen einen Staat, der freiheitlich agiert, aber wir wollen keinen Überwachungsstaat.
Herr Kollege Pörksen, aufgrund der Redezeit des Herrn Innenministers steht jeder Fraktion eine Minute Redezeit zusätzlich zur Verfügung, sodass Sie eine Redezeit von drei Minuten nutzen können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Hörter, ich habe es zwar gewusst, aber ich habe mich gefragt, ob er sich nicht endlich einmal etwas differenzierter in einer solchen Frage mit uns auseinandersetzen kann. Müssen Sie immer denselben Hammer herausholen und auf uns einklopfen? Sie können anscheinend gar nicht anders. Das ist eigentlich bedauerlich für jemanden, der für die Sicherheitspolitik in der CDU-Fraktion steht.
Wenn Sie der SPD unterstellen, sie würde zur Frage der Sicherheit im Staat nur Lippenbekenntnisse abgeben, darf ich mit Genehmigung des Präsidenten kurz aus einem Beschluss des SPD-Parteivorstands zitieren: Sicherheit und Bürgerrechte sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Das eine wie das andere schützen wir. Wir halten unbedingt und unbeirrt an unseren freiheitlich demokratischen Rechtsprinzipien fest. – Das ist unsere Position. Daran nehmen wir auch keine Abstriche vor, auch wenn Sie versuchen, einen anderen Eindruck zu erwecken.
Ich finde es köstlich, dass Sie Frau Zypries zitiert haben. Sie sollten aber einmal genauer lesen, was sie gesagt hat. Ich glaube nicht, dass sie damit unseren Herrn Innenminister gemeint hat, sondern ich meine, dass sie damit wahrscheinlich Herrn Beckstein gemeint hat. Es ist gerade vorgetragen worden, welche Schleimspur er dazu derzeit auslegt. Mit solchen Fragen sollten Sie sich einmal beschäftigen.
Was sagt er eigentlich zu den Verfassungsrichtern, die die Bundesregierung zurechtgewiesen haben? Herr Mertin hat darauf abgehoben. Sind die auch schuld daran, wenn hier ein terroristischer Anschlag erfolgt? Sind sie daran auch schuld, weil sie den Staat auf das eingrenzen, was er machen darf und was er nicht machen darf? Ich wäre sehr vorsichtig mit solchen Äußerungen. Sie können das Herrn Kollegen Beckstein einmal sagen.
Ich habe von den Verfassungsrichtern gesprochen. Setzen Sie sich mit denen einmal auseinander. Lesen Sie einmal deren Urteile. Im Übrigen kennen Sie die, Frau Kollegin.
Vom Herrn Minister ist gerade angesprochen worden, dass dann, wenn von Online-Durchsuchungen die Rede ist, so getan wird, als wenn das etwas völlig Harmloses wäre. Es wird suggeriert, dass das etwas so Normales wie eine Hausdurchsuchung wäre. Das ist aber etwas ganz anderes. Das ist durch die Ausführungen des Herrn Ministers gerade auch deutlich geworden.
Wir haben längere Zeit über die Frage der Änderung des POG sehr ernsthaft diskutiert. Dabei haben wir uns mit der Frage des Kernbereichs auseinandergesetzt. Wer glaubt ernsthaft, dass es eine vernünftige Regelung für Online-Durchsuchungen im Hinblick auf den Kernbereich geben wird?
Das wird man überhaupt nicht hinbekommen. Oder will man wieder vor das Bundesverfassungsgericht gezogen werden und sich dort sagen lassen, dass man wieder einmal den Rechtsstaat beschädigt hat? Ist das die Zielsetzung? Wenn Sie Herrn Wiefelspütz ansprechen, möge der sich die Urteile auch einmal durchlesen, weil er durchaus an Entscheidungen beteiligt war, die kassiert worden sind. Was diese Frage betrifft, sind wir anders. Wir diskutieren das gemeinsam mit dem Datenschutzbeauftragten aus – einen Datenschutzbeauftragten scheint man in Berlin fast gar nicht zu kennen –
und entscheiden dann. Dann wird es dem Gericht vorgelegt, das dann sagen kann, jawohl, so könnt ihr es machen. Das ist für uns Sicherheitspolitik im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ließe sich sicherlich zu einer ganzen Reihe von Punkten noch