Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Die Situation der Weinwirtschaft hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren deutlich verbessert. Es gibt in der Tat viele erfolgreiche Betriebe, insbesondere deswegen, weil sich der Qualitätsgedanke endlich durchgesetzt hat. Viele junge Winzerinnen und Winzer sind heute kreativ und innovativ. Sie erzeugen nicht nur einfache Tafelweine oder Qualitätsweine, sondern auch Spitzenweine. Darauf können wir stolz sein.

Ich möchte an der Stelle auch einmal ein Lob gegenüber all denjenigen äußern, die dafür verantwortlich sind. Das sind die Winzerinnen und Winzer, die Erzeugergemeinschaften, aber auch die Kellereien. Alle zusammen haben dazu beigetragen, dass die Situation so positiv ist, wie sie sich jetzt darstellt.

(Beifall der FDP)

Dies zeigt sich auch in der Weinvermarktung, insbesondere dort, und in dem, was die Winzerinnen und Winzer für ihre Weine heute erlösen. Es zeigt sich letztlich auch bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die Vertrauen in das Produkt des deutschen Weines, in das Produkt des rheinland-pfälzischen Weines haben.

Es gibt heute internationale Spitzenqualitäten aus Rheinland-Pfalz. Es gibt Spitzenweingüter aus RheinlandPfalz, die weltweit einen hervorragenden Ruf genießen, die sehr stark im Export verankert sind und mit dazu

beigetragen haben, dass die Exportquote bei Wein jetzt fast an die 30 % gekommen ist. Es sind also Erfolge, die sich absolut sehen lassen können.

Natürlich gibt es aber nicht nur in Deutschland Weinbau, sondern es gibt viele weinbautreibende Länder. Man muss einmal überlegen, wir haben rund 100.000 Hektar in Deutschland. Innerhalb der Europäischen Union gibt es 3,5 Millionen Hektar. Dann sieht man schon allein daran, welche Bedeutung der Weinbau hat. Aber der deutsche Weinbau hat eine viel größere Bedeutung als letztendlich die Rebfläche. Das wissen wir auch. Deswegen müssen wir natürlich aufpassen, dass die Rahmenbedingungen für unsere Winzerinnen und Winzer so sind, dass sie auch in der Zukunft erfolgreich Weinbau betreiben können.

Natürlich gibt es immer wieder – auch bedingt durch internationale Weinhandelsabkommen – ein gewisses Spannungsverhältnis innerhalb der Europäischen Union und insbesondere auch in den Überseegebieten, wenn es um traditionelle Weinbereitungsverfahren oder um neue Weinverfahren geht. Wir müssen insbesondere die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher berücksichtigen. Das ist das A und O. Der Verbraucher möchte wissen, woher der Wein kommt, wie er zubereitet ist und um welche Qualität es sich handelt. Dann gehört dazu noch das Vertrauen zu demjenigen dazu, der den Wein erzeugt. Das hat letztlich auch dazu beigetragen, dass die Winzerinnen und Winzer so erfolgreich sind.

Verlässlichkeit braucht der Verbraucher, Verlässlichkeit brauchen aber auch die Winzerinnen und Winzer, wenn es um die Anwendung traditioneller und neuer Weinbereitungsverfahren geht. Meine Damen und Herren, es geht auch um Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Weinhandel. Da dürften unsere Winzerinnen und Winzer und unsere Erzeuger nicht benachteiligt werden.

Frau Baumann, Wein ist ein Produkt, das aus frischen Weintrauben durch alkoholische Gärung gewonnen werden muss. So steht es in § 1 des Weingesetzes. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Weinbehandlungsverfahren, die notwendig sind, die ich im Einzelnen gar nicht erläutern möchte, weil es eine Vielzahl von Verfahren sind, die zum Teil traditionelle Verfahren sind, zum Teil auch neue Verfahren.

Ich glaube, wichtig ist, dass die Ausbildung der Winzerinnen und Winzer weiterhin auf hohem Niveau stattfindet, auch was die Anwendung der modernen Weinbereitung, der modernen Kellerwirtschaft und den Weinanbau betrifft, wo man heute noch Potenziale hat, um Kosten einzusparen, letztlich auch, was die Vermarktung betrifft.

Ich glaube, das Land ist auch deswegen gut aufgestellt, was die einzelnen Dienstleistungszentren betrifft, weil in diesen Dienstleistungszentren gewährleistet ist, dass Schule, Beratung und Versuchswesen sozusagen in einer Hand sind und allen nutzen, insbesondere denen, die dort ausgebildet werden.

Ich glaube, dass wir in der Tat eine hervorragende Technikerausbildung und eine hervorragende Fach

schulausbildung in diesem Land haben. Geisenheim war sozusagen bisher der Fachhochschulstandort.

Frau Baumann, Ihre Überlegungen sind im Übrigen nichts Neues. Wir hatten vor vielen Jahren schon einmal eine Ingenieurausbildung in Bad Kreuznach und haben es dann mit Geisenheim zusammengelegt, weil wir gesagt haben, die Potenziale für einen Standort sind gegeben, was die Studierendenzahlen anbetrifft, für zwei Standorte wird es problematisch.

Geisenheim ist eine international anerkannte Fachhochschule und Forschungseinrichtung. Man kann natürlich darüber nachdenken, ob man einzelne Studiengänge verlegt. Das kann aber nur in Übereinstimmung mit diesem Standort geschehen, zumal das Land RheinlandPfalz in Geisenheim fleißig mitfinanziert, weil die Hälfte der Studierenden in Geisenheim aus dem Land Rheinland-Pfalz kommt.

Ich will zu dem vorliegenden Antrag ein paar Anmerkungen machen. Liebe Frau Baumann, Sie haben Begriffe verwandt, die rechtlich nicht abgesichert sind. Das wissen Sie auch. Es gibt keine Qualitätspyramide im Gesetz. Es gibt kein Basissegment. Es gibt kein Super- und Premiumsegment, sondern es gibt es ein deutsches Qualitätsweinsystem, geprüfte Qualität im Glas. Es gibt die Tafelweine. Es gibt die Qualitätsweine, und es gibt die Prädikatsweine.

Im neuen Weingesetz hat man sich darauf verständigt, dass man eine wichtige Wegentscheidung für das System prägt, dass nämlich aus dem Qualitätswein mit Prädikat ein Prädikatswein gemacht wird. Das war eine Superentscheidung im Weingesetz. Das ist so überflüssig wie ein Kropf, auf Deutsch gesagt, aber dennoch hat das eine meilensteinartige Entwicklung genommen.

Ich wollte darauf aufmerksam machen, wir müssen aufpassen, dass wir nicht zur Verwirrung der Verbraucherinnen und Verbraucher beitragen; denn der Deutsche Weinbauverband und all diejenigen, die dieses System schon einmal wollten, sind intern gescheitert. Der Gesetzgeber ist dem nicht gefolgt, was Sie eben mit den Begriffen „Qualitätspyramide“, „Basissegmente“, „Superpremium- und „Premiumsegmente“ angesprochen haben.

Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir aufpassen müssen, wo die neuen modernen Verfahren angewandt werden dürfen. Ich will erwähnen, was man schon alles an neuen, halbtraditionellen oder traditionellen Verfahren hat. Eichenholzchips sind für Tafelweine zugelassen. Herr Kollege Schmitt, auch für Qualitätsweine sind sie schon längst zugelassen. Mostkonzentrierung ist ein Verfahren, das vor wenigen Jahren zugelassen worden ist. Das ist ein neues Verfahren für Tafel- und Qualitätsweine. Bei uns sind Entsäuerungsverfahren für Tafel-, Qualitäts- und Prädikatsweine zugelassen. Säuerungsverfahren sind in einzelnen schwierigen Jahrgängen für Tafel-, Qualitäts- und Prädikatsweine zugelassen.

2006 war ein schwieriger Jahrgang. Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie es gemacht haben. Wir haben für dieses Jahr die Schwefelwerte nach oben angehoben, weil für die Bildung von Acetaldehyd auf

grund des schwierigen Erntegutes höhere SO2-Werte notwendig waren. Zur Stabilisierung des Weines sind die Grenzen angehoben worden. Das geschah auch bei den Prädikatsweinen. Ich will daran erinnern, dass der Jahrgang schwierig war. Umkehrosmoseverfahren wurden angewandt, die in die Richtung Fraktionierung, Spinning Cone Column gehen, weil flüchtige Säure gebildet worden ist. Ich könnte Ihnen zusätzlich einen fachlichen Vortrag halten. Das will ich aber nicht. Wir müssen aufpassen und ganz sensibel mit diesem Thema umgehen. Das Ziel muss sein, dass die Natürlichkeit und Typizität der Weine erhalten bleibt und nachvollziehbar ist, wie unsere Weine hergestellt werden.

Bezüglich des Prädikatsweinsystems könnte ich mir vorstellen, dass wir uns über die Bezeichnungen unterhalten und überlegen, ob heute noch alles notwendig ist, was wir haben, Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Eiswein, Trockenbeerenauslese. Das Ganze gibt es noch in trocken, feinherb, halbtrocken, lieblich usw. Das führt immer mehr zur Verbraucherverwirrung. Wenn wir das Ganze ein Stück weit neu ordnen können, dann hätten wir sicherlich einen Beitrag zur Vereinfachung im Sinne der Verbraucher und auch zu mehr Klarheit geleistet.

Meine Damen und Herren, ich will abschließend sagen, was wir in unserem Antrag auch zum Ausdruck gebracht haben. Wir müssen alles daransetzen, diese Qualitätsweinpolitik fortzusetzen, dass wir die Qualität bei Tafelweinen und Landweinen weiter stärken. Das gilt auch für die einfachen Qualitätsweine. Dort müssen wir weltweit wettbewerbsfähig bleiben. Dort fallen die höchsten Potenziale an. Auf der anderen Seite brauchen wir auch die Vorbilder, die Vorbildbetriebe bzw. Flaggschiffbetriebe. Das sind die Spitzenweingüter. Wir müssen solche Rahmenbedingungen schaffen, dass mit dem Prädikatsweinsystem diese Spitzenweingüter eine Chance haben.

(Glocke des Präsidenten)

Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um die Vermarktung weiter anzukurbeln. Dazu gehört auch die horizontale und vertikale Kooperation, die uns ein Stück weit weiterführen wird. Hoffentlich können wir helfen, die Beschlüsse des Europäischen Parlaments auch bei der EU-Weinmarktordnung positiv umzusetzen. Dann haben wir hervorragende Ausgangsbedingungen für den deutschen Wein.

(Beifall der FDP)

Herr Kollege Hüttner hat das Wort. Er hat noch eine Redezeit von drei Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gerade das Stichwort „kurz und schmerzlos“ mitbekommen. Eines ist unstrittig: Das Hauptziel von uns allen ist die Verbesserung der Wett

bewerbsfähigkeit des deutschen Weines und dass wir weitere Marktanteile gewinnen können. Das belegen die Anträge.

Viele von Ihnen wissen, dass ich in Bingen wohnhaft bin. In Bingen sind vier von Deutschlands Top-TenKellereien. Diese vier Kellereien sorgen für einen Umsatz von 300 Millionen Flaschen Wein im Jahr. Es sind 500 Arbeitsplätze vorhanden, die damit zusammenhängen.

100 Millionen Flaschen aus Bingen gehen jedes Jahr in den Export ins Ausland.

(Zuruf des Abg. Eymael, FDP)

100 Millionen, ein Drittel, Herr Eymael.

Das heißt übrigens, das ist ein Drittel des gesamten deutschen Weinexports. Herr Schmitt hat es auch erwähnt. Diese Kellereien steigen üblicherweise bei 1,99 Euro, manchmal auch darunter, ein. Das geht bis 2,99 Euro. Dann sind die meisten Flaschen abgesetzt. Die Kellereien und alle Weingüter stehen immer im direkten und starken Konkurrenzdruck mit allen Ländern dieser Erde und allen önologischen Verfahren.

In der Einleitung der kürzlich vorgelegten Weißweinstudie ist ausgeführt, dass es die italienische Weißweinwirtschaft mit der Übernahme von modernen Verfahren in den 80er-Jahren geschafft hat, Weißweine mit niedrigen Säuren und unkomplizierten Geschmacksstilen auf dem internationalen Markt zu platzieren. Wie selbstverständlich ist es für uns alle, heute einen Pinot Grigio oder einen Frascati zu ordern.

Überdenken Sie die Situation vom Müller-Thurgau, der früher – da muss ich die Winzer ein Stück weit um Verzeihung bitten – eher etwas plump, breit und säuerlich war und der heute mit frischen Gäraromen, mit einer milden Säure und moderatem Alkohol ganz anders dasteht und oft und gern Rivaner genannt wird. Das ist die gleiche Traube, ein anderer Wein, ein anderes Verfahren.

(Eymael, FDP: Nur wenn er trocken ausgebaut wird!)

Wenn er trocken ausgebaut ist, aber nichtsdestotrotz im umgekehrten Verfahren.

Der entscheidende Punkt der Philosophie ist die Qualität als oberste Prämisse. Der Käufer entscheidet darüber, er orientiert sich dabei an der Qualität und nicht am Herkunftsgebiet und -land. Darüber gibt es ausreichende Untersuchungen.

In diesem Antrag geht es nicht darum, dass Wein aus der Retorte produziert werden kann, was theoretisch möglich ist, sondern es geht vielmehr darum, dass wir neue Verfahren zulassen, mit denen wir am Markt bestehen können. Ich zitiere noch einmal Frau Baumann. Die Traube ist die alleinige Basis für die Weinherstellung. Die Zuführung weinfremder Stoffe ist zu vermeiden. Ein authentisches Gefüge muss erhalten bleiben,

damit die regionalen Unterschiede ebenfalls für die Vermarktung sorgen können.

Herr Eymael, Sie hatten einige Verfahren angesprochen, Spinning Cone, Umkehrosmose, Vakuumverdampfung und anderes. Es gibt Kältebehandlung, mit der man quasi einen Eiswein schon in der Gefrierkammer produzieren könnte. Darum geht es letztendlich nicht. Es geht nicht darum, alles so zu fraktionieren, wie es uns gerade Spaß macht. Es geht darum, dass man mit neuen Verfahren verantwortungsbewusst umgeht. Deswegen spricht sich die SPD-Fraktion uneingeschränkt dafür aus, dass traditionelle deutsche Weinstile beibehalten werden und wir die Chance einer modernen Weinbearbeitung nutzen. Damit haben wir die Chance für die Kellereien und die Winzerinnen und Winzer, auf dem Markt bestehen zu können, damit Rheinland-Pfalz große Vorteile davon hat.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich zunächst einmal für den großen und breiten Konsens im Haus bedanken, zum einen bezüglich der Einschätzung der Stellung des Weinbaus in Rheinland-Pfalz und zum anderen bezüglich der Perspektiven, wie wir mit modernen önologischen Verfahren umgehen sollen. Es ist mehrfach betont worden, dass Weinbau nicht nur die Kulturlandschaften prägt, nein er hat auch die Menschen in diesem Land in positivem Sinne geprägt. Deswegen gehört Weinbau zum Kulturgut dieses Landes ganz zentral hinzu.

Viele unterschätzen auch die ökonomische Bedeutung des Weinbaus in Rheinland-Pfalz. Wenn wir den Produktionswert des Weinbaus und der Weiterverarbeitung bis in die einzelnen Flaschen betrachten, ist das ein Produktionswert von immerhin 1,5 Milliarden Euro, die jährlich erreicht werden. Was häufig verkannt wird, ist, was wir eindrucksvoll bei INTERVITIS INTERFRUCTA, der bedeutenden Messe in Stuttgart, erfahren können, dass zahlreiche rheinland-pfälzische Betriebe, die sich in der Zulieferindustrie spezialisiert haben, zu Weltmarktführern von Spezialgeräten und Software gehören und darüber hinaus Tausende von hoch qualifizierten Arbeitsplätzen in Rheinland-Pfalz gesichert werden.

Es ist auch hinzuzufügen, dass 190.000 Arbeitsplätze im Tourismus mit Sicherheit nicht in diesem Umfang gesichert würden, gäbe es nicht den Weinbau mit diesem positiven Wechselspiel zwischen Tourismus und Kultur in unserem Land. Es ist in diesem Land – ich will ausdrücklich meine Vorgänger hier einbeziehen – aufgrund des großen Konsenses auch eine erfolgreiche Weinbau

politik betrieben worden, indem man zwei wesentliche Dinge beachtet hat, dass man nämlich konsequent seit einigen Jahren auf Qualität und auch konsequent darauf gesetzt hat, dass wir die regionalen Besonderheiten herausheben, dass jedes der sechs Anbaugebiete in Rheinland-Pfalz seine regionalen Besonderheiten und seine Stärken hat und es richtig war, darauf zu setzen.

Meine Damen und Herren, wenn wir Zukunftsfragen auch bezüglich moderner önologischer Verfahren zu beantworten haben, muss man sich im Weinbau von zwei Grundgedanken leiten lassen, dass Wein ein Produkt der Natur ist und wir Marktgegebenheiten haben, die wir zu beachten haben. Natürliche Gegebenheiten können wir nicht verändern. Manche in der Politik haben über einige Jahrzehnte geglaubt, man könnte Marktbedingungen im Bereich der Landwirtschaft und auch im Bereich des Weinbaus beeinflussen. Das hat zu hohen Steuersubventionen geführt und war im Ergebnis nicht erfolgreich gewesen. Deswegen muss bei jeder Zukunftsfrage hinterfragt werden, ob man diese beiden Grundvoraussetzungen akzeptiert, dass natürliche Gegebenheiten und Marktgesetze respektiert werden müssen.