Protokoll der Sitzung vom 31.05.2006

(Beifall bei der FDP)

Von daher ist nicht ganz nachvollziehbar, wo der soziale Ausgleich gelungen sein soll.

Ich stelle fest, dass die Beamten immer noch eine gewisse Vorleistung erbringen, um unseren Staatshaushalt zu sanieren. Nach dem, was die Regierungserklärung gestern zutage gebracht hat, sollen sie auch zukünftig Vorleistungen erbringen, so der höhere und gehobene Dienst mit einer niedrigeren Eingangsbesoldung um etwa 10 %. Das halte ich unter familienpolitischen Gesichtspunkten für nicht besonders gelungen.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Gerade wenn die Berufsanfänger nach einem Studium bei uns in den Dienst treten, wollen sie eine Familie gründen. Sie brauchen das Einkommen. Gerade sie sollen dazu herhalten, etwas abzugeben.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Es sind nur sie. Es ist nicht davon die Rede, dass im Tarifbereich Ähnliches eingeholt bzw. eingefordert werden soll. Wenn man soziale Gerechtigkeit groß schreibt, dann ist das nicht ganz nachvollziehbar.

(Beifall der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe in den letzten Jahren bei Beamten für viele Maßnahmen um Verständnis bitten müssen. Man kann für vieles Verständnis erreichen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden sehr genau und sorgfältig darauf achten, wie oben damit umgegangen wird. Sie werden registrieren, dass es eine zusätzliche Staatssekretärsposition gibt und einen zusätzlichen „Quasi“-Staatssekretär.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Sie werden nicht nachvollziehen wollen, weshalb sie die Konsolidierung der Haushalte herbeiführen sollen, wenn eine Alleinregierung der SPD mehr Regierungspersonal benötigt als eine Koalitionsregierung. Gemeinhin sind Koalitionsregierungen verdächtig, mehr „Personaloverhead“ zu haben, weil Interessen zu befriedigen sind. Das kann man auf Bundesebene bei der großen Koalition sehr gut nachvollziehen.

(Beifall der FDP)

Meine Damen und Herren, ich befürchte, das spaltet ein Stück weit die Gesellschaft, die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, weil Belastungen nicht in gleicher Art und Weise verteilt werden.

Für die FDP-Fraktion unterstreiche ich ausdrücklich den letzten Teil des von mir vorhin zitierten Satzes, der sich auf den Besuch privat finanzierter Universitäten bezieht,

in dem es heißt, dass dies nicht von jedem bezahlt werden kann. Ja, das sieht die FDP-Fraktion auch. Das ist nicht unser Vorschlag. Wir schlagen nicht vor, dass alle Welt in eine private frei finanzierte Universität geht. Herr Kollege Hartloff, nein, wir schauen uns die Lage und die Situation an den rheinland-pfälzischen Universitäten an. Wir stimmen den Ausführungen des Ministerpräsidenten von gestern zu, dass das Land Rheinland-Pfalz mehr Studienplätze vorhält, als nach der Zahl der Abiturienten, die es auf den Markt schickt, notwendig wären. Wir stimmen bei der Feststellung zu, dass andere Bundesländer das nicht tun, zum Beispiel Baden-Württemberg, Bayern, aber auch viele neue Länder. Insofern ist das ein Tatbestand, der das Land in seinen Interessen berührt. Wir müssen darüber nachdenken, wie mit diesem Umstand umgegangen werden soll.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Der Vorschlag des Herrn Kollegen Zöllner, dies über einen Finanzausgleich mit allen anderen Bundesländern zu lösen, unterstützen wir. Das ist richtig und vernünftig, weil ich nicht einsehe, weshalb Bayern und BadenWürttemberg mehr Geld in die Forschung stecken können, weil sie keine Studienplätze anbieten, dann auch noch bei der Exzellenzinitiative des Bundes besser als wir abschneiden und dafür belohnt werden, dass sie keine Studienplätze anbieten. Das ist schon in Ordnung so.

(Beifall der FDP, bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das unterstützen wir ausdrücklich. Wir wünschen Herrn Kollegen Zöllner viel Erfolg dabei, dies auf Bundesebene umzusetzen. Wir haben Zweifel, ob diese Umsetzung gelingen wird. Ich muss davon ausgehen, dass bestimmte Länder dies nicht machen wollen. Dazu gehört das schon erwähnte Bayern oder Baden-Württemberg. Diese werden das nicht tun. Die neuen Länder werden dies im Zweifel auch nicht tun, sodass wir davon ausgehen müssen, dass dieser Finanzausgleich in dieser Form nicht zustande kommen wird.

Die FDP-Fraktion wäre sogar bereit, einen etwas kleineren Finanzausgleich zu unterstützen, zum Beispiel einen Finanzausgleich mit unseren Nachbarn Hessen und Nordrhein-Westfalen, wo vielleicht die Zahlungsströme nicht so extrem auseinander laufen. Vielleicht können diese drei Bundesländer einen solchen Finanzausgleich als Vorreiter zustande bringen. Damit könnten wir uns einverstanden erklären. Eine solche Regelung würden wir natürlich unterstützen wollen.

Herr Kollege Hartloff hat vorhin erwähnt, dass wir Schwierigkeiten bei der so genannten Landeskinderregelung bekommen werden. Natürlich klingt es auf den ersten Blick plausibel. Man sagt, gut, wenn die anderen es erheben, dann müssen diejenigen, die von dort zu uns kommen, auch Gebühren zahlen. In unserer heutigen Zeit haben wir das Problem, dass wir für die anderen den falschen Anreiz setzen, wenn wir für unsere keine Gebühren erheben. In den Zeiten der globalisierten Welt sind wir darauf angewiesen, dass auch uns ere Studenten anderswo hingehen und studieren. Wissen

schaftlicher Austausch muss auch außerhalb uns eres Bundeslandes stattfinden. Wissenschaftlicher Transfer muss zustande kommen. Eine solche Landeskinderregelung, wie sie vorgeschlagen wird, zementiert lediglich das Prinzip „Hotel Mama“, bleibe möglichst im Land, bewege dich nicht weg. In Zeiten der Globalisierung ist das aus unserer Sicht der falsche Ansatz. Es ist ein Ansatz, der das Land nicht voranbringt.

(Beifall der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir von einer moderaten, sozial fairen Mitfinanzierung der Studenten reden, dann will ich das Wort Gebühren vermeiden. Gebühren bedeutet, dass der Student allein das ganze Angebot finanziert. Darum geht es nicht. Es geht darum, einen moderaten und fairen Beitrag von dem Studenten zu erbitten, um die Lage zu verbessern.

(Beifall der FDP)

Wir meinen, wir kommen um einen solchen Beitrag nicht herum.

Nehmen wir als Beispiel die Universität Mainz. Wir konnten in den letzten Tagen nachlesen, sie war für 18.000 Studenten konzipiert. Sie hat heute 35.000 Studenten. Sie muss in Zukunft weitere tausende erwarten, nicht zuletzt wegen der Rahmenbedingungen in den umliegenden Ländern, wo Studiengebühren erhoben werden. Sie können es nicht verhindern. Wenn sie es tun, dann erheben sie es, dann haben Sie diese Wanderungseffekte. Das können Sie nicht vermeiden. Wir können nicht bestimmen, was in anderen Bundesländern geschieht. Wir müssen die Folgerungen aus den uns drohenden Konsequenzen ziehen. Man muss schauen, wie man diese Finanzierung hinbekommt, wenn man nicht den von uns unterstützten Finanzausgleich hinbekommt.

Herr Kollege Kuhn hatte sich in der vergangenen Legislaturperiode intensiv in Gesprächen mit vielen Universitäten und deren Vertretern hiermit beschäftigt. In der Fraktion waren wir uns alle einig, dass eine landesweite Unterfinanzierung von rund 50 Millionen Euro jährlich besteht und dringender Handlungsbedarf besteht. Wir haben uns in der Koalition und im Hinblick auf die finanziellen Rahmenbedingungen auf einen Kompromiss von 25 Millionen Euro jährlich geeinigt.

Die Landesregierung hat gestern in ihrer Regierungserklärung erläutert, dass ab 2008 dieser Betrag auf 37,5 Millionen Euro erhöht werden soll, aber dann mit zusätzlichen Studenten, die kommen werden, sodass wir davon ausgehen müssen, dass weiterhin eine Unterfinanzierung besteht. Es besteht die Sorge, dass diese Unterfinanzierung letztlich sozial nicht gerecht ist, wenn es nicht gelingt, eine Spitzenausbildung zu gewährleisten.

(Beifall der FDP)

Wenn wir weiterhin diese Unterfinanzierung haben, dann werden wir keine Spitzenausbildung haben. Diejenigen, die Geld haben, werden die Spitzenausbildung und die

besseren Chancen anderswo holen. Unsere Schüler und Studenten im Land werden die nicht haben.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU – Zuruf von der FDP: So ist es!)

Deshalb meint die FDP-Fraktion, dass in diesem Zusammenhang das aus Rheinland-Pfalz kommende genossenschaftliche Prinzip vielleicht ein Stück weit helfen kann, dass alle mit einem kleinen Beitrag mit dazu beitragen, die Situation zu verbessern, damit alle eine Spitzenausbildung erhalten und nicht nur diejenigen, die es sich leisten können, woanders hinzugehen.

(Beifall bei der FDP)

Ich meine, das ist durchaus sozial gerecht.

(Beifall der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir das nicht tun, fürchte ich, dass auch hier ein Stück weit die Gerechtigkeit und damit auch ein Stück weit die Spaltung vorangetrieben wird, weil natürlich diejenigen, die es finanzieren können, die Spitzenangebote dann anderswo wahrnehmen können. Ich meine auch, dass im Verhältnis zu anderen, die einen Beruf erlernen, ein solch moderater und sozial fairer Beitrag gerechtfertigt ist. Der Dachdeckermeister, der vom Herrn Ministerpräsidenten im Wahlkampf häufig bemüht worden ist, muss seinen Meisterbrief im Zweifel selbst finanzieren.

(Ministerpräsident Beck: Es gibt BAföG!)

Es gibt BAföG, zum Teil auch als Darlehen. Das muss er zurückzahlen. Auch ich habe mein Darlehen als BAföG zurückgezahlt. Das ist kein Problem. Nicht, dass Sie meinen, ich hätte das alles selbst finanziert. Auch ich habe diese Unterstützungen wahrgenommen. Ich habe sie aber zurückgezahlt, und es hat mir nicht geschadet.

(Beifall der FDP)

Auch hier lässt sich eine entsprechende Regelung finden, dass derjenige, der den Vorteil einer guten Hochschulausbildung hat, aus der er den größten Nutzen für sich zieht, dann auch ein Stück weit beteiligt wird. Wir haben im Wahlkampf auch mit vielen Studenten über diese Frage gesprochen. Sie haben uns durchaus bestätigt, dass sie bereit wären, so etwas mitzutragen, wenn sichergestellt ist, dass dies e zusätzlichen Gelder in den Hochschulen verbleiben und der Finanzminister nicht anderswo die Mittel kürzt. Sonst ist das kein vernünftiges Geschäft.

(Beifall der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in einem anderen Punkt, den wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben, würden wir einen etwas anderen Akzent gesetzt haben. Wir waren uns gemeinsam einig – ich glaube, daran zweifelt niemand –, dass Frühförderung unserer Kinder eine wichtige und richtige Sache ist. Deswegen hat die Koalition in der vergangenen Legislaturperiode auch das Programm auf den Weg gebracht, mit dem das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt

werden sollte, um dort Defizite abzubauen, die bei den Kindergartenkindern vorhanden sind, damit sie von Anfang an in der Grunds chule chancengleich und chancengerecht mitstarten können; denn jemand, der nicht richtig deutsch kann, kann natürlich nicht in der Grundschule von Anfang an mitkommen und kann auch nicht von Anfang an seine Chancen ordentlich wahrnehmen. Deswegen haben wir dieses Programm gern mitgetragen.

Die nächsten Stufen – auch wir haben in unserem Programm stehen, dass Kindergartenbeiträge mittelfristig freigestellt werden sollen, glaube ich – der Rakete im Programm der Landesregierung sollten aber aus uns erer Sicht erst gestartet werden, wenn sichergestellt ist, dass das, was wir mit dem beitragsfreien letzten Kindergartenjahr erreichen wollen, auch tatsächlich erreicht wird. Sollte sich nämlich herausstellen, dass wir mit den Mitteln, die wir zur Verfügung stellen, dieses Ziel nicht erreichen können, müssen wir erst dort nachbessern. Erst wenn sichergestellt ist, dass jeder, der diesen Kindergarten verlässt, auch in der Schule mitkommt, kann man an die nächsten Stufen denken.

(Beifall der FDP)

Wir haben dafür 8 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt. Das ist im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten schon viel Geld gewesen. Wir wollen auch hoffen, dass dies reicht. Nur ob es reicht, kann heute noch niemand sagen. Deswegen sollten wir die nächsten Raketenstufen erst zünden, wenn die erste Stufe voll brennt und das bringt, was sie bringen soll. Das ist noch keinesfalls gesichert.

Deswegen meine ich, dass hier eine Akzentverschiebung notwendig wäre, dass man erst einmal überprüft, ob das, was wir auf den Weg gebracht haben und bringen wollten, auch tatsächlich greift. Erst dann ist es möglich, weiterhin die Kindergartenbeiträge zu senken; denn es macht keinen Sinn, auch Menschen wie mir – als ich in den Landtag kam, hatte ich noch zwei Kinder im Kindergarten, als ich Minister wurde, war noch einer im Kindergarten – die Beiträge zu nehmen, wenn anderswo noch Aufgaben zu erledigen sind. Die müssen erst erledigt werden. Dann macht es Sinn, auch mit der Gießkanne entsprechend die Beitragsfreiheit zu bringen.

Das ist noch keineswegs gewährleistet; denn es geht natürlich nicht nur darum, diejenigen abzusichern, die in die Grundschule kommen, sondern es geht auch darum, die Defizite bei denjenigen abzubauen, die vielleicht mit einem höheren Alter zu uns gekommen sind, die deutsche Sprache nicht haben, und auch bei denen muss zunächst gewährleistet sein, dass sie das sprachliche Defizit aufgeholt haben, in der Schule mitkommen, Abschlüsse erreichen und damit eine Perspektive für ihr Leben bekommen. Erst wenn das erledigt ist, können wir den nächsten Schritt wagen und die nächste Raketenstufe zünden. Auch das ist noch nicht erreicht. Auch das ist noch nicht gewährleistet. Ich wünschte mir, dass dieses erst gemacht wird, wenn diese Stufe erreicht wird.

(Beifall bei der FDP)